Matthias Schweighöfer: Sein „Hobby“ zum Beruf machen

Einnen wunderbar selbstironischen Titel hat der Herr Schweighöfer da für sein zweites Album gewählt. Sind es nicht viele Menschen, die sich wünschen, ihr Hobby zum Beruf machen zu können? Bei Matthias Schweighöfer war vermutlich die Zusammenarbeit mit Philipp Poisel der springende Punkte: 2011 erschien „Eiserner Steg“ im Soundtrack zum Film „What a Man“ und kurz darauf war der Hauptdarsteller bei einigen Konzerten von Poisels „Projekt Seerosenteich“ am Start. Vielleicht ist er da auf den Geschmack gekommen? Sein erstes Album mit dem nicht weniger fragwürdigen Titel „Lachen Weinen Tanzen“ erschien jedenfalls im Jahr 2017.

Nach dem Motto „Schuster bleib bei deinen Leisten“ werden singende Schauspieler gerne mal im Mediengeschäft angefeindet. Satitiker Jan Böhmermann beispielsweise nahm Matthias‘ erstes Album noch im gleichen Jahr gehörig auf die Schippe und produzierte das Video „Menschen Leben Tanzen Welt“. Eine behutsame Retourkutsche gibt der erste Song („Anfang“) des neuen Albums: „Jeder, der mich nicht kennt, fragt: ‚Wieso muss er übertreiben, statt einfach nur beim Film zu bleiben? Schuster bleib bei deinen Leisten!‘ / Bin mein Leben lang was nachgejagt / aber glücklich hat’s mich nicht gemacht / frag‘ die Menschen, die mich lieben und mir nah sind / die wissen das“, spricht eine leise, brüchige Stimme zu sanft gespielten Klaviertasten und sanften Streichern. Das kann einem schon zu Herzen gehen und ich bin irgendwie froh, dass er sich nicht hat ins Bockshorn jagen lassen.

Das zweite Album ist durchaus gelungen zwischen Deutschpop und Rap. Es gibt harmlosen Sprechgesang in „BEEM“ und „Melodie“ und sehr hymnische, ausproduzierte Stücke wie „Lauf“ und „Eifersucht“. Außerdem hat die Zusammenarbeit mit Poisel Spuren hinterlassen: „Sonnenberg“, „Türkis“ und „Ins Licht“ würden auch dem Stuttgarter perfekt zu Gesicht stehen. Besonders gut gefällt mir aber der atmosphärische, melancholische Song „Motten“, der mit seiner Bildsprache aus dem Album heraus sticht.

Matthias Schweighöfer hat an allen Songs mitgeschrieben. Chapeau! Und man merkt ihm an, dass dieser Zweig seiner künstlerischen Schaffens ihm sichtlich Spaß macht. Die vielen Smileys im Artwork des Albums sind nicht zu übersehen. Ich glaube aber auch zu spüren, dass der Sänger seinen eigenen Stil noch nicht gefunden hat, sondern sich zu sehr an seinen Vorbildern orientiert: Die Rapsongs klingen nach Cro, die Hymnen nach Adel Tawil und die Balladen nach Poisel. Das mag darin liegen, dass Schweighöfer nie die musikalische Ochsentour durch die Straßen und kleinen Clubs machen musste wie manch anderer Singer/Songwriter.

Trotzdem: „Hobby“ ist ein solides Popalbum, das sicher seine Freunde finden wird. Was noch fehlt sind tiefergehende Lyrics und mehr Eigenständigkeit in der Interpretation.