Höhner feiern Weihnachten mit Wehmut ohne Henning
50 Jahre stehen die Höhner schon auf der Bühne und gehören damit zu den bekanntesten Kölner Musikgruppen, die vor allem im Karneval aktiv sind. Klassiker en masse stammen aus ihrer Feder und man kennt einige davon, auch wenn man mit dem närrischen Treiben nichts am Hut hat – garantiert! Von den Gründungsmitgliedern der Band ist allerdings seit 2015 keiner mehr dabei. Und Henning Krautmacher, von 1986 bis 2022 Frontmann und Aushängeschild, hat aus persönlichen Gründen kürzlich seinen Abschied erklärt. Und das ganz emotional: Seine Ehefrau ist schwer erkrankt und er will sie nicht mehr so lange allein lassen, wie das bei vorherigen Tourneen der Fall war. Dafür haben auch die Fans großes Verständnis und es ist bezeichnend, dass die Europahalle in Trier trotz des kurzfristigen Besetzungswechsels ausverkauft war und es keine leeren Plätze in der Halle gab. Nun ist Jens Streifling, der früher bei BAP aktiv war, das dienstälteste Mitglied und der neue Leadsänger Patrick Lück legt schon seit einem Jahr eine formidable Show hin. Die Übergabe des Staffelstabs von Henning zu Patrick erfolgte reibungslos.
Die Zuschauer*innen in Trier durften eine Show erwarten, die von besinnlich bis rockig alles zu bieten hatte. Es gab wundervollen A-cappella-Gesang, akustische Songs und echten Rock’n’Roll. Dazu kamen natürlich einige Klassiker der Band. Und gemischt wurde das mit witzigen Anekdoten, heimeligen Erzählungen und einem ausgedehnten Sketch.
Zu Beginn gingen die Bandmitglieder singend durch das Publikum und trugen den „Drummer Boy“ in kölscher Sprache vor. Ein erstes Highlight des Abends und der unumstößliche Beweis, dass alle sechs auch am Mikrofon bestehen können. Eigene Songs wie „Fest der Liebe“ und „Ne besondere Kalender“ setzten das Konzert stimmungsvoll fort. Natürlich wurde auch an Henning gedacht, den man zu einem Riesenapplaus auf großer LCD-Leinwand einblendete und für einen Song integrierte. Ein feiner Zug, der viele Anwesende erfreute.
Eine atmosphärisch vorgetragene Geschichte beschäftigte sich mit dem Thema „Ausländer raus“. Was, wenn die Waren des täglichen Bedarfs den blöden Spruch ernst nehmen und sich auf den Weg in ihre Heimat machen? Wenn es plötzlich nur noch wenige Gewürze und kaum Obstsorten gibt, wenn den Autos die Ersatzteile fehlen und der morgendliche Kaffee ausbleibt? Eine schöne Moral, die nachdenklich machte und an die alte Tradition der Höhner in Projekten wie „Arsch huh, Zäng ussenander“ erinnerte.
Weiter ging es rockig mit „Wann Jeit D’r Himmel Widder Op“ und alle konnten sich an ihren Instrumenten kräftig auslassen. „Engel vun Linie 8“, „Die Türme vom Dom“ und „E levve lang“ lieferten kölsches Lokalkolorit, das wie viele andere Songs mit Bildern aus Köln – allen vorn der Dom aus unterschiedlichen Blickwinkeln – illustriert wurde. Zudem fanden sich unterschiedliche Bandmitglieder am Mikro ein, was das musikalische Geschehen ungemein auflockerte.
Doch natürlich durften auch die Klassiker nicht fehlen und Frontmann Patrick Lück zeigte sich hier ganz souverän in den viel gesungenen Stücken. Er konnte das Publikum mit „Echte Fründe“, das in der Gregor-Meyle-Version geboten wurde, ebenso begeistern wie mit „Schenk mir dein Herz“. Hier war Mitsingen und Mitschunkeln angesagt. Die erste Hälfte endete nach 65 Minuten mit „Die schönste Stross“, das eine wundervolle A-cappella-Passage enthielt.
Nach 20minütiger Verschnaufpause gab es wieder eine Anekdote mit viel Drama um ein wenig Lametta. Musikalisch wurde es immer vielseitiger und Jens Streifling begeisterte an Dudelsack, Saxofon und Klarinette. „Dat kölsche Hätz“ wurde besungen und man verwies auf die Zirkusshow VIVACE, die demnächst in Köln starten wird. Daraus gab es dann auch eine schöne Kostprobe mit singenden Marionetten.
In „Morje“ ging es um Silvester und die bekannten guten Vorsätze. Dann gab es zu den Klängen von „Scheißegal, ob du Huhn bist oder Hahn“ (ja, das Publikum war textfest) einen längeren Sketch namens „Loriot op Kölsch“. Man blieb mit „Die Karawane zieht weiter“ noch im lustigen Metier, machte dann aber eine abrupte Kehrtwende zu Eric Clapton und brachte ein hervorragendes Medley aus Songs wie „Tears in Heaven“, „Wonderful Tonight“ und „Layla“. Den perfekten Übergang zurück zu den Höhnern lieferte „Viva Colonia“ in einer Blues-Version.
Vor dem Konzertende war wieder A-cappella-Zeit. Die Band stellte sich am Bühnenrand auf und gab einige Weihnachtslieder im sechsstimmigen Satzgesang zum Besten. Hallo! Damit könnte man locker ein ganzes Kirchenprogramm füllen. Hut ab für diese Leistung, der „Gloria in excelcis deo“ als spezielle Version mit kölschen Lyrics folgte.
Die Show endete nach zweieinhalb Stunden mit den Zugaben „Hey Kölle – Du bes e Jeföhl“ (da wurden alle Anwesenden im Herzen zu Kölner*innen) und dem Abschluss „Frohe Weihnacht“. Die Höhner hatten das Publikum komplett in ihren Bann gezogen mit einer Show, die viele emotionale Momente bot. Die Weihnachtsshow ist immer ein Erlebnis – und der Termin für 2023 steht schon: am 1. Dezember in der Europahalle Trier.