Jack Johnson surft im Kölner Tanzbrunnen dem Sonnenuntergang entgegen

Einen besseren Tag für ein Jack Johnson-Konzert als heute in Köln kann man sich kaum vorstellen. Die „Schäl Sick“ der Domstadt (wie der Kölner die rechte Rheinseite halb spöttisch, halb liebevoll nennt) hat einen Tag in der prallen Sonne hinter sich und auch der Tanzbrunnen im Stadtteil Deutz bekommt am Abend noch genug davon ab. Die Stimmung unter den Fans ist entspannt und ab und zu zieht eine Wolke bewußtseinserweiternder Rauch vorüber, während im Hintergrund träge der Rhein vorbeizieht. Genau die richtige Kulisse für jemanden wie Jack Johnson, der mit Surfen und Gitarrespielen an der Nordküste von Oʻahu, Hawaii, aufgewachsen ist.

Seit 2001 hat der 48-Jährige acht Studioalben und zwei Live-Alben veröffentlicht, die sich weltweit über 25 Millionen Mal verkauft haben und seine wachsende Popularität auch dazu genutzt, um Umweltaktivismus zu fördern. Die Erlöse aus seinen Alben und Tourgewinnen sowie Jack Johnsons persönliche Wohltätigkeitsaktivitäten haben dazu geführt, dass seit 2001 über 37 Millionen US-Dollar für wohltätige Zwecke gespendet wurden. Auf der aktuellen „Meet The Moonlight World Tour“ arbeitet er eng mit den Veranstaltungsorten zusammen, um Nachhaltigkeit zu fördern, einschließlich Energieeinsparung, Beschaffung lokaler Lebensmittel und Plastik-freie Initiativen, darunter wiederverwertbare Modelle und Wassernachfüllstationen. Zusätzlich zu den Maßnahmen zur Reduzierung des CO2-Fußabdrucks der Tour unterstützt er mit 1 Euro des Ticketkaufs lokale Klimaschutzmaßnahmen.

Auf den Punkt genau um 20 Uhr startet Jack Johnson mit „Mudfootball“ in sein Set. Das ist gut, denn aufgrund des Anwohnerschutzes wird spätestens um 22 Uhr im Tanzbrunnen der Strom abgedreht. Unterstützt wird er von Merlo Podlewski am Bass, Schlagzeuger Adam Topol und dem Tausendsassa Zach Gill am Klavier. Besonders letzterer klaut Jack Johnson im Verlauf der nächsten 110 Minuten des öfteren die Show. Mal turnt Gill auf seinem Klavierhocker herum, mal übernimmt er den Gesang oder zeigt bei „Banana Pancakes“ sein Können am Akkordeon. Jack Johnson nimmt es gelassen zur Kenntnis. Gemeinsam ehrt das Quartett die kürzlich verstorbene Tina Turner mit einem Cover von „What’s Love Got To Do With It“.

So surfen sich (um mal im Bild zu bleiben) Jack Johnson und seine Mitstreiter durch die vergangenen 22 Jahre Musik und ihre großen Hymnen wie „Sitting, Waiting, Wishing“, „Upside Down“ oder „I Got You“, über die er sagt: „Ich habe das große Glück, dass ich alle meine Liebeslieder für dieselbe Frau geschrieben habe“. Die Fans singen, tanzen und rauchen. Passend dazu streut Jack Johnson „In The Summertime“ von Mungo Jerry ein. Es herrscht eine ausgelassene und hochgradig entspannte Stimmung, die noch dadurch gesteigert wird, dass gegen Ende des regulären Sets der Support-Act Subatomic Sound System für einige Songs als Verstärkung hinzukommt. Auf und vor der Bühne kriegt man das Grinsen ab jetzt endgültig nicht mehr aus dem Gesicht.

Als hätte Jack Johnson an diesem Abend nicht ohnehin schon genügend Gute-Laune-Punkte eingesammelt, bestreitet er die Zugabe (darunter das Jimmy Buffett-Cover „A Pirate Looks At Forty“) alleine mit seiner Gitarre und sorgt so für weitere Gänsehautmomente. „Constellations“ oder „Rodeo Clowns“ in einer seltenen Akustik-Version lässt er sich dabei aus dem Publikum zurufen. Erst beim Übergang von „Angel“ zu „Better Together“ kommt auch die restliche Band wieder auf die Bühne und gemeinsam reiten sie wie einst Lucky Luke dem Sonnenuntergang über Köln entgegen, während die Fans voller Inbrunst mitsingen.

Fazit: Jack Johnson ist der wohl entspannteste Singer-Songwriter der letzten Dekade und sollte dafür noch ein Beweis nötig gewesen sein, dann hat er ihn am heutigen Abend in Köln abgeliefert. Wenn das Bier nicht so verdammt teuer und der nächste Mittwoch kein Arbeitstag gewesen wäre, hätten die Fans mit Sicherheit noch weit nach Konzertschluss im Tanzbrunnen die milden Temperaturen genossen. So zog die glücksselige Karawane einfach weiter auf die benachbarten Rheinterrassen. Singend, tanzend und rauchend.