Fury in the Slaughterhouse vor der altehrwürdigen Porta Nigra in Trier. Dass man das nochmal erleben darf! Genau dies haben sich viele neue und alte Fans aus dem Trirerer Umland gesagt und den Veranstaltern zwei ausverkaufte Abende beim „Porta hoch drei“ Festival beschert. Das besteht eigentlich (wie der Name schon sagt) traditionell aus drei Konzertabenden, doch der Fury-Freitag war so schnell ausverkauft, dass man die Gunst des Fronleichnam-Feiertags nutzte, um gleich noch ein Konzert auf den Donnerstag zu legen. So konnten also zusammen über 5.000 Zuschauer einen nostalgischen Abend vor antiker Kulisse genießen – und sie wurden nicht enttäuscht!
Fury haben Konzerte in der Region gegeben, so lange man sich erinnern kann. Ich denke da an die Anfänge in Zerf, St. Wendel, Losheim und Saarburg, aber auch an die grandiosen Gigs bei Rock am Ring. Thorsten Wingenfelder hat in Trier seine Frau kennen gelernt (wovon er gerne berichtet) und auch nach der Auflösung von Fury vor zehn Jahren sind die Brüder Wingenfelder den Fans im Südwesten treu geblieben und regelmäßig in der Garage Saarbrücken aufgetreten. Dort haben sie dann auch bei ihrem letzten Konzert die auf ein Jahr befristete Reunion von Fury in the Slaughterhouse in Beinahe-Originalbesetzung angekündigt und Jubelstürme ausgelöst. Es gab also nicht nur die großen Geburtstagsauftritte im Heimatort Hannover, sondern auch eine kleine Open Air Tour, die im Herbst sogar noch um eine Acoustic Tour erweitert werden wird, bevor das Pferd dann Ende 2017 wieder schlafen gelegt wird.
Das Publikum – gemischt aus allen Altersklassen – war gespannter Erwartung, als es am Donnerstag zunächst mit dem Jan Löchel Trio los ging. Als Songwriter ist er vor allem für seine Zusammenarbeit mit Pohlmann, den Söhnen Mannheims und Christina Stürmer bekannt. Wenn er selbst am Mikro steht, widmet er sich aber der englischen Sprache und bietet sanften akustischen Pop, begleitet von einer Violonistin, die ihn dazu gesanglich unterstützt, und dem Gitarrero Ulrich Rode, der durch seine Zusammenarbeit mit Gregor Meyle, BAP und von Brücken ein Begriff ist. Für das Publikum im Vorfeld des Fury-Gigs war die Musik zu filigran, das konnte man am Lautstärkepegel der Gespräche rundrum bemerken. Trotzdem bekam das Trio verdienten Achtungsapplaus.
Und pünktlich um 19.30 Uhr war kein Halten mehr, als das filmische Intro „It’s a Long Way to the Top“ die Bandgeschichte der Hannoveraner Revue passieren ließ. Höhen und Tiefen gab es ja einige, doch die schlechten Zeiten waren alle vergessen, als Kai und Thorsten Wingenfelder sowie der ewig jung gebliebene Christof Stein-Schneider die Mikros enterten und mit „Dance on the Frontline“ loslegten. Alles wie früher. Kai singt sich die Seele aus dem Leib und Christof trinkt ein Bitburger nach dem anderen, um sich dazwischen in lustigen Kommentaren zu versuchen, wenn er zum Beispiel die Porta Nigra als „tolle Burg“ bezeichnet und hofft, dass die Posaunen des Songs „Jericho“ diese nicht wegblasen mögen. Das tun sie auch nicht – höchstens im bildlichen Sinne. Denn auf der Leinwand erschien eine Karikatur von Donald Trump, dem zwei Posaunen von rechts und links die Haare verwehten. Ein netter Gag, der zu großem Applaus führte.
Zum 30. Geburtstag haben Fury eine Best of aufgelegt, die sechs neue Songs enthält. Davon gab es unter anderem „Words“ und „30 (It’s not easy)“ zu hören. Das Gros des Konzerts bestand aber aus den unvermeidbaren Mitsingstücken. „Radio Orchid“ war das erste dieser Art und man konnte die gelöste Stimmung im Publikum und auf der Bühne mit Händen greifen. Es funktioniert noch – Fury in the Slaughterhouse nahmen jeden mit. Auch die Youngster, die vielleicht ihr erstes Konzert der Band besuchten. Ziel war es, in 150 Minuten genau 30 Songs aus der Bandgeschichte zu singen. Das gelang an beiden Abenden punktgenau mit der jeweils gleichen Setlist.
Am Freitag startete man eine Stunde später, da wegen des Wochenendes die Genehmigung bis 23 Uhr erteilt war. Für die Show war das super, denn gerade zwischen 22 und 23 Uhr kam die großartige Lightshow vor der stimmungsvoll angestrahlten Porta am besten zu Geltung. Bevor die ganz großen Hits kamen, gab es drei Songs unplugged. Hier will ich vor allem das von Thorsten gesungene „Then She Said“ hervorheben. Normalerweise steht Kai am Mikro, aber wenn der Bruder mit sonorer und etwas kratziger Stimme übernimmt, habe ich jedes Mal Gänsehaut. Im Gegenzug nahm Kai zu „Bring Me Home“ ein ausgiebiges Bad in der Menge und schob sich gut gelaunt durchs Trierer Publikum, um den Fans genügend Selfie-Gelegenheiten zu geben.
Mein erster Herzenssong war „Trapped Today, Trapped Tomorrow“ und der kam wundervoll mit Begleitung an der Steelguitar, die dem neuen Arrangement sehr viel Wärme verlieh. „Cry It Out“ und „Are You Real?“ betonten dagegen die rockige Seite der Band und gingen bass-stark über die Bühne. Jan Löchel unterstützte die Band bei der Coverversion von „Boys don’t cry“ (The Cure). Grund: Er ist neuerdings musikalischer Leiter der Band und schreibt die Arrangements für Furys Acoustic Tour. Einen Eindruck konnte man anhand des Cure-Songs gewinnen, der ganz anders klang als das Original und trotzdem seine Energie behielt. So etwas ist auch für die Fury-Klassiker denkbar und lässt für den Herbst (18.11. – Neunkirchen im Saarland!) Schönes erwarten.
Fury sind niemals unpolitisch gewesen, aber manchmal besonders explizit, beispielsweise mit dem Herzenssong „Every Generation Got Its Own Disease“, den sie per Leinwand mit amerikanischer Flagge, Kriegsbildern und Aufnahmen bekannter Rechtspopulisten illustrierten. Ein wichtiges Statement an beiden Abenden. Im Anschluss endete der Hauptteil der Konzerte (und das an beiden Tagen bei allerbestem Wetter) mit „Won’t Forget This Days“. Ein Paradesong, den Kai kaum selbst singen musste. Das Publikum nahm den Text von Beginn an auf und trug ihn über die Pause bis zur Reprise im ersten Zugabenblock. Das sind Momente für die Ewigkeit vor dem antike Gemäuer.
Die Feierstimmung ging weiter mit einem strahlenden „Down There“, bei dem man die fehlenden Sterne durch Handydisplays ersetzte. Den zweiten Zugabenblock startete ein starkes „Revelation“ mit dampfender Lichtershow. Dann hatte Christof seine Solo-Zeilen zu „Kick It Out“ und es gab den ersten Fury-Hit „Time To Wonder“. Die Band kam auch zum dritten Mal raus und beendete den Set mit „Seconds To Fall“. Viele im Publikum lagen sich ausgelassen in den Armen und feierten noch lange weiter. So enden grandiose Konzerte in Trier.
Schön, dass die Stadt das Bespielen antiker Stätten zulässt. Das gibt es nicht überall. Und daher darf hier auch der Hinweis auf die Open Airs im Amphitheater Trier nicht fehlen. Dort gibt es nämlich am 21.7.2017 die Beginner, am 22.7. In Extremo auf ihrer „Burgentour“ und am 23.7. den genialen Helge Schneider. Nix wie hin!
Songliste – Fury in the Slaughterhouse, Porta Nigra Vorplatz Trier, 15.6. und 16.6.2017
- It’s a Long Way to the Top (Intro vom Band)
- Dance on the Frontline
- Dead Before I Was Born
- Jericho
- Radio Orchid
- Words
- Warchild
- Dancing in the Sunshine of the Dark
- Things Like This
- 30 (It’s not easy)
- Milk and Honey
- When God Goes Home – acoustic
- Then She Said – acoustic
- Bring Me Home – acoustic
- Riding on a Dead Horse
- Haunted Head and Heart
- When I’m Dead and Gone (Cover – McGuinness Flint)
- Trapped Today, Trapped Tomorrow
- Cry It Out
- In Your Room
- Are You Real?
- Boys don’t cry (Cover – The Cure)
- Every Generation Got Its Own Disease
- Won’t Forget These Days
- Won’t Forget These Days – Reprise
- My Personal Everest
- Down There
- Revelation
- Kick It Out
- Time to Wonder
- Seconds to Fall