BAP zieht den Stöpsel und setzt das Amphitheater Trier unter Wasser – 24.7.2014
Aber so schlimm war’s dann doch nicht. Wolfgang Niedecken hat nach seiner Genesung vom Schlaganfall anscheinend eine ordentliche Portion Urvertrauen gewonnen: „Das wird gleich wieder gut. Ich bin mir ganz sicher“, beruhigte er die Zuschauerschaft, die sich mit Schirmen und Regencapes gegen den Regen gewappnet hatten. Und tatsächlich wurde es schon bald besser und bis zur Pause war das letzte Tröpflein gefallen.
BAP waren nicht zum ersten Mal in Trier. Mehrfach konnte man sie schon im Amphitheater sehen, oft an anderen Stellen. Ältere Semester berichteten sogar, die Kölner Band schon 1978 auf einem Konzert in kleinem Kreis gesehen zu haben, als das Repertoire noch so kurz war, dass man es zu guter Letzt einfach zweimal spielte. Davon kann nach fast 40 Jahren Bandgeschehen natürlich keine Rede mehr sein. Zig Alben, viele Hits, die man deutschlandweit mitsingt – und doch war diesmal einiges anders: die Truppe firmierte unter „Niedeckens BAP“, was wohl auch darauf zurück zu führen ist, dass von der Erfolgsbesetzung aus den 80er Jahren nur noch Jürgen Zöller übrig ist. Zudem heißt die Tour „BAP zieht den Stecker“. Ursprünglich wollte man „unplugged“ sagen, aber dem schiebt MTV wohl neuerdings einen Riegel vor. Macht nix – der neue Titel passt eh viel besser.
Nach seinem Schlaganfall hatte Niedecken viel Zeit. Auch um mal über Ideen nachzudenken, die schon lange in seinem Kopf schlummerten. Das erzählte er in Trier frei von der Leber weg. Und wie ihn das Nachdenken dazu brachte, ein Soloalbum für seinen ganz persönlichen Schutzengel zu schreiben. Eine musikalische Liebeserklärung mit allen Liebesliedern, die er im Lauf der Zeit für seine Frau Tina geschrieben hat. „Zosamme alt“ heißt dieses wunderbare Album – und von dem gab es ganz viel zu hören. Klassiker und selten Gehörtes von BAP in ganz neuen Arrangements.
Etwas ganz Besonderes war auch die Besetzung, beispielsweise mit Anne de Wolff an Cello, Violine und Posaune. Es gab einen Kontrabass und Ulrich Rode spielte die „gefährlichen“ Instrumente (wie Niedecken es nannte), beispielsweise eine Pedal Steel Guitar. Was aus dem ungewöhnlichen Instrumentarium geschaffen wurde, war ein sehr bewegendes Klang-Universum. Dazu war Niedecken gesprächig wie immer, erzählte einiges zur Entstehungsgeschichte der Songs und kam auch immer wieder auf Marrakesch und das Engagement für Afrika zu sprechen. Leider musste ein Zuschauer, der das verbale Gefecht mit Niedecken suchte und ihn aus dem Zuschauerraum beleidigte, der Veranstaltung verwiesen werden. Niedecken erledigte das souverän: „Hol dir dein Eintrittsgeld zurück und verschwinde“.
Was blieb mir besonders in Erinnerung? Die tolle Atmosphäre mit einem Sänger, der schon etwas „altersweise“ geworden ist und milde in die Vergangenheit blickt. Ein ausverkauftes Amphitheater, das an Niedeckens Lippen hing. Der Song „Ruut-wiess-blau querjestriefte Frau“, der gleich zu Beginn für Begeisterung sorgte – und „Für’ne Moment“, dessen an Bruce Hornsby erinnernder Pianopart mich schon sehr beeindruckte.
Es gab unzählige schöne Momente und die Atmosphäre in Trier wurde von Minute zu Minute besser, vor allem nach der Pause, als sich alle von den Regenschauern erholt und weitestgehend trocken gelegt hatten. BAP sind bekannt für ihr Programm „um die drei Stunden“, was auch wieder eingehalten wurde. Zudem hatte Niedecken versprochen, dass „auch die zwei Songs für Lieschen Müller, die sonst nix von uns kennt“ mit dabei sein würden. „Kristallnaach“ gab es in einer stark veränderten, atmosphärischen Fassung, die alle Mitgröl-Ideen aus dem Song verbannte. Und „Verdamp lang her“ wurde in alter Manier und recht laut dargeboten.
Mein Highlight war „Du kanns zaubre“. An diesem Titel werde ich mich nie satt hören. Und er war mal wieder sehr passend, den Wolfgang Niedecken hat auch diesmal wieder Trier verzaubert. Schön, dass es ihn gibt, dass es ihm gut geht und dass er nach seiner Erkrankung nicht aufgegeben hat. Ende August wird ein Livealbum erscheinen, das in der Kölner Philharmonie mitgeschnitten wurde.
Die Konzertreihe im Trierer Amphitheater wird fortgesetzt:
1.8.2014 IN EXTREMO
2.8.2014 Adel Tawil
Setlist – Wolfgang Niedecken, BAP, am 24.7.2014 in Trier, Amphitheater
Noh all dänne Johre
Ruut-wiess-blau querjestriefte Frau
Für’ne Moment
Zosamme alt
Rääts un links vum Bahndamm
Anna
Rita, mir zwei
Magdalena
Nöher zo mir
Ich wünsch mir, du wöhrs he
Shoeshine
—
Souvenirs
Morje fröh doheim
Lisa
Noh Gulu
Jupp
Kristallnaach
All die Aureblecke
Prädestiniert
Lena
Verdamp lang her
—
Paar Daach fröher
Novembermorje
Du kanns zaubre
—
Songs sinn Dräume
Sendeschluss
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