Howard Carpendale goes symphonic

Jetzt hat es also auch unser Howie getan: Die Highlights der Karriere neu aufgenommen mit einem Sinfonieorchester. Macht Sinn, wenn man vor fast vier Jahren seinen 70. Geburtstag mit einer großen Best-of-Veröffentlichung gefeiert hat und nun auf die Suche nach neuen Ideen geht. Howard Carpendale war nie einer der Schlagersänger, die sich auf alten Erfolgen ausruhten und schließlich Mallorca-Parties sowie Oktoberfeste mit ihrer Anwesenheit beehrten. Im Gegenteil: Er hat beständig neue Alben veröffentlicht und ließ sich auch nicht davon beirren, dass es nach dem Ende der ZDF-Hitparade nur noch belanglose Volksmusik- und TV-Schlager-Shows als Plattform für seine neuen Stücke gab. Der Dank sind eine treue Fanbase und ein hohes Ansehen in der Szene. 2004 bekam er den Echo für sein Lebenswerk. Die Zahl der Preise ist Legion. Und sein Auftreten, die Stimme mit dem englischen Akzent und dem breiten Endlaut „isch“, immer noch unverkennbar. Eigentlich hatte der Sänger mit südafrikanischen Wurzeln schon 2003 seinen Abschied von der Bühne verkündet, doch vier Jahre später war er plötzlich wieder am Start.

Nach über 50 Jahren und über 700 Liedern ein neues Thema zu finden, erschien zunehmend anmaßend. Und so entstand eine Idee, die sich zunächst fast zu groß anfühlte. Eine Richtung fernab der gewohnten Pfade der Musikindustrie. Warum denn immer etwas Neues? Warum nicht mal etwas Altes in völlig neuem Gewand? Sozusagen als Zwischen-Resümee und Krönung des bisherigen Schaffens führte die Idee schließlich in die berühmten Abbey Road Studios nach London. Sie führte zu dem erfolgreichen Produzenten-Duo James Morgan und Juliette Pochin, die bereits unter anderem mit Cliff Richard, Pete Townshend und Gregory Porter zusammengearbeitet haben. Und hier, wo alle Großen der Musik sich schon die Ehre gaben, die Beatles, Pink Floyd, Aretha Franklin und so viele andere mehr, entstand gemeinsam mit dem herausragenden Royal Philharmonic Orchestra die „Symphonie meines Lebens“. Ein Album, das 12 Lieder herausgepickt und ganz neu erzählt hat.

Das orchestrale Gewand steht vor allem den unbekannteren Titeln wie „Unter einem Himmel“ und „Ein Nacht in New York“ sehr gut. Da wird Atmosphäre geschaffen und Howie kann sich stimmlich in eine neue Richtung begeben. Schwieriger scheint dies bei den altbekannten Hits, die aber unbedingt zur persönlichen Symphonie dazu gehören. Hier bleiben die Arrangements oft hinter den Erwartungen zurück – oder sie füllen nur das Intro und die Pausen mit großem Sound, während sie ansonsten hinter dem Gesang verschwimmen. Ein einleitender Sprechgesang zu „Hello again“. Die verklärte Gesangsmelodie bei „Tür an Tür mit Alice“ – man gewöhnt sich dran.

Meine Highlights sind „Deine Spuren im Sand“ als Duett mit Patricia Kelly und „Samstag Nacht“ in trauter Zweisamkeit mit Cliff Richard. Auch „Ti amo“ wirkt ganz faszinierend, wenn es die Einfachheit des Originals in eine breitwandige Performance führt. Insgesamt gefällt mir diese symphonische Biographie ganz gut. Und Howies Stimme ist mit seinen fast 74 Jahren immer noch voller Charisma.