Runrig live im Rockpalast – das Beste aus zwei Welten
Die Geschichte der schottischen Erfolgsband RUNRIG dauerte insgesamt 45 Jahre, von 1973 bis 2018. Sie ist für die Schotten so eine Art Nationalheiligtum. Die Band spielte einerseits Rockmusik mit starken schottischen Einflüssen, andererseits setzte sie historische schottische Liedtexte und Songs in gälischer Sprache ein. Mit ihrem charismatischen Frontmann Donnie Munro begann dann auch der internationale Erfolg. Munro verließ RUNRIG 1996, um für das schottische Parlament zu kandidieren. Nachfolger wurde der Kanadier Bruce Guthro aus Nova Scotia (Neuschottland). Nicht nur in Schottland, sondern auf der ganzen Welt, vor allem in Skandinavien, Benelux und Deutschland, hat die Band eine treue Fangemeinde, die „Riggies“.
Drei Mal waren RUNRIG in ihrer Karriere zu Gast beim „Rockpalast“ des WDR. Zwei dieser Konzerte gibt es jetzt in einem CD/DVD-Boxset: Am 3. Februar 1996 waren sie zu Gast in der Düsseldorfer Philippshalle, 5 Jahre später kurz vor Weihnachten (am 15.12.2001) im Kölner Palladium.
Musikalisch zeigen die Konzerte die Band und den jeweiligen Frontmann von ihrer jeweils besten Seite. Dabei sind die Aufnahmen sehr verschieden. Es liegen zwar nur fünf Jahre dazwischen, aber immerhin ein einschneidender Wechsel des Frontmanns. Der Qualität des Gesangs tut das allerdings keinen Abbruch. Bruce hat die gleiche smarte Stimmfarbe wie sein Vorgänger, aber während Donnie oft sehr klassisch gesungen hat, steigerte sich Bruce in rockige Vocals.
Die Aufnahme von 1996 bietet einen mystischen Start. Hier passt das dunkle Bild der DVD noch, aber es wird leider nicht besser. Der Sound ist okay, doch das Bild ist sehr diffus – verschwommen, verzerrt und oft ohne Kontrast. Schade. Was die Songauswahl angeht, startet das Konzert sehr träge. Mehr als die erste Hälfte klingt sehr getragen. Erst ab „Stepping Down The Glory Road“ nimmt der Set wirklich Fahrt auf. Die Vielzahl an gälischen Songs schafft aber eine ganz besondere Atmosphäre und das Finale mit „Alba“, „Flower Of The West“ sowie „Loch Lomond“ nach über zwei Stunden Konzertlänge ist einfach grandios.
Auch das 2001er Weihnachtskonzert liefert über zwei Stunden starke Musik. Die Bildqualität ist auch hier nicht perfekt, aber um Klassen besser als bei DVD 1. Vor allem ist eine ordentliche Lightshow zu bemerken. Songs wie „Book Of Golden Stories“ und „Protect And Survive“ zeigen schon früh im Set die außerordentlichen Qualitäten von Bruce Guthro. Es war wirklich ein Glücksfall, diesen Sänger in Kanada (!) für eine schottische Band zu finden. Dass er zudem die gälische Sprache beherrschen muss, ist selbstredend. Vor allem der akustische Part mit „Every River“ ist sehr berührend, wobei das anschließende „Beat The Drum“ ohne Schlagzeugeinsatz schon recht gewöhnungsbedürftig klingt. Aber ich schätze Bruce‘ bodenständige und sympathische Art. Wenn dann die Band a cappella „The Summer Walkers“ singt, kann man nur dahin schmelzen. Im Finale gibt es ebenfalls „Loch Lomond“, aber in einer fast schon country-mäßig anmutenden Gitarrenversion. Und zum Abschluss erklingt „Silent Night“, das in ein vollkehliges „Stille Nacht, heilige Nacht“ übergeht.
Die Aufmachung der Box ist sehr wertig und gemeinsam mit dem Infoteil im Booklet bietet sie einen nostalgischen Rückblick auf die wichtigste Phase der Band im Übergang von Donnie zu Bruce.