BAP live im Heimathafen Neukölln

Was für ein schöner, wertiger Release! Niedeckens BAP veröffentlichte am 18.11. „Lebenslänglich im Heimathafen Neukölln (live)“. Und doch gibt es für manche Freunde der Band auch Grund, sich zu ärgern. Denn Vieles, was sich in diesem Komplettpaket aus vier Silberlingen befindet, haben sie schon im Regal. Jetzt kann man sich über den zusätzlichen Inhalt freuen – oder den Herrn Niedecken und seine Gang der Abzocke bezichtigen. Richtig ist aber: Wer diesen dicken Release käuflich erwirbt, bekommt etwas Schönes für sein Geld. Jenseits allen Streamings und Download-Getues. Hier hat man ein schönes Kleinod in der Hand. Und wer das aktuelle BAP Album ohnehin noch nicht im Regal hat, sollte bei dieser Edition schleunigst zugreifen.

CD 1 bietet also das Studioalbum mit 14 Songs. Dazu brauche ich nicht mehr viel zu sagen, denn das hat Kollege Kröll schon ausführlich an dieser Stelle erledigt: Review „Lebenslänglich“ von Niedeckens BAP.

CD 2 bietet dann die live-CD „Heimathafen“. Anlässlich des 40-jährigen Bandjubiläums suchte Wolfgang Niedecken für den Stapellauf des „Lebenslänglich“-Albums nach einer geeigneten Location, um den Vorabend des Releases gebührend zu zelebrieren. Jedoch waren in seiner Heimatstadt Köln sämtliche Venues aufgrund von Karnevalssitzungen bereits belegt. Wolfgang Niedecken machte die Not jedoch zur Tugend und wich von Köln auf Neukölln (Berlin) aus. Im wunderschönen Heimathafen spielte er samt seiner Band und den Überraschungsgästen Clueso, Thees Uhlmann, Stephan Stoppok, Nicky Müller, Calexico-Trompeter Martin Wenk und Max Prosa sowohl neue Lieder als auch bewährte Klassiker.

Besonders gut gefällt mir die Version von „Dä Herrjott meint et joot met mir“ mit Nicky Müller. Die beiden harmonieren hervorragend miteinander und es menschelt sehr. „Frau, ich freu ich“ ist mit im Set. Und auch „Kristallnaach“ – wunderschön und ewig aktuell.

Die live-DVD hat dann noch vier Songs mehr, nämlich zum einen „Rita“ und das emotionale, immer wieder gern gehörte „Do kanns zaubre“, zum anderen den großen Ausklang mit „Verdamp lang her“ und „Heroes“. Der 110-minütige Live-Mittschnitt fängt diese mal heitere, mal nachdenkliche Atmosphäre in authentischen Kamerasequenzen ein. 17 Songs mit einem klaren Schwerpunkt auf der Jetztzeit. Schließlich steuert Wolfgang Niedecken auf „Lebenslänglich“ denkwürdige Stationen seiner Karriere an. Als Mensch und Künstler. Ein Blick zurück nach vorn also, mit dem sich BAP musikalisch vielfältiger denn je aufstellt.

Als sich zum Ausklang des Auswärtsspiels Band und musikalische Gäste nach einem emotionalen „Verdamp lang her“ zu einem euphorischen Finale versammeln, stimmen sie gemeinsam David Bowies „Helden/Heroes“ an und sogar Kult-Regisseur und Freund Wim Wenders gesellt sich überraschend dazu. Ein weiterer Beleg dafür, dass der rockige, erdige Sound der Band und Niedeckens Texte mit ihren scharfen Beobachtungen, politischen Statements, humorvollen Geschichten und persönlichen Einblicken Menschen in allen Altersgruppen und völlig unabhängig von Genregrenzen erreichen.

CD 4 ist dann ein Extra-Schmankerl mit sieben Titeln, die Niedecken bei „Sing meinen Song“ im März 2016 im Südafrika performt hat. Stücke von The BossHoss bis Samy Deluxe. Besonders genial geraten ist aber die kölsche Version von Xavier Naidoos Hit: „Wat mir allein nit schaffe“.

Die vier Scheiben kommen im Digipack in DVD-Größe und tragen ein dickes Booklet bei sich, das neben den Texten des neuen Albums auch viele großformatige Bilder der Livesession beinhaltet und den Text „Zeitkapsel“ in dem Wolfgang Niedecken ein Statement zu seiner Teilnahme bei „Sing meinen Song“ abgibt. Wir kommen zu folgendem Urteil: lebenslänglich!