Madsen: „Na gut dann nicht“ – Resignieren ist auch keine Lösung!

„Leute ist das euer Ernst? Ein Punkalbum? Ihr müsst Gangster-Rap machen! Punk ist tot!“ Mit diesen gesprochenen Halbwahrheiten endet der erste Track dieses wundervollen Punkalbums „Na gut dann nicht“. Was uns MADSEN hier um die Ohren hauen, ist Protest in Reinkultur. Und das haben wir 2020 in dieser Form noch von keinem gehört.

Mission ist es, den Punk zu retten. Das wird im zweiten Stück „Herzstillstand“ deutlich: „Keiner hat mehr Bock auf Gitarren und auf Lärm“. Familie Madsen beweist das Gegenteil, denn diese Platte macht sowas von Bock! Lärmende Gitarren, hysterischer Gesang, Hau-drauf-Mentalität beim schnellen Schlagzeug. Ob das Spaß macht? Aber ja!

Zu verdanken haben wir dieses Album der Corona-Langeweile. Denn eigentlich sollte alles ganz anders laufen: Ein neues, bereits geschriebenes Rockalbum sollte im Sommer aufgenommen werden, die Touren waren gebucht. Und dann stellte sich die Welt auf den Kopf. MADSEN schoben den gewohnten Indierock zur Seite und widmeten sich einer neuen Welt. „Mitte März bin ich ins Wendland gefahren, habe den Proberaum gründlich aufgeräumt und für andere Künstler Musik geschrieben. Aber dann hatte ich plötzlich diesen Bock auf Punk!“ erinnert sich Sänger Sebastian Madsen. Er kaufte sich das Ramones-Debüt auf Vinyl, hörte es rauf und runter und begann, Songs zu schreiben. Schnell hatte auch der Rest soviel Spaß an den Songs, dass MADSEN ihr „reguläres Album“ hinten anstellten und eine Punk-Platte aufnahmen.

Das Ergebnis ist so überraschend wie geil. Besonders die Texte sind ausgesprochen tiefgehend und treffen den Zeitgeist. „Quarantäne für immer“ zeichnet ein düsteres Bild von herbei gesehnter Einsamkeit („Draußen wird alles immer schlimmer, ich bleib in meinem Zimmer“). „Protest ist cool aber anstrengend“ geht in die andere Richtung: Der Mensch im Bildungsbürgertum erkennt die Probleme der Zeit, hat aber wichtigere Dinge zu tun („doch morgen soll es regnen und du musst noch Rasen mähen“). Ein Plädoyer dafür, Protest nicht nur gut und wichtig zu finden, sondern auch damit anzufangen.

„Alte weiße Männer“ richtet sich so deutlich gegen den gegenwärtigen Politikstil wie „Trash TV“ gegen den allabendlichen Voyeurismus bei Dschungelcamp, Bachelor und Promi-WG. „Behalte deine Meinung“ geigt den ganzen Social-Media-Besserwissern und Verschwörungstheoretikern den Marsch, die YouTube und Twitter für das bessere Kommunikationsmedium halten. Und „Wenn du am Boden liegst“ ist ein starkes Statement für Menschlichkeit gegenüber Flüchtlingen und Hilfesuchenden: „Öffnet eure Arme, öffnet euer Herz“.

Zum Schluss darf Benjamin von Stuckrad-Barre noch den Versuch wagen, Punk zu definieren, der aber von der lärmenden Band im Hintergrund zum Scheitern verurteilt ist.

15 Jahre nach dem Debütalbum – zwischen Frust, Langeweile und Tatendrang im Corona-Sommer – bahnte sich der Bock auf schneller-härter-lautere Songs bei der Band wieder an. „Ich liebe diese respektvolle Respektlosigkeit im Punk“ sagt Sänger Sebastian Madsen. „Mit Punk ist es viel einfacher, sich klar und politisch auszudrücken.“  Auch MADSEN-Mainstream-Hörer sollten diesem ungewöhnlichen Album eine Chance geben. Es lohnt sich!

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