Sigur Rós vertonen ein isländisches Gedicht in der alten Edda-Tradition

„Odin’s Raven Magic“ fußt auf den Wurzeln von Sigur Rós in der Orchester- und Chortradition und ist eine Kollaboration zwischen der Band, Maria Huld Markan Sigfúsdóttir, der isländischen Musiklegende Hilmar Örn Hilmarsson und Steindór Andersen, einem der angesehensten isländischen Kantors traditioneller epischer Erzählungen.

Die Klangkünstler aus dem isländischen  Reykjavík sind schon seit langem bekannt für ihre melancholischen, tragenden und experimentellen Kunstwerke voller Dramatik und hypnotischer Wirkung. Das neue (achte) Album treibt dieses Konzept auf die Spitze: „Odin’s Raven Magic“ ist ein Werk, auf das man sich einlassen muss. Es hat Längen und durchaus nervige Passagen, wenn die Solisten zu verschwurbelt singen oder ihre Stimme in die Höhe treiben.

Die orchestralen Momente aber sind eine Wucht. Vor allem das virtuose Glockenspiel auf einer Marimba nimmt mich jedes Mal wieder gefangen. Die Edda und die hier verwendete Sage um Odins Rabenmagie sind hervorragend umgesetzt. Nicht so mittelalterlich, wie erwartet, stattdessen mit orchestraler Eleganz. Die Chöre gefallen mir einen Tick besser als die Solo-Kantoren, aber das dürfte Geschmackssache sein. Man muss sich damit abfinden, die Erkennungsmerkmale der bekannten Band nur vereinzelt wahrzunehmen. Atmosphäre und cineastische Breite sind aber sehr stimmig.

Das Album wurde bereits vor 16 Jahren in Paris live aufgenommen. Das merkt man aber nur am Schluss-Applaus. Fans haben sich lange nach einem Release gesehnt – vor allem als erste Auszüge im Internet aufgetaucht sind. Jetzt kann man das Klangerlebnis endlich in seiner ganzen Reinheit genießen. An manchen Stellen ist Durchhalten angesagt – aber es lohnt sich.

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