Andrew Lloyd Webber Musical Gala – live in Trier

Musicals haben immer noch Inflation – und in gewissen Regionen kann auch mal eine Übersättigung eintreten. Gerade im Raum Trier gibt es einige spannende Produktionen: Die Rockhal im luxemburgischen Esch zeigt „Cats“ und „Flashdance“, das Theater Trier glänzt mit der ewig ausverkauften 50er-Nostalgie-Show „Blue Jeans“ und selbst regionale Gala-Shows wie „Musical Magics“ touren jährlich mit einem neuen Programm. Da verwundert es nicht, dass die „Andrew Lloyd Webber Musical Gala“ mit exzellenter Ensemble-Besetzung und 14köpfigem Orchester nur einige hundert Zuschauer in die Europahalle zog. Gut die Hälfte der Sitzplätze war leer. Das tat der Stimmung aber keinen Abbruch.

Foto: Simon Engelbert

Das Orchester saß im hinteren Bühnenbereich. Bühnenbilder wurden auf zwei LCD Leinwände in Front und Back projiziert. Logisch, denn die Fülle der verwendeten Musicals hätte man sonst kaum darstellen können. Auch die Kostümierung war recht spärlich, aber äußerst effektvoll eingesetzt. Die Katzen aus „Cats“ müssen keine Öhrchen aufhaben um als solche erkennbar zu sein. Stilvolle Abendkleider tun es auch. Und man muss für „Starlight Express“ niemanden in Rollschuhe stecken und rundum verpolstern. Wenn auf der Leinwand die Maschinen rattern, ist das absolut ausreichend. So wurde „Das Phantom der Oper“ zum Leben erweckt, es gab viele Eindrücke vom „Sunset Boulevard“ und die dramatische Geschichte um „Jesus Christ Superstar“ lebte in wundervollen Songs neu auf. Thematisch war der Hitreigen vielleicht etwas seltsam angeordnet, man beschränkte sich nämlich nicht darauf, Musical um Musical abzuarbeiten, sondern ging munter quer durch die Songlisten. Mit einer Regel: Die Gassenhauer kamen zum Schluss. So endete die Show nach 150 Minuten (inklusive 20minütiger Pause) mit dem Titelsong „Phantom Of The Opera“ und der Optimismus-Hymne „Light At The End Of The Tunnel“.

Foto: Simon Engelbert

Fünf Gesangsolisten, acht singenden und tanzenden Musicaldarsteller und ein Moderator nehmen die Zuschauer mit auf eine emotionale Berg- und Talfahrt der großen Gefühle. Und es war ein Genuss, denn vor allem die Solisten zeigten sich stimmlich hervorragend. Die Songs aus „Evita“ klangen gänsehauterregend gut und „Memory“ aus „Cats“ war nicht nur aufgrund seiner Bekanntheit ein echtes Highlight. Tyrone Chambers bestach als sympathischer Entertainer mit charmantem Akzent – und bewies auch beim Solo „Music Of The Night“ seine Klasse, gefolgt von einer fantastischen Sopranistin, die bei Stücken wie „Think Of You“ jeden noch so hohen Ton glasklar traf. Die Stunde der Tänzer kam in Ensemble-Nummern wie „King Herode’s Song“, während das Orchester beim instrumentalen „Car Chase“ glänzte. Das Zusammenspiel war wirklich hervorragend und auch lustige Nummern wie der streunende Kater „Rum Tum Tugger“ wurden voll Spielfreude inszeniert.

Foto: Simon Engelbert

Bekannte Melodien machten die Highlights aus, doch man konnte auch als Musical-Fan Neues lernen: In Boygroup Manier gab es „No Matter What“, den Hit von Boyzone – wobei mir nicht bewusst war, dass dieser aus dem Musical „Whistle Down The Wind“ und damit aus Webbers Feder stammt. Dann war auch das aktuelle Rockmusical „School Of Rock“ vertreten, mit dem Webber momentan neue Erfolge feiert, und das Orchester übte sich in rockigen Klängen. Der Abend endete um 22.30 Uhr mit stehenden Ovationen des Publikums, die absolut verdient waren. Diese Show hatte alle mitgerissen. Und es ist dem Ensemble hoch anzurechnen, dass man aufgrund der geringen Zuschauerzahl nicht in Tristesse verfiel, sondern sich in Topform zeigte.