Rufus Wainwright: „Unfollow The Rules“

Rufus Wainwright hat in der Vergangenheit nie gekleckert, stets geklotzt. Prominente Musiker wie Elton John oder Polizeichef Sting erklärten ihn bereits nach seinem 1998 erschienenen, selbst betitelten Debüt zu einem der größten Singer/Songwriter unserer Zeit. Seine Alben „Want One“ (2003) und „Want Two“ (2004) wurden zwar von der Musikpresse in den Himmel gelobt, doch der große kommerzielle Erfolg blieb dem gebürtigen Kanadier bislang verwehrt. Ich selbst muss gestehen, dass ich erst mit der Veröffentlichung des fulminanten Live-Albums „Rufus Does Judy At Carnegie Hall“ auf den Künstler aufmerksam wurde. Die detailgetreue Kopie eines Konzerts von Judy Garland aus dem Jahr 1961 an eben dieser Spielstätte ist ein genialer Mitschnitt, der zeigt, mit welcher Perfektion Wainwright seine Träume in die Tat umsetzt.

Wainwrights neunte Studio-LP „Unfollow The Rules“ ist sein erstes neues Pop-Album seit 2012 und zeigt den Künstler auf dem Höhepunkt seiner Karriere: Er tritt künstlerisch mit Leidenschaft, Ehrlichkeit und einer neu entdeckten Furchtlosigkeit auf, während er so kreativ, mutig und schelmisch wie eh und je bleibt. Produziert wurde es von Mitchell Froom in einer Vielzahl legendärer Studios in Los Angeles. Inspiriert von Alter, Eheleben, Vaterschaft, Freunde, Verlust, London und Laurel Canyon stellt sich Wainwright neuen Herausforderungen und ist gleichzeitig gezwungen, sich mit seiner Vergangenheit sowie seiner Rolle als Musiker und Familienvater auseinanderzusetzen.

„Unfollow The Rules“ ist ein wundervolles Singer-/Songwriter-Album. Wir hören viel Klavier und Rufus‘ sanfte Stimme, die mal verspielt poppig, aber zwischendurch auch immer wieder musicalhaft klingt. Alles ist sehr eingängig gesetzt – für Neulinge, die sich mit der Musik dieses Ausnahmekünstlers beschäftigen, also besser geeignet als seine Shakespeare-Sonette oder die Opernwerke. Die Textzeile „Unfollow The Rules“ bleibt lange Zeit als Ohrwurm haften.

Rufus Wainwright schafft eine warmherzige und leichte Atmosphäre. Nur selten zieht er das Tempo an, doch man vermisst es auch nicht, dass er aus sich heraus geht. Seine sanfte Seite zwischen Melancholie und optimistischer Fröhlichkeit genügt völlig, um ein intensives Musikerlebnis zu gestalten. Ein Künstler, der jedes seiner Alben zu einem ganz besonderen Erlebnis macht.