Die Hitzeschlacht vom Hawerkamp – Das Vainstream Festival 2015
Es ist ein besonderes Jahr für das Vainstream Festival, denn dieses Jahr feiert es sein zehnjähriges Jubiläum. „10 Years Of Punk, Metal and Hardcore“: Und der Wettergott meint es verdammt gut mit den rund 10.000 Besuchern im Herzen von Münster. Bereits um zehn Uhr morgens, als Vitja das Festival gebührend eröffnen, sind es bereits um die 30 Grad, was sich im Laufe des Tages noch auf 39 Grad steigern wird. Und somit zum heißesten Tag des Jahres avanciert. Der Himmel strahlend blau, die Zuschauer schwitzend. Viel verändert hat sich nicht im Vergleich zu den letzten Jahren. Die Falafisten (mit dem wohl besten Falafel weit und breit), Impericons Merchandisezelt, Amnesty International sowie die Hardcore Help Foundation und PETA haben mal wieder ihre Zelte aufgeschlagen und beglücken Matrosen, Hawai-Hemden-Träger und Propeller-Mützen-Fans.
Auf Vitja folgen Upon A Burning Body, deren Name bei diesen Temperaturen wirklich Programm ist. Die ersten Hitzeschläge verteilen nun Chelsea Grin. Die bis zum Meeresboden tief gestimmten Instrumente ballern ordentliche Basswände in Richtung Moshpit, welche jedoch gleich von Breakdown Of Sanity noch um einiges übertroffen werden sollten.
Die Schweizer betreten zur gnadenlosen Mittagshitze um Punkt 12 Uhr die Bühne und liefern Bassdrops, bei denen einem schon ruhig mal die sonst so standhaften Beine versagen dürfen. Leider ist der Sound, wie schon eine Woche zuvor beim Mair 1 Festival, nicht das Gelbe vom Ei. Nur Bass, kaum Gitarre. Schade, denn Songs wie „Crumble“ oder „The Gift“ können sich so nicht voll entfalten. Zumindest der obligatorische Massenshout zu „Infest“ ist gesichert: „Yes We Can“ hallt es aus der Menge. Breakdown Of Sainty sind jetzt schon eine der Gewinner des Vainstreams, nachdem sie 2014 leider krankheitsbedingt absagen mussten.
Es folgen Auftritte der Lokalveteranen von Neara, die mal wieder zeigen, dass auch Städte wie Münster absolut salonfähigen Metalcore ans Tageslicht bringen können, sowie der amerikanischen Zerstörerschiffe von Suicide Silence. Heute merkt man ihnen leider an, wie sehr ihnen Mitch Lucker fehlt. Eddie hat schon wesentlich solidere Shows gezeigt und wird den Fußstapfen von Vorgänger Mitch heute keinen Meter gerecht. Schade.
Man gönnt sich nun erst man eine kleine Auszeit, bewegt sich am schönen, prall gefüllten Münsteraner Kanal entlang und schmeißt den Grill an, um endlich mal ein wenig Wärme abzubekommen. Nach kurzer Stärkung, und einem leckeren Turmbräu bei einer Runde Fifa, wirft man sich nun wieder in die Hitzeschlacht vom Hawerkamp.
Begrüßt wird man durch die Hardcore-Urgesteine von Terror, die mit „Overcome“ und „Keepers Of The Faith“ wie immer punkten können. Allerdings ist es vor der Bühne nicht wirklich voll, da sich eine große Menge Menschen nebenan bei der Parkway Drive Signing Session befindet, sowie viele vor dem Auftritt der Architects nochmal Schatten aufsuchen.
Besagte Architekten geben sich auch gleich nach den Kassieren, die mit „Am schlimmsten ist, wenn das Bier alle ist“ für einen der lustigsten Momente des Festivals sorgen. Generell sind Die Kassierer immer eine gute Sache. Kommen wir nun also zu den Architects, die wie gewohnt eine dermaßen mit Energie geladene Show abliefern, dass man sich fragt ob die Jungs jemals älter werden. Nach wie vor sitzt alles bei den Engländern: Timing, Arrangements, Spielfreude: Die Architects haben nichts, aber auch gar nichts, verlernt.
Nahtlos weiter geht es nun mit den deutschen Metalhelden von Callejon, die erstmal eine Menge Masken vom Albumcover „Wir sind Angst“ verteilen. Mit „Wir sind Angst“ wird das Konzert auch begonnen, und die Zuschauer sind sofort mit dabei. Basti und sein Gefolge zeigen mit Songs wie „Dunkelherz“, Ich lehne leidenschaftlich ab“ und dem Mädchenliebling „Kind im Nebel“, warum sie seit Jahren auf jedem Festival spielen und ständig Massen zum ausrasten bringen. Den Abschluss dieser gelungenen Minuten bildet die Ärzte-Anti-Nazi-Hymne „Schrei nach Liebe“, welches alle, aber auch wirklich alle nochmal animiert alles zu geben. Gesagt getan. Es folgen die Donots und die nach Madball und Terror dritten Hardcore-Urgesteine des Tages: Sick Of It All geben alles, und das Publikum, welches sich vom Alter her der Band auf der Bühne doch sehr anpasst, ist sichtlich begeistert. NYHC at it’s best. Mittlerweile ist es sogar wieder erträglich warm geworden: Mit einer schönen Briese, 30 Grad Celsius und circa 8000 stinkenden Menschen vor der EMP-Stage erwartet man nun voller Vorfreude die Band, die solche Temperaturen aus dem schönen Byron Bay wohl gewohnt ist.
Parkway Drive entern die Bühne und nehmen den Hawerkamp mit dem Opener „Wild Eyes“ direkt komplett auseinander. Es folgen Klassiker wie „Boneyards“, „Dead Mans Chest“ und „Idols and Anchors“. Diese kommen ebenso gut an, wie das bislang Fanlager spaltende „Vice Grip“. Der Song kommt live aber sehr gut an und zeigt, dass man Parkway Drive Songs manchmal einfach ein wenig Zeit geben muss. Auch bei der Bühnenshow hat sich bei den fünf Australiern einiges getan. Standen hier 2013 noch zwei Hüpfburgähnliche Gebilde, zieren heute ein halber Schrottplatz und Feuer die Bühne. Ein wenig Geböller hier, ein paar Feuerfontänen da: Das ganze vor einem Banner, welches eine große Stadt zeigt. Fertig ist die Illusion von der mobilen, untergehenden Welt. Den Abschluss dieses perfekten Auftrittes bildet „Home Is For The Heartless“, bei welchem Crowdsurfer wie bei Ford am Fließband zur Bühne befördert werden.
Mal wieder zeigt das Vainstream, wie man Festivals vernünftig, strukturiert und reibungslos organisiert. Auch die kurzfristig errichteten Trinkwasserstellen und Schattenplätze zeugen von einem hohen Maß an Verantwortungsbewusstsein. Das zehnjährige Jubiläum ist perfekt gelaufen. Gerne auf 10, 20, 30 weitere Jahre voll mit Punk, Metal und Hardcore.