Auch nach 35 Jahren da, wenn man ihn braucht
Zeit für ein Outing: Ja, auch ich habe Ende der 80er Jahre zur Musik von Rick Astley getanzt. Vermutlich vor allem deshalb, weil man sich beim Discofox seiner Stücke auch mit zwei linken Füßen kaum blamieren konnte. Das vom Team Stock Aitken Waterman (SAW) geschriebene Stück „Never Gonna Give You Up“ schleuderte den Briten aus dem Nichts an die Chartspitze. Und wie schön war es, als zu Zeiten von Donald Trump eine Bewegung in den sozialen Medien gar „Rick Astley for President“ forderte, denn
He will
Never gonna give you up
Never gonna let you down
Never gonna run around and desert you
Never gonna make you cry
Never gonna say goodbye
Never gonna tell a lie and hurt you
Das Internet hat dem Briten ohnehin eine späte Renaissance beschert, denn das sogenannte „Rickrolling“ ist ein weit verbreiteter Scherz, bei dem User mit großspurigen Überschriften angelockt und dann zu einem Video des Songs gelotst werden.
Zeitlos sind auch zwei andere SAW-Songs des Albums: Der Titelsong „Whenever You Need Somebody“ und „Together Forever“, die der ersten Single sehr ähneln. Aber was soll’s. Das Erfolgsrezept hat funktioniert. Die vier von Astley selbst geschriebenen Stücke des Albums wurden hingegen nicht zu großen Hits.
Das Remaster von „Whenever You Need Somebody“ (2022) kommt als Zwei-CD-Veröffentlichung daher, die das remasterte Originalalbum sowie B-Seiten, Remixe und Astleys ganz eigene, neu interpretierte Versionen der Originalsingles des Albums enthält. Zum Set gehört ein umfangreiches Booklet mit bisher unveröffentlichten Fotos aus den Jahren 1987/88, Linernotes von Craig McLean und ist angereichert mit Reflektionen von Astley sowie Mike Stock und Pete Waterman – zwei der Songwriter des Originalalbums. Das Projekt wurde in den Abbey Road-Studios neu gemastert.
Zur Review liegt mir die 1CD-Version vor. Und zum Glück unterscheidet sich das Remaster kaum vom bekannten Original. Die musikalische Umsetzung klingt genau so steril, synthetisch und bisweilen blechern wie zu Disco-Glanzzeiten 1987. Und das ist gut so, denn alles andere hätte den zeitlosen Charme dieser Musik kaputt gemacht.
Astley sagt: „Jedes Mal, wenn ich diese Songs singe oder sogar einfach nur im Radio höre, werden so viele tolle Erinnerungen wach. Ich weiß es sehr zu schätzen, dass ich so viel Glück ich hatte, all die Leute kennenzulernen, mit denen ich bei dieser ersten Platte zusammenarbeiten konnte. ‚Never Gonna Give You Up’ hat den Weg für mich bereitet und mich um die Welt reisen lassen – einfach überwältigend für einen 21-Jährigen aus Newton-le-Willows. Und ich profitiere noch heute davon.”
Rick Astley hat es übrigens nicht nötig, in der Vergangenheit zu schwelgen. Er ist mit 56 Jahren noch jung genug für neue musikalische Großtaten und hat vor sechs Jahren ein überraschendes Comeback eingeläutet: Das Album „50“ erreichte Platz 1 in Großbritannien. Es waren zwölf brandneue Stücke voll Soul vom Feinsten und mit leichten Gospel-Anleihen. Die absolute Überraschung und eines der Highlights im Musikjahr 2016. Astley präsentierte sich selbstbewusst und mit sonorer Gänsehautstimme. Schon zwei Jahren später gab es mit “Beautiful Life” ein weiteres neues Album, auf dem Rick jeden einzelnen Song selbst komponiert, jedes Instrument selbst eingespielt und jede Note selbst eingesungen hat.
Die Reise geht weiter. He will never gonna give you up!