Tim Bendzko: Wenn die Theaterbühne zum Wohnzimmer wird
Mit seinen „Wohnzimmerkonzerten“ hat Tim Bendzko 2014 eine Konzertreihe ins Leben gerufen bei der er in ausgewählten bestuhlten Locations seine Songs im familiären Rahmen präsentiert. Aus anfänglich zwei geplanten Konzerten in Wohnzimmeratmosphäre wurde schnell eine ganze Konzertserie, die sich mittlerweile etabliert hat. Aufs Wesentliche reduziert, ist die Wohnzimmer-Konzertreihe eine ganz besondere Möglichkeit Tim Bendzko live zu erleben.
Es ist schon ein großer Unterschied, ob man ihn vor mehreren Tausend Besuchern in der Arena Trier erlebt – wie im April 2017 – oder ob er sein Konzert in intimer Atmosphäre und vor einem (zumindest zu Beginn) sitzenden Theaterpublikum gestaltet. Jedenfalls hatte er es sich auf der Bühne gemütlich eingerichtet. Mit einem großen Teppich, Sitzecke, Bar, nostalgischen Steh- und Hängelampen. Das Luxemburger Publikum im ausverkauften Grand Théâtre durfte sich auf einen ganz besonderen Abend freuen.
Pünktlich um 20.30 Uhr stand Tim Bendzko allein mit Gitarre auf der Bühne und sang „Das wissen wir beide“ zunächst ohne Mikrofon-Unterstützung ins gespannte Publikum. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können in diesem intensiven Moment. Und dann baute sich die Wohnzimmer-Atmosphäre langsam auf: Tim trat ans Mikro, die Bühnenarbeiter befreiten die Instrumente von weißen Tüchern und die vierköpfige Band kam nach und nach auf die Bühne.
Der Sound im Theater war glasklar. Das war auch nötig für diese Stimmung. Doch es blieb bei weitem nicht so melancholisch wie zu Beginn. Tim Bendzko machte seine Späße mit dem Publikum und nutzte dazu alle Möglichkeiten. Er fragte nach Pärchen, die zusammen im Konzert sind, quetschte sich durchs Publikum und nahm die erstaunte Michelle mit auf die Bühne, die sogleich einen Platz auf dem Sofa bekam und sich über den Teleprompter „Die Schlümpfe“ ansehen durfte. Die Band versuchte sich an hübschen Wohnzimmer-Jingles und Tim plünderte mit Michelle die Hausbar, während ihr Freund Ralf das Geschehen aus dem Publikum betrachten musste. Stellvertretend für eben diesen Ralf sang Tim aber ein versöhnliches „Beste Version“ für Michelle und dürfte damit dem Parr einen unvergesslichen Abend beschert haben.
Auch das Handy-Publikum nahm Bendzko gehörig auf die Schippe und spielte einen 15-Sekunden-Snippet zum Posten auf Instagram und Co., den man im Anschluss nochmal vom Band spielte, während die Band sich zum gemütlichen Gruppenfoto um Michelle versammelte.
Damit nicht genug des interaktiven Geschehens: Tim ließ zwei Coversongs zur Abstimmung gegen einander antreten und das Publikum entschied sich für Xaviers „Ich kenne nichts“ statt für Grönemeyers „Halt mich“ (51 zu 49 %, wie der Sänger meinte) und der Xavier-Song wurde dann auch komplett präsentiert. Ebenso wie „Verdammt ich lieb dich“ von Matthias Reim, womit Bendzko seinem kulturellen Bildungsauftrag nachkommen wollte, wie er süffisant mitteilte.
Dann endlich ging es weiter mit den veritablen Hits und für das Publikum (das spätestens seit „Ich kenne nichts“ kein sitzendes mehr war) feierte bekannte Songs wie „Keine Maschine“, „Nur noch kurz die Welt retten“ und „Keine Zeit“. Damit war auch der Beweis angetreten, dass das Publikum in Luxemburg durchaus textsicher ist, was deutschsprachige Lyrics angeht. 90 Minuten waren vergangen – und vor dem Zugabenblock war das Theater in Feierlaune.
Nach kurzer Verschnaufpause sang Tim den Song „So fühlt es sich an“, den er mit 17 Jahren geschrieben und jetzt wieder ausgepackt hatte, um zu erklären, wie es ist, plötzlich vor großem Publikum zu singen. Daraus entstand ein veritabler Zuschauerchor und der Sänger genoss es sichtlich, diesem Titel einfach nur von der Bühne aus zuzuhören.
Nach „Sag einfach ja“ gab es wieder einen Ausflug ins Publikum und Tim bat die Zuschauerin Sophie, einen Lieblingssong aus sseinem Repertoire zu wählen. Er würde ihn auf jeden Fall – begleitet vom Piano – singen. Sie entschied sich für „Leicht sein“, einen Song den Bendzko schon über drei Jahre nicht gesungen hatte, und es gab eine Gänsehaut-Version, bevor das Konzert mit „Warum ich Lieder singe“ endete. Es waren zwei Stunden voller Emotionen und Fröhlichkeit. Bendzko zeigte, dass er keine 11köpfige Band im Hintergrund braucht, sondern vier Mann, ab und zu auch mal nur ein Piano oder eine Gitarre, absolut ausreichen, um ein Publikum einen Abend lang zu unterhalten. Wer solche Konzerte erlebt, weiß, dass er einem außergewöhnlichen Ereignis beiwohnt.
Nach ausverkauften „Wohnzimmerkonzerten“ 2014, 2015 und 2017 geht es auch im November 2018 wieder in die schönsten Locations Deutschlands:
Tim Bendzko Wohnzimmerkonzerte 2018
- 04.11.2018 – Aachen, Eurogress
- 05.11.2018 – Essen, Lichtburg
- 07.11.2018 – Frankfurt, Alte Oper
- 08.11.2018 – Bremen, Musical Theater
- 09.11.2018 – Halle (Saale), Händelhalle
- 23.11.2018 – Lübeck, Musik- und Kongresshalle
- 24.11.2018 – Braunschweig, Stadthalle
- 26.11.2018 – München, Philharmonie
- 27.11.2018 – Stuttgart, Beethoven-Saal
- 28.11.2018 – Berlin, Tempodrom