Die perfekte Show – Justin Biebers „Purpose Tour“ in Köln
Es ist 20:15 Uhr, als Justin Bieber pünktlich die Bühne der Lanxess Arena in Köln betritt. Zu „Mark My Words“ schwebt er in einem Plexiglaskasten über der Bühne und die mit Powerbanks ausgerüsteten Mädchen schreien sich die Seele aus dem Leib und snapchatten was das Zeug hält. Die Songs „Get Used To It“ und „I´ll Show You“ singt Bieber in einem Käfig mit aufwendiger Lasershow. Die Stimmung in der ausverkauften Arena ist unbeschreiblich.
Man selbst befindet sich im Zwiespalt: findet man es eigentlich völlig daneben, dass die ganze Zeit das Playback im Hintergrund läuft und Bieber das gar nicht interessiert, so bricht doch eine Welle der Euphorie ganz plötzlich über einen herein und man erwischt sich beim leisen mitsingen von „Boyfriend“.
Der 22-jährige Kanadier hingegen wirkt gar nicht euphorisch – fast schon ein bisschen lethargisch. Mit inhaltslosen, sinnfreien Phrasen wie „Today is a good night“ bringt er seine Belieber trotzdem zum kreischen. Am Boden sitzend philosophiert er über den Sinn des Lebens, seine Motivation und sagt, dass er sich manchmal alleine fühlt. Er wischt sich mit dem Ärmel über das Gesicht und man fragt sich, ob er schwitzt oder weint. Den Blick starr auf einen Punkt hinter dem Publikum fixiert, kann man sein Verhalten nicht deuten.
Das ist den meisten Fans aber auch egal, denn die verstehen vor lauter Hysterie sowieso kein Wort von dem was er sagt. Für den Song „Love Yourself“ schnappt er sich die Gitarre und sitzt auf einem roten Sofa, umhüllt von einem weißen Lichtkegel. Gänsehaut-Feeling in der Halle, als 16.000 Fans beginnen im Chor zu singen. Endlich singt auch Bieber live. Ein riesiges Trampolin wird als Bühne über das Publikum gefahren, Justin spielt ein Schlagzeug-Solo, Kinder tanzen zu „Children“ auf der Bühne, ein oberkörperfreie Bieber beim finalen Song „Sorry“ – die Show ist perfekt inszeniert.
Und dennoch hat man fast ein bisschen Mitleid, denn der junge, talentierte Youtube Star von damals wurde zum Playback singenden Teenieschwarm verheizt – und das sieht man ihm an. Ist die so perfekt wirkende Show vielleicht nur eine Illustration seines eigenen Lebens? Stellen die Käfige zu Beginn seine Machtlosigkeit im Showbusiness dar? Sind die einstudierten, lustlos ausgeführten Tanzschritte ein Symbol für die Marionette, die er eigentlich nur darstellt? Und zeugen die lethargisch gesagten Phrasen von einer gewissen Resignation? Blitzte vielleicht beim hüpfen auf dem Trampolin kurzzeitig der wahre Bieber durch, der einfach nur ein bisschen Kind sein will? Eins muss man ihm am Ende lassen: Er hat sich und sein Album gut verkauft, seine Fans glücklich gemacht und selbst einen Nicht-Bieber-Fan zum mitsingen animiert.