Reeperbahn Festival, Tag 2 – Fotos von Mando Diao und HUNDREDS
Auch der Donnerstag brachte einige Highlights beim Reeperbahn Festival. Die Schweden MANDO DIAO fanden sich zu einem kurzen aber intensiven Acoustic Gig im Saturn ein.
Auch der Donnerstag brachte einige Highlights beim Reeperbahn Festival. Die Schweden MANDO DIAO fanden sich zu einem kurzen aber intensiven Acoustic Gig im Saturn ein.
Die Ringkirche in Wiesbaden ist eine fantastische Location für ein akustisches Konzert mit Streicher-Begleitung. Problematisch vielleicht, weil sie mitten in der Stadt liegt und die Parkplatz-Suche am Freitagabend schon eine Herausforderung sein kann. Doch sobald man in der Kirche steht und die imposante Kulisse bewundert, ist alles vergessen.
Wiesbaden ist Alexa Fesers Heimatstadt, von der es sie vor elf Jahren Richtung Berlin zog. Nach vielen Gehversuchen in unterschiedlichste Richtungen hat sich die 38jährige inzwischen einen Namen gemacht als Sängerin und Songwriterin mit poetischer Ader. Sie mag das weibliche Gegenstück sein zu ganz besonderen Künstlern wie Philipp Poisel. Und so verwunderte es auch nicht, dass das Konzert in der Ringkirche blitzschnell ausverkauft war.
Die Sitzplätze füllten sich mit gespannten Gesichtern, die Schlangen vor den einzigen zwei Toiletten wurden immer länger und schließlich – pünktlich um 20 Uhr – begann das Konzert mit einem Solo-Auftritt von Luisa Babarro, die zu den Berlin Strings gehört, aber auch solo Musik macht. Nur mit einem Cello bewaffnet brachte sie äußerst gefühlvolle Songs unter die Menschen und man konnte eine Vorstellung davon gewinnen, wie der Abend weiter gehen würde und welch intensives Musikerlebnis uns erwartete.
Die Akustik in einer Kirche sollte eigentlich weit tragen. Trotzdem wurde eine Musikanlage nötig, um alle Ecken zu erreichen. Das war in den vorderen Reihen etwas gewöhnungsbedürftig und recht laut, man konnte sich aber damit arrangieren. Luisa sang und spielte sich in die Herzen der Zuschauer. Sie erzählte von ihrer klassischen Ausbildung und dem Entsetzen, als plötzlich ein Pop-Künstler anfragte, ob sie ihn auf Tour begleiten würde. Mit dem Namen Philipp Poisel konnte sie gar nichts anfangen und sagte erst einmal ab. Gutes Zureden führte aber dazu, dass Luisa beim Projekt Seerosenteich dabei war und nun selbst in ihren Songs Klassik mit Popmusik verbindet, ohne irgendwelche Bombast-Klischees zu erfüllen. Im Gegenteil: Sie sang gefühlvoll und erzählte ihre Geschichten, beispielsweise davon, wie sich Flüchtlinge in ihrer neuen Heimat fühlen.
Nach dem glanzvollen Support gab es erst einmal zwanzig Minuten Pause. Die Spannung war schon groß – und man spürte, dass die Heimatstadt auf ihre Alexa wartete. So ging das Licht aus und es brandete stürmischer Applaus auf. War aber leider ein klassischer Fehlstart und man musste noch fünf Minuten warten, bis um 20.45 Uhr die Berlin Strings die niedrige Bühne betraten und Alexa ihren Platz hinter dem Piano einnahm.
Mit „Mensch unter Menschen“ begann ein von Beginn an beeindruckendes Konzert. Ein Song, der das Leben mit seinen Höhen und Tiefen beschreibt. Das Thema beschäftigte Alexa Feser den ganzen Abend über. Und sie verlor sich fast in kleinen Anekdoten über ihr Leben in Berlin, das biographisch Erlebte und der Erkenntnis, dass die Niederlagen von heute „Das Gold von morgen“ sein können. So schlug sie auch den Bogen vom ersten Lied bis zur letzten Zugabe und die Zuhörer konnten ihr auf dem poetischen Weg folgen. Alexa liebt das Suchen mehr als das Finden. Das spiegelt sich in ihren Songs.
Es gab alles – von andächtiger Stille bis hin zu lautem Jubel. Alexas Familie, zwei Brüder und die Mutter, war im Publikum. Sie berichtete von ihrer Nervosität deswegen („ich bin plötzlich wieder 12 Jahre alt“) und man konnte mitempfinden, wie es ihr ging. Viele Zuschauer hatten Leuchtstäbe für eine illuminierte Überraschung zum vierten Song „Herz aus zweiter Hand“ und Alexa war sichtlich bewegt. Die besondere Atmosphäre des Konzerts war an vielen Stellen zu greifen.
Alexa Fesers Songs sind ohnehin keine Hymnen und keine optimistisch-straighten Popsongs. Stattdessen bietet sie lyrische Kleinode. Vertonte Gedichte, die sie mit einer Stimme vorträgt, die (wie bei Philipp Poisel) immer leicht vernuschelt wirkt. Die Berlin Strings gaben den sehr gefühlvoll und vorsichtig arrangierten Stücken eine weitere Farbe mit. Fließende Streicher oder ein subtiles Stakkato – was die Stimmung gerade erforderte.
Alexa saß meist hinter dem Piano, machte aber auch Ausflüge ins Publikum oder lieferte dezente Tanzeinlagen. Für den neuen Song „Meine Moleküle“ begleitete sie sich selbst an der Ukulele und präsentierte den Titel aus der Menge heraus – von einem hilfreichen Zuschauer per Smartphone angeleuchtet. Und wenn dann mal die Streicher ruhig blieben und Alexa nur das Klavier erklingen ließ, kam die ganze Kirche ins Träumen. Bei „Nach Norden“, in dem Luisa Babarro die zweite Stimme sang, dem erzählerischen „Linie 7“ und vor allem bei „Mehr als ein Lied“, das ein Gänsehautmoment im Zugabenblock war.
Natürlich gab es stehende Ovationen für dieses glänzende Konzert, das nach zwei Stunden endete. Man konnte es mit allen Sinnen genießen und die Kirchen-Atmosphäre trug ihr Übriges dazu bei. Diese Künstlerin sollte man nicht aus den Augen verlieren.
Setlist – Alexa Feser, Ringkirche Wiesbaden, 19.1.2018
Mensch unter Menschen
Dezemberkind
Glück
Herz aus zweiter Hand
Leben
Ich bleibe
Weiss
Nach Norden
Straßenkind
Peter Pan
Meine Moleküle
Inventur
Wunderfinder
Vom Suchen und Finden
Wir sind hier
Medizin
Linie 7
Mehr als ein Lied
Das Gold von morgen