In Extremo rocken die Mörderhöhle – am 1.8.2014 im Amphitheater Trier

In Extremo sind momentan auf „Kunstraub-Burgentour“. Damit waren sie eigentlich in der falschen Location, denn mit Rittern und Königen hat das römische Denkmal nichts zu tun. Aber trotzdem ist das Amphitheater in Trier wie geschaffen für Auftritte martialischer Rockacts und bildet eine beeindruckende Kulisse, die auch für das Konzert von In Extremo viele Besucher anlockte und gut gefüllt war. In diesem Sommer gab es dort sehr viele verschiedene Acts von Klassik über Pop bis hin zu härteren Klängen. Damit wurden unterschiedlichste Publikumsschichten angesprochen. Und am vergangenen Freitag waren eindeutig die dunkel Gewandeten in der Überzahl, die der Band aus Berlin huldigten.

Zunächst allerdings waren Dritte Wahl am Start, die aus Rostock stammen und bereits seit den 80er Jahren musikalisch aktiv sind. Ihre Mischung aus Deutschpunk und Metal wusste durchaus zu gefallen und fand in Trier zumindest verhaltenen Beifall. Der Supportact zelebriert momentan seine 25-Jahre-Jubiläumstour und bot in 45 Minuten Konzertlänge einen breiten Querschnitt seines Schaffens, der zum Ende hin immer rockiger wurde. Ein gelungener Einstieg.

Foto: Peter Fath

Dann wurde es Zeit für In Extremo live. Jeder, der dies einmal erleben durfte, wird sicherlich zustimmen wenn ich sage: super Show, tolle Publikumsstimmung und atemberaubende Atmosphäre. Vor Ur-Zeiten waren sie mal eine typische Mittelalterband und spielten vor allem auf entsprechenden Märkten und Stadtfesten. Inzwischen aber haben sie sich zur renommierten deutschsprachigen Rockband gemausert und mit „Sängerkrieg“ (2008) und „Sterneneisen“ (2011) zwei überzeugende Nummer-1-Alben hingelegt. Der letzte Release „Kunstraub“ (2013) schaffte immerhin Platz 2. Es ist ein Album, das noch weiter weg vom urtypischen Mittelalterrock führt.

Stattdessen hören sich In Extremo gegenwärtig an wie eine Mischung aus Unheilig, den Toten Hosen und Santiano. Das mag einigen Fans der Anfangszeit sauer aufstoßen, doch der Erfolg gibt der siebenköpfigen Band Recht. Um sich breite Käuferschichten zu erschließen, braucht es radiotaugliche Hits. Und ein Alleinstellungsmerkmal ist ja weiterhin vorhanden: die Verwendung mittelalterlicher Instrumente. Für die aktuelle Tour gab es eine gesunde Mischung aus den neuen Hits und den Klassikern der Anfangszeit. Die Zusammenstellung des Konzerts zog sich durch die inzwischen 18jährige Geschichte und würdigte alle Phasen der Band.

Foto: Peter Fath

In Extremo sind bekannt dafür, dass es bei ihren Shows ordentlich kracht und Instrumente wie Dudelsack, Drehleier, Harfe und Schalmei in eine flammende Rockshow integriert werden, die mit pyrotechnischen Effekten par excellence aufwartet. Bei manchen Flammenwürfen spürte man die Hitze bis zum Mischpult. Es war durchweg stark.

Das Septett zeigte sich in sehr guter Laune. Eine riesige Party bei der es Spaß machte zuzusehen. Frontmann Das letzte Einhorn bezeichnete das Amphitheater zielsicher als „ehemalige Mörderhöhle“ und ließ sich über die blutrünstige Vergangenheit aus. Statt Kämpfen auf Leben und Tod war jetzt aber Feierstimmung angesagt. Wer darum bangte, die Reibeisenstimme des letzten Einhorns könne jederzeit versagen, konnte beruhigt sein – das war alles Absicht. Und es hörte sich live noch besser und verruchter an als aus der Stereoanlage.

Foto: Peter Fath

Auch instrumental riss die Band von der ersten Minute an vom Hocker. Das letzte Einhorn, Van Lange, Die Lutter, Dr. Pymonte, Flex der Biegsame, Yellow Pfeiffer und Specki T.D. – so nennen sich die Bandmitglieder. Und es war ein wahrer Wirbelwind, den sie auf der Bühne entfachten. Vor allem die rockigen Dudelsack-Klänge passten sich hervorragend in die Musik ein. Die Fanschar von In Extremo spaltet sich in der Regel in Mittelalter-Fans und Metal-Freaks, doch bei den Live-Konzerten wird daraus eine wundersame Einheit. Ob „Zigeunerskat“, „Herr Mannelig“, „Viva La Vida“ oder „Mein rasend Herz“. Wie aus einer Kehle sang der stimmgewaltige Chor alles mit. Nur bei den selten eingestreuten Balladen wurde es etwas ruhiger. Oft waren Gitarren und Dudelsäcke dominant. Zu „Vollmond“ gab es ein schönes Intro mit Mini-Harfe und der Song „Gaukler“ als Hommage an alle Straßenmusiker wurde standesgemäß mit einem Akkordeon begleitet.

In Extremo wird inzwischen vorgeworfen, sich zu sehr beim Mainstream anzubiedern und mehr Rock als traditionellen Folk zu bieten. In Trier war davon jedoch nichts zu spüren. Live zeigt sich immer noch ihre Einzigartigkeit und die mittelalterlichen Instrumente wurden gekonnt in das Bühnengeschehen integriert. Beeindruckend war vor allem die exorbitante Bühnenshow mit Feuerwerk, hochschießenden Flammen auf der Bühne und allerlei Effekten, die man sonst höchstens mal auf einem Rammstein-Konzert in diesem Ausmaß sieht. Im Großen und Ganzen eine einzigartige musikalische Darbietung mit einem mitreißenden Auftritt und einer klasse Bühnenshow.

Foto: Peter Fath

Setlist In Extremo – Amphitheater Trier, 1.8.2014

Mein rasend Herz
Horizont
Zigeunerskat
Vollmond
Feuertaufe
Herr Mannelig
Viva la vida
Unsichtbar
Gaukler
Liam
Himmel und Hölle
Merseburger Zaubersprüche II
Belladonna
Sängerkrieg
Frei zu sein
Küss mich
Auf’s Leben

Siehst du das Licht
Ai vis lo loop
Spielmannsfluch