Als sie zwölf Jahre alt war gewann Ella Yelich-O’Connor alias Lorde einen Talentwettbewerb an ihrer Schule. Ein Video ihres Auftritts gelangte zu Universal Music, man nahm sie unter Vertrag und förderte ihre weitere musikalische Entwicklung. Das US-Billboard Magazine erkor sie schnell zur “New Queen Of Alternative” und widmete ihr das Cover. Ob solche Vorschusslorbeeren im Alter von 16 Jahren ein guter Wegbereiter für die zukünftige Karriere sind?
Es scheint zu funktionieren. Seitdem liefert Lorde nämlich im 4-Jahres-Rhythmus atmosphärisch dichte Alben mit energetischer Popmusik. “Solar Power” ist das dritte Werk der Neuseeländerin und kombiniert 70s-Songwriting mit dem Bubblegum Pop der frühen 2000er. Das Album wurde von Lorde gemeinsam mit dem US-amerikanischen Musiker Jack Antonoff geschrieben und produziert, mit dem sie schon 2017 für Melodrama zusammengearbeitet hat.
Große stilistische Änderungen sollte man nicht erwarten. Wie die Vorgänger besteht das Album vor allem aus akustischen Balladen – verträumt und melancholisch. Größter Pluspunkt ist auf jeden Fall Lordes eindrucksvolle Stimme, die mir am besten gefällt, wenn sie nicht elektronisch verfremdet wird. Da hat sie in den letzten Jahren noch einen Zahn zugelegt.
Zur thematischen Ausrichtung sagt Lorde: “Das Album ist eine Hommage an die Natur, ein Versuch, die tiefen, transzendenten Gefühle, die ich habe, wenn ich draußen bin, zu verewigen. In Zeiten von Kummer, Trauer, tiefer Liebe oder Verwirrung suche ich nach Antworten in der Natur. Ich habe gelernt, auszuatmen und mich einzustimmen. Das ist das Ergebnis.”
Es fällt schwer, einen Track herauszugreifen, da das Album sehr homogen geschrieben ist und als Ganzes wirkt. Im Moment gefallen mir das Gospel-lastige “Leader of a New Regime” und das polyphone “Fallen Fruit” am besten.
Fotocredit: Ophelia Mikkelson Jones
Ungewöhnlich und interessant: Für die physischen Formate hat die Künstlerin eine besondere Version kreieren lassen. „Ich habe schon früh im Entstehungsprozess dieses Albums entschieden, dass ich auch eine umweltfreundliche, zukunftsorientierte Alternative zur CD schaffen wollte“, so Lorde. Demnach enthält die sogenannte “Music Box” keine CD, sondern eine Karte mit Downloadcode, dazu handgeschriebene Notizen, exklusive Fotos und zwei Bonustracks. Ob das tatsächlich sinnvoll ist, sei mal dahingestellt. Außerdem erscheint “Solar Power” auf schwarzem Vinyl, als Deluxe Vinyl-Set, Coloured Vinyl und digital.
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Lorde ist wie ein zyklisches Musikphänomen, das alle vier Jahre die Welt im Sturm erobert. Sie veröffentlicht ein Meisterwerk-Album, lässt ihr globales Publikum in Ehrfurcht zurück und zieht sich dann in ihre ursprüngliche neuseeländische Heimat zurück.
Fotocredit: Universal Music
Nun, Überraschung: She did it again. “Solar Power” heißt ihre von der Naturkraft inspirierte neue Single und die Lyrics handeln “von dieser ansteckenden, koketten Sommerenergie, die uns alle ergreift”. Sie kombiniert 70s-Songwriting mit dem Bubblegum Pop der frühen 2000s und, wie erwartet, ist der Comeback-Track der perfekte Durstlöscher für die Fans.
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Es scheint mittlerweile ein ungeschriebenes Gesetz zu sein, dass in jedem Jahr erneut der Name zum Programm wird, denn auch heute macht das Wetter allen bereits am Hauptanreisetag des 21. Hurricane Festivals am Eichenring in Scheeßel schwer zu schaffen. Schon am Mittag zeichnet sich eine Art Weltuntergangsstimmung am Himmel ab, heftiger Sturm und Starkregen mit tosenden Gewittern lassen ebenfalls nicht lange auf sich warten. Vorerst muss sogar die Öffnung der Campingplätze leicht verschoben werden, um die Anreisenden nicht in Gefahr zu bringen, die währenddessen natürlich bekanntermaßen in ihrem sicheren Auto verweilen sollen. Wegen Baumschäden in den Oberleitungen muss sogar der Zugverkehr im Norden komplett eingestellt werden, offiziell wird seitens des Veranstalters deshalb darum gebeten, die Anreise auf den Freitag zu verlegen und möglichst Fahrgemeinschaften zu bilden. Trotzdem sind die katastrophengewohnten und hartgesottenen Hurricane Besucher noch guter Dinge und harren bis zur offiziellen Freigabe der Campingflächen in ihren Autos aus, sofern sie aufgrund der immensen Staus auf allen Zufahrtswegen in Richtung Scheeßel überhaupt schon am Gelände angekommen sind. Glücklicherweise kann dann am Abend wie geplant die energiegeladene Warm-Up-Party in der White Stage beginnen, wo u.a. die unterhaltsamen Blaskapellen-Rapper von Moop Mama oder die Hamburger Punk-Rocker von Montreal mächtig Stimmung machen.
Der Freitag startet mit einer ganz besonderen Festivaleröffnung (14:15 Uhr Green Stage), das #hurricaneswimteam feiert noch einmal zusammen mit zahlreichen Hurricane Mitarbeitern und dem Sänger Christoph Karrasch von CampFM die Festivalhymne aus 2016 “Am sichersten seid Ihr im Auto”. Viele sind in dem schwarzen Hurricane Swim-Team T-Shirt zur Green Stage gekommen, um die verrückten Ereignisse des Vorjahres Revue passieren zu lassen. Dabei blinzelt sogar die Sonne ein wenig durch die Wolken…
Im Anschluss präsentieren uns die sechs Briten von Skinny Lister (15:00 Uhr Green Stage) viele punkige Folksongs ihres dritten Studioalbums “The Devil, The Heart & The Fight”. Sängerin Lorna Thomas heizt ihren Fans schon ordentlich ein, während sich das gesamte Gelände rundherum erst langsam zu füllen beginnt.
In der Zeltbühne geht es ebenfalls folkig zu, der junge Künstler aus Liverpool namens Louis Berry (16:00 Uhr White Stage) performt hier zusammen mit seiner fünfköpfigen Band rockige Songs im Stil von Frank Turner und bringt das Publikum direkt zum mittanzen. Louis Berry´s charakteristische Stimme sowie auch seine mitreißenden Rock’n Roll Songs erinnern stark an Vorbilder wie Johnny Cash und Jerry Lee Lewis und lassen kein Tanzbein mehr ruhig stehen.
Schon perfekt aufgewärmt folgen wir weiter dem Musikgenre zu eben genanntem sympathischen Folkrocker Frank Turner & The Sleeping Souls (17:10 Uhr Green Stage), der uns zunächst auf perfektem Deutsch begrüßt und direkt mit seinem antreibenden Song “Get Better” los legt. Vom ersten Moment feuert er seine Fans an, es bilden sich sogar erste Circle-Pits, in denen wild gepogt wird. Durch seine spürbare Spielfreude und seine ungeheure Präsenz auf der Bühne sind seine Fans vom ersten Moment an bei ihm. Der 40.Geburtstag seines Crew-Mitglieds wird mit einem Stage-Dive und der Unterstützung des Publikums gefeiert, die ihm noch ein kleines Ständchen singen. Bei Frank Turners Aufruf zur “Wall of Hugs” machen alle begeistert mit, und schon liegen sich völlig fremde Menschen in den Armen, tolle Aktion! Natürlich dürfen auch die Gassenhauer wie “Recover” und “Still Believe” in der Set-List nicht fehlen, denn jeder hier will dazu tanzen und singen! Das war wieder einmal ein fantastischer Auftritt, bei dem kein Wunsch offen blieb und das Publikum sogar vergeblich noch eine Zugabe fordert.
Foto: Rainer Keuenhof
Während sich der Himmel zusehends verdunkelt und es leider tatsächlich zu Nieseln beginnt passt der Auftritt der irischen Erfolgsband Kodaline (18:15 Uhr White Stage) aus Dublin prima in unseren Programmablauf. Mit leichter Verspätung und dem Opener “Ready” starten auch ihre Fans textsicher mit regelrechten Chorgesängen und klatschen fleißig mit. Frontmann Steven Garrigan berührt mit seiner großartigen Stimme, seinen Künsten am Piano bei “High Hopes” und überzeugt seine vorwiegend weiblichen Fans mit seinem durchaus charmanten Auftreten. Sowohl die tanzbaren Songs wie “Brand New Day” oder “Way Back When” von ihrem Debütalbum “In A Perfect World”, als auch die wunderschönen Balladen wie “One Day” oder “All I Want”, verwöhnen unsere Ohren mit wundervoller Musik, praktisch jeder Song hat Ohrwurmqualitäten. Bei Kodaline gibt es einfach jedes Mal Gänsehautstimmung, leider ist nur der Sound im vorderen Zeltbereich etwas dürftig, so dass man lediglich im hinteren Bereich die einfühlsamen Melodien in vollen Zügen genießen kann.
Gespannt erwarten wir das Konzert des australischen Singer-Songwriters und Multi-Instrumentalisten Xavier Rudd (19:30 Uhr White Stage), der in diesem Jahr eine willkommene Abwechslung zu den Mainstream-Bands darstellt. Der Ausnahmemusiker spielt zum ersten Mal beim Hurricane Festival und spielt diesmal mit Band hier auf. Vielen Hurricane Besucher scheint der Name offensichtlich kein Begriff zu sein, denn das Zelt ist nur etwa halb gefüllt. Der mittlerweile 39-jährige durch und durch
Foto: FKP Scorpio Presse / Dennis Haas
sympathische Musiker und Surfer setzt sich nebenbei weltweit für Frieden, Menschenrechte, Umwelt und Soziales ein, dies spiegelt sich auch in seiner Musik und seinen Texten wieder. In den Songs finden sich Einflüsse aus Rock, Reggae, Folk und Weltmusik, zu denen seine Fans hier beschwingt tanzen. Zu seinen kraftvollen Songs mit Percussion und Didgeridoo werden hier alle zum Tanzen gebracht, auch zu den wundervollen warmherzigen Songs mit Mundharmonika und Gitarrenbegleitung wie “Come let go” oder “Let Me Be” wippen und singen seine Fans mit einem breitem Lächeln im Gesicht mit. Eine herrlich friedliche Stimmung macht sich in der White Stage breit. Beeindruckend sind die ausgeprägten Didgeridoo Sessions inmitten der Songs, die Xavier Rudd´s enge Verbundenheit mit den australischen Aborigines zeigen. Zum Abschluss des großartigen Konzerts hören wir noch ein tolles tanzbares Avicii-Cover von “Wake Me Up”, bei dem die Stimmung noch einmal zum Höhepunkt kommt.
Foto: FKP Scorpio Presse / Christoph Eisenmenger
Ein klares Highlight sind die erstmalig auf dem Hurricane Festival auftretenden US-Punk-Rocker von Green Day (22:00 Uhr Green Stage), die auf ihren zugeteilten 2 1/2 Stunden eine klasse Show abliefern. Der tanzende Hase im Vorwege hat das Publikum schon mit dem Ramones Song “Blitzkrieg Bop” und den “Hey ho let´s go” -Gesängen gut angeheizt, sodass Frontmann Billie Joe Armstrong die Fans von Anfang an fest im Griff hat. Mit “Know Your Enemy” hat die Stimmung sofort den Höhepunkt erreicht, die Fans toben, klatschen und singen lauthals mit, und auch gesamte Bühnenshow wird den Headlinern an diesem Abend absolut gerecht. Für seine Fans das absolute Highlight: drei Personen dürfen nacheinander zusammen mit Green Day performen und als Dankeschön ihren Auftritt mit einem Stage Dive beenden. Für die tolle Performance des Gitarristen gibt es sogar eine Gitarre geschenkt, das ist schon sensationell. Natürlich dürfen auch die Kracher wie “Holiday”, “When I Come Around” und “American Idiot” in der Zugabe nicht fehlen, zum Ende hin gibt es noch eine schöne Akustik-Einlage mit “Ordinary World” und der wunderschönen Ballade “Wake Me Up When September Ends” und “Good Riddance” als Abschluss. Bis auf die etwas in die Länge gezogenen Songs mit den ewigen Hey-Ho-Singsang-Spielchen liefert Green Day eine wirklich großartige Show ab, die den ersten Festivaltag für uns perfekt beendet.
Der Samstag beginnt leider wieder einmal mit Regen, hässlichem Sprühregen, also Schietwetter wie man im Norden zu sagen pflegt. Dementsprechend matschig geht es mittlerweile nicht nur auf den Park- und Campingplätzen, sondern auch auf dem Gelände zu. Bei leichtem Regen und leider noch nicht so üppigem Publikum geht es los mit der Bostoner Indiefolk Band Tall Heights (13:15 Uhr Blue Stage), die vorwiegend Songs aus dem 2016 erschienen zweiten Album “Neptun” für uns spielen. Ihre vorwiegend ruhigen, harmonischen Folksongs sind mittlerweile elektronisch hinterlegt, obwohl der Gesang des Gründungsduos Tim Harrington/Gitarre und Paul Wright/Cello weiterhin im Vordergrund steht und wunderschön anzuhören ist.
Zwar blinzelt die Sonne durch die Wolken, trotzdem finden wir uns im Zelt bei den Berlinern von Pictures (14:30 Uhr White Stage) ein. Die um Frontmann Maze Exler schon 2014 gegründete Band, der es zuvor mit der Alternative/Grunge Band Union Youth bereits zu einiger Bekanntheit gebracht hatte, präsentiert uns mit ihrem aktuellen Debutalbum Songwriter-Rock mit Britpop Vorbildern auf höchstem Niveau. Man merkt sofort, dass die Band kein unbeschriebenes Blatt mehr ist, so konnten sie schon 2015 zwei Songs zum Soundtrack des Films “About A Girl!” beitragen. Sie starten natürlich auch direkt mit dem Ohrwurm “Here I Come”, aber auch andere Songs wie “Fall” und “Down Under The Hill” machen richtig gute Laune und verleiten das Publikum zum mitschwofen. Schade dass nur so wenige den Weg zu dem mittäglichen Konzert gefunden haben, es hat sich definitiv gelohnt! Wer die Jungs noch mal hören und sehen möchte, kann sie im Vorprogramm von Paul Weller im September live erleben.
Foto: Rainer Keuenhof
Zu dem britischen Singer-Songwriter und Alltime-Liebling des Publikums Passenger (15:30 Uhr Blue Stage) braucht man eigentlich nicht mehr viele Worte verlieren. Diesmal kommt er jedoch nicht mehr als Solo-Künstler, sondern mit vierköpfiger Band zum Hurricane. Kaum erklingen die ersten Töne seiner wundervoll leidenschaftlichen Songs erwärmen sich die Herzen der Fans auf der Stelle, wobei sich passend zu Beginn seines Auftritts die Sonne zeigt. Mike Rosenberg versteht es auf eine intuitive Art das Publikum zu unterhalten, mit kleinen Geschichten erzählt er aus seinem Leben und verbindet mit diese mit seiner handgemachten und ehrlichen Musik. “27” widmet er jedem Einzelnen im Publikum und heizt die Stimmung noch mal ordentlich an. Nicht nur bei seinem Erfolgssong “Let Her Go” oder “I Hate” singt das gesamte Publikum textsicher mit, auch bei seiner Interpretation des Simon & Garfunkel Klassikers “Sound Of Silence”. Einmal mehr hat sich der sympathische Brite heute in die Herzen seiner Fans gespielt und jeden Zuhörer für den Moment verzaubert.
Ein kurzer Abstecher führt uns zu dem aktuell schwer gehypten britischen Rock Duo Royal Blood (17:45 Uhr Green Stage), die mit ihrem Sound aus rotzigem Bass und kräftigen Drums stark an die White Stripes erinnern. Mike Kerr und Ben Thatcher haben auf jeden Fall den nötigen Biss für den Auftritt auf großen Bühnen und können das Publikum mit einem fetten Beat und einer mitreißenden Performance wie bei “Figure It Out” komplett mitnehmen. Da kann man gespannt sein, was von den Jungs noch zukünftig noch so kommt.
Besonders freue ich mich auf das Konzert der achtköpfigen Combo um den in Deutschland geborenen Frontmann Nathaniel Rateliff (19:30 Uhr White Stage) aus Denver, der mit seiner musikalischen Ausrichtung in Richtung Blues-/Folk Rock, Americana und Soul eine der wenigen musikalischen Ausnahmen auf dem diesjährigen Hurricane ist. Den adrett gekleideten Herrschaften mit ihren Hüten ist ihre amerikanische Herkunft absolut anzusehen, dabei wird dem Publikum mit voller Spielfreude schwungvolle handgemachte Musik präsentiert, die kein Tanzbein mehr ruhig stehen lässt. Ein tolles Konzert mit guter “Charakter-Musik”, die richtig Spaß macht und dementsprechend eine sehr ausgelassene Stimmung in der White Stage hervorruft.
Foto: FKP Scorpio Presse / Malte Schmidt
Völlig positiv überrascht bin ich von dem erfrischenden Auftritt des deutschen Newcomers Joris (20:15 Uhr Red Stage), der erstmal 2015 mit seiner Single “Herz über Kopf” für große Aufmerksamkeit sorgte und gleich mehrere Preise abräumte. Er performt auf der Bühne, als wenn er noch nie etwas anderes in seinem jungen Leben gemacht hätte und zieht das Publikum, ob jung oder alt, komplett in seinen Bann. Ob mit einer Klavierballade oder mit seinen treibenden Popsongs wie “Sommerregen” und “Bis ans Ende der Welt” sorgt Joris nicht nur für gute Stimmung, sondern auch für musikalische Abwechslung, indem er seine Songs in verschieden Musikstile taucht, mal als Reggae, mal mit Technobeats, seine Band beherrscht das volle Repertoire. Joris überzeugt auf ganzer Linie, seine Fans sind regelrecht aus dem Häuschen, klatschen und singen lauthals mit. Den krönenden Abschluss des fantastischen Konzerts bildet sein persönlicher Appell gegen den Terror und sein Radio-Hit “Herz über Kopf”, wo die Stimmung schließlich zum Höhepunkt kommt. Nach dem Konzert zeigt sich der sympathische Musiker publikumsnah, gibt Autogramme und macht ausgiebig Selfies mit seinen Fans.
Die Indierocker von Maximo Park (21:45 Uhr Red Stage) beehren uns mit der gewohnt perfekten Inszenierung und einem runden Arrangement aus einer Reihe älterer Songs, sowie einiger Songs ihres brandneuen Albums “Risk To Exist”, welches gerade erst im April erschienen ist. Auf Frontmann Paul Smith ist wie immer Verlass, er bringt seine Fans zum tanzen, springen und mitsingen, alle feiern ausgelassen und werfen fröhlich mit dem vor der Bühne ausgelegten Stroh. Wie immer ist bei dieser großartigen Band eine tolle Stimmung und das Wetter spielt diesmal auch noch mit, geradezu perfekt!
Foto: Rainer Keuenhof
Leider muss man bei Festivals ja stets Entscheidungen treffen, diese ist heute für die Editors (22:15 Uhr Blue Stage) und gegen Linkin Park (23:00 Uhr Green Stage) gefallen, was ich aus den später folgenden Ereignissen tatsächlich noch bereuen würde. Aber die Editors sind fest gesetzt, da sie mich mit ihrer Wahnsinns-Performance jedes Mal wieder vom Hocker reißen. Auch am heutigen Abend bin ich von Tom Smiths Inszenierung regelrecht geflasht, er sieht einfach großartig aus, wenn er sich quer über´s Klavier räkelt und dabei seine Songs noch perfekt performt. Mit expressiver Leidenschaft in Gestik und Mimik sowie absoluter Perfektion lebt er seine düster gewaltigen Synth- und Post-Punk Hymnen, sodass auch im Publikum ordentlich abgerockt wird. Sei es zu “Munich”, “An End Has A Start” oder auch “The Racing Rats” wird mit voller Energie gesprungen und getanzt was das Zeug hält. Den Abschluss dieses unglaublich energetischen Konzerts bildet fast schon aus Tradition einer der großartigsten Editors-Songs “Papillon”, der überraschend mit fetter Pyro-Show endet und frenetisch gefeiert wird. Was ein großartiger Abschluss des zweiten Festivaltages!
Den verregneten Auftakt des letzten Festivaltages am Sonntag bildet für uns der Auftritt der norwegischen Indie-Pop Band Kakkmaddafakka (13:30 Uhr Blue Stage), die mittlerweile schon Dauergäste auf dem Hurricane sind. Ihr aktuelles Album “KMF” ist nun auch schon wieder gut ein Jahr alt, dafür stellen sie uns aber ihre erst vor zwei Tagen erschienene Single “All I Want To Hear” vor. Trotz des bescheidenen Wetters verkünden Sie in ihrer fröhlichen Art, dass sie heute mit uns den Sommer feiern wollen, wonach der Song auch wirklich klingt. Frisch, frech, fröhlich und poppig, bei so viel positiver Energie und guter Laune können sogar die Securities nicht anders als bei “Your Girl” mitzutanzen, so macht nämlich ein Festival auch den Mitarbeitern richtig Spaß! Und Schwupps kommt auch schon die Sonne etwas durch die Wolken… Das Sextett animiert ihre Fans fleißig zu Singspielchen und zum Tanzen, als Finale kommen dann noch zwei ihrer wohl bekanntesten Top-Hits “Restless” und “Forever Alone”, zu der die Stimmung noch mal sichtbar steigt.
Da sogar noch etwas Zeit übrig ist, gibt´s noch einen Song mehr, wobei wir uns aber schon zu dem Ausnahmemusiker Seasick Steve (14:00 Uhr Green Stage) verabschieden, der gerade ein junges Mädel zu sich auf die Bühne eingeladen hat. Der Deep-Blues-Musiker setzt neben seinem Begleitschlagzeug Instrumente wie eine aus einem alten Waschbrett zusammengebauten Gitarre ein und rockt mit einer guten Prise Humor und einer durchaus liebenswerten Art die Green Stage. Auch wenn man ihm seine turbulente Vergangenheit schon ein wenig ansieht, lockt er jeden hier aus der Reserve, denn das hier ist Musik die einem unter die Haut geht. Ab und zu ein guter Schluck Wein aus der Flasche zwischendurch, Sonnenschein und ein Publikum, das ihn regelrecht abfeiert. Ein wunderbar herzlicher Auftritt mit viel Charme und handgemachter, geschichtenerzählender Musik, das gefällt auch seinen Fans, die ihn nach dem Konzert noch mächtig für Autogramme und Fotos umlagern.
Anschließend sehen wir uns erstmalig die US-amerikanische Sängerin mit italienischen Wurzeln namens Laura Pergolizzi alias LP (16:15 Uhr White Stage) an, von der mir bisher überhaupt nur der Titel “Lost On You” ein Begriff ist, mit dem sie 2016 ihren internationalen Durchbruch hatte. Ihre einprägsame aber auch zugegebenermaßen etwas anstrengende Stimme ist gewöhnungsbedürftig, dennoch spielt die Songwriterin, die im Hintergrund auch für andere Künstler tätig ist, durchaus kraftvollen Indie-Pop/Rock, der sich hören lassen kann.
Foto: Rainer Keuenhof
Wir bleiben in der Zeltbühne, da hier gleich im Anschluss aus London stammende Band Archive (17:30 Uhr White Stage) mit einer spannenden Mischung aus elektronisch-psychedelischem Post-Rock und Trip-Hop aufspielt.
Die Gründer Darius Keeler und Danny Griffiths lassen sich immer wieder innovative Beats und Song-Kompositionen einfallen, hierzu gibt es heute aufwändige bewusstseinserweiternde Visuals, die ihre teils wilden Kreationen bestens untermalen. Durchdringende Elektrobeats werden experimentell mit tiefen Basslinien und Bassdrums sowie sphärischen Klängen kombiniert, die richtigen Fans sind jedenfalls begeistert und zu den Beats stets in Bewegung.
Tatsächlich bin ich ein bisschen gespannt, wie sich die ehemaligen Schwedenrocker von Mando Diao (18.15 Uhr Green Stage) nach dem Ausscheiden von Sänger und Gitarrist Gustaf Norén live so machen werden. Aus einer Phase der Neuorientierung ist erst kürzlich ihr im Mai veröffentlichtes Album “Good Times” hervorgegangen, mit dem sie derzeit auf Tour sind. Sie starten energetisch mit dem Opener “Down In The Past” und den ebenfalls recht rockigen “All The Things” vom aktuellen Longplayer. Merkwürdigerweise muss sich Björn Dixgard hier mächtig ins Zeug legen, um die Stimmung im Publikum zum Brodeln zu bringen, an der Performance selbst ist nämlich nichts auszusetzen. Der 70-iger Jahre beeinflusste Songs “Money” oder der aus dem Radio bekannte Hit “Shake” lassen dann doch das Publikum etwas lockerer werden. Als Frontmann Dixgard schließlich das Konzert oberkörperfrei fortsetzt, hebt dies die gesamte Stimmung noch etwas an, obwohl mein Eindruck eines zurückhaltenden Publikums bestehen bleibt. Als Highlight ist der vom ersten Album stammende wundervolle Song “Mr. Moon” zu erwähnen, damit hatte ich heute nicht gerechnet. Als dann jedoch eine Art Elektro-DJ-Set Einlage der Band am Mischpult kommt, bricht der Faden zu den Fans irgendwie vollständig ab. Zum Glück kann die Stimmung dann mit “Dance With Somebody” wieder aufgefangen werden, zu dem dann wirklich auch alle tanzen, singen und die guten alten Hits abfeiern.
Für uns endet das diesjährige Hurricane Festival mit Alt-J (19:15 Uhr Blue Stage), die gerade mit ihrem aktuellen Album “Relaxer” auf Tour sind. Sie tauchen von Anfang an mit “3WW” in ihre neuen Klangwelten ein, die für mich jedoch nicht annähernd an ihre alten glänzenden Songs ihres Debuts “An Awesome Wave” anknüpfen können. Schön, dass wenigstens “Something Good” und “Tesselate” direkt zu Beginn gespielt werden, obwohl auch die live nicht mehr ganz so gut wie früher rüber kommen, da sie musikalisch stark modifiziert wurden. Der aktuell vorherrschende breite Sound wirkt auf mich eher langweilig, da sind mir die ursprünglichen Versionen von “Breezeblocks”, “Matilda” und “Fitzpleasure” einfach lieber. Letztlich fehlt dem Sound eindeutig der zweite Gitarrist Gwil Sainsbury, der 2014 offiziell die Band verließ, dessen Lücke seitdem ausschließlich mit Keyboards aufgefüllt wird. Trotzdem ist ihr Konzert doch ein schöner Abklang eines abwechslungsreichen musikalischen Festivalwochenendes.
Die Besucher konnten aufgrund des doch recht passablen Wetters während des Festivals in diesem Jahr bei 100 Bands der Genres Rock, Indie, Punk, Hip Hop, Alternative bis hin zu einzelnen EDM- und Electro-Künstlern wundervolle Konzertmomente erleben, lediglich der Auftritt von Haftbefehl musste aufgrund einer Flugverspätung und Stau abgesagt werden. Besonders erwähnenswert sind hierbei die herausragenden Konzerte der Nicht-Mainstream-Bands wie Seasick Steve, Xavier Rudd und Nathaniel Rateliff. Für das kommende Jahr wünschen wir uns lediglich noch etwas mehr Rückbesinnung auf die alten Hurricane Tage, wo es ein wesentlich breiteres Angebot von jungen aufstrebenden Bands aus den verschiedensten Musikstilen gab, die das Hurricane Festival einst so besonders machten. Da braucht man nur in die Line-Ups der Festivals aus den benachbarten europäischen Länder schauen, wo wesentlich mehr internationale Diversität geboten wird.
Die starken Regenfälle des Donnerstag setzten zwar dem Gelände sehr zu, jedoch hat der Veranstalter alle erforderlichen Maßnahmen getroffen, um den Boden schnell wieder zu befestigen, sei es mit Schotter, Stroh o.ä. Alles in allem gab es laut der Behörden in Scheeßel und der Polizei keine weiteren nennenswerten Zwischenfälle, wahrscheinlich auch aufgrund des komplett überarbeiteten Sicherheitskonzepts der Veranstalter, denen wir an dieser Stelle ausdrücklich für die Durchführung eines durchweg sicheren Festivals danken möchten. Nicht nur eine erstmalig installierte Sirene auf dem Gelände, sondern auch die Einrichtung “Wo geht´s nach Panama” gab allen Festivalbesuchern ein zusätzliches Sicherheitsgefühl, was in diesen Tagen wirklich viel wert ist auf Veranstaltungen dieser Größenordnung.
Die Aftermovies zum Hurricane Festival 2017 könnt Ihr Euch auf dem offiziellen Youtube Kanal noch einmal hier anschauen.
Das 22. Hurricane Festival wird vom 22. bis 24. Juni 2018 auf dem Eichenring in Scheeßel stattfinden. Der Vorverkauf hat bereits am Montag den 26. Juni 2017 mit einem limitierten Kontingent an Frühbuchertickets begonnen. Tickets sind derzeit nur auf www.hurricane.de erhältlich.
In diesem Jahr war der zweite Teil der “Die Tribute von Panem”-Reihe mit dem Titel “Catching Fire” ohne Zweifel der von Fans und Cineasten am sehnsüchtigsten erwartete Kinofilm. Das spiegelt sich auch an den Kinokassen wider, denn der Film legte das viertbeste Startwochenende aller Zeiten hin.
Basierend auf einer Roman-Trilogie von Suzanne Collins geht es um folgenden Hintergrund: Aus dem zerstörten Nordamerika ist der Staat Panem entstanden. Das Kapitol regiert das Volk mit eiserner Hand. Um seine Macht zu demonstrieren, veranstaltet das Regime jedes Jahr die grausamen “Hungerspiele”. 24 Jugendliche, je ein Mädchen und ein Junge aus Panems zwölf Distrikten, müssen in einem modernen Gladiatorenkampf antreten, den nur einer von ihnen überleben darf. Katniss meldet sich freiwillig, als ihre kleine Schwester als Gladiatorin ausgelost wird, und gewinnt schließlich mit ihrem Distrikt-Kollegen Peeta die Spiele. Im zweiten Film (der dem zweiten Roman entspricht) werden zum 75jährigen Jubiläum der Spiele bisherige Sieger aus jedem Distrikt ausgelost, was zur Folge hat, dass Katniss und Peeta wieder ran müssen.
Kaum ist “Catching Fire” in den Kinos angelaufen, ist der Fantasy-Streifen auch schon auf Rekordjagd. Weltweit spielte der Film bereits über 300 Millionen Dollar in den Kinos ein. Und ja – im Prinzip handelt es sich um die Verfilmung einer Jugendbuchreihe. Einer Reihe aber, die so spannend aufgebaut ist, dass sie auch für Erwachsene interessant wird. Das hatten wir ja schon zu genüge bei “Harry Potter” und “Twilight”. Und auch wenn es ein Jugendbuch ist, so sollte man nicht verkennen, dass viele Szenen außerordentlich brutal und nichts für schwache Nerven sind.
Als Soundtrack gibt es – wie bei solch groß angelegten Produktionen üblich – eine CD mit Songs angesagter Künstler, die von dem Film inspiriert wurden. Zum größten Teil sind es unveröffentlichte Tracks, die hier zusammen gestellt wurden, und man hat sich große Mühe gegeben, die Stimmungen des Films einzufangen. Zum einen die Ausweglosigkeit der Gefangenschaft in einem rigorosen System, die sich vor allem in den melancholischen Songs der ersten CD-Hälfte widerspiegelt, dann die Zerrissenheit einer starken, kampfbereiten jungen Frau, die sich zwischen zwei geliebten Menschen wieder findet und sich entscheiden muss.
Vertreten sind viele Bands, die in letzter Zeit für Furore sorgten. Einmal Coldplay mit einem funkelnagelneuen Track – dann auch The Weeknd, The Natonal und die Imagine Dragons. Die großen sphärischen Bands beherrschen Teil 1 der CD. Teil 2 wird von starken weiblichen Stimmen wie Ellie Goulding, Patti Smith und Abby bestimmt. Ganz stark finde ich Lordes neue Version des Klassikers “Everybody Wants To Rule The World”.
Okay: Nur zwei der Songs laufen im Abspann des Films. Die übrigen haben im Prinzip nichts mit der Verfilmung gemein. Allerdings fangen sie die Atmosphäre der Geschichte gut ein und erzählen sie auf andere Weise. Das ist das Manko heutzutage, dass Soundtracks meist eine Compilation willkürlich zusammen gestellter Songs sind, die mit dem Markenzeichen des Produkts neu verkauft werden. Sei’s drum. Auf jeden Fall bekommen wir dreizehn hervorragend interpretierte Songs mit einem Hintergrund, der eine gute Geschichte erzählt.
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