„Back To Live“ mit „One To Zero“ und vielen Klassikern
Es gab eine Zeit, da kam man an SYLVAN nicht vorbei, wenn es um deutschen Prog und Artrock ging. Im Prinzip ist das auch heute noch so. Ihren Status als „Platzhirsche des deutschen Progressive Rock“ wird ihnen so schnell keiner nehmen, davon zeugen die Live-CD und der Konzertfilm, die am 27. Oktober 2023 im niederländischen Zoetermeer mitgeschnitten wurden.
SYLVANS Konzerte waren und sind stets etwas Besonderes. Auf unzähligen Festivals und Konzerten weltweit präsentierte die Band schon seit dem Jahr 2000 ihren atemberaubenden „New Artrock“. Wie bei vielen Künstlern waren aufgrund der Corona-Pandemie ihre Konzerte zuletzt etwas rar, doch sie ließen sich davon nicht verunsichern und setzten mit ihrem erfolgreichen Studio-Album „One To Zero“ ein deutliches Ausrufe- und Lebenszeichen.
Auf ihrer Tour im Jahr 2023 zeigten SYLVAN wieder, warum ihre Fans sie so lieben: eine perfekte Show mit einer spielfreudigen, eingespielten Band, mit bis ins Details abgestimmten Lichteffekten und Visuals sowie eine Setlist, die nun wirklich aber auch gar keine Wünsche übrig ließ. Obwohl das aktuelle Album als Konzeptwerk aufgebaut ist, hatte man sich entschieden, es nicht am Stück zu spielen. Die stärksten neuen Songs hatten es aber in die Setlist geschafft und konnten für sich stehen.
Die fünf Hamburger verstehen es dabei wie kaum eine andere Band, ihr Publikum auf eine emotionale Reise mitzunehmen. Eine Reise voller Extreme: mal laut, mal leise – mal zerbrechlich, mal vor Energie strotzend – mal scheinbar einfach, mal komplex. Aber immer melodiös und fokussiert auf den momentanen Hauptdarsteller: sei es Ausnahmesänger Marco Glühmann, Tasten-Zauberer Volker Söhl oder Gitarren-Virtuose Johnny Beck, welcher seinem grandiosen und unverwechselbaren Gitarrenspiel das Publikum bezaubert und eine wahre Bereicherung für SYLVAN auf der Bühne ist. Das Fundament bildet die äußerst solide und eingespielte Rhythmus-Sektion mit Bassist Sebastian Harnack und Drummer Matthias Harder.
Im Gesamtgeschehen fällt auf, dass SYLVAN zwar in vielen Passagen gewohnt sphärisch auftreten, aber teilweise auch eine gnadenlose Härte mit aggressiven Vokalparts zeigen. „Trust in Yourself“ vom letzten Album kristallisiert sich plötzlich als wahrer Live-Hammer heraus. Welch brachiale Kraft, welch bombastische Größe – dies kann kein Studioalbum rüberbringen, dies kann nur live erlebt werden.
Schauplatz war das Poppodium Boerderij – eine Venue, die zurecht von vielen als der „Prog-Tempel“ schlechthin bezeichnet wird. Das „Who is Who“ der internationalen Szene gibt sich hier die regelrecht die Klinke in die Hand. „Wir fühlen uns hier extrem wohl auf dieser Bühne – ein fantastisches Publikum, eine tolle und professionelle Crew und das vielleicht beste Essen der Prog-Szene“, erzählt Frontman Marco Glühmann. Hier bekamen die Fans ein sehr vielseitiges Livealbum geboten, das versöhnlich mit dem wundervollen „Posthumous Silence“ endete.
SYLVAN treten hier den unwiderlegbaren Beweis an, dass sie nun mit voller Kraft zurück auf der Bühne sind. Ich freue mich schon wie Bolle auf den Gig nächsten Freitag beim finalen „Night of the Prog“-Festival.