Es gab eine Zeit, da kam man an SYLVAN nicht vorbei, wenn es um deutschen Prog und Artrock ging. Im Prinzip ist das auch heute noch so. Ihren Status als „Platzhirsche des deutschen Progressive Rock“ wird ihnen so schnell keiner nehmen, davon zeugen die Live-CD und der Konzertfilm, die am 27. Oktober 2023 im niederländischen Zoetermeer mitgeschnitten wurden.
SYLVANS Konzerte waren und sind stets etwas Besonderes. Auf unzähligen Festivals und Konzerten weltweit präsentierte die Band schon seit dem Jahr 2000 ihren atemberaubenden „New Artrock“. Wie bei vielen Künstlern waren aufgrund der Corona-Pandemie ihre Konzerte zuletzt etwas rar, doch sie ließen sich davon nicht verunsichern und setzten mit ihrem erfolgreichen Studio-Album „One To Zero“ ein deutliches Ausrufe- und Lebenszeichen.
Auf ihrer Tour im Jahr 2023 zeigten SYLVAN wieder, warum ihre Fans sie so lieben: eine perfekte Show mit einer spielfreudigen, eingespielten Band, mit bis ins Details abgestimmten Lichteffekten und Visuals sowie eine Setlist, die nun wirklich aber auch gar keine Wünsche übrig ließ. Obwohl das aktuelle Album als Konzeptwerk aufgebaut ist, hatte man sich entschieden, es nicht am Stück zu spielen. Die stärksten neuen Songs hatten es aber in die Setlist geschafft und konnten für sich stehen.
Die fünf Hamburger verstehen es dabei wie kaum eine andere Band, ihr Publikum auf eine emotionale Reise mitzunehmen. Eine Reise voller Extreme: mal laut, mal leise – mal zerbrechlich, mal vor Energie strotzend – mal scheinbar einfach, mal komplex. Aber immer melodiös und fokussiert auf den momentanen Hauptdarsteller: sei es Ausnahmesänger Marco Glühmann, Tasten-Zauberer Volker Söhl oder Gitarren-Virtuose Johnny Beck, welcher seinem grandiosen und unverwechselbaren Gitarrenspiel das Publikum bezaubert und eine wahre Bereicherung für SYLVAN auf der Bühne ist. Das Fundament bildet die äußerst solide und eingespielte Rhythmus-Sektion mit Bassist Sebastian Harnack und Drummer Matthias Harder.
Im Gesamtgeschehen fällt auf, dass SYLVAN zwar in vielen Passagen gewohnt sphärisch auftreten, aber teilweise auch eine gnadenlose Härte mit aggressiven Vokalparts zeigen. „Trust in Yourself“ vom letzten Album kristallisiert sich plötzlich als wahrer Live-Hammer heraus. Welch brachiale Kraft, welch bombastische Größe – dies kann kein Studioalbum rüberbringen, dies kann nur live erlebt werden.
Schauplatz war das Poppodium Boerderij – eine Venue, die zurecht von vielen als der „Prog-Tempel“ schlechthin bezeichnet wird. Das „Who is Who“ der internationalen Szene gibt sich hier die regelrecht die Klinke in die Hand. „Wir fühlen uns hier extrem wohl auf dieser Bühne – ein fantastisches Publikum, eine tolle und professionelle Crew und das vielleicht beste Essen der Prog-Szene“, erzählt Frontman Marco Glühmann. Hier bekamen die Fans ein sehr vielseitiges Livealbum geboten, das versöhnlich mit dem wundervollen „Posthumous Silence“ endete.
SYLVAN treten hier den unwiderlegbaren Beweis an, dass sie nun mit voller Kraft zurück auf der Bühne sind. Ich freue mich schon wie Bolle auf den Gig nächsten Freitag beim finalen „Night of the Prog“-Festival.
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Schon lange muss Thomas Thielen wohl damit leben, dass seine Musik stets mit den Klängen des Artrock einer Band wie Marillion verglichen wird. Ob ihn das wirklich nervt, sei mal dahin gestellt. Schließlich ist die Nähe zur Band einfach offensichtlich und t (so lautet der ungooglebare Künstlername) ist sich auch nicht zu schade, von Zeit zu Zeit live einen Marillion-Song zu covern.
Vor drei Jahren beendete t mit dem Album „solipsystemology“ eine schwermütige Trilogie, die mit den Werken „fragmentropy“ und „epistrophobia“ ihren Anfang nahm (HIER unsere Review dazu). „Ich habe meinen kinematographischen Ansatz noch mal neu gedacht und in Teilen in einer akustischen Landschaft gemixt, die eine neue Welt bietet, in der andere physikalische Gesetze gelten. Das war ein riesiger Haufen Arbeit, bei der mir einige Freunde mit Ideen zur Seite standen – zur Umsetzung nicht zuletzt der Leiter eines Max-Planck-Instituts mit Hilfe bei der Berechnung der Gesetze dieser neuen Akustik! Eno hat mal gesagt: Ein Tonstudio ist ein Musikinstrument.“ So erzählte uns der sympathisch-grummelige Soundarchitekt damals im Interview seine Vorgehensweise. Stilistisch ist das neue Werk noch ein Stück größer geworden. Ob es daran liegt, dass der Multiinstrumentalist und musikalische Alleingänger in Zeiten der Pandemie noch mehr Muße hatte, seine Ideen zu verwirklichen?
Beim ersten Hören muss ich zwangsläufig an meine Lieblingsband denken. Das geht gar nicht anders – und ein untrügliches Zeichen bekomme ich mal wieder von meiner Frau, die beim Mitfahren im Auto fragt, ob „das was Neues von Marillion“ ist. Was Thielen leistet, ist ohnehin unglaublich. Er hat eine emotionale Stimme, die an Steve Hogarth erinnert – er wandert durch die Oktaven und hat eine enorme Eindringlichkeit, mit der er seine Lyrics zum Leben erweckt. Hinzu kommen die Klangcollagen, die er als versierter Sounddesigner allesamt selbst schafft. Gitarrensoli klingen stilistisch wie von den progressiven Meistern, namentlich Steve Rothery und David Gilmour. Deren schwelgerische Spielart kann auch Thielen perfekt verkörpern. Dazu kommen ein entspannter Bass und sphärische Keybords. Dabei klingen diese noch versierter als fast alles, was heute im Neoprog geboten wird.
Ts Vocals stehen für mich immer an erster Stelle. Zu Tode betrübt in den melancholischen Tiefen, weinerlich und hochemotional in den Höhen. Er verstärkt sich selbst in polyphonen und chorischen Passagen, legt die Klangspuren übereinander – das ist eine fantastische künstlerische Leistung. Und auch in den Texten geht es ans Eingemachte. Thielen erzählt nicht irgendwas. Er hat philosophische Botschaften, die er vermitteln will. Nicht von ungefähr trägt das Werk den Titel „Pareidoliving“. Natürlich musste ich googeln um herauszufinden, dass Pareidolie das Phänomen meint, in Dingen und Mustern vermeintliche Gesichter und vertraute Wesen oder Gegenstände zu erkennen. Wer verträumt in den Wolkenhimmel blickt, weiß was gemeint ist.
Das Stück „A Relevant Lovesong“ findet sich als siebter Song auf dem Album, aber nicht im Tracklisting. Quasi Schrödingers Katze im Songformat. Das Album beschreibt eine Beziehung, die an der Projektion von gefühlter Wahrheit scheitert. Gibt es also überhaupt einen relevanten Lovesong oder ist er ein Trugbild? Mit solchen Details kann Thielen seine Fans in den Wahnsinn treiben – und tut dies mit Genuss.
Musikalisch ist das Album ebenso ausufernd wie die mit vielen Worten erzählte düstere Geschichte. Es geht manchmal opulent zu – mit eingespielten Streichern – dann nimmt ein Piano breiten Raum ein bevor die Gitarren zu alter Stärke zurückkehren. Thomas Thielen fährt im Alleingang alles auf, was der moderne Prog und Artrock zu bieten hat. Sein Perfektionismus macht ihn inzwischen zum deutschen Steven Wilson. Nur besser.
Das Album findet ihr bei den gängigen Progressive Rock-Händlern und HIER direkt beim Label GEP.
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Thomas Thielen, der unter dem Kürzestkürzel t Ungooglebare, war zum ersten Mal beim Night of the Prog 2019 – nicht verwunderlich, ist t doch zum ersten Mal überhaupt auf Tour. Der Auftritt kann wohl als erfolgreich bezeichnet werden: Die Fan-Community des NOTP wählte ihn zum „Best New Act“ des Festivals, was nach 20 Jahren und 8 Alben vielleicht ein bisschen hinkt, aber den Künstler „unbändig freute“, wie er sagte. Wie t das ganze Drumrum selbst erlebt hat, lest ihr hier:
Vorneweg: Ich glaube, unser Auftritt war echt cool. Die Leute waren begeistert, meine Stimme war nach 3 Wochen Sinusitis trotzdem perfekt da (klassische Ausbildung hat Sinn, das merke ich live immer wieder!), die Band in Topform, das Publikum trotz unseres sehr melancholischen Sets voll dabei, teilweise pathetisch mitsingend, teilweise mucksmäuschenstill zuhörend.
Aber wer denkt, dass damit schon das Entscheidende berichtet wäre, war noch nie Musiker bei einem riesigen Festival. Die Musik ist natürlich zentral – aber viel krasser ist, eigentlich immer, das Drumherum. So auch bei uns.
Ich bin im Studio Perfektionist, legendary so, und dementsprechend ist auch t eine zwanghafte Live-Band. Dieser typische Rock N Roll passiert eher anderen. Beispiel? Da wir keine Ahnung hatten, wie gut das Monitoring vor Ort sein würde, hatten wir folglich unser eigenes System dabei, inklusive Tom Ronney als Tech, der es bediente und uns half, nix kaputt zu machen. Schließlich war das alles von Crystal Palace nur geliehen (Danke, Frank, Jens, Tom, Nils!), und wir… Naja, wir sind besser im Hören als im Einstellen. Wobei auch das nicht immer stimmt: Dominik an den Keyboards zB spielte einen großartigen Gig – ich hörte sehr ausgefallene, aber geschmackvolle, neue Linien in seinen Parts und war begeistert, dass er ausgerechnet bei diesem riesigen Gig so pointiert innovativ arbeitet!
Dom nicht. Sein Kopfhörer wurde wohl irgendwie vom Stagefunk beeinflusst und hatte längere Komplett-Aussetzer. Da unsere Ohrhörer ca 90% der Außengeräusche dämpfen, flogen die Keys also für ungefähr ein Drittel des Gig blind: Dominik erahnte anhand der Tasten, was er da spielte, aber seine Ohren hatten Pause. Dass seine Keyboards trotz Blindfluges in den Songs ohne Bruchlandung ankamen, ist nur für Leute erstaunlich, die Dominik nicht kennen. Ich vorne ahnte jedenfalls nichts und war selig.
Bei mir war mein Wirelesssystem für die Gitarre eine miese Idee. Erstens war die Chance, große Wege zu beschreiten, gar nicht so recht da, wie ich mir das vorgestellt hatte: mein Mikrofonständer hat ja auch auf großen Bühnen keine Flugvorrichtung, und irgendwas war immer zu singen oder am Pedalboard zu switchen. Und zweitens kam auch im Sender (2.4 Ghz? Nie wieder!) bei jedem Funkverkehr backstage ein Knistern in den Ton – so dass ich auf Kabel umstieg, sobald es ging. Lesson learned: Kabel sind bei Festivals die bessere Idee.
Aber sonst? Bühne geht eben immer. Ich habe nur Musiker, die besser sind als ich – was soll passieren? Naja… Also… Es passieren schon Dinge… Schauen wir ein bisschen zur Seite: Vor t spielte Tim Bowness, den ich vor allem von no-man sehr schätze („Together we re stranger“ ist ein riesiges Album!), und mit ihm am Bass kam John Jowitt, einer meiner großen Helden aus der Jugendzeit. Ich war ein bisschen nervös, muss ich zugeben, Tim und John zu treffen, ein bisschen Ehrfurcht und ein bisschen dümmliches Kichern wären backstage bestimmt im Spiel gewesen…
Aber es kam ein bisschen anders. Wie gesagt, t ist eine zwanghafte Band. Wir waren also schon um 10 vor Ort (Stagetime 16.30 Uhr) und um 11 war das komplette Setup fertig aufgebaut hinter der Bühne. Kann ja keiner ahnen, dass alles reibungslos klappt. Um 11.03 hörte das Reibungslose dann auch auf: Da klingelte dann mein Telefon Sturm. Ich hatte von ganz IQ, von John Jowitt, von Graham, Tims Stage Manager, und scheinbar allen, die sonst noch mit GEP oder Konsorten zu tun hatten, Nachrichten erhalten. Wtf?
Nun, John hatte am Abend zuvor mit IQ gespielt, als Aushilfe für den indisponierten Tim Esau, und anscheinend waren da alte Gewohnheiten wieder lebendig geworden: John hatte seinen kompletten Kram auf den IQ-Truck geladen, und als er nun aufwachte, fiel ihm auf, dass ihm für Tim Bowness‘ Auftritt irgendwas fehlte, genauer gesagt: Bass und Amp, Kabel und Tuner. Ach so, und: eine Hose. „Thomas, you don t happen to have a spare 5string?“ – Wir hatten. Und einen Amp. Und ein Kabel. Und einen Tuner, genauer gesagt: Graham lieh meinen immer wieder kurz aus (Clip, Thomann, 3,90 Euro) und lief auf die Bühne, um alles zu stimmen, was Saiten hatte und gerade nicht gebraucht wurde.
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Gerade für mich als Studionerd war die Organisation des zu erwartenden Chaos eines solchen Molochs beeindruckend. Wir erhielten Pässe, Essensmarken, Parkkarte, Parkplatz und… die Garderobe neben Nick Mason. Ich bin damit sozusagen fast Rockstar, finde ich, nur eben um eine Garderobe verfehlt, aber wir einigten uns in der Band drauf: Das gilt!
Auch die anderen Musiker waren phantastisch: Als Tim und John ankamen, waren die beiden einfach nur nette Jungs, Lazuli und t (lies: die Band) verstanden sich wieder mal grandios (und das lag nicht nur am, sagen wir, Zigarettenrauch, der so angenehm duftete), kurzum: das Miteinander mit Veranstalter und anderen Bands hinter der Bühne hätte nicht harmonischer sein können. Keine Missgunst, keine Arroganz, kein Schw…Vergleich – einfach nur pure Freude am Event. So saßen denn auch FORS und OVERHEAD und t stundenlang in wechselnder Besetzung in der Sonne und sinnierten über das Universum, die Musik und den ganzen Rest, und es ergaben sich Freundschaften und Verabredungen en masse.
Ich persönlich fand, auch vor dem Hintergrund, dass Backstage alles andere als Star-Feeling herrschte und ich die Proggies im Publikum online teilweise mehr als 1 Jahrzehnt kannte, die Idee, dass ich Autogramme im Signing Tent geben sollte, etwas absurd. Zwar hatte mich Tim Bowness mit einem netten „Ah, t, great albums“ begrüßt und mir ein ewiges Grinsen auf den Mund gezaubert, aber Autogramme? Ich wollte mir schon, zur Sicherheit, ein großes Schild umhängen („Ich war eben auf der Bühne und kann fehlerfrei schreiben!“), damit Leute auf die Idee kommen konnten, ich sei irgendwie dazu der Richtige.
Ich kam mir jedenfalls ziemlich blöd dabei vor. Unfug, wie sich rausstellte, denn tatsächlich hatte ich eine gute Stunde zu tun, bis alles unterschrieben und alle Selfies gemacht waren. „zu tun“ ist da natürlich fehlleitend: Ich habe es unendlich genossen, all die Menschen, die ich oft online schon lange „kannte“, persönlich zu treffen. Und es ergaben sich so viele nette Gespräche, dass ich erst 2 Stunden später wieder zurück im Backstagebereich ankam, um mit der Band das versprochene Kaltgetränk einzunehmen. In meinem Fall übrigens Pfefferminztee (ja, kalt, ach nach 2h)…
Überhaupt, die Menschen bei NOTP… was die t Konzerte bisher für mich so begeisternd machte, war die Bereitschaft des Publikums, unserem sehr melancholisch geprägten Set zuzuhören. Dass die Loreley da keine Ausnahme machte, das überraschte mich, ehrlich gesagt, ein bisschen. Aber es war von der Bühne aus ein unglaubliches Bild: All diese Menschen, und kaum einer redet rein oder holt mal schnell Bier, obwohl wir gerade in strahlender Hitze über die Atmosphären der Nacht sinnierten. Eine riesige Wertschätzung für die Musik selbst scheint das Festival zu umgeben, und das ist open air nicht die Regel, meiner Erfahrung nach. Für mich war das Verhalten des Publikums – ehrlich! – der Höhepunkt an einem sowieso grandiosen Tag.
Die Vorbereitungen im Backstagebereich waren durchwegs von großer Ruhe, zynisch-spitzem Humor und phantastischer Übersicht von „Büffel“, dem Chef hinter der Bühne, geprägt (ja, so stellte er sich vor). Ts Verkabelung ist absurd kompliziert, ich erspare euch Details, erwähne nur kurz, dass über Midi alle time Codes synchronisiert werden. Also: wir reden von mehreren Trilliarden Kabeln, die alle munter durcheinander verlaufen, von synthie zu laptop zu kemper zu basspedal zu Gesangseffektgerät und zurück zu Synthie… . Die haben wir natürlich minutiös beschriftet und vorbereitet – aber in 10 Minuten auf der Bühne bereit zu sein, das ist schon eine Herausforderung.
Dank Büffels Hilfe brauchten wir 7. Hinter der Bühne waren alle Instrumente und Kabel bereits gecheckt, auf rollenden Podesten aufgebaut und ausparkfertig platziert worden. Die größte Problematik bestand eigentlich nur darin, dass ich Dominiks Reisekoffer, der 2 Minuten vor Takeoff aus mir unerfindlichen Gründen offen vor den Keys auf dem Riser lag, noch schnell aus dem Weg räumen musste. Hätte andererseits dem Bühnenbild vielleicht aber auch ein bisschen Beckett gegeben!
Auf der Bühne war ich selbst mit zitternden Händen und hochkompliziertem Setup in 2 Minuten bereit. Soundcheck ist eh für Feiglinge… Also los ging s. Und wie gesagt: Ich glaube, es hat sogar ganz gut funktioniert.
Für uns, t und Band, war das jedenfalls eine grandiose Sache. NOTP als MUSIKER? Jederzeit.
Epilog: Was für die tolle Organisation und das großartige Miteinander in Winfried Völkleins Wohnzimmer, also oben auf dem Felsen, gilt, ist in Hotelzimmern oft ein bisschen anders. Als Musiker ist das aber nicht unwichtig, vor allem als Sänger: Ich hatte auf der Loreley mehr als 3 Oktaven zu besingen, und da sind guter Schlaf und präzise Vorbereitung zentral. Das wird ein bisschen schwierig, wenn man nachts ankommt und die Zimmer beziehen will, aber nicht finden kann… Wir hatten, genauer gesagt, 102, 201, 202 und 48. Auf die Nachfrage von Tour Managerin Tini, die mittags schon die Schlüssel abgeholt hatte, wurde uns gesagt, dass alle Zimmer im Haupthaus des Hotels seien, nicht etwa in den nahen Gästehäusern. Da standen wir dann, um 1 Uhr nachts, völlig erledigt, und suchten… 48 gab es scheinbar nicht, das Erdgeschoss ging von 1 bis 21. Im ersten Stock fanden wir 102 bis 122, der zweite Stock begann mit 201, 202, 203… Also liefen wir doch rüber zu den anderen Häusern, kamen dort aber nicht rein und irrten durch die Straßen, hoffend, dass in der Herberge doch noch Platz sein würde. Inzwischen kamen schon Pläne auf, die mit Rückbänken zu tun hatten – da fanden wir doch noch die 48. Natürlich dort, wo sie hingehört: Zwischen 212 und 214. Wir Trottel.
Danke, lieber Thomas, für diesen Bericht! Nähere Infos zu t und seinen Veröffentlichungen findet ihr HIER: www.t-homeland.de / Ach ja: NIGHT OF THE PROG 2020 steigt vom 17. bis 19. Juli 2020. Infos und Tickets gibt’s HIER: www.nightoftheprogfestival.com
Es hat sich seit 2006 zu einer sehr schönen Tradition für Progfans aus ganz Europa entwickelt, im Juli (nur in einem Jahr war es September) zur Loreley zu pilgern, um dort einem Querschnitt der diesem Genre zugehörigen Bands zu lauschen. Auch ich bin in jedem Jahr bisher zumindest einen Tag anwesend gewesen, was sicherlich auch meine Verbundenheit zu diesem Festival ausdrückt. Der gemütliche und familiäre Charakter kann auch einen eigentlichen Festival-Muffel wie mich begeistern.
NotProg IX wird dabei sicherlich in die Annalen eingehen als das mit Abstand sonnigste und – insbesondere auch – heißeste Festival bisher. Zwar wurden oben auf dem Felsen nicht ganz die 36 Grad aus dem Rheintal erreicht, im relativ windgeschützten Kessel vor der Bühne fühlte man sich dennoch bisweilen wie ein Brathähnchen im Backofen. Sonnenschutzfaktor 30 sowie eine angemessene Kopfbedeckung waren an beiden Tagen Pflichtausstattung für die Besucher. Regelmäßiger Flüssigkeitsnachschub war ebenfalls vonnöten. Die Preise für Getränke (insbesondere Mineralwasser) waren zwar relativ hoch, aber man durfte auch kleinere Mengen mit aufs Gelände nehmen, sodass sich ein kleiner Spaziergang zum nahen Parkplatz während der Umbaupausen durchaus anbot.
Da meine Klimaanlage am Vortag (Bericht des Kollegen Andi hier) auf der Fahrt zur Loreley den Dienst verweigerte, verbrachte ich den Samstagmorgen zunächst damit, eine „dienstbereite“ Werkstatt zu finden, nur um dann mitgeteilt zu bekommen, dass es sich um ein Elektronikproblem handelt, das kurzfristig nicht zu beheben sei. Durch diesen Zwischenstopp konnte ich jedoch erst verspätet zum zweiten Tag anreisen, wodurch ich die ersten 3 Bands des Tages (Synaesthesia; A Liquid Landscape; Dream the Electric Sleep) leider verpasste.
Als ich das Festivalgelände betrat, hatten die Schweizer von Clepsydra (16:31 – 17:46 Uhr) gerade ihren Set begonnen. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich etwa 1000-1200 Leute auf dem Festivalgelände. Einige hatten sich offensichtlich in den Schatten außerhalb des Geländes verkrochen. Vor etwa 20 Jahren spielten Clepsydra ein Konzert in einer Stadt im südwestdeutschen Raum, in der ich damals zu studieren gedachte. Auch damals war ich bereits ein Fan von Progressive Rock, sodass mich ein entsprechender Flyer, der auf dem Unigelände verteilt wurde, neugierig machte und ich beschloss, den entsprechenden Abend nach Vorlesungsende mit Livemusik ausklingen zu lassen. Zwei Dinge irritierten jedoch den jungen Musikfreund. Zum einen lag der Veranstaltungsort in unmittelbarer Nähe von rot beleuchteten Gebäuden, zum anderen war kurz vor Beginn praktisch niemand außer ihm selbst anwesend. Beide Dinge führten dazu, dass er kurzfristig beschloss, den Abend doch anderweitig zu verbringen. Einige Jahre später erfuhr ich dann, Clepsydra hätten sich aufgelöst. So war ich natürlich hocherfreut, dass ich an diesem Tag die Gelegenheit bekam, nachvollziehen zu können, was ich damals verpasst hatte.
2013 war es nämlich zur Wiedervereinigung der Band gekommen. Geboten wurden 75 Minuten 90er Jahre Neoprog in Reinkultur, wobei dies eindeutig positiv gemeint ist. Ähnlich wie die polnischen Kollegen von Collage, die am Vortag einen ähnlichen Festivalslot hatten, gelang es den Schweizern – trotz zahlreicher Parallelen zu anderen Genrevertretern – frisch und unverbraucht zu klingen. Orchestrale Keyboardpassagen und marillionesque Gitarrensoli erfreuten das Herz des Schreibers und vieler anderer Anwesende. Einige Besucher schienen (nur) wegen dieser Band gekommen zu sein und sangen jede Zeile voller Inbrunst mit. Im Gegensatz zu Long Distance Calling am Vortag funktionierte diese Musik auch bei gefühlten 60 Grad im prallen Sonnenschein. Ein gelungener Appetithappen für den Rest des Abends.
Brian Cummins (17:57 – 19:08 Uhr) hatte dann die zunächst scheinbar undankbare Aufgabe, als Ersatz für die kurzfristig wegen Erkrankung eines Bandmitglieds ausgefallenen Bigelf (die auch schon als Ersatz für die John Wesley Band gebucht worden waren) einzuspringen. Dabei bekam er nach eigener Aussage erst am Mittwochabend den Anruf des Veranstalters. Bekannt ist Cummins insbesondere als Sänger der Genesis-Tribute-Band Carpet Crawlers. Ich selbst hatte ihn zuvor mehrfach (u.a. beim NotProg Festival IV, 2009) als Sänger von Mick Pointers Marillion-Tribute-Projekt Script For A Jester’s Tour gesehen. Heute war er jedoch als Solo-Künstler zu sehen, der ein buntes Potpourri von (zumeist) Peter Gabriel Solo-Songs zum Besten gab. Wie immer fröhlich gestimmt, betrat er mit dem Satz „Hello, I’m Bigelf“ die Bühne und hatte die meisten Zuschauer schon auf seiner Seite. Der dargebotene Querschnitt aus Gabriels Karriere wurde ebenfalls dankbar angenommen. Dabei spielte er die Songs nicht einfach mit akustischer Gitarre, sondern untermalte sie mit allerhand Loops, die er mit Hilfe diverser Effektgeräte im Stile von 1-Mann-Drone-Künstlern übereinander schichtete. Dass er dabei bisweilen mehrere Versuche benötigte (- nach eigener Aussage spielte er dieses Programm zum ersten Mal seit einem Jahr live -), trug eher noch zum Charme der Performance bei. Das Ergebnis waren zum Teil überraschende und erfrischende Interpretationen, und er wagte sich sogar an das komplexe Meisterwerk „San Jacinto“. Das Publikum war jedenfalls vollauf begeistert, sodass Cummins‘ Schlusssatz „Loreley, you f***ing rock!“ nichts hinzugefügt werden muss.
Setlist Brian Cummins
Here Comes The Flood
Red Rain
Washing Of The Water
Intruder
Come Talk To Me
Carpet Crawlers (Genesis)
Games Without Frontiers
Mercy Street
San Jacinto
Solsbury Hill
Grendel (Marillion; nur die erste Strophe)
Biko
—–
In Your Eyes
Anathema (19:46 – 21:09 Uhr) spielten zum zweiten Mal (nach 2011) beim NotProg Festival und für mich persönlich war es das 15. Anathema-Konzert seit 2005. Dabei kann ich sowohl mit ihrer Doommetal-Phase zu Beginn der 90er Jahre – die die Band schon lange hinter sich gelassen hat – etwas anfangen, als auch mit ihrem massenkompatiblen (?) Alternative Rock, den sie seit spätestens „A Fine Day To Exit“ (2001) perfektioniert haben. Auffällig war, dass sich die Band neu formiert hat – und zwar ohne das Personal zu wechseln. Der bisherige Keyboarder Daniel Cardoso ist nunmehr Schlagzeuger, während der bisherige Drummer (Gründungsmitglied) John Douglas ein reduziertes (und leider auf der Loreley im Livemix untergegangenes) Percussion-Kit bedient. Die Keyboard-Parts werden von Gitarrist (und Sänger) Daniel Cavanagh übernommen, wobei ein Großteil der eher elektronischen Sounds auch „aus der Konserve“ eingespielt wurde. Trotzdem ist die Band nach wie vor eine tolle Liveband. Die Umstellung der Bandbesetzung ist vermutlich eine Folge der diesjährigen Nordamerika-Tour, für die John Douglas (aus mir nicht bekannten Gründen) kein Visum bekommen hatte, sodass Cardoso die Drums quasi zwangsweise übernehmen musste und Cavanagh an den Keyboards improvisierte.
Im Gepäck hatten sie ihr gerade erschienenes zehntes Album „Distant Satellites“, von dem sie auch drei Lieder spielten. Darunter befand sich der Track „Anathema“, den es bisher noch nicht gegeben hatte. Diesen widmete die Band Brian Cummins, den sie bereits als 16-jährige im Liverpool der späten 80er kennen lernten und den sie als guten alten Freund bezeichneten. Der Titelsong des neuen Albums „Distant Satellites“ gefiel mir live deutlich besser als auf CD, da ein Großteil der elektronischen Drums und Loops eben tatsächlich „live“ gespielt wurde. Wie bereits angedeutet, spielten Anathema fast ausschließlich Material aus ihren jüngsten (d.h. den letzten vier) Alben, nur der klassische Set-Closer „Fragile Dreams“ (von „Alternative 4“, 1998) verwies auf die Ursprünge der Band. Ich persönlich fand die Songauswahl dennoch sehr gelungen und eine Karte für das komplette Programm während ihrer Hallentournee im Oktober hängt bereits an meiner Pinnwand.
Setlist Anathema
Untouchable, Part 1
Untouchable, Part 2
Thin Air
The Lost Song, Part 3
Anathema
The Storm Before The Calm
A Simple Mistake
Closer
A Natural Disaster
Distant Satellites
Fragile Dreams
Und zum Abschluss der neunten Auflage des NotProg Festivals beehrten die Briten von Marillion (22:02 – 23:57 Uhr) zum (insgesamt) dritten Mal die Loreley. 1987 spielten sie bereits hier – noch mit dem Originalsänger Fish –, was auf einer sehr schönen Live-DVD dokumentiert wurde. 2010 folgte dann der erste Auftritt beim NotProg. Damals hatte ich mit einem Festival-Set gerechnet, d.h. einem eher hohen Anteil an poppigeren und kürzeren Songs, aber Marillion überraschten mich damals mit einem sehr anspruchsvollen (und progressiven) Programm. Dieses Jahr nun folgte der Festival-Set, der eher die Teilzeit-Fans im Publikum ansprach. Als „Veteran“ (etwa 25 Marillion-Konzerte seit 1987) musste ich somit ein paar „Begeisterungspausen“ einlegen, so u.a. bei den beiden Titeln des eher bescheidenen Albums „Holidays in Eden“ (1991).
Auch sonst gab es einige seichte/leichte Stücke wie z.B. „Beautiful“ und „You’re Gone“. Die anspruchsvollsten Stücke kamen interessanterweise von letzte Album „Sounds That Can’t Be Made“ (2012), insbesondere der Opener „Gaza“, der sicherlich das einzige Stück des Festivals mit derart aktuellem politischen Bezug war. Überraschenderweise fanden ebenfalls vier Stücke aus der Fish-Zeit (vor 1989) ihren Weg in die Setlist, darunter auch der einzige echte Hit der Band, „Kayleigh“ (1985). Bei diesem (und den vorhergehenden „Sugar Mice“ und „Cover My Eyes“) begab sich Sänger Steve Hogarth ins Publikum und ließ einige Besucher ins Mikrophon singen: Ein eher zweifelhaftes Vergnügen für alle anderen Zuhörer.
Als Zugabe wurde uns dann mit „Neverland“ (vom grandiosen „Marbles“-Album aus 2004) noch einmal Bombastrock vom Feinsten geboten: Ein Highlight des kompletten Festivals. Für mich war der Auftritt von Marillion insgesamt also ein eher zwiespältiges Vergnügen. Zugutehalten muss man der Band aber, dass sie eben auch ein komplett anderes Konzert als 2010 gespielt hat, ein Umstand, der bei anderen Bands völlig undenkbar wäre (aus dem Progbereich seinen an dieser Stelle z.B. Saga erwähnt). Das ist natürlich „progressiv“ im eigentlichen Sinn des Wortes.
Setlist Marillion
Gaza
Easter
Beautiful
Power
You’re Gone
Sugar Mice
Fantastic Place
Man Of A 1000 Faces
No One Can
Sounds That Can’t Be Made
Cover My Eyes
Kayleigh/
Lavender (w/ Blue Angel)/
Heart Of Lothian
—–
Neverland
Abschließend noch einige Worte zum Drumherum. Die Organisation lief trotz der klimatischen Bedingungen weitgehend reibungslos; das Personal war freundlich und zuvorkommend. Das Essensangebot war zwar nicht übermäßig vielfältig, aber sicherlich ausreichend. Die Preise lagen gefühlt etwas höher als in der Vergangenheit, aber waren durchaus noch angemessen. Der Sound war – mit einigen wenigen Ausnahmen – gut, vor allem bei den Headlinern der beiden Tage. Der Besucherzuspruch war ähnlich wie in den vorangegangenen Jahren, an beiden Tagen (gegen Ende) jeweils etwa 2500 Personen. Für die Jubiläumsausgabe des Festivals im Juli 2015 sind sogar 3 Tage vorgesehen. Ich werde sicherlich auch wieder dabei sein.
Die Erfolgsgeschichte eines großen Prog-Festivals auf der Loreley (heute gern als „heiliger Felsen des Prog“ bezeichnet), begann im Jahr 2006 und erfuhr bereits ihre neunte Auflage. WIV Entertainment haben es geschafft, das Event Jahr für Jahr mit angesagten Progbands der Vergangenheit und Gegenwart zu füllen. Hut ab dafür.
Eigentlich wollten meine Mitstreiter und ich noch einige Töne der polnischen Band Collage mit bekommen, als wir freitags anreisten, doch es hat leider nicht hingehauen. Wir erreichten den Felsen zur Pause vor dem Auftritt von Long Distance Calling. Die dem Postrock zugehörigen Progger stammen aus Münster und lieferten einen musikalisch harten, hauptsächlich instrumentalen Set mit ausufernden Solo-Passagen. Das Hinzukommen von Marsen Fischer hat also nicht dazu geführt, dass plötzlich in jedem Track gesungen wird. Stattdessen gibt es weiterhin eine effektgeladene Soundcollage mit sphärischen Elementen und immer wieder starken Gitarrenriffs, die dem Metalfreund vermutlich ein Schmunzeln entlockten, Long Distance Calling aber für die Begriffe des Progressive Rock zu einer der härtesten Bands des Festivals machten.
Setlist Long Distance Calling – Loreley, 18.07.2014 (danke an Karsten fürs Raushören)
Nucleus
Black Paper Planes
Ductus
Keyboard Air (unveröffentlicht) The Figrin D’an Boogie
I Know You, Stanley Milgram!
Invisible Giant
NH 0550 (von der neuen EP „Night Hawk“, die verkauft wurde, aber noch nicht offiziell erschienen ist)
Timebends
Arecibo (Long Distance Calling)
Metulsky Curse Revisited
Die Stimmung auf dem Felsen war zu dieser Zeit noch sehr träge. Die hochsommerlichen Temperaturen sorgten dafür, dass sich das Gros der Fans ein Schattenplätzchen an den Seiten des Amphitheaters suchte oder sich ganz nach oben unter die Bäume zurück zog. Der Konsum von Flüssigkeiten war enorm wichtig, trotzdem sah man nur wenig wirklich Betrunkene. Ein Zeichen dafür, dass es im Prog meist sehr gesittet zugeht. Zum Glück gab es genug Hartgesottene, die sich auch in den heißen Stunden vor der Bühne sammelten und Party machten.
Als es um 19.45 Uhr Zeit für IQ war, hatten sich die Steinstufen gut gefüllt und man hörte am Stimmengewirr, dass Fans aus ganz Europa und von noch weiter angereist waren. Viele Holländer und Briten waren auszumachen, wobei vor allem in England das Mitbringen eigener Klappstühle momentan groß in Mode zu sein scheint.
Musikalisch waren IQ ein erstes Highlight des Abends. Die Prog-Heroen der 80er haben auch heute nichts von ihrem einstigen Glanz verloren haben. Vor allem ist mit „The Road Of Bones“ im Jahr 2014 ein wahres Meisterwerk erschienen. Ein Konzeptwerk allererster Güte, das sich in die Liste hervorragender Alben der Truppe einreiht. Ich zähle noch immer „Ever“ und „Subterranea“ zu meinen Favoriten, aber eigentlich hat es in der Geschichte der Band kein wirklich schlechtes Album gegeben. Das will schon was heißen.
Was aber immer passiert: zunächst musste ich mich an die ungewöhnlich hohe, gepresst klingende Stimme von Peter Nicholls gewöhnen. Aber dann konnte ich die Spielfreude der Band richtig genießen. Vier neue Songs und damit fast das komplette Album „The Road Of Bones“ waren über den Set verteilt und mischten sich mit altbekannten Klassikern. Die düstere Atmosphäre des Konzeptwerks sollte mit einer visuellen Show im Hintergrund unterstrichen werden, was aber nicht funktionierte, da es dafür einfach zu hell war. Egal – die Musik sprach für sich.
An alten Stücken gab es das melodische „In The Darkest Hour“, „Frequency“ vom vorletzten Album und den umjubelten Klassiker „The Wake“. „Leap Of Faith“ aus dem Album „Ever“ markiert meinen persönlichen Einstieg in die IQ-Welt. Darum immer wieder gern gehört. Zum Abschluss erklang „The Seventh House“ aus dem Jahr 2000, was mich persönlich enttäuschte, da mein Lieblingsalbum „Subterranea“ somit unberücksichtigt blieb. Momentan ist von einer Verfilmung dieses musikalischen Konzepts die Rede. Bleibt also zu hoffen, dass das Album bald wieder einen höheren Stellenwert bekommt.
Setlist IQ – Loreley, 18.07.2014
From the Outside In
The Darkest Hour
The Road of Bones
Frequency
Without Walls
The Wake
Leap of Faith
Until the End
The Seventh House
Transatlantic waren neben Marillion sicher die am sehnsüchtigsten erwartete Band des Festivals. Wann sieht man sonst so viele Prog-Heroen in einer Band? Neal Morse, ehemals Sänger von Spock’s Beard, Roine Stolt, der die Flower Kings groß gemacht hat, Pete Trewavas, der als Bassist von Marillion natürlich unermüdlich im Einsatz war, und Mike Portnoy, der bis vor wenigen Jahren Dream Theater an den Drums in harte Sphären führte. Das ist das Stamm-Quartett von Transatlantic, zu dem sich noch Ted Leonard als Verstärkung gesellte, der früher bei Enchant sang und der jetzt Spock’s Beard vorsteht.
Ted war dann auch die Überraschung des Abends, den seine Vokal-Performance stand Neal und Roine in nichts nach. Sehr erfrischend, wenn er aus dem Hintergrund nach vorne kam. Allerdings dauerte es noch einige Zeit, bis Transatlantic bereit waren. Umbau und Soundcheck dauerten bis nach 22 Uhr und der erste Song „Into The Blue“ führte dann das Austesten des Zusammenspiels noch eine Zeit lang fort, was Portnoy in seiner darauf folgenden Begrüßung augenzwinkernd bemerkte.
Die Setlist war dann aber ein Fest. Entweder man vergöttert die Heroen, oder sie lassen einen kalt. Eine Hit-Zusammenstellung würde allein aufgrund der gigantischen Songlängen schon keinen Sinn machen. Nein – stattdessen erfreuten wir uns an den gesanglichen Fähigkeiten von Neal Morse, der wie ein Prediger auf der Kanzel hinter seinem Keyboard stand und die Massen erleuchtete. Und natürlich an der Creme de la Creme der Prog-Instrumentalisten, die sich (ich will es mal dezent ausdrücken) für kein Solo zu schade waren.
Portnoy war mal wieder der eigentliche Star – oder hielt sich zumindest dafür. Er lenkte und dirigierte hinterm Schlagzeug, während der obercoole Roine Stolt der Gitarre lässig wundervolle Töne entlockte und Pete Trewavas selig ins Publikum grinste, das ja auch am Freitag schon vor allem aus Marillion-Fans bestand, was den Gig für ihn zum Heimspiel machte. Zunächst gab es zwei Titel vom aktuellen Album „Kaleidoscope“. Dann folgte ein ellenlanges Medley aus dem dritten Album „Whirlwind“, das die Zuschauer von den Sitzplätzen riss. Und den Abschluss machte ein Hitreigen der ersten beiden CDs: „We All Need Some Light“, „All Of The Above“ und „Stranger In Your Soul“. Damit waren alle Favoriten in epischer Länge vertreten und zwei Stunden wie der Blitz vorbei.
Setlist Transatlantic – Loreley, 18.07.2014
Into the Blue
Shine
(Whirlwind Medley) Overture Rose Colored Glasses Evermore Is It Really Happening? Dancing With Eternal Glory
We All Need Some Light
Black as the Sky
All of the Above
Stranger in Your Soul
Den Samstag mit Anathema und Marillion konnte ich leider aus persönlichern Gründen und schweren Herzens nicht mit erleben. Darüber wird der Kollege Karsten Bier in Kürze berichten. Mein Fazit muss ich also schon früh ziehen:
WIV haben auch mit der neunten Auflage des Festivals das Mekka der Progszene belebt und dafür gesorgt, dass sich die Veranstaltung auf der Loreley weiter etabliert. Der Termin für das Jubiläumsfestival 2015 steht schon fest: Es wird vom 17. bis 19. Juli starten. Ich hoffe schon mal drauf, dass zum Zehnjährigen wieder Onkel Fish als Patron des Festivals mit am Start ist. Mir macht es immer wieder große Freude, den Weg zur Loreley anzutreten. Wann erlebt man schon so viele großartige Bands en bloc? Ihr werdet mich definitiv auch bei der zehnten Auflage in den Rängen finden – egal welche Progbands die Veranstalter an Land ziehen.