Night of the Prog Festival 2015 – Loreley Freilichtbühne in Sankt Goarshausen
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Opeth Fotos 2014 – Berlin, Huxleys Neue Welt
Mariusz Duda ist nicht nur Kopf der polnischen Progrock-Band Riverside, sondern auch der Mann hinter dem Ein-Mann-Projekt Lunatic Soul, das sich eher den leiseren elektronischen Tönen in verschiedenen Schattierungen widmet. Das im Oktober erschienene vierte Album „Walking on a Flashlight Beam“ hat es nun auf Anhieb auf Platz 7 der polnischen Charts geschafft – eine absolute Überraschung für ein Liebhaberprojekt, das keine kommerziellen Absichten verfolgt. Im Interview erzählt Duda, wie er mit dem Erfolg umgeht und was ihn zum Projekt Lunatic Soul bewegt hat und wie es aus seiner Sicht heutzutage um Musik und Musiker bestellt ist.
Hallo Mariusz, wie ist es für dich, dass es bis dato keine einzige Rezension zu geben scheint, die auch nur irgendwas an deinem neuen LS-Album „Walking on a Flashlight Beam“ auszusetzen hat? Alle überschlagen sich mit Lob und Begeisterung …
Mariusz: Ich kann es mir nur so erklären, dass die Hater entweder schlafen oder nicht wissen, dass es Lunatic Soul gibt. Ich glaube, es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch die negativen Stimmen sich melden. Ich bin unglaublich überrascht über dieses Feedback, denn ehrlich gesagt hab ich dieses Album nicht für ein Publikum geschrieben. Es war eher als eine Art Überlebenstherapie gedacht. Nach der Fertigstellung war ich froh, dass das Ergebnis besser war, als ich gedacht hatte. Ich hoffe, das bedeutet für das nächste Album nicht, dass ich in dem selben ungesunden mentalen Zustand sein sollte, um so kreativ zu sein … Aber ja, jetzt freue ich mich einfach, dass es den Leuten so gut gefällt und ich finde auch, dass es wirklich ein cooles – und kaltes – Album geworden ist.
Was bedeutet für dich Lunatic Soul im Gegensatz zu Riverside, die ja mittlerweile eine etablierte und populäre Band ist?
Mariusz: Bei Riverside geht es um eine gute Rockband mit guten, hörbaren Melodien und coolen Shows. Riverside ist mein Job, mit dem ich mein Leben bestreiten kann. Dank Riverside können wir Shows spielen und Geld verdienen – Tourneen sind ja mittlerweile der einzige Weg, um mit Musik Geld zu verdienen, denn Dank Spotify und anderen Streaming-Portalen gehen die Tonträger-Verkäufe abwärts. Lunatic Soul ist nur ein Studioprojekt, das nicht auf Tour gehen muss. Ich muss keine Konzerthallen vollkriegen. Bei Lunatic Soul geht es nur um meine persönliche Entwicklung als Musiker. Das Projekt hilft mir, ein besserer Musiker zu werden und auf die Suche nach Originalität zu gehen. Das ist schwierig, wenn man das Gefühl hat, dass musikalisch schon alles gesagt und getan worden ist, aber ich kann es als Lunatic Soul ausprobieren. Es gibt dort Raum für musikalische Experimente, die man nicht in Schubladen stecken kann – es ist schwierig zu sagen, ob Lunatic Soul Progrock, Ambient, Folk, orientalische Musik oder Filmmusik macht. Und genau darauf bin ich stolz.
Heißt das, dass wir dich nie mit Lunatic Soul live sehen werden?
Mariusz: Eines Tages bestimmt, aber nicht, weil ich damit Geld verdienen möchte oder muss. Ich bin einfach gespannt, wie die Leute darauf reagieren, wenn Lunatic Soul live spielt.
Dieser Lunatic Soul, diese verrückte Seele, bist du das selbst?
Mariusz: Man könnte sagen, dass Lunatic Soul mein dunkles Alter Ego ist. Ich wollte von Anfang an Musik machen, die vielschichtig und tiefgehend ist, über Musik hinausreicht und ins Metaphysische hinein. Das Projekt ist sehr stark beeinflusst von Dead Can Dance oder Peter Gabriel, deren Werke für mich über bloße Musik hinausgehen. Das gilt auch für Riverside übrigens. Selbst die einfachen Melodien dürfen nie seicht rüberkommen, es muss immer mehr da sein. Und dieses Mehr ist für mich sehr wichtig. Bei Lunatic Soul gehe ich noch viel weiter, was dieses Mehr angeht, vielleicht manchmal soweit, dass die Menschen beim Hören verstört sind.
Ist ein bisschen Verrücktsein wichtig, um ein Künstler zu sein?
Mariusz: Ich bin zum Glück nicht verrückt, ich habe mein Leben doch ziemlich im Griff. Manchmal habe ich vielleicht Phasen, in denen ich mich auch mal zurückziehen muss, um kreativ zu sein. Ein Freund von mir, der Taxifahrer ist, erzählt mir mal, dass Mozart und Bach auf ihre Weise Autisten waren. Sie waren so sehr auf die Musik fokussiert, dass sie nichts anderes interessiert hat und sie ihr Leben teilweise ruiniert haben. Vielleicht muss man also ein bisschen verrückt sein, um kreativ zu sein. Es ist allerdings für Künstler heutzutage sehr schwierig geworden, denn sie haben oft diesen Freiraum nicht. Sie müssen sich gleichzeitig noch um viele andere Dinge kümmern und können nicht einfach nur Künstler sein. Die Fans haben sich in den letzten Jahren Dank der sozialen Medien daran gewöhnt, dass es so eine Art Kontakt gibt mit den Künstlern. Wenn du deine Musik verkaufen willst, musst du immer auf dem Schirm haben, ob die Musik kompatibel ist mit den Zuhörern. Du stellst dir also immer wieder die Frage: Will ich die Platte machen, die die Leute hören oder die Platte, die nur drei Leute hören. Dieser Druck macht es nicht gerade einfach, kreativ zu sein. Vielleicht hilft es also manchmal ein bisschen verrückt oder autistisch zu sein und sich um die Sachen keine Gedanken zu machen. Es schützt einen wie ein Schutzpanzer davor, sich dauernd darüber Gedanken zu machen, ob man jetzt noch was auf Facebook schreiben muss oder nicht. Ich mache das natürlich auch, aber erst, wenn ich kreativ war und ein wenig Zeit übrig ist.
Der Mensch, dessen Gedanken wir auf deinem Album kennenlernen, ist ja auch einer, der sich ganz zurückgezogen hat aus der Welt, der sich eingeschlossen hat in einem Raum.
Mariusz: Ich bin selbst umgeben von Büchern und Filmen und Musik, schon als Kind haben mir diese Dinge viel bedeutet – und in dem Riverside-Song „Deprived“ geht es auch darum. Ich brauche auch die Zeit, um mich mit diesen Dingen zu beschäftigen und manchmal ziehe ich das dem sozialen Leben vor, also mit Leuten Bier trinken zu gehen oder Ähnliches. Aber ja, ich versuche auch da, eine Art Gleichgewicht zu finden und nicht zu sehr abzudriften. Die Person in dem Album ist natürlich die extreme Variante davon, ich bin zum Glück selbst nicht so. Sehr viel meiner Inspiration habe ich da von dem polnischen Journalisten Tomasz Beksiński, der im Alter von 41 Jahren Selbstmord beging. Er hatte irgendwann beschlossen, nur noch einer fiktiven Welt zu leben. Und das Thema fand ich interessant. Daher befassen sich die Texte mit jemandem, der nur noch in einer Welt der Fiktion lebt. Mann könnte es quasi als Prequel zum schwarzen Luantic Soul Album verstehen, in dem es um den Tod geht.
Ich selbst bin wie gesagt nicht so ein Typ, ich ziehe zwar gerne auch mal die Vorhänge zu, um in Ruhe Computerspiele zu spielen, aber ich bin kein Vampir, auch wenn ich die Dunkelheit mag. Das Thema spricht mich eben an. In Japan z.B. gibt es ja auch dieses Phänomen, das als Hikikomori bezeichnet wird. Da schließen sich erwachsene Menschen in ihren eigenen Räumen ein und haben keinen Kontakt mehr zur Außenwelt. Ich glaube, dass das mitunter das Ergebnis dieser hyperaktiven Zeiten ist, über die ich schon in Riverside-Songs geschrieben habe.
Ein ziemlich düsteres und ernstes Thema, zu dem auch die düstere, kalte Musik auf dem neuen Album passt. Wie reagierst du darauf, wenn da Vergleiche kommen mit Nine Inch Nails oder Cure oder Depeche Mode?
Mariusz: Das finde ich okay, denn die Leute müssen immer etwas zum Vergleichen haben. Als ich früher mit meiner ersten Band Musik gemacht habe, gab es da diesen Hausmeister, der nur The Police und U2 hörte. Und immer wenn er beim Proben die Tür aufmachte, sagte er: „Oh, das klingt wie U2!“ oder „Oh, das klingt wie The Police!“ Man hört also immer erstmal die Musik raus, die man halt kennt. Auf jeden Fall wollte ich auf diesem Album aber einen kalten Sound kreieren, und das passt in der Tat zu so Alben wie Depeche Modes „Songs of Faith and Devotion“ oder Cures „Faith“. Es tut mir eher weh, wenn jemand mit Storm Corrosion (Anm. der Red.: dem Gemeinschaftsprojekt von Steven Wilson und Mikael Åkerfeldt von Opeth) ankommt, da ich diese Musik schon gemacht habe, bevor Storm Corrosion überhaupt aufkam. Ansonsten sind diese Vergleiche schon okay und hilfreich. Und diesmal sind es vor allem viele neue Bands, mit denen meine Musik verglichen wird. Das zeigt, dass ich mein Ziel erreicht habe, etwas anderes zu machen als zuvor.
Neben den Texten und der Musik gibt es ja noch diese visuelle Komponente, die zeigt, dass es sich bei dem Album um ein ganzheitliches Konzept handelt. Das Artwork im Booklet, die wunderschön gemachten Trailer auf der DVD, die Teaser, da gibt es noch eine eigene Bildsprache, in die viel Arbeit geflossen ist.
Mariusz: Das ist für mich auch sehr wichtig, weil das Visuelle meiner Meinung nach zu der Musik gehört. Das klappt bei Lunatic Soul viel besser als bei Riverside, wo wir auch viele Fehler gemacht haben. Ich habe diesmal auch zum ersten Mal einen Dokumentarfilm zum Entstehen des Albums gemacht (Anm. d. Red.: weswegen es sich unbedingt lohnt, die DVD-Version des Albums zu holen). Trailer und Teaser wie hier haben wir für Riverside nie gehabt, aber das lag daran, dass wir nicht den richtigen Mann dafür gefunden hatten. Er mag Lunatic Soul mehr als Riverside und wir konnten uns schnell über das Visuelle einigen und eine eigene Sprache finden. Es ist schön, eine Art Seelenverwandten gefunden zu haben.
Wie geht es jetzt weiter?
Mariusz: Ich werde weiterhin daran arbeiten, etwas zu erschaffen, das vielleicht sogar kommerziell genug und erfolgreich ist und trotzdem künstlerisch anspruchsvoll. Ich würde gerne etwas erschaffen, was ehrgeizig und interessant ist und etwas hat, das dich dazu zwingt, immer wieder zurückzukehren. Das ist die Herausforderung – etwas zu erschaffen, was der Musikhörer mag aber auch genauso die normale Hausfrau.
Du wirst ja jetzt erstmal wieder mit Riverside an einem neuen Album arbeiten. Wird der Erfolg der neuen Lunatic Soul irgendeine Wirkung auf den Sound der neuen Riverside haben?
Mariusz: Ja, ich glaube schon. Wir haben heute schon wahrscheinlich den ersten Track des neuen Albums gemacht. Die Schlagworte, die ich mir notiert hatte, waren Hoffnung und Licht und Raum. Zuerst wollte ich eigentlich auch bei Riverside etwas dunkleres machen, aber ich glaube, ich werde Dank Lunatic Soul mehr Licht in Riverside reinbringen. Ich spreche nicht davon, fröhliche Musik zu machen, aber etwas, was mit Licht, Hoffnung und Kraft zu tun hat. Und ich bin auch nicht daran interessiert, Metal oder Retroprog zu machen, was momentan alle machen. Ich will auch bei Riverside jetzt etwas Originelles und Neues erschaffen, denn die Arbeit an Lunatic Soul hat etwas in mir freigesetzt.
Danke, lieber Mariusz! Ich freue mich schon auf das neue Riverside-Album!
Es gibt sie selten, aber es gibt sie – diese Alben, die dich weghauen, in deinen Alltag einbrechen, dich gefangennehmen, nicht mehr loslassen und nach denen du dich wie nach einem Geliebten sehnst, wenn du sie länger nicht gehört hast. Diese Alben, die dich morgens mit dieser Sehnsucht aufwachen lassen, und an die du immer noch zurückdenkst, selbst wenn ihre Zeit schon längst vorbei ist … Für mich waren das Alben wie „Pretty Hate Machine“ von Nine Inch Nails, „Disintegration“ von The Cure oder die „Violator“ von Depeche Mode – drei Bands, von denen ich mich als Jugendliche (aber auch später noch) regelrecht ernährt habe. Lunatic Soul gehört definitiv zu diesen Bands. Doch der Reihe nach.
Vor einer Woche bekam ich die Chance, das neue – und vierte – Album von Lunatic Soul zu reviewen. Lunatic Soul ist das Soloprojekt von Mariusz Duda, dem Frontmann der polnischen Progressive-Rock-Band Riverside, die sich in den letzten Jahren einen Platz im Prog-Olymp erspielt haben. Wer mich kennt, weiß, dass ich Riverside und Lunatic Soul abgöttisch liebe, auch wenn sich die beiden musikalisch stark voneinander unterscheiden. Rockmusik wird man nämlich vergeblich bei Lunatic Soul suchen, denn hier schaltet und waltet Mariusz Duda ganz allein und lebt die eher dunkle und geheimnisvolle Seite seiner Persönlichkeit aus. Was das Genre angeht – schon vor mir sind andere Leute daran gescheitert, LS zu beschreiben, aber so etwas wie Elektro-Ambient-Ethno-Postprog-Psychedelic-Sphärenpop gibt vielleicht ein wenig wieder, was einen hier erwartet.
Einzelne Songs zu charakterisieren, ist meistens öde und vermiest mir das Rezensionenschreiben, weil ich nicht unendlich viele Adjektive zur Verfügung habe. Man möge mir nachsehen, dass rein technische Beschreibung von Musik mir auch nicht liegt. Was „Walking on a Flashlight Beam” angeht, so finde ich Adjektive wie atemberaubend, hypnotisierend und seligmachend ziemlich passend. Ich musste nicht 50 Mal reinhören, bis sich mir die Musikwelt erschlossen hat – ich spielte den ersten Song an und war schon direkt in Dudas Musik-Universum, ein Universum aus sphärischen Klängen, hypnotischen Rhythmen – und ziemlich tanzbaren Beats. Man kann sogar den einen oder anderen Song als elektronischen Clubhit bezeichnen. Das ziemlich poppige, aber auch düstere „Cold“ z. B., aber vor allem „Gutter“ den absoluten Überüberübersong auf diesem Album. Ein Song, der mir beim ersten Hören und viele Male danach die Tränen in die Augen getrieben hat, einfach nur weil er so wahnsinnig schön ist, düster, anmutig und gleichzeitig tanzbar und euphorisierend (diese Bässe, sag ich nur!). Ich würde diesen Song am liebsten heiraten, ohne damit den anderen Tracks des Albums auf die Füße treten zu wollen. Sie sind alle fantastisch.
WOAFB bietet dem geneigten Hörer alles, was man so an Bands, die ich eingangs genannt habe, schätzt. Der acht Minuten lange Titelsong „Walking on a Flashlight Beam“ z.B. vereint für mich NINs Minimal-Elektro mit den späteren Depeche Mode und teilweise curigen Melodieläufen aus der Disintegration-Zeit. Das sind natürlich alles Hilfskonstruktionen, denn Lunatic Soul hat einen eigenen Sound und spätestens Mariusz einzigartige Stimme macht daraus ein unverkennbares Produkt. Natürlich hört man auch hier und da Riverside heraus, immerhin stammt auch da das Meiste aus Dudas Feder, aber es ist eben wie eine nackte, fragile Version von dem, was man bei Riverside gewöhnt ist. Lunatic Soul ist eher wie die Filmmusik zu einem Arthouse-Film, und WOAFB ein Film über das Leben einer in sich gefangenen Seele, eines Autisten, aber vielleicht auch eines Menschen, der mitten unter uns lebt, aber nicht dazugehört. Das Dunkle ist dabei das innere Gefängnis, und das Licht die Welt draußen, die bedrohlich und begehrenswert zugleich ist. Überhaupt ist das Thema Licht und Dunkel die Grundlage für alle Texte von WOAFB, ohne dass man gleich von einem Konzeptalbum sprechen muss (Konzeptalben sind auch ziemlich überbewertet …).
Bevor ich mich jetzt weiter in schwülstigen Beschreibungen verliere oder in eine akademische Textanalyse gehe, hör ich lieber auf. Ich denke, die Botschaft ist angekommen. Nur noch das: In Zeiten, in denen sich Opeth, Haken und Steven Wilson usw. darin übertrumpfen wollen, besonders bombastisch, spitzfindig und kompliziert zu klingen, ist es eine Wohltat, Musik zu hören, die einfach nur sein will. Für mich ist WOAFB definitiv das Album des Jahres, aber auch ganz sicher eines jener Alben, die mich immer begleiten werden – das steht für mich außer Frage.
Anspieltipp: Gutter. Und dann alle anderen.
Night of the Prog Festival 2013 Fotos
Pain of Salvation sind eine der wenigen Bands, denen ich durch alle meine musikalischen Anwandlungen hindurch (sei es Dark-Wave, Black Metal oder Power Metal), treu geblieben bin. Genauer gesagt verfolge ich seit der Veröffentlichung von „The Perfect Element” im Jahr 2000 die musikalische Entwicklung der Band von Prog Metal zum Siebziger-Jahre-Rock auf den letzten beiden „Road Salt”-Alben. Daniel Gildenlöw, Frontmann und einzige Konstante der Band, ist für mich einer der genialsten Musiker und besten Sänger im Rock-Bereich, und daher war es für mich ein wunderbares Erlebnis, endlich ein Interview mit ihm führen zu können – auch wenn der Ort dafür etwas bequemer hätte ausfallen können als das kalte Treppenhaus des Wohnhauses neben dem Turock in Essen. Aber der Backstage ist voll mit den singenden Isländern des Support-Acts Árstíðir und so bleibt uns nichts anderes übrig, als uns ins Treppenhaus zu hocken und die ein- und ausgehenden Bewohner des Hauses höflich zu begrüßen.
Ich habe bei diesem Interview übrigens darauf verzichtet, Fragen zum Mitgliederkarussel in der Bandgeschichte zu stellen, da Daniel Gildenlöw in allen möglichen Interviews schon dazu Stellung genommen hat. Daniel ist übrigens ein sehr gesprächiger Interview-Partner, den man schwer unterbrechen kann, anderseits kann man ihm auch stundenlang zuhören, auch wenn er von Hölzchen auf Stöckchen kommt. Aber lest selbst …
Daniel, das letzte Mal, als ich euch gesehen habe, war das in Leipzig auf einer exklusiven Akustik-Show. Und jetzt seid ihr mit dieser Akustik-Show auf Tour gegangen. Wie kam es dazu?
Daniel: Wir wurden damals gefragt, ob wir nicht diese Akustik-Show in Leipzig machen wollen, und wir fanden, dass es eine coole Idee war. Ich mag es, neue Sachen auszuprobieren und das schien mir eine gute Gelegenheit dafür zu sein. Wir wollten die Show aufnehmen, weil sie eben so exklusiv war, aber dann versagte auf der Show die Technik und das mit der Aufnahme klappte nicht. Aber wir wollten trotzdem gerne ein Akustik-Album aufnehmen, einfach alles im Proberaum durchspielen und es mixen lassen … Das machten wir, hatten aber wieder Probleme mit den Aufnahmen. Dann kam die Idee auf, mit der Show richtig auf Tour zu gehen. Gleichzeitig hatten wir die Idee, das Ganze in einer Art Wohnzimmer stattfinden zu lassen, bzw. wir hatten das schon für die „Road Salt”-Tour angedacht, aber das schien damals nicht das richtige Setting für die Tour zu sein. Für die Akustik-Tour schien das aber genau richtig. Wir begannen also damit, die „Wohnzimmer”-Tour zu planen und hatten eine Menge Ideen, wir wollten z. B. eine Couch und einen Kühlschrank und all so was.
Seid ihr dann richtig auf Flohmärkte gegangen, um die Requisiten zu finden?
Daniel: Ja, wir haben alle möglichen Charity- und Antiquitäten-Läden aufgesucht, um die Möbel zusammenzusuchen, die diesen Vibe hatten, hinter dem wir herwaren. Das gestaltete sich aber schwieriger als wir dachten. Es ist richtig schwer, Siebziger-Jahre-Möbel zu finden. Achtziger sind kein Problem, aber Siebziger sind eine Herausforderung. Und es war in diesem einen letzten Laden, kurz bevor sie Ladenschluss hatten, dass ich durch eine Tür in den Lagerraum sah und da diese coole, große und schwere Couch sah. Und ich musste eine richtige Charmoffensive starten, damit der Angestellte uns hineinließ. In diesem Lager fanden wir viele der Möbel, die wir jetzt auf der Bühne haben.
Ich hatte wirklich gedacht, dass es sehr einfach sein würde, dieses Wohnzimmer zusammenzustellen, aber letztendlich war es viel Arbeit. Ganz zu schweigen von den Schwierigkeiten auf der Tour selbst. An manchen Grenzübergängen hat man uns schon ziemlich schräg angeguckt, als sie diese braun-orangenen Tapeten und das ganze Mobiliar sahen.
Es war euch sehr wichtig, das alles auf euch zu nehmen, um diesen Traum wahrzumachen …
Daniel: Ja, aber es kamen auch noch so viele andere Dinge so schön zusammen. Das Setting sollte natürlich stimmen, aber auch was die Support-Acts anging war ich auf der Suche … ich bin schon seit 1998 Fan von Annekes Stimme, als ich The Gatherings Alben hörte. Und in Griechenland war sie mit Agua de Annique unser Support. Dort spielten sie diese energetische Siebzigerjahre-Musik. Ich fand, dass das perfekt für die Road-Salt-Tour sein würde, aber das haute damals zeitlich nicht hin. Ragnar kannte außerdem diese isländische Band Árstíðir, die ich mir im Netz angeschaut habe und von denen ich richtig beeindruckt war. Für die Akustik-Tour haben wir Anneke und Árstíðir dann noch mal gefragt, und diesmal klappte alles. Anneke und ich spielen übrigens auch auf dieser Tour einen Song zusammen …
Einen Song von Pain of Salvation?
Daniel: Hehe, nein, ich kann es ja jetzt sagen, denn das Interview wird auf keinen Fall vor diesem letzten Gig veröffentlicht werden. Wir singen zusammen einen Song von Kris Kristofferson … obwohl wer weiß, wahrscheinlich ist es schon überall auf youtube zu sehen, was eigentlich richtig schade ist. Denn obwohl ich es cool finde, auf youtube präsent zu sein, finde ich es schade, dass die Leute auf Konzerten mittlerweile in einem Wald voller iPhones stehen, anstatt ihre Feuerzeuge hochzuhalten.
Diese Nostalgie, von der du sprichst, erinnert mich ein wenig an die Nostalgie, die in „1979″ anklingt. Ich habe ja immer diese Astrid-Lingren-Welt vor meinen Augen, wenn ich diesen Song höre. Ist das die Welt, nach der du dich sehnst?
Daniel: Wahrscheinlich ist das so, dass jede Generation dazu neigt, die Zeit, in der sie aufgewachsen ist, zu idealisieren, egal wann das war. Das ist wahrscheinlich in unserer Natur. Aber ich bin der Meinung, dass, obwohl ich wirklich versuche, objektiv zu sein, wirklich etwas verlorengegangen ist. Die Sechziger sind für mich – und ich spreche wirklich nur von meinen Empfindungen – ein Jahrzehnt der Revolution, wo man viel ausprobiert hat und frei war. In den Achtzigern war alles plötzlich wieder so kontrolliert und der Erfolg sehr wichtig. Die Siebziger stechen für mich heraus als eine Art angenehme Pause, eine Art natürliche Brücke zwischen den wilden Sechzigern und den Achtzigern, die für mich beide nicht so interessant sind, auch musikalisch nicht. In den Achtzigern gab es diesen übertrieben Einsatz von Hall und diesen kalten Effekten. In den Siebzigern gab es dieses Gefühl der Ruhe, die politische Bewegung war noch stark, aber nicht mehr so radikal wie in den Sechzigern.
Und diese Zeit zelebrierst du ja auch auf den letzten „Road Salt”-Alben. Wie sieht es mit dem kommenden Album aus, wie geht es von hier aus weiter?
Daniel: Diese Tour entstand ja eigentlich aus einer gewissen Planlosigkeit heraus. Was immer auch jetzt passiert, ist schwer berechenbar. Im Rückblick ist es immer viel einfacher zu sehen, wie natürlich es war, dass die Dinge aufeinander folgten. „Be” zum Beispiel ist das natürliche Ergebnis der vorherigen Alben, auch „Scarsick” war die natürliche Weiterführung der vorangegangenen Alben. „Scarsick” ist intensiver, wütender und politischer als „12:5″ und „Be”, die nicht das richtige Forum für die Ideen gewesen waren, die es auf „Scarsick” gab. Im Rückblick ist es wirklich einfacher zu sagen, warum dieses oder jenes entstanden ist, andersherum ist es sehr schwierig. Ich kann also momentan nicht sagen, was sein wird.
An der Stelle werden wir erstmal von der Tourmanagerin unterbrochen, denn Daniel soll den Abend eröffnen und einen Song mit Árstíðir spielen – was er dann auch tut. Danach treffen wir uns wieder im Treppenhaus, um das Gespräch fortzuführen.
Weiter geht’s … Es war gar nicht mal so schlecht, diese Unterbrechung zu haben. Ich hatte keine Ahnung, dass die Show so sein würde. Du hast jetzt einige Themen des Abends angesprochen, als da wären der Tod, Demenz und hast ein wenig aus dem Nähkästchen geplaudert usw. … ist das nicht riskant?
Daniel: (lacht) Ja schon, aber ich mag es ganz gerne, bei Shows eine Art Intimität zum Publikum herzustellen und einen Rahmen für die Show zu schaffen.
Wie ist die Reaktion bisher gewesen?
Daniel: Sehr positiv eigentlich, allerdings habe ich heute Abend auch viel mehr geredet, weil es die letzte Show dieser Tour ist. Aber ja, jedes Publikum reagiert anders. Ich taste mich da meistens langsam heran und versuche herauszufinden, ob das Publikum darauf steht oder lieber nur Musik hören will. Heute waren die Leute im Publikum cool, ich hatte das Gefühl, dass sie gerne zugehört und reagiert haben.
Hast du keine Angst, dass es die Leute völlig deprimiert?
Daniel: (lacht) Aaaalso, wenn es irgendwas gibt, das sich in den Jahren mit PoS gelernt habe, ist, dass die Leute durch deprimierende Dinge aufgebaut werden. Ich kann das verstehen, denn stell dir vor, dir geht es schlecht und du hörst fröhliche Musik á la „alles ist voll toll!” Du wirst dich damit nicht identifizieren können und fühlst dich vielleicht noch isolierter. Aber wenn jemand sagt: „Weißt du was, das Leben ist manchmal halt echt kacke, aber wir sollten versuchen, etwas Cooles draus zu machen, weil es doch wertvoll ist!”, dann kannst du dich eher damit identifizieren … die ersten Jahre sind oft Leute nach Gigs zu uns gekommen, denen wirklich schreckliche Dinge passiert sind – z. B. der Verlust von Eltern, Freunden oder gar Kindern – und unsere Musik hat ihnen anscheinend durch diese schwierigen Zeiten geholfen. Ich habe mich damals gewundert, aber so ist es anscheinend.
Ich habe das Gefühl, dass du dich in den letzten Jahren sehr von dieser schweren und aggressiven Musik verabschiedet hast. Die „Road Salt”-Alben kommen ja viel beschwingter und fröhlicher rüber …
Daniel: Fröhlich?? Wirklich??
Ja schon, obwohl ein paar Themen natürlich nicht weg sind. Als großer Fan darf man ja manchmal auch Scherze über seine Lieblingsmusiker machen …
Daniel: Ja, klar. Na ja, vielleicht … okay, sag es! (lacht)
Okay, bring mich nicht um, es ist ja nur mein Eindruck … in deinen Texten gibt es so viele leidende Frauen. Sie weinen immer und sterben und leiden …
Aaaaaaah, hmm, also, da bräuchte ich mehr Details … ja, es ist entweder persönliche Erfahrung, dann ist es halt so und man sollte nicht erwarten, dass es politisch korrekt ist. Aber wenn du z. B. „Mrs. Modern Mother Mary” nimmst, geht es im Text genau darum, wie Frauen über die Jahrhunderte hinweg unterdrückt wurden. Gerade dieser Song handelt von dem Kampf um Gleichberechtigung und wie Religion die Gesellschaft beeinflusst. Du hast auf der einen Seite Maria Magdalena und auf der anderen Seite Maria, die Mutter. Und das hast du immer noch – und beide Marias leiden. Die Marias sind heute immer noch zu Hause und versuchen, Kinder aufzuziehen und die anderen sind im Internet, auf Porno-Seiten zu sehen. Die Heiligen und die Huren eben, wenn man es vereinfacht darstellen will.
Hmm, da du gerade eben das Thema Religion ansprichst. Wie sieht es damit aus? Ihr spielt ja des Öfteren ein Cover von „Halleluja” am Ende eurer Konzerte. In Leipzig hast du auf der Bühne gesagt, in dem Song ginge es um Sex und nicht um Religion …
Daniel: (lacht) Ja, und es stimmt ja auch, da geht es gar nicht um Religion. In „Halleluja” geht es darum, sich in der Sexualität und in Beziehungen zu verlieren. Es geht aber darum, dass Beziehungen in Kämpfe ausarten, in denen es um Gewinnen und Verlieren geht. Auf eine gewisse Weise geht es darin auch um Sucht. Meine Vermutung ist, dass er (Anm. d. Redaktion: Leonard Cohen) zu einem Zeitpunkt in seinem Leben sexsüchtig war und dass es in diesem Song auch um die Trauer geht, ein Problem mit Beziehungen zu haben. Ich finde den Text wunderschön, sehr sinnlich und gleichermaßen positiv und sehr traurig. So ein bisschen wie die Freude einer Ejakulation (lacht), es ist schön, aber gleichzeitig kommt danach eine Leere. Es ist das Fehlen von Größe und Erfüllung im Leben. Das Leben ist letztendlich ein Halleluja des Kommens – in jemandem (Anm. d. Red.: okay, im Original sagt er: „a halleluja of coming into someone”). Für was für ein Magazin war dieses Interview noch mal? (lacht)
Playgirl halt … es ging von Anfang an nicht um Prog sondern Pornos …
Daniel: Dann bin ich ja froh. (lacht)
Okay, also wie steht es denn jetzt mit der Religion. Oder findest du die Frage doof?
Daniel: Nein nein, aber wenn Leute nach Religion fragen, dann habe ich das gleiche Gefühl, wie wenn Leute nach Prog fragen. Dann denke ich immer, okay, ich kann jetzt höflich sein und die Frage umschiffen, ohne sie wirklich zu beantworten, und ohne irgendwelche Leute anzugreifen. Ich persönlich habe keinen Vertrag mit Religion. Ich bin der Meinung, dass jede Art von Religion falsch ist. Darum geht es z. B. in „Be”, obwohl seltsamerweise unheimlich viele religiöse Menschen dieses Album toll finden. Wo doch die Essenz des Albums ist, dass viele Dinge, die als Werkzeuge für die Menschen geschaffen wurden, die Menschen beherrschen. Und Dinge, die dazu da geschaffen wurden, die Menschen zu beherrschen, am Ende nur Werkzeuge werden. Es gibt also eine ständige Verschiebung der Paradigmen: Wir erschaffen Geld als Werkzeug und es wird zum Herrscher über alles, wir kreieren Gott als unseren Herrscher und er wird zum bloßen Werkzeug. Ich habe in einem meiner frühen Interviews eine Parabel aufgestellt: Religion ist für mich wie, wenn zwei Menschen in einer zweidimensionalen Welt leben und für eine Sekunde einen Zylinder zu sehen bekommen. Beide sehen diesen Zylinder von einer anderen Seite, der eine sieht ein Rechteck, der andere einen Kreis. Und in der zweidimensionalen Welt dieser beiden gibt es keine Figur, die sowohl ein Rechteck als auch ein Kreis sein könnte. Das funktioniert nicht, weil es auf einer höheren Ebene existiert als sie es sich vorstellen können. Und so gründet der eine die Rechteck-Religion und der andere die Kreis-Religion. Und bis zum Ende ihrer Tage und der Tage ihrer Kinder und Kindeskinder werden sie nicht aufhören, sich darum zu prügeln oder gar zu töten. Für mich ergibt das Ganze keinen Sinn. Dieser Kampf muss aufhören. Das ist für mich das Wichtigste.
Ich war im Urlaub im Jordan und wir waren am Strand. Unser ältester Sohn war gerade mal ein Jahr alt und spielte mit einem arabischen Jungen, der mit seinem Vater da war. Und es kam uns so wunderschön vor, so nach dem Motto „Ach, wie schön, Kinder kümmern sich nicht um Hautfarbe und Nationalitäten, sie spielen einfach.” Wir fühlten uns sehr stolz und plötzlich fingen sie an, sich richtig zu kloppen, so dass ich und der Vater des anderen Jungen dazwischen gehen mussten. Wir hatten solche Angst und haben versucht, sie dazuzubringen, sich zu versöhnen, während wir uns mit einem leicht entschuldigenden Lächeln anguckten. Danach war alles wieder in Ordnung. Und so eine Funktion sollte Gott eigentlich haben, er sollte die Leute davon zurückhalten, miteinander zu kämpfen. Darum geht es bei Religion vielleicht auch, nämlich darum, dass Menschen ab und an jemanden brauchen, der die Elternrolle übernimmt und ihnen sagt, was sie tun sollen.
Man denkt, wenn man erwachsen ist, bräuchte man keine Eltern, weil man kein Kind mehr ist. Aber ich glaube, dass man egal wie alt man ist, in erster Linie eine Person ist, und als eine Person brauchst du manchmal einen Elternteil, der einem sagt, was man tun und lassen sollte.
Ich bin der Überzeugung, dass Religion von Menschen gemacht sein muss und allein schon aus diesem Grund kann sie nicht unfehlbar sein. Wenn ein zweidimensionales Wesen versucht, dreidimensional zu sein, dann wird das einfach nicht funktionieren. Religionen haben zwar ganz nette Regeln und Gebote, aber am Ende gehen sie hin und töten einander. Sie nutzen Gott also als ein Werkzeug. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass wenn es Gott gäbe, dass das in seinem oder ihrem Sinne wäre, dass er oder sie als Werkzeug benutzt wird.
Wie sieht es denn mit Spiritualität aus?
Daniel: Ich weiß nicht genau, was Spiritualität bedeutet. Ich kenne Leute, die Selbstfindungskurse besuchen, wo sie in eine Tapete eingewickelt werden und einer setzt sich auf sie, damit sie die Geburt neu erleben können. Das nennen sie dann Spiritualität. Oder Leute, die meditieren und versuchen, dabei an rein gar nichts zu denken, und das dann Spiritualität nennen. Manche versuchen, die Zukunft vorherzusehen und nennen wiederum Spiritualität. Für mich ist Spiritualität ein großer Mülleimer für alles, was sich nicht mit empirischem Wissen belegen lässt.
Und Spiritualität einfach als die Fähigkeit zu sehen, sich in etwas zu verlieren?
Daniel: Ja, das unbedingt. Musik, Bücher, Kunst, wenn du das alles meinst, bin ich dabei. Für mich ist das Leben binär, existent und nicht-existent. Und ich ziehe einfach das Lebendige vor.
Ich bin überrascht, denn ich habe dich aufgrund deiner Musik für einen spirituellen Menschen gehalten. Und ich hätte nicht gedacht, dass du so ein rational denkender Humanist bist.
Daniel: Oh, ich kann auch sehr irrational sein (lacht). Ich denke, wenn es etwas gibt, das größer als das Leben ist, dann werde ich es eh nicht verstehen. Letztendlich musst du einfach nur nett sein und auf dein Herz hören oder manchmal auch nicht, hehe, und mehr kannst du auf dieser Welt nicht tun. Ich bin sicher, dass selbst wenn irgendwer uns erschaffen hat, was ich für sehr unglaubwürdig halte, dass er dafür sorgen wird, dass diejenigen, die sich gut verhalten haben, auch dann in diese bessere Welt eintreten, wenn sie nicht eine bestimmte Religion hatten. Ich kann das Konzept des Glaubens schon irgendwie verstehen, aber ich habe keine Wertschätzung für Religion. Selbst bin ich einfach zu alt, um zu glauben. Ich habe es versucht, aber ich habe das alles hinter mehr oder werde wohl auch nicht mehr zurückkehren.
Das ist eine sehr abgeklärte Haltung. Hat sich das auch in der Entwicklung deiner Musik niedergeschlagen? Wenn man es simpel verpacken will, kann man ja sagen, dass auf den Frust und die pubertären Elemente in der Musik – wenn ich das so sagen darf …
Daniel: (lacht) Ja, es war pubertär!
… doch eine viel erwachsenere geerdetere Musik gefolgt ist. So als wärst du mit dir mehr oder weniger im Reinen.
Daniel: Nee, ich denke nicht, dass ich mit mir im Reinen bin. Ich habe einfach neue Wege gefunden, meine Gefühle zu kanalisieren. Die Texte der „Road Salt”-Alben zum Beispiel beschäftigen sich immer noch mit ähnlichen Themen wie die Alben davor, aber es ist nicht mehr alles so in-the-face, sondern tiefgründiger. Ich würde sagen, dass sie subtiler sind, während die alten Alben melodramatischer und pompös daherkommen mit großen Gesten – was allerdings auch manchmal wichtig sein kann. Wenn ich es mit Filmen vergleichen würde, dann würde ich meine jetzige Musik mit „Being John Malkovich”, „Vergiss mein nicht”, „Adaptation” oder „The Big Lebowski” vergleichen. Diese Filme handeln von großen Themen, haben aber auch viel Humor und Wärme. Man kann sie sich auf viele verschiedene Arten anschauen. Und sie handeln alle von der Komplexität des Lebens. Denn wenn ich etwas in meinem Leben gelernt habe, ist es die Tatsache, dass das Leben sich nicht für den Ernst interessiert. Du kannst sich in einer ernsten Situation befinden und trotzdem passiert zur gleichen Zeit etwas Witziges, denn das Leben zielt nicht auf irgendetwas hin. Manche religiöse Menschen würden jetzt sicherlich widersprechen. Aber ich könnte jetzt einen Anruf bekommen, dass mein Vater gestorben ist und während ich mich hastig aufmache, könnte ich im Treppenhaus stolpern. Das würde in normalen Filmen nicht passieren, aber im normalen Leben passiert so was andauernd. Und in diesen Filmen, die ich genannt habe, wird gerade diese Unvorhersehbarkeit des Lebens, die gleichzeitig schön und traurig ist, zugelassen. Es ist, was ist es. Eine meiner Lieblingsfilmszenen ist die Szene in „The Big Lebowski”, wo Walter und der Dude Donnys Asche verstreuen, mit diesem militärischen Ernst und dann bekommt der Dude die ganze Asche ins Gesicht. Der Dude rastet richtig aus, aber am Ende umarmen sie sich wieder, denn das ist ihre Art, mit ihrer Trauer fertig zu werden. Das ist traurig und unheimlich witzig zugleich. Ich liebe das sehr! Das Gleiche gilt auch für meine Musik, denn man braucht eine große Anzahl verschiedener Emotion, damit sie wirklich funktioniert und echt ist.
Zum Schluss geht es natürlich um die Zukunft. Wie sehen deine Pläne für PoS aus?
Daniel: Die letzten Alben haben wir in Proberäumen aufgenommen und ich würde so gerne wieder in ein Studio gehen. Ich möchte allerdings auch nicht die Intimität verlieren, die so typisch für Pain of Salvation ist. Das ist aber alles, was ich jetzt gerade dazu sagen kann. In ein paar Jahren werden wir uns wahrscheinlich treffen und sagen: „Mensch, dass war doch klar, dass da dieses oder jenes Album kommen musste.” Wir werden es sehen!
Daniel, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast!
Pain Of Salvation aus Schweden können auf eine über 20-jährige Bandgeschichte zurückblicken, in denen sie acht Studioalben veröffentlicht haben, die in keiner Musiksammlung von wahren Prog-Fans fehlen sollten. Mit den letzten Alben „Road Salt 1″ (2010) und „Road Salt 2″ (2011) hatte Frontmann Daniel Gildenlöw eine Richtung eingeschlagen, die sich musikalisch wieder mehr dem Geiste der Siebziger Jahre verschrieben hatte. Vorbei die Zeiten von komplizierten und pathosgeschwängerten Songs, die neue Devise von Pain of Salvation lautet seither: Erdiger Rock ohne Pomp und Gloria. Und so passt es vielleicht auch, dass die Band im Frühjahr 2013 auf eine Akustik-Tour ging. Schon 2012 hatte es ein Akustik-Konzert in Leipzig gegeben, das zunächst als exklusive Show gemeint war und dann doch die Initialzündung für eine ganze Tour wurde.
Die zahlreichen Besucher, die an diesem Sonntagabend in Essen das Turock besuchen, um sich von der akustischen Darbietung von Pain of Salvation überraschen zu lassen, erwartet beim Eintritt ein ganz besonderes Setting: Die Bühne ist zum Wohnzimmer umdekoriert worden, und zwar mit allen Schikanen! Eine alte Couch, mehrere Sesseln, Lampen, Siebziger-Jahre-Tapeten und Jimmy-Hendrix-Poster an der Wand. Die Message: Fühlt euch wie zu Hause. Und sehr familiär geht es dann auch an diesem Abend zu. Es ist die letzte Show von Pain of Salvation und ihrer Supports Anneke van Giersbergen und Árstíðir, als Konzertgänger kann man also auf einige Überraschungen gespannt sein …
Daniel Gildnlöw höchst persönlich begrüßt die Gäste. Während er auf der gemütlichen Couch Platz nimmt, hält er erstmal einen Monolog über den kommenden Abend. Es geht darin um die großen Themen: Demenz, Tod und Ähnliches – allerdings mit einem Augenzwinkern – und dabei erzählt er von der Großmutter seiner Frau, die an Altersdemenz leidet und immer wieder die gleichen Geschichten erzählt, die – so vermutet Gildenlöw – aus irgendeinem bestimmten Grund ihre persönlichen Schlüsselerinnerungen sein müssen. Und während er darüber philosophiert, was wohl seine Schlüsselerinnerungen im Alter sein werden, klingelt es „an der Tür” und herein kommen die fünf Musiker von Árstíðir aus Island. Gemeinsam mit ihnen eröffnet Gildenlöw den Abend, und zwar mit einer wunderschönen akustischen Version von Pain of Salvations „Road Salt”. Den Rest von Árstíðir muss ich leider verpassen, weil ich das Interview, das ich bereits vor deren Auftritt mit Gildenlöw angefangen habe, weiterführen muss. Ich habe mir aber sagenlassen, dass die Show von Árstíðir wunderschön war: Sanfter und ruhiger Folk mit vielstimmigem Gesang.
Ich komme erst dann wieder in die Halle, als Daniel und seine Mitmusiker Anneke van Giersbergen mitten in ihrem Auftritt überraschen, indem sie jeder mit einem Besen in der Hand die Bühne betreten und die überraschte und belustigt grinsende Anneke gesanglich begleiten. Nach Abgang der Überraschungsgäste habe ich noch das Vergnügen, einige Songs von Anneke, die sie auf der Gitarre vorträgt, mitzubekommen und obwohl ich noch nie ein großer Fan von The Gathering war, muss ich sagen: Annekes Stimme ist einfach großartig und die Frau umwerfend gut (abgesehen davon, dass sie toll aussieht und unheimlich witzig ist). Für besonders heitere Stimmung sorgte übrigens ihr Cover-Song von Dolly Partons „Jolene”, bei dem doch der eine oder andere im Publikum mitsingen musste …
Dann ist es endlich Zeit für den Hauptact und wer gedacht hat, dass er dabei entspannen kann, hat die Rechnung ohne Gildenlöw gemacht. Denn er nimmt das Publikum auf eine abenteuerliche Reise durch das vielfältige Werk der Band. Man kann fast von Neu-Interpretationen reden, denn die Kreativität, mit denen altbekannte Songs wie z.B. „Falling Home”, „Ashes”, „Spitfall” (Eminem lässt grüßen!) oder „Diffidentia” neu arrangiert wurden, ist atemberaubend und genial. Hinzukommen noch einige Cover-Songs. Der erste ist Kris Kristoffersons „Help me make it through the night”, der von Daniel gemeinsam mit Anneke und einem der Árstíðir-Musiker auf der Couch dargeboten wird – inklusive Lach- und Kuschelanfällen (ich kann leider nicht sagen, welcher der fünf Árstíðir-Männer es war, denn er trug eine enorm große Perücke mit blonden Locken …). Wenig später gibt es eine absolut hirnverbrannte, aber göttliche Jazz/Reggae-Version von DIOs „Holy Diver”, die die Stimmung im Saal zum Kochen bringt. Richtig getanzt wird allerdings erst bei „Disco Queen” (quasi DER „Dancefloor-Hit von PoS), und zwar sowohl vor als auch auf der Bühne, denn alle Musiker von Árstíðir und Anneke stürmen während des Songs die Bühne und tanzen sich auf den Tischen und Sesseln die Seele aus dem Leib! Noch ein Cover gibt es, und zwar „Dust in the Wind” – mit Gildenlöws überirdischer Stimme: Zum Niederknien schön!
Konzerte von Pain of Salvations sind immer musikalische LSD-Trips, berauschend und bewusstseinserweiternd, aber man darf dabei nicht unerwähnt lassen, dass Daniel Gildenlöw auch ein begnadeter Alleinunterhalter ist. So erinnert er sich, wie er als Fünfzehnjähriger gepeinigt vom ersten Liebeskummer den schmalzigen Song „Second Love” schrieb (ja, er ist schmalzig aber auch wunderschön). Herrlich, wie er sich über Textzeilen wie „you came like the wind” und „night after night, the stars are shining so bright” beömmelt, nur um den Song mit einer Innbrust anzustimmen, dass kein Auge trocken bleibt. Der emotionale Höhepunkt und gleichzeitig der Abschluss eines unvergesslichen Konzerts und einer fabelhaften Tour ist aber „1979″ aus dem letzten Album der Band. Für mich DAS heile-Welt-und-gute-Laune-Lied schlechthin Und während der ganze Saal jubelt, klatscht, glücklich lacht und die Chips-Tüte kreisen lässt, die Daniel neben sehr viel Obst im Publikum verteilt hat, lassen sich noch mal alle Musiker auf der Bühne feiern. Wer an diesem Abend nicht mit einem seligen Grinsen nach Hause geht, sollte dringend einen Arzt aufsuchen. Für mich bisher das Konzert des Jahres!
Dass Riverside meine absolute Lieblingsband ist, kann ich nicht verhehlen. Jahrelang waren sie in der Progrock-Szene ein Geheimtipp. Seit der Veröffentlichung ihres neuen Albums „Shrine of New Generation Slaves” Anfang 2013 gibt es aber keine Zweifel mehr darüber, dass Riverside sich etabliert haben und in der obersten Liga mitspielen.
In den letzten Jahren habe ich drei Interviews mit Mariusz Duda, dem Frontmann und Kopf der Band, gemacht. Es war etwas schwierig, diesmal mit völlig frischen Fragen aufzuwarten, aber nun … wir trafen uns Backstage in Karlsruhe und plauderten bei schwarzem Tee und Gummibärchen.
Mariusz, unser letztes Interview hatten wir drei Wochen bevor „Shrine of New Generation Slaves” herauskam. Da war noch nicht ganz klar, wie das Album ankommen würde. Jetzt sind zwei Monate seit der Veröffentlichung vergangen. Wie waren die Reaktionen?
Mariusz: Also, als wir mit Inside Out zusammenarbeiteten, wurde unser Album „Second Life Syndrome” super promotet. Ich hatte viele Interviews und viel Zuspruch. Die Veröffentlichungen von „Rapid Eye Movement” und „Anno Domini” waren leider überschattet von der Finanzkrise und dem Bankrott von SPV. Wir hatten sehr wenige Reaktionen von den Medien. Aber jetzt ist alles im grünen Bereich. Es gibt unheimlich viel Zuspruch und alle scheinen das neue Album zu mögen. Oder alle sind gute Schauspieler … (lacht) Wir hatten jedenfalls noch nie so wenig negative Reaktionen!
Was ist mit den üblichen Nörglern, die alles Neue zu kommerziell finden?
Mariusz: Naja, manche Leute mögen keine Veränderungen. Manche schätzen es sehr, wenn eine Band sich weiterentwickelt. „Shrine of New Generation Slaves” erinnert wiederum sehr an die Anfänge von Riverside und die Fans von „Out of Myself” z. B. werden sicherlich auch das neue Album lieben, denn es hat den gleichen Vibe.
Merkt man den Erfolg auch an der Anzahl der Leute, die zu euren Konzerten kommen?
Mariusz: Es sind definitiv mehr Leute da, und das ist in Zeiten der Krise ein gutes Zeichen. Bands, die vorher vor 1000 Leuten gespielt haben, spielen jetzt vor 500 usw. Wir haben unsere Zuschauerzahl zum Teil gehalten und zum Teil steigern können. In Paris waren viel mehr Leute da, es waren ungefähr 700 Leute in Köln dabei. In Holland kommen immer mehr Leute zu den Shows. Alles wächst und das find ich gut!
Findest du, dass die neuen Songs live funktionieren?
Mariusz: Du hast sie ja jetzt ein paar Mal live gehört, was meinst du?
Naja, ich finde, sie haben sich seit eurem ersten Gig in Dresden zum Teil verändert, musikalisch und gesangstechnisch, aber das ist ja immer so, wenn Bands ihre Musik live spielen.
Mariusz: Das hat aber auch ein bisschen damit zu tun, dass wir gelernt haben, sie live zu spielen. Der allererste Gig in Dresden war quasi eine große Generalprobe. Denn wir hatten davor 18 Monate lang keine einzige Show gespielt. So nach dem zehnten Konzert hatte ich das Gefühl, dass sich die Songs endlich so anhören, wie sie es von Anfang an hätten tun sollen. Aber ich muss noch ein paar Sachen ändern, und ich denke beim zweiten Teil der Tour wird alles sitzen. Ich hätte auf dieser Tour unheimlich gerne „Deprived” gespielt, aber das funktioniert noch nicht. Wir müssen noch herausfinden, wie. Mit dem Rest bin ich zufrieden. Bei „Depth of Self-Delusion” spielen wir jetzt live zum Beispiel diese verrücken Soli … ich glaube, die Leute merken den Unterschied zu Bands wie Dream Theater. Es geht uns nicht darum, besonders komplizierte Songs zu spielen, wir wollen uns mehr auf die Melodien konzentrieren. Wir wollen uns auch weiterentwickeln. Ich habe keine Lust mehr, dauernd „Second Life Syndrome” zu spielen …
Was war denn bisher auf der Tour das beste Konzert?
Mariusz: Paris war wirklich gut und Köln vor zwei Tagen auch, obwohl wir da technische Probleme hatten. Das Publikum war sehr verständnisvoll. Aber alles in allem war bisher jedes Konzert cool. In Belgien hatte ich zum Beispiel auch Probleme mit der Technik und habe dann ein paar „geflüsterte Schreie” mit dem Publikum gemacht, und das war genial, eines meiner Highlights auf dieser Tour. Das Publikum hat überhaupt super mitgemacht, was für mich ein kleines Rätsel ist, denn wir tun ja nichts Besonderes auf der Bühne. Wir haben keine Animationen im Hintergrund laufen, keine dramatischen Effekte und trotzdem geht das Publikum total mit.
Habt ihr denn schon mal über Videos nachgedacht?
Mariusz: Nein, ich bin kein großer Fan davon, genau das zu spielen, was hinter mir passiert. Ich mag die Spontaneität auf der Bühne lieber.
Ein kleiner Schlenker zu eurem Musikvideo zu „Celebrity Touch”. Bist du zufrieden damit?
Mariusz: Hmm, ich muss sagen, ich bin nicht wirklich mit dem Endresultat zufrieden. Wir wollten ja etwas Einfaches machen, und das ist auch ganz gut gelungen. Aber es ist nicht mein Lieblingsvideo. Ich bin aber auch insgesamt kein großer Fan von Videoclips.
Was wäre der perfekte Tag für dich auf einer Tour?
Mariusz: Oh je, das kann ich alles hier nicht laut sagen (lacht). Wenn ich das alles weglasse, bin ich bei dem Teil, wo wir Backstage sitzen und auf die Show warten … Na gut, also ordentlich schlafen ist immer gut, um ausgeruht auf die Bühne gehen zu können. Und es hilft ungemein, wenn man keine Kämpfe ausstehen muss. Auf dieser Tour ging es zum Teil sehr abenteuerlich zu, ob es nun Probleme mit Transport, dem Equipment oder der Band waren … es ist halt wie in einer Familie, da muss man sich manchmal streiten und dann ist alles auch wieder gut. Manchmal kommt es vor, dass man zusammen auf die Bühne geht und einfach nur angepisst ist. Ich war auf dieser Tour auch noch krank, was nicht wirklich geholfen hat. Der Rest der Band und die Crew waren auch teilweise krank. Das muss man definitiv nicht haben. Heute fühle ich mich zum Beispiel richtig gut, ich bin ausgeschlafen, weil wir uns irgendwo ein Hotel genommen haben. Das tun wir manchmal, um überhaupt mal Schlaf zu bekommen und vielleicht ein schönes Bad zu nehmen!! Ein Bad auf der Tour ist das Beste, was einem passieren kann!!
Ihr werdet im Mai in den Staaten spielen. Bist du aufgeregt?
Mariusz: Ja, nach zehn Jahren ist es jetzt das erste Mal, dass wir in den USA touren werden und ich bin schon sehr aufgeregt. Ich weiß nicht, was uns da erwartet, zumal ich auch noch den Großteil meiner Sachen nicht mitnehmen kann, meinen Verstärker zum Beispiel und die Effektgeräte. Wir müssen das alles dort mieten. Ich hoffe sehr, dass ich es schaffen kann, ohne meine eigenen Sachen gut zu klingen. Die Clubs werden kleiner sein, es ist also wie ein Neuanfang.
Danach geht es ja direkt weiter. Zeit für Urlaub?
Mariusz: Danach werden wir dann noch durch Osteuropa touren und dann kommen die Festivals und dann der zweite Teil der New Generation Tour … puuuh, wir werden dieses Jahr eigentlich nur spielen. Ich weiß nicht, ob es dieses Jahr wirklich Zeit für Urlaub geben wird.
Du hast aber schon angekündigt, dass es dieses Jahr auch noch was von deinem Solo-Projekt Lunatic Soul zu hören geben wird …
Mariusz: Ja, momentan plane ich, zwischen den beiden Touren noch ein bisschen weiter an Lunatic Soul zu arbeiten, vielleicht bis Ende des Jahres eine EP fertigzustellen, und spätestens nächstes Jahr etwas herauszugeben. Ich würde gerne etwas anderes mit LS machen. Die ersten drei Alben waren sehr intim und sanft. Jetzt denke ich darüber nach, eine Band zu gründen und musikalisch in eine etwas kraftvollere Richtung zu gehen …
Eine Tour mit Lunatic Soul???
Mariusz: Ja, vielleicht sogar eine Tour, mal sehen. Sechs Leute auf der Bühne … darüber denke ich momentan nach. Eventuell wäre Michael dabei, wenn wir diese Riverside-Tour überleben …
Warum denn nicht, was wäre das Schlimmste, was passieren könnte … aaaaaah, nein, lass uns nicht darüber nachdenken ...
Mariusz: (lacht) Ehm, ja wir könnten zum Beispiel in Istanbul bleiben, weil diese Stadt so schön ist.
Was findest du am schönsten an Istanbul?
Mariusz: Hmm, die Stadt erinnert mich an eine polnische Stadt (lacht), nur größer. Da gibt es zum Beispiel diese lange Straße mit tausenden Geschäften und Musikläden, dort kann man alle möglichen schönen Spielzeuge, viele „lunatic toys”, finden, seltsame Instrumente usw. Ich will ganz viele Instrumente kaufen für das nächste Album.
Was ist die blödeste und langweiligste Frage, die du bei Interviews gestellt bekommest?
Mariusz: Ganz klar die Frage nach der Entstehung der Band. „Wie hat alles angefangen?” Ich hasse diese Frage. Immerhin haben wir das alles auf unserer Internetseite als Biographie bereitgestellt und alle können es nachlesen. Oh, wie ich das hasse, so langweilig. Dann möchte ich meistens schon aufstehen und gehen.
Mal sehen, ob ich das toppen kann … hmm was ist das peinlichste Album, das du zu Hause hast?
Mariusz: Hmm, also das ist eine Schallplatte mit indischer Musik mit Flöten und so. Unser Drummer hat sie mir geschenkt, weil er sie sonst weggeschmissen hätte. Ich habe sie übrigens immer noch, weil sie sich in meinem Regal gut macht.
Und dein peinlichstes romantisches Lied?
Mariusz: Oh, das ist „Paris Paris” mir Malcolm McLaren und Catherine Deneuve, ich hasse diesen Song so sehr, aber ich habe ihn manchmal im Kopf. Ich hab ihn in Paris andauernd singen müssen.
Machst du Karaoke? Kannst du singen??
Mariusz: Hahaha, wir sind jetzt also auf dieser Ebene gelandet. Ich habe die ganze Zeit Karaoke in meinem Kopf. (lacht)
Jaja, ich könnte noch mehr solcher Fragen stellen. Eine letzte: Was ist dein Lieblingsfilm?
Mariusz: Ich könnte jetzt „Citizen Kane” sagen, um besonders intelligent rüberzukommen. Hmmm, „Braveheart”, ein Film für Jungs!! Da gibt es noch Filme wie „Jerry Maguire”, „Billy Elliot”, die ich immer wieder gucke. Ich mag Filme, in denen der Protagonist sich zum Ende des Films weiterentwickelt.
Mariusz, danke für dieses Interview! Ich bin gespannt, wie sich Riverside in den nächsten Jahren weiterentwickelt!
Jolly aus Amerika sind hierzulande noch recht unbekannt. Völlig zu unrecht, denn ihre frische Rockmusik mit gelegentlichen, supermelodischen Picknicks im Prog-Gefilde ist absolut berauschend!!! Bisher haben die Jungs drei Alben veröffentlicht, von denen die letzten beiden eine Art Doppelalbum abgeben. Das Ziel der beiden “Audio Guide to Happiness”-Alben? Mit Musik glücklich machen!
Dieses Frühjahr waren Jolly im Vorprogramm von Riverside, der polnischen über-Band (sorry, ich bin Fan), unterwegs. Ich treffe die vier Jungs vor ihrer Show in Karlsruhe in einem kleinen Backstageraum. Louis, Drummer und Produzent der Band, liegt mit einer fetten Erkältung auf dem Boden und entschuldigt sich für seinen Zustand. Fast am Ende der Tour hat es ihn doch noch erwischt … Trotzdem lässt er es sich nicht nehmen, bei diesem Interview gemeinsam mit seinen Kollegen Anthony (Bass), Joe (Keyboards) und Anadale (Gesang, Gitarre) Rede und Antwort zu stehen.
Hallo Jolly, wollt ihr euch kurz vorstellen?
Anthony: Wir sind Jolly und wir kommen aus New York. Uns gibt es seit 2009 und wir haben seitdem drei Alben veröffentlicht.
Euer aktuelles Album “Audio Guide to Happiness (Part 2)” wurde erst vor ein paar Wochen veröffentlicht. Es gehört zum ” Audio Guide to Happiness (Part 1)”, das 2011 erschienen ist. Zwischen diesen beiden Veröffentlichungen musstet ihr ja einiges durchmachen …
Anthony: Oh ja … Wir arbeiteten noch an Teil 2, als wir vom Hurrikan Sandy überrascht wurden. Der Hurrikan hat Louis Haus, das gleichzeitig unser Proberaum und Studio war, völlig überflutet und den Großteil unseres Equipments zerstört. Wir wurden ziemlich überrumpelt, denn ein Jahr zuvor hatte es auch schon eine Hurrikan-Warnung gegeben und da war nichts passiert. Deswegen hatten wir auch diesmal nicht mit einer Zerstörung von einem solchen Ausmaß gerechnet.
Joe: Es gab aber auch Glück im Unglück, denn Louis hatte kurzfristig beschlossen, zu evakuieren und zu den Eltern seiner Verlobten zu gehen. Und da hat er glücklicherweise die Festplatte, auf der alle Aufnahmen waren, mitgenommen, um am Material weiterzuarbeiten.
Ihr habt es dennoch geschafft, das Album zum anvisierten Zeitpunkt zu veröffentlichen …
Joe: Ja, zum Glück, denn wir wollten auch unbedingt eine Tour machen, um das Album zu promoten. Das haben wir bei Part 1 nicht gemacht und es bereut. Für diesen Zweck war die Riverside-Tour genau richtig.
Wie habt ihr es geschafft, trotz der großen Schäden durch den Hurrikan, das Album zu veröffentlichen und auf Tour zu gehen?
Anthony: Na ja, nach dem Hurrikan hatten wir überhaupt kein Geld, unser Eqipment war ja zum größten Teil weg. Wir haben dann die Crowdfunding-Plattform Indiegogo genutzt und die Fans dazu aufgerufen, uns zu helfen. Und das hat geklappt!
Joe: Es wäre ja so schon eine Herausforderung gewesen, diese Tour zu finanzieren, aber wir mussten nach dem Hurrikan fast alle Geräte neu kaufen. Das hätten wir einfach nicht stemmen können. Wir hatten absolutes Glück, dass die Kampagne so gut gelaufen ist.
Louis: Diese Tour war schon vor dem Hurrikan geplant gewesen und sie war vom Timing her eben perfekt für uns, so direkt nach der Veröffentlichung des Albums. Wir hatten solche Angst, dass das alles nicht passieren wird. Unsere Fans haben uns buchstäblich in der letzten Minute gerettet und dafür gesorgt, dass wir auf Tour gehen konnten.
Aber auch auf der Tour haben euch die Fans geholfen …
Joe: Ja, es war unglaublich. Wir haben die Fans gefragt, ob wir bei ihnen unterkommen können, und es gab viele Reaktionen. Wir haben unheimlich oft bei Fans übernachtet. Da stehst du am Merchstand und jemand kommt auf dich zu und sagt: „Hi, ich bin der und der. Ihr werdet heute Nacht bei mir pennen.” So einfach!
Inklusive Frühstück und allem?
Alle lachen …
Joe: Manchmal gab es recht interessantes Frühstück … Aber nein, alle waren immer sehr nett. Die finanzielle Unterstützung war uns wichtig, aber genauso wichtig war für uns die moralische Unterstützung.
Könntet ihr denn sagen, ob die meiste Hilfe aus Europa oder Amerika kam?
Louis: Halb-halb vielleicht.
Das ist nicht schlecht, wenn man überlegt, dass ihr in Europa noch nicht so bekannt seid.
Joe: (lacht) In Amerika kennt man uns auch nicht wirklich.
Ihr wart ja schon letztes Jahr auf Tour in Europa, als Headliner. Wie lief diese Tour?
Anthony: Sehr cool! Vor allem weil die Leute wegen uns kamen und unsere Musik kannten. Das ist, wenn man als Support spielt, nicht immer der Fall. Allerdings bringt uns die Tour mit Riverside als Hauptact definitiv noch mehr Publikum und potentielle Fans.
Joe: Die Tour letztes Jahr diente vor allem aber auch dazu, endlich die Erfahrung einer Tour zu machen. Es gibt uns seit vier Jahren und wir haben in den USA meist nur Gigs in New York und in ein paar anderen Städten gespielt. Aber so richtig getourt waren wir vorher nicht. So hatten wir letztes Jahr endlich die Gelegenheit, zu sehen, wie so eine Tour überhaupt funktioniert. Nur deswegen läuft auch diese Tour jetzt so gut und geschmeidig, denn wir haben jetzt schon einiges an Erfahrung gesammelt.
Louis: Ja, wir erwarten jeden Tag Fleisch, Käse und Brot. (alle lachen)
Wie wichtig ist es für euch, in Europa zu spielen?
Joe: Sehr wichtig! Es fühlt sich für uns als Rockband so an, als sei Europa der Kontinent, den es zu erobern gilt. Wenn nicht Europa, was sonst?
Habt ihr das Gefühl, dass das Riverside-Publikum das richtige Publikum für euch ist?
Joe: Das ist eine schwierige Frage … in manchen Belangen ja, in anderen nein. Die Leute scheinen die Musik zu mögen. Unsere Musik lässt sich ja schwer kategorisieren, also ist es recht schwierig zu sagen, wer genau unser Publikum ist. Die Riverside-Fans scheinen uns ja gut zu finden, und jetzt sollten wir vielleicht noch andere Bereiche ausprobieren, um zu sehen, wie die Fans dort auf uns reagieren.
Ich hab vorher ein wenig recherchiert, und auf der Wikipedia-Seite steht, dass ihr als Einflüsse Bands wie …
Alle durcheinander: Wir haben eine Wikipedia-Seite?
Ja, auf Deutsch …
Joe: Das ist richtig cool!! Das wussten wir nicht!
Und da steht, dass euch mitunter Bands wie Tears for Fears, Radiohead und Pink Floyd beeinflusst haben. Wie seht ihr das?
Anthony: Das ist doch ein interessanter Mix. Pink Floyd hatte vielleicht keinen ganz so großen Einfluss, aber Tears For Fears und Radiohead definitiv.
Außerdem liest man dort (und woanders auch), dass ihr im Vorfeld zu den beiden Audioguide-Alben geforscht habt, und zwar habt ihr Studien in Auftrag gegeben, in denen es um die Zeugung von Glücksgefühlen mit Hilfe von Musik ging … bitte erzählt doch ein bisschen davon, auch wenn ihr die Frage wahrscheinlich schon 500.000 Mal gestellt bekommen habt … wie zum Teufel soll das funktionieren?
Joe: (lacht) Okay, das funktioniert nicht so, dass man eine Liste hat, die man abhakt und dann hat man die perfekte Musik. Meine Schwester ist Professor an einer Uni in New Jersey und wir haben an der Uni mit ein paar Leuten über die sogenannten binauralen Beats gesprochen (Anm. Red.: GIYF). Wir wollten einfach ein bisschen mehr darüber erfahren, und dazu machten die Studenten ein paar soziologische Untersuchungen, eher für sich als für uns und wir machten da mit.
Und wie kann man sich das vorstellen? Spielt man den Leuten etwas vor und fragt sie, wie sie sich fühlen?
Joe: Ja, in der Tat, auf einer Skala von 1-5. Es war schon ganz interessant, aber es ist halt eine Art Pseudowissenschaft. Man hört diese komischen Töne und fühlt alles Mögliche, aber es ist schwer zu sagen, was davon Placebo ist oder sich wirklich im Gehirn abspielt.
Louis: Es ist auch seltsam, dieses sterile wissenschaftliche Vorgehen mit der Musik, wie wir sie machen und die das genaue Gegenteil davon ist, zu verbinden. Unsere Musik entsteht sehr organisch und sehr frei, wir packen unsere Ideen zusammen und schauen, was daraus entsteht. Dem gegenüber steht dann diese wissenschaftliche Herangehensweise und das ist ganz interessant, zu testen, wie die binauralen Beats mit unserer Musik einhergehen. Die Musik ist das genaue Gegenteil dieser Beats und beides zusammenzuschmeißen, das war einfach das Projekt.
Und habt ihr das Gefühl, dass es funktioniert hat?
Anthony: Das musst du uns sagen! (lacht)
Na ja, ich habe euch jetzt vier Mal live gesehen und ja, die Musik hat mich glücklich gemacht. Das könnte ich schon sagen. Dresden war das erste Mal, da fand ich es nett, und dann von Mal zu Mal – London, Paris, Hengelo – besser. Wie war es für euch, vor allem, wie unterschiedlich waren die Leute in den verschiedenen Städten? Ihr habt die Setliste ja auch geändert, oder?
Anthony: Für uns war Paris die erste Show, die wir richtig gut fanden. Wir haben die Setliste in der Tat verändert, um zu schauen, ob wir andere Reaktionen bekommen, und es hat sich definitiv ausgezahlt.
Joe: Was das Publikum angeht, ist es schwer, eine Aussage zu machen. Das deutsche Publikum war am Anfang der Tour etwas schwierig, aber da hatten wir ja auch die andere Setliste. Deswegen weiß ich nicht, ob man das so pauschal sagen kann. Als wir nach den ersten deutschen Shows in Großbritannien und Holland gespielt haben, hatten wir unheimlich viel positiven Feedback, aber auch vor zwei Tagen in Köln …
Anthony: Kann aber auch damit zusammenhängen, dass die Entfernung zur Niederlande nicht so groß ist … (lacht)
Louis: Ja, in Holland war der Zuspruch am größten, man liebt uns da!
Anthony: Ich glaube aber auch einfach, dass das deutsche Publikum immer am Anfang etwas zurückhaltend ist. Ich habe den Eindruck, dass sie sehr genau hinhören und sich mit der Musik auseinandersetzen.
Joe: Ja wir müssen lernen, es uns nicht zu Herzen zu nehmen. Sie springen eben nicht rum, aber das bedeutet nicht, dass ihnen die Musik nicht gefällt.
Wenn wir die ganze Zeit über „happiness” reden … gibt es auf den Alben auch richtig traurige Songs?
Anadale: Das ist definitiv „Dorothy’s Lament”, der letzte Track auf dem ersten Audio Guide! Es hört sich an wie Bestattungsmusik und handelt von Tod und Trauer um eine geliebte Person.
Und wieso findet man auf einem Audio Guide to Happiness traurige Songs wie diesen?
Anthony: Weil Glück nur auf einer Reise erfahren werden kann. Wenn man nie etwas Anderes erfahren oder gespürt hat, dann kann man nicht wirklich sagen, was Glück ist.
Louis: Die Idee hinter dem Audio Guide bzw. eigentlich hinter unserer ganzen Musik ist, dass wir jede Emotion ansprechen, jedes Gefühl durchleben, damit am Ende so etwas wie Erleichterung steht. Es hat ein wenig was von einer Therapie. Wenn man zum Therapeuten geht und über etwas redet, das einen wirklich stört, dann fühlt man sich danach ja auch erleichtert.
Wie sehen eure weiteren Pläne aus? Ihr werdet ja bald wieder in die USA zurückreisen …
Louis: Mein Haus und das Studio werden momentan renoviert und wenn wir zurück sind, werde ich mir das erstmal anschauen und das Studio aufbauen. Wir haben außerdem noch die US-Tour mit Riverside vor uns. Im Mai oder Juni werden dann mit dem nächsten Album beginnen.
Sind denn schon auf dieser Tour Ideen für das Album entstanden?
Louis: Nein, wir haben die meiste Zeit einen Van gefahren und hatten keine Zeit, um Musik zu komponieren. Aber wir haben Musik gehört. Riverside und Dianoya … Wir hatten keine anderen CDs dabei. (lacht)
Vielen Dank für dieses Interview, ihr Lieben! Ich freue mich auf gleich!
Die polnische Prog-Band Riverside hat wieder zugeschlagen! Im Januar 2013 veröffentlichten sie ihr nun fünftes Album mit dem Titel „Shrine Of New Generation Slaves”. Im März und April geht es auf eine Tour durch Europa. Kurz vor der Veröffentlichung hatte Musicheadquarter-Redakteurin Shirin Kay die Gelegenheit, Mastermind Mariusz Duda zum neuen Album und zur Tour zu befragen.
Hi Mariusz! Wie geht’s dir und was treibst du so?
Mariusz: Mir geht’s gut, danke! Ich hatte heute viel zu tun, denn ich habe große Pakete mit CDs von InsideOut und Mystic Production bekommen. Und ich muss dir sagen, die Verpackung der neuen limitierten CD ist wahrscheinlich die beste, die wir je hatten. Aber auch sonst gab es bisher viel zu tun, deswegen freue ich mich sehr auf das Wochenende. In einer Woche ist schon die Veröffentlichung des Albums in Polen und wir mussten uns um einige Dinge, die damit verbunden sind, kümmern.
Werdet ihr vor der Tour noch Zeit für eine Verschnaufpause oder Urlaub haben?
Mariusz: Nicht wirklich. Wir müssen jetzt die neuen Songs lernen. Vielleicht haben wir nach der Tour Zeit für eine Verschnaufpause. Vielleicht auch auf der Tour …
Nun ja, auf so einer Tour kann man nicht wirklich Urlaub machen.
Mariusz: Im Nightliner ist es eigentlich schon ganz gemütlich. Man kann da gut schlafen oder sich ausruhen. Und wenn man Glück hat, kann man sich die Stadt, in der man ist, für 15 Minuten angucken und schnell ein Foto für Facebook machen. (lacht)
Hast du zum neuen Album schon viele Interviewanfragen gehabt?
Mariusz: Ja, sehr viele! Und das erstaunt mich, denn es zeigt, dass der Deal mit InsideOut und Century Media gut funktioniert. Ich erinnere mich, dass wir viele Interviews hatten, als wir “Second Life Syndrome” herausbrachten. Bei “Rapid Eye Movement” und “Anno Domini High Definition” waren es nur wenige, denn es gab Probleme mit SPV. Jetzt klappt’s aber richtig gut. Es könnte natürlich auch damit zusammenhängen, dass wir das Album so früh veröffentlichen. In den letzten Monaten ist nicht viel passiert und die heiße Phase, in der alle ihre Alben herausbringen, hat noch nicht angefangen. Wir sind also die ersten, die dieses Jahr ein Album herausbringen. Es könnte natürlich auch das Problem geben, dass die meisten nach Weihnachten keine Kohle mehr haben … (lacht)
Seit ADHD sind drei Jahre vergangen. Was ist in diesen Jahren passiert?
Mariusz: Es waren sogar vier Jahre, von 2009 bis 2013. Es ist viel passiert in meinem Leben, aber auch im Leben der Band. Ich hab zwei Lunatic Soul Alben herausgebracht und zusammen mit der Band haben wir noch die EP “Memories In My Head” gemacht. Wir sind außerdem auf eine interessante Tour gegangen und das letzte Jahr haben wir im Studio verbracht.
Wann hast du genau damit angefangen, das Material für „Shrine Of New Generation Slaves” zu schreiben?
Mariusz: Ende 2011 hatte ich die ersten Ideen für das Album, mit dem Komponieren ging es dann im Dezember los und das zog sich bis Januar, Februar 2012. Im März haben wir dann eine Session im Studio gemacht, ohne Drums – die hab ich auf dem Keyboard gespielt. Ich wollte den Jungs einfach nur meine Ideen zeigen. Wir schmissen die Ideen mit Kompositionen, die wir in den letzten Monaten aufgenommen hatten, zusammen. Danach hab ich festgestellt, dass zwei der Songs nicht so gut waren. Also habe ich sie rausgekickt, und es blieben sieben Songs übrig. Es fehlte noch das Ende … also gingen wir im April wieder ins Studio und es entstand “Escalator Shrine”, der leider 12 Minuten lang wurde. (lacht) Aber ich denke, damit war das Album quasi abgeschlossen. Ich war sicher, dass wir jetzt den letzten Schritt gemacht hatten. Später haben wir nur noch einige Farben und Details verändert.
Was passierte mit den zwei Songs, die rausgeschmissen wurden? Sind sie auf der zweiten CD der limitierten Edition gelandet?
Mariusz: Nein, die sind ganz weg. Aber willst du die Geschichte der beiden anderen Songs hören?
Ist sie aufregend?
Mariusz: Ja!
Dann bitte!
Mariusz: Ich wollte unbedingt mal ein Riverside Album mit einem Medienbuch veröffentlichen, mit einer richtig schönen Verpackung. Das Label war einverstanden, wollte dafür aber unbedingt eine zweite CD haben und fragte nach alten Nummern oder Live-Material. Und ich hab es sofort kommen sehen: Ich wollte eigentlich ein neues Kapitel von Riverside aufmachen und sollte alte Sachen auf das Album packen. Das wollte ich nicht. Zum Glück hatte ich noch für eine Woche ein Studio für Lunatic Soul gebucht. Also haben Piotr, Michael und ich uns zusammengesetzt. Diese zwei Songs sind Instrumentalstücke mit Ambient-Anleihen und haben das Album als Grundlage.
Auf der limitierten Edition haben wir also zwei zusätzliche neue Songs und ein ganzes neues Artwork …
Mariusz: Ja, und das Artwork ist fantastisch geworden. Das Buch hat 32 Seiten und damit meine ich nicht diese dünnen Seiten, es ist eher wie ein richtiges Buch. Und Travis Smith hat da ganze Arbeit geleistet. Wir haben schon oft miteinander gearbeitet, aber diesmal hatte ich das Gefühl, dass die Kommunikation noch viel besser lief, so als gäbe es eine mentale Verbindung zwischen uns. Er hörte sich zum Beispiel einen Roughmix von „Escalator Shrine” an und schickte mir einen Entwurf. Und ich sah sofort, dass es das war, was ich wollte. Ich bin wirklich sehr stolz auf diese Veröffentlichung. Vor allem, weil es die Leute Lügen straft, die meinen, dass CDs tot sind. Diese Leute sollten sich diese Veröffentlichung unbedingt anschauen.
Abgesehen von dem sehr aufwändigen Artwork gab es aber auch grundlegende Veränderungen in der Musik … 2011 hattest du ja schon angekündigt, dass du mit der „Memories In My Head”-EP ein Kapitel von Riverside abschließen wolltest.
Mariusz: Der erste Grund dafür ist, dass ich es nicht mag, mich zu wiederholen. Natürlich war es mir wichtig, den Style und die Seele von Riverside zu erhalten, aber ich wollte einige Details ändern. Bevor ich mit dem Schreiben anfing, hatte ich den Jungs bereits angekündigt, dass ich von einigen Dingen, die wir bis dahin gemacht hatten, genug hatte. Lass uns diese Dinge die „unreifen Momente” nennen. Es gab zuweilen so eine Art „garage style” in unserer Musik, außerdem wollte ich eine bessere Produktion. In den letzten Jahren habe ich mit Lunatic Soul viele Erfahrungen gesammelt und bin dadurch viel selbstbewusster geworden. Ich weiß ganz genau, was ich erreichen will und ich weiß auch, wie ich das umsetzen kann. Diesmal hab ich von den Jungs verlangt, noch mehr auf die Produktion zu achten. Nicht dass ich direkt neben dem Mischpult sitzen wollte, denn dafür haben wir Magda und Robert, aber ich habe eine Vision und weiß, was zu tun ist. Zuerst wollte ich also die Metal-Anteile loswerden und sie mit Hardrock-Elementen ersetzen, denn die sind viel ehrlicher und kommen unserer Art zu spielen viel näher. Es ist viel ehrlicher, als überholte Thrashmetal-Riffs zu spielen – von denen hatte ich die Nase voll. Außerdem wollte ich mich mehr auf Melodien, Gesang und Arrangements konzentrieren, nicht auf die Kompositionen. Daher wollte ich auch den Stil der Drums verändern: Piotr, unser Drummer, hat in Vergangenheit manchmal einige seltsame Dinge gespielt und ich wollte ihn ein wenig runterholen. Das Gleiche galt für die Gitarren: Ich wollte keine “Second Live Syndrome”-Solos mehr. Ich wollte noch mehr mit dem Sound experimentieren, hier und da sogar ein wenig Blues reinholen. Das alles war für uns eine Herausforderung, vor allem am Anfang. Aber am Ende haben wir doch etwas kreiert, das reif ist und uns sehr am Herzen liegt. Es ist jetzt wie eine Visitenkarte für Riverside, eine Visitenkarte, auf die wir stolz sein können.
Würdest du sagen, dass die früheren Alben „unreif” waren?
Mariusz: Nein, gar nicht. Ich gehöre nicht zu den Leuten, die die alten Sachen immer schlecht finden. Ich erinnere mich daran, dass ich mal einen meiner alten Helden getroffen habe – ich glaube, es war jemand von der Band Pestilence – und die Band hatte gerade ein neues Album herausgebracht. Und der Typ sagte mir, dass die alten Alben alle scheiße waren, und es war sehr enttäuschend für mich, das zu hören. Nein, so ist es bei mir nicht. Mein persönliches Problem mit unserem vorherigen Album ADHD ist zum Beispiel, dass ich immer das Gefühl hatte, das ihm etwas fehlte. Auf einer Skala von 1 zu 6 hätte ich wohl 4,5 gesagt, aber nie 5 oder 6. Ich finde, dass man für ein gutes Album mindestens 80% erreichen sollte, der Rest betrifft persönliche und emotionale Befindlichkeiten. Aber bei „Shrine Of New Generation Slaves” habe ich das Gefühl, 90% erreicht zu haben. Es gab also eine Steigerung! Und bisher ist das für mich der beste Treffer. Ich habe das Gefühl, diesmal fast alles erreicht zu haben, das ich erreichen wollte. Natürlich sind jetzt immer noch 10% übrig, aber trotzdem! Ich bin meiner Vision gerecht geworden und das macht mich glücklich. Dieses Gefühl hatte ich nur noch ein anderes Mal, nämlich nach dem ersten Lunatic Soul Album.
Übrigens: bei unserem letzten Interview hast du gesagt, dass du etwas über das Ende der Welt machen wolltest. Was ist aus diesen Plänen geworden?
Mariusz: Haha, ja. Man könnte “Escalator Shrine” als eine Einführung in das Thema bezeichnen, vor allem da, wo die Menschen im Dunkeln herumkriechen und in ein großes Werbeplakat hineinfallen. Am Anfang des Komponierens wollte ich ja auch eigentlich eine EP machen, aber während des Prozesses ist ein Flow entstanden, und es kamen viele Gefühle hoch. Es war ein bisschen wie beim Schreiben von „Out Of Myself” und „Voices In My Head”. Auch damals habe ich viel auf der Akustikgitarre komponiert. Und es gab diese eigenartige Melancholie, die jetzt auch hier wieder aufgetaucht ist. Als ich dann merkte, dass so viele Details auftauchten, hatte ich das Gefühl, dass hieraus ein Album entstehen sollte und ich noch mehr an den Arrangements feilen sollte, um daraus ein gutes Album zu machen. Aber nach SONGS werde ich definitiv zu dem Thema der Postakopalypse zurückkehren.
Jetzt, wo du den Song „Escalator Shrine” erwähnst, auf dem Cover ist ja auch eine Rolltreppe zu sehen. Die Rolltreppe steht doch wahrscheinlich auch für etwas?
Mariusz: Ja, genau. In all diesen Songs geht es auf die eine oder andere Art darum, sich in bestimmten Situationen wie ein Sklave zu fühlen. Auf dem Cover siehst du einen neuen Schrein, ein neuer Tempel, und das ist heute die Einkaufspassage oder der Supermarkt. Wenn man in einen Tempel geht, kniet man normalerweise nieder, um zu beten, aber in diesen neuen Tempeln hast du nur auf der Rolltreppe Zeit, um nachzudenken – obwohl die Rolltreppen eigentlich dazu da sind, damit die Leute sich schneller fortbewegen, aber sie bleiben dort stehen. Das ist für mich eine Art moderne Sklaverei. Für viele Leute sind ja auch diese Sonntage, die sie in Einkaufszentren sind, die schönste Zeit, die sie mit ihrer Familie und ihren Freunden verbringen, sie hängen dort herum und gehen shoppen. In diesem Track geht es außerdem um Identitäten und darum, wie einfach es heutzutage ist, seine Identität zu wechseln. In der Vergangenheit hat es länger gedauert, bis sich Veränderungen durchgesetzt haben, aber heutzutage kannst du innerhalb von zwei Wochen vom Katholiken zum Buddhisten zu werden. Du brauchst nur die richtigen Klamotten … Und dann spreche ich ja von den Wiki-Girls und Google-Boys, und da geht es um die Tatsache, dass man mittlerweile einen viel schnelleren Zugang zu Informationen hat, alles ist in deinem Smartphone. Wenn man also etwas nicht weiß, kann man es ganz schnell im Internet nachgucken. Früher musstest du eben in Büchern nachschlagen und dich richtig auf die Suche nach den Informationen machen, die Suche nach Wissen war also viel intensiver. Und es war dadurch auch viel einfacher, Dinge zu behalten, weil man sich eben die Mühe gemacht hatte. Nun ist alles viel einfacher geworden, vor allem für die junge Generation. Und das hat eine starke Wirkung auf ihr Erinnerungsvermögen.
Man könnte ja denken, dass man durch den einfacheren Zugang zu Informationen mehr Zeit für andere Dinge hat …
Mariusz: Ja, aber der einfachere Zugang bedeutet auch, dass niemand mehr etwas Interessantes zu sagen hat, denn jeder kann eben alles innerhalb von Sekunden nachschlagen. Die Kommunikation wird so viel oberflächlicher, sie ähnelt mehr dem Lesen von twitter-Nachrichten.
Wie viel von diesen Veränderungen findest du in deinem eigenen Leben?
Mariuz: Ich glaube, dass das eher die jüngere Generation betrifft. Ich verstehe viele Dinge heutzutage nicht mehr … lass uns zum Beispiel nochmal zur CD-Produktion zurückgehen. Ich erinnere mich da an eine Geschichte, wo ein Vater seiner Tochter eine CD geschenkt hat. Später fand er diese CD im Mülleimer und fragte die Tochter, warum sie sie weggeschmissen habe. Und die Tochter antwortete, sie habe alles auf ihren Computer heruntergeladen. Aber vielleicht braucht die neue Generation auch die Dinge nicht, mit denen wir aufgewachsen sind. Die Dinge haben sich verändert.
Andererseits kommuniziert auch unsere Generation nicht mehr via Telegramm …
Mariusz: Ich bin nicht gegen Entwicklungen, die uns im Leben weiterhelfen. Aber manchmal denke ich, dass einige dieser Entwicklungen unser Leben oberflächlicher machen. Manchmal sollten wir Halt machen und nachdenken, sonst laufen wir Gefahr, uns nur noch in Akronymen zu unterhalten. Ichverurteile niemanden in „Shrine Of New Generation Slaves”, ich versuche eher, mich in diese Leute der Moderne hineinzuversetzen und sie zu verstehen. Auf ADHD gab es ja eher die Außenperspektive, aber jetzt geht es eher um eine Innenschau. Abgesehen davon gibt es ja auch einige persönliche Songs …
Welche sind das?
Mariusz: Zum Beispiel “The Depth Of Self-Delusion”, wo es darum geht, dass ich endlich meinen Platz gefunden habe, und das fühlt sich gut an. Auch wenn da noch diese 10% sind, über die wir vorhin gesprochen haben. (lacht)
Bedeutet das, dass du nie zu 100% glücklich sein wirst?
Mariusz: Das weiß ich nicht. Wenn ich 100% glücklich wäre, würde ich wahrscheinlich fröhliche Songs schreiben. Ich weiß nicht, ob ich fröhliche Songs schreiben kann, vielleicht eines Tages … „Deprived” ist übrigens ein weiterer persönlicher Song. Er handelt von den Zeiten, wo es in Polen nur Essig in den Läden zu kaufen gab (lacht), und ich sammelte als Kind Zigarettenschachteln, Pepsi-Dosen und solche Sachen. Das habe ich oft gemacht als Kind, auch diese Puppenaufführungen, von denen ich singe, die gab es, ich malte meine eigenen Comic Bücher und Ähnliches. Meine Vorstellungskraft war damals unglaublich. Jetzt, wo ich alles habe, mache ich das alles nicht mehr. In der Vergangenheit hat man eben seine Vorstellungskraft viel stärker genutzt, jetzt nicht mehr.
Haha, das erinnert mich an meine eigene Kindheit im Iran. Wir hatten nichts außer einen alten Schwarzweiß-Fernseher und ich musste meine eigenen Bücher und Kassetten machen. Lebensmittel waren schwer zu bekommen und das beeinflusst mich heute noch, wenn ich einen Supermarkt betrete. Ich fühle mich dann wie im Wunderland und muss alles haben.
Mariusz: Genau das meine ich in dem Song. Man hat heute Bücher, CDs, Filme, alles zu jeder Zeit! Und ich kann mir das alles jetzt leisten. Früher konnte ich das nicht, aber jetzt habe ich meine Playstation und die Videospiele, und es gibt diese Phasen, in denen ich mit weit aufgerissenen Augen spiele, bis mir die Zehennägel aus dem Mund herauskommen. Die Leute sagen dann: „Mensch, du bist doch ein ernsthafter Musiker, du schreibst solche Songtexte, du solltest ein ordentliches Buch lesen und nicht Zombie-Videospiele spielen!” Aber was soll ich tun, ich mag es halt (lacht). Ich wollte das in der Vergangenheit so gerne machen und jetzt geht‘s eben.
Von Videospielen zum Musikvideo … ihr habt jetzt zu „Celebrity Touch” ein Musikvideo gedreht.
Mariusz: Das ist das zweite Musikvideo mit Riverside. „Panic Room” war unser erstes, aber als SPV weg war, starb mit ihm das Video auf youtube. Dieses Mal haben wir mit einer polnischen Company zusammengearbeitet und im Video werden zwei Geschichten erzählt. Es geht einmal um die Band und einmal um den Untergang eines Promis. Die Band spielt auf einer Privatparty und entscheidet sich an einem bestimmten Punkt, in den Keller zu gehen und dort im Korridor weiterzuspielen. Es geht in dem Song um Promis und das Gefühl wichtig zu sein beziehungsweise um Leute, die denken, sie seien wichtig. Im Video wollte ich zeigen, wie das Leben eines Promis aussehen kann.
Findest du, dass du auch ein Promi bist?
Mariusz: Nein, ich spiele meine Musik doch in einem Keller!
Naja, im Video, aber nicht im wirklichen Leben. Da spielt ihr ja schon vor hunderten Leuten.
Mariusz: Das macht mich trotzdem nicht zu einem Promi. So kannst du mich nennen, wenn ich anfange, seltsame Klamotten zu tragen.
Du hast dennoch viele Fans, die dich regelrecht vergöttern.
Mariusz: Aber es ist eine anständige Zahl von Fans, und das sind richtige Fans, Leute, die mich nicht mögen, weil ich dauernd in der Presse zu sehen bin.
Hast du Angst davor, irgendwann ein Promi zu sein?
Mariusz: Mit dieser Art von Musik? (lacht) Nein, das glaube ich nicht. Aber wer weiß, vielleicht fangen die ganzen Hipster irgendwann an, Prog zu hören, dann vielleicht … hmm, es könnte interessant werden.
Aber das hält dich nicht davon ab, die 100% zu erreichen?
Mariusz: Überhaupt nicht. Ich werde wahrscheinlich versuchen, das nächste Mal 95,5% zu erreichen, die Messlatte ein wenig höher zu setzen, aber dennoch Raum für Herausforderungen zu lassen. Wenn ich sagen könnte „das war’s, ich habe es geschafft”, kann ich genauso gut meine Sachen packen und nach Hause gehen. Aber ich will mit Riverside noch viele interessante Sachen machen. Schau dir diese Bands an, die jetzt einen guten Grad an Ruhm erreicht haben, sie haben 15 bis 20 Jahre dafür gearbeitet. Wir haben also noch viel Zeit, ich glaube wir sind auf halber Strecke dorthin. Wer weiß, vielleicht ist das so, dass wenn wir uns in fünf Jahren treffen und du mich fragst, ob ich mich daran erinnere, wie wir über mich als Promi gesprochen haben, ich dann meinen Pelzmantel beiseite werfe und sage: „Sorry, ich erinnere mich nicht an dich, hatten wir einen Termin? Geh weg, ich muss mich um meinen Tiger kümmern!” (lacht)
Es sollten aber mindestens zwei Tiger sein!!! (lacht, bis sie sich wie eine kaputte Maschine anhört) … Noch eine letzte Frage: Welche der neuen Songs werdet ihr live spielen?
Mariusz: Ich denke, alle. Ich bin sicher, dass es eine interessante Tour wird. Ich freue mich so sehr darauf, weil ich wirklich lange darauf gewartet habe. Ich fühle mich so nüchtern, wie ein Alkoholiker, der lange nichts getrunken hat. Es ist Zeit für die Tour! Übrigens, da ich ja der Administrator unserer Facebook-Seite, komme ich nicht umhin, zu sehen, dass wir unheimlich viele Fans aus dem Iran haben. Vielleicht liegt das an meinen Texten, weil ich darüber schreibe, nicht glücklich zu sein.
Das überrascht mich nicht. Wir sind kein fröhliches Volk, vor allem nicht die von uns, die noch im Iran leben. Das könnte es erklären …
The Polish prog-band Riverside striked again! In January 2013 their fifth album “Shrine of new Generation Slaves” has been released and will be followed by a European tour in March and April. Prior to the release Musicheadquarter editor Shirin Kay had the chance to do an interview with mastermind Mariusz Duda on the new songs and the upcoming tour.
Hi Mariusz! How are you doing and what have you been up to?
Mariusz: Fine, thank you! Well I have had a really busy day today. I received a big package from InsideOut and one from Mystic Production and I have to tell you that I think that the new package of the limited edition is probably the best package we’ve ever come up with. Apart from that it has been a really busy time and I am looking forward to the weekend. There is only one week left to the Polish premiering oft he new album and we’ve had to do a lot of things connected with the local market.
Will there be time left for a bit of rest or some vacation, before the tour in March starts?
Mariusz: Not really, we need to learn how to play the new songs live. So maybe there will be some time to rest after the tour. Or on the tour maybe …
Yes, as we all know touring is not really like vacation.
Mariusz: Actually it’s quiet comfortable in the nightliner. You can sleep and take some rest. And when you’re lucky you get the chance to go and see the city for 15 minutes and take a quick photo for facebook. (laughs)
Have you already given interviews on the new album?
Mariusz: Yes, loads of them actually. I am kind of surprised because that means that this deal between InsideOut and Century Media works. I remember that I had a lot of interviews when we came up with “Second Life Syndrome”. But with “Rapid Eye Movement” and “Anno Domini High Definition” there weren’t that many, cause there were problems with the label SPV. But now it’s really nice. Of course it might be due to the fact that we are releasing the album right at the beginning of the year. Nothing has been really going on in the last months and the hot period when everyone releases albums hasn’t started yet. So we are the first ones to release an album in the new year. The only problem might be that many people don’t have any money left after Christmas … (laughs)
It’s been about three years now that you released the ADHD album. What has been going on in those years?
Mariusz: It’s been almost four years even, from 2009 to 2013. It was quiet a busy period in my own life and the band’s life, cause first I did two Lunatic Soul albums and together with the band we did the anniversary EP “Memories in my Head”. We also went for an interesting tour and then we spent the last year in the studio.
When did you exactly start writing the material for “Shrine of New Generation Slaves”?
Mariusz: At the end of 2011 I had the first ideas for the album and the composing progress started in December 2011, January and February 2012. In March we did kind of a promo session in the studio without drums. I just did them on the keyboards. It was just about showing my ideas to the guys. We also combined the material with some little compositions that we had recorded in the months before and after this I realized that two of the tracks weren’t that good. So I threw them away and seven tracks were left. We were still missing the final part of the album. So in April we went to our rehearsal room again and composed the “Escalator Shrine”, which unfortunately became 12 minutes long (laughs), but I think that was the closing chapter of the album. I know we had reached the final point. Later on we just added some colors and details.
The two songs that didn’t make it on the album, are those the ones that are on the limited edition of “Shrine of New Generation Slaves”?
Mariusz: No, they are are gone. Do you want to hear the story about those two songs on the second CD?
Is it exciting?
Mariusz: Yes!
Then go ahead!
Mariusz: I wanted to finally release a Riverside album with a media book, with a really nice package. The guys from the label agreed, but only if there was a double album to go with the limited edition. And I said I didn’t have a double CD. So they asked me for some old tracks and live songs and I saw where this was going: I wanted to open a new chapter of Riverside and was asked to put old stuff on the album. No way I would do this! Fortunately I had booked a studio for Lunatic Soul for one week and Pjotr and Michael and I came together. These two long instrumental tracks are kind of ambient tracks that are based on the pieces of the album.
So, the limited edition comes with those two songs and a whole new artwork …
Mariusz: Yeah, and the artwork is amazing! It has 32 pages, and by pages I don’t mean thin pages, it’s almost like a book and Travis Smith has done a great job with it. We have been working together quiet often, but this time I got the feeling that the communication went a lot smoother and easier, it was almost as if there was a mental connection between us. He listened to a rough mix of “Escalator shrine” and sent me a draft. And I noticed immediately that that was it. I am very proud of this release. It proves all the people wrong who think that CDs are dying. Those people should really take a look at the new Riverside album.
So there has been massive work done on the album artwork, but the biggest change has taken place in the music actually … in 2011 you said, you wanted to close a chapter with the EP “Memories in my Head”.
Mariusz: First of all I just wanted to release something new because I don’t like repeating myself. Of course I wanted to keep the style and the soul but I wanted to change some details. Before I started to compose I told the guys that I had become tired of some of the stuff we had been doing until then, let’s call them “the immature moments”. From time to time there has been something like a garage style in our music and I also wanted to have a better production. In the last years I have collected more experience with Lunatic Soul and become more self-confident in the studio. I know exactly what I want to achieve and I know that I can achieve it. This time I asked the guys to focus a bit more on the production of the album, I wouldn’t exactly be sitting next to the mixing desk, cause we’ve got Magda and Robert to do this, but I have a vision and I know what to do. And first of all I wanted to get rid of the metal parts and replace them with hard rock elements, because it is much more honest and true to our style of playing — more honest than just playing some square thrash metal riffs. I had become a bit tired of them … Secondly I wanted to focus more on the melodies, the vocals and the arrangements, not on the compositions. That’s why I also wanted to change the style of the drums, Piotr has previously played some strange things at some points and I wanted to calm him down. The same goes for the guitar: I didn’t want to have the “Second Live Syndrome” solos again. I wanted to experiment a bit on the sound, even add a bit of blues to some parts. That was a challenge for all of us and the beginning of the composition process. And in the end we managed to come up with something that is mature and very precious to us. It’s like a real calling card, a reference for Riverside that we can be proud of.
Would you call the previous album “immature”?
Mariusz: No, not at all. I am not the kind of guy who thinks that the old stuff is bad — I remember when I once met one of my old heroes, I think it was a guy from Pestilence and they had just recorded a new album. The guy told me that the old albums are shit and that was disappointing. No it’s not like this. My personal problem with ADHD for instance is that I had the feeling that something was missing, from the scale from 1 to 6, it was maybe on 4.5, but never 5 or 6 for me. I think that when you do a decent album, it should always be something like 80% of, the 20% is booked for personal and emotional stuff. But with “Shrine of New Generation Slaves” I feel something like 90%! It’s growing. This is the best score for me so far. I feel like I have achieved almost everything that I wanted to achieve — this time. Of course there are still 10% left, but still! I have managed to make it up to the vision I had. I am happy! I had this feeling only once before and that was with the first Lunatic Soul album.
By the way, the last time we had an interview you told me you wanted to do something about the end of the world.
Mariusz: Haha, yeah. You could say that “Escalator Shrine” is some kind of introduction to that subject, when people just crawl in the dark and into some big add and they are about to fall down. In the beginning I wanted to do some kind of EP, but during the process there was a flow, and some emotions appeared – it was a bit like the emotions we had when we were working on “Out of Myself” and “Voices in My head”. It was quiet similar because I was composing more on the acoustic guitar and there was this specific melancholy on those albums which is there again. And when I realized they were so many details I felt that it would be more than an album in there and that I had to work more on the arrangements to create a good album. So after SONGS I will definitely go back to the post-apocalyptic subject.
You have been mentioning the song “Escalator Shrine” and there is the escalator on the album cover, so I guess the escalator stands for something, doesn’t it?
Mariusz: Yeah, exactly. All those tracks on the new album are in one way or other about feeling or being like a slave in some particular situation. When you take a look at the cover you can see the new shrine, the new temple, which is the shopping mall or the super market. When you go to temples you normally get down on your knees to pray, but in the new temple the only time for thinking is only when you are on the escalator – even though the escalator was made to make the people walk faster, people normally stand on the escalator. This for me is the new kind of slavery. For many people the Sunday in the shopping mall is the best time they can spend with their family or their friends, hanging around and do some shopping. Plus this track is about identities and about how simple it is these days to abandon your present identity. In the past changing things took time, these day you can easily go from being a Catholic to being a Buddhist within two weeks. You just need to buy the right clothes … The other point is that about the wiki-girls and google-boys in the song I am referring to the fact that you have a much faster access to knowledge, everything is in your smart-phone, so if you don’t know something you can easily look it up in the web. In the past you had to go and check a book, find and the gather the information, so it was a much more intense search for knowledge. At the same time you had a better chance to remember things, because you put a lot more effort into it. And now everything is very easy, especially for the young generation. And this has a huge effect on their memory.
You could think that having easier access to information would save you some time for other things …
Mariusz: Of course, but the easy access to all knowledge also means that no-one has anything interesting to say, because everyone can look everything up within seconds. Communication becomes very shallow this way, it becomes like reading the news on twitter.
How much of that change do you find in your own life?
Mariuz: I think it’s more of an issue with the younger generation. I don’t understand many things these days … let’s go back to the production of a CD with artwork for instance. I remember a story, when a father gave a CD to his daughter. Later on he found the CD in the dustbin and asked her why she threw the CD away. And she responded that she had already downloaded the CD on her computer. Maybe the younger generation doesn’t need the things that we grew up with. Things have changed.
On the other hand our generation doesn’t communicate via telegrams anymore either.
Mariusz: You see, I am not against developing things that should help us with our lives. But from time to time such developments make our life more shallow. From time to time we should stop and think, otherwise we risk talking in acronyms only. I am not making judgments in the lyrics of “Shrine of New Generation Slaves” but I am trying to get inside the people in the modern times and understand them. On ADHD, which was also about modern times, there was an outside perspective, on the new album, it’s more an inner view. And there are also some more personal songs.
Which ones are the personal songs?
Mariusz: For instance “The Depth of Self-Delusion”, which is about the fact that I have found myself and my own place and that I feel good. Even though there are still the 10% we talked about earlier. (laughs)
Which means that you will never be 100% happy?
Mariusz: I don’t know. If I was 100% happy I would probably write happy songs. I am not sure if I can write happy songs, maybe I will one day. Anyway, “Deprived” would be another personal song. It’s about the times, when we had only vinegar in the shops in Poland (laughs) and I used to collect cigarette boxes, Pepsi cans and stuff like that. I did a lot of things as a child, those puppet shows that I am singing about for instance, drawing my own comic books, I did all of that. My imagination was amazing at that time. And now that I have got everything I don’t do these things. In the past you needed to use your imagination, now you don’t.
Haha, that reminds me of the times when I was a child in Iran and we had nothing but a shitty black and white TV and I had to make my own books and tapes. Food was scarce those days as well and I am still amazed every time I go into the super market, I still have the feeling of being in wonderland and having to buy everything.
Mariusz: Exactly … This is what I write about. You have books, CDs, movies, everything around you, all the time! I can afford all these things now. I couldn’t do that in the past, but now I have the Playstation and the video-games, and there are those periods, when I play them with my eyes wide open and my toenails coming out of my mouth. People tell me “oh my God, you’re a serious musician, you write such and such lyrics, you should read a decent book and not play zombie-games.” But I like it, you know. (laughs) This is what I always wanted to do in the past.
Since we have been talking about video-games, let’s move on to the next subject, which is the new video to “Celebrity Touch”.
Mariusz: That’s the second video we’ve done with Riverside so far. We did our first one “Panic Room”, but when SPV died the video on youtube died with it … This time we worked with a Polish company and there are two stories in the video. You can see the band and the down-fall of a celebrity. The band is playing at some private party at some point decides to cut it and play in the cellar for themselves. The song is about celebrities and the feeling of importance — about the people who feel very important. In the video I just wanted to show what it can be like to be a celebrity.
Would you call yourself a celebrity?
Mariusz: No, you see, I play my music in the corridor of a cellar!
Yeah, in the video, but not in real life. You play in front of hundreds of people on your live shows.
Mariusz: Still I am not a celebrity. You can call me one when you see me wearing strange clothes.
But you still have a lot of fans and people who worship you.
Mariusz: But it’s a decent amount of fans, and these are fans, real people, who don’t like me just because I am in the press.
Are you afraid of becoming a real celebrity?
Mariusz: With that kind of music? (laughs) No, I don’t think so. But who knows, maybe one day the hipsters start listening to prog, then maybe … hmm, it could be interesting.
Okay, but that won’t stop you to reach out for the 100%?
Mariusz: No, not at all. I will probably try to reach 95,5% the next time, raise the bar, but still leave room for a challenge. If I would ever say “that’s it, I did it” it would mean I would have to pack my things and go home. No, I still want to do more interesting things with Riverside. Take a look at these bands that are now on a decent level of fame, it took them 15 to 20 years to get that far. So we still have time, I think we are somewhere in the middle of the road. Maybe when we talk in five years you will go “Do you remember, five years ago we were talking about you being a celebrity?” and I will throw aside my fur coat and say “Sorry, I don’t remember you, did we have an appointment? Go away, I need to take care of my tiger.” (laughs)
It should at least be two tigers!!! (laughs until she sounds like a broken engine) … One last question: Which of the new songs are you going to play live?
Mariusz: All of them, I think. I am sure it will be an interesting tour. I am really looking forward to the tour. I have been waiting for this for so long. I feel sober, like an alcoholic who hasn’t been drinking for a long time. It’s time for the tour! By the way, since I am an administrator for our facebook page I couldn’t help but notice that we have a lot of fans from Iran. I don’t know why! Maybe this is because of my lyrics. Because I am writing about not being happy.
That doesn’t surprise me. We are not a happy nation, especially those of us who still live in Iran. That could explain it …
Seit mittlerweile über zehn Jahren beehrt die polnische Band Riverside die Musik-Welt mit Werken, die vor allem in der Prog- und Artrock-Szene eine stetig wachsende Fangemeinde gefunden haben. Nun liegt das fünfte Werk der Polen mit dem etwas sperrigen Titel „Shrine Of New Generation Slaves” vor. Schon eins wird beim erstmaligen Hören klar: Riverside haben sich seit dem letzten Album „Anno Domini High Definition” musikalisch stark weiterentwickelt, eine Entwicklung, die gerade die Fans des letzten Albums verwundern dürfte. War ADHD (Englisch für ADHS) noch ein wildes Feuerwerk aus progressiven und verschwurbelten Sounds sowie überlangen Tracks, legen Mariusz Duda und seine drei Mitstreiter mit SONGS (ja, Duda ist ein Fan von Akronymen) ein Album vor, das in seiner Songorientiertheit für Riverside neuartig ist. Und dieses Album ist verdammt gut gelungen.
Weg sind die metallischen, rasenden Nummern, wie man sie noch von ADHD kennt, oder die ausufernden Eskapaden wie man sie auf der Dream-Reality-Trilogie hören kann. Riverside müssen niemandem mehr beweisen, wie vielseitig sie sind. Auf dem neuen Album dominiert ehrliche und handgemachte Rockmusik mit wunderschönen Melodien. Nicht zu überhören sind nach wie vor die Siebziger-Jahre-Einflüsse, hinzugekommen sind Elemente aus dem Blues und dem Jazz und auch Fans von Dudas Side-Projekt Lunatic Soul werden den einen oder anderen charakteristischen Sound wiedererkennen. Dennoch: Riverside bleiben Riverside bleiben Riverside, deswegen werden Fans der typischen verträumten Melodien und Mariusz Dudas einzigartiger Stimme bei SONGS nichts vermissen. Mit 12 Minuten Spielzeit bedient der Dreiteiler „Escalator Shrine” sogar diejenigen, die gerne ein bisschen länger in einem Song schwelgen wollen. Also doch Prog? Ja und nein. Es gibt keine harten Brüche mehr in der Musik – sie ist organischer geworden, aber von klassischen Songstrukturen sind auch die neuen Nummern noch weit entfernt.
Thematisch befasst sich SONGS mit der modernen Gesellschaft und ihren Wohlstandkrankheiten – eine Weiterführung des Themas der Schnelllebigkeit, die bei ADHD dominierte. Allerdings überwiegen hier nicht der Hass oder die Wut auf die Moderne, vielmehr begibt sich Duda in Songs wie „New Generation Slave” und „Celebrity Touch” auf Spurensuche in der Psyche des immer gestressten, nimmersatten Menschen, der alles hat, aber immer mit einem Gefühl der Unzulänglichkeit durch die Welt geht. Ruhigere Titel wie „We Got Used To Us” und „Deprived” befassen sich mit der Ausweglosigkeit und der Einsamkeit des entfremdeten Menschen. Die Texte kommen aber nie belehrend oder mit einem erhobenen Zeigefinger daher, sondern sind teilweise sogar humorvolle Beobachtungen einer Entwicklung in einer schneller werdenden Gesellschaft. Zusammen mit der Musik wirken sie wie eine Handbremse, die dazu einlädt, innezuhalten und durchzuatmen.
Mit SONGS eröffnen Riverside auch Nicht-Proggern einen Zugang zu ihrer Welt, ohne in seichtes Gefilde abzudriften. Wem Anathema zu schwülstig und Steven Wilson zu kopflastig geworden ist, findet hier definitiv seine Erlösung – in ehrlicher, unter die Haut gehender und überirdisch schöner Musik.
Anspieltipp zum Verlieben: „The Depth Of Self-Delusion”!
Der Name Ken Scott ist sicherlich nicht allen geläufig, die gerne Musik hören. Allerdings werden alle, die sich etwas aus guter Musik machen, auf alle Fälle mal in den Genuss von Musik gekommen sein, die von Scott produziert wurde. Unter den Musikern, mit denen der Brite in den letzten vierzig Jahren gearbeitet hat, finden sich The Beatles, David Bowie, Elton John, Pink Floyd, The Rolling Stones, Supertramp und Lou Reed. Nicht zuletzt durch seine Arbeit wurden Alben wie „The White Album” oder „Ziggy Stardust” zu Riesenerfolgen.
In der Autobiographie „Abbey Road to Ziggy Stardust” nimmt Scott den Leser in eine Welt, zu der man nur selten Zugang hat. Man bekommt eine Innensicht auf die Entstehung von Musik fernab von Promotion, Marketing und der glamourösen Oberfläche, mit der man sonst konfrontiert ist. Gleichzeitig bekommt man einen sehr detaillierten Einblick in die Geschichte der Musik-Produktion, von analogen Studioaufnahmen bis hin zur digitalen Revolution hat Scott im Laufe seiner über vierzigjährigen Karriere den Fortschritt in der Technik aus erster Hand mitgemacht. Das Wunderbare: Die teilweise sehr technischen Details sind auch für Laien verständlich, sind aber so gut vom Rest abgetrennt, dass man sie auch überspringen kann.
Scotts Memoiren zu lesen ist unterhaltsam, kann aber auch in viel Arbeit ausarten, denn man bekommt oft Lust, sich bestimmte Songs und Alben anzuhören, um zu verstehen, wovon er genau schreibt. Gleichzeitig weiß Scott eine Menge Anekdoten und kleiner Geschichten rund um die Musiker zu erzählen, mit denen er gearbeitet hat, u.a. die Beatles, George Harrison, David Bowie, Elton John, Supertramp und einige Jazz-Legenden wie z.B. Billy Cobham. Es geht in den Anekdoten auch immer wieder um Befindlichkeiten, Freundschaften, persönliche Schicksale und Niederlagen, und natürlich auch um Erfolgsgeschichten. Allerdings geht es hier nie um Bloßstellung einzelner Personen, Scott ist weit weg davon, schmutzige Wäsche zu waschen oder über Leute herzuziehen, mit denen er schlechte Erfahrungen gemacht hat (und davon tauchen viele in diesem Buch auf). Selbst der rechtliche Streit mit dem frühen Management von Bowie wird beleuchtet, ohne aber gehässig zu werden.
Alles in Allem ist das Buch für alle die gedacht, die Musik gerne aus einer anderen Sicht kennenlernen wollen, nämlich aus der Sicht der Produzierenden. Es räumt mit der naiven Sicht auf, dass eine Band ins Studio geht und einfach ein Album aufnimmt. Es öffnet den Blick dafür, wie viel harte Arbeit hinter der Produktion eines Musik-Albums und wie viele Überlegungen manchmal hinter einem einzigen Songs stecken können – und nicht zuletzt bekommt man ein Gefühl dafür, wie wichtig die Arbeit der Menschen ist, die hinter den Kulissen arbeiten und von denen man selten etwas hört. Ein absolutes Muss für Musikliebhaber.
Erst im Januar diesen Jahres ist „(Mankind) the Crafty Ape”, das aktuelle Doppel-Album von Crippled Black Phoenix, das von den Kritikern gefeiert wurde, erschienen. Doch Mastermind Justin Greaves hatte keine Lust, sich zurückzulehnen und den Erfolg zu genießen. Nach einer Mammuttour im Frühjahr ist er wieder in die heiligen Hallen der Chapel Studios in Lincolnshire eingekehrt, um eine neue EP aufzunehmen. Musicheadquarter-Redakteurin Shirin Kay war hautnah dabei. Hier ihr Bericht:
Meine Reise nach Lincolnshire beginnt in London. Ich steige in King’s Cross in den Zug nach Grantham, wo ich in einen Bummelzug Richtung Skegness umsteige. Es sind Sommerferien, und der Zug ist voll mit Familien, die in Skegness oder einem der Badeorte in der Nähe Urlaub machen. Dort angekommen muss ich noch eine Stunde auf den Bus nach Alford warten. Der Bus fährt mitten durch Skegness durch, vorbei an Jahrmärkten, Adventure Parks, Schießbuden, Coctailbars und Campingplätzen, flanierenden und halbnackten Teenagern, schreienden Kindern und genervten Familienvätern. Irgendwann ist der Spuk vorbei und wir fahren raus aufs Land, vorbei an Wiesen und Äckern und vereinzelten Landhäusern. Es sieht ein bisschen aus wie in Hobbingen, nur dass sich scheinbar noch nicht mal Hobbits hierhin verirrt haben. Und als der Bus schließlich im kleinen Städtchen Alford anhält, hat man das Gefühl, mitten im Nirgendwo angekommen zu sein. Hier holen mich Justin Greaves und ein mir unbekannter Mann, der wie ein waschechter L.A.-Rocker aussieht und sich mit dem Namen John E Vistic vorstellt, mit dem Auto ab. Nach einer zehnminütigen Fahrt bin ich endlich am Ziel: die Chapel Studios, in denen schon Größen wie Paul Weller, Simple Minds, Shirley Bassey oder O.M.D. ihre Alben aufgenommen haben.
Hier nehmen Crippled Black Phonix ihre neue EP “No Sadness Or Farewell” auf. „Es ist ein bisschen so, als wäre ich zurück nach Hause gekommen”, sagt Justin Greaves, der in der Gegend aufgewachsen ist. Als kleines Kind, erzählt er, sei er im Sommer mit seinen Eltern nach Skegness gefahren, um dort die Ferien zu verbringen. Aber auch die Chapel Studios sind für ihn eine Art zu Hause. Schon vor 20 Jahren habe er als junger Mann hier ein Demo mit einer seiner ersten Bands aufgenommen. Auch wenn das Demo letztendlich keinen Erfolg hatte, habe er nie vergessen, dass der Sound in den Studios unheimlich gut war. Nach dem Deal mit Mascot Ende letzten Jahres hatten CBP endlich die Chance, sich ein gutes Studio zu suchen, und Justin wusste sofort, dass er in den Chapel Studios aufnehmen wollte.
Im Studio treffen wir auf Ewan Davis, mit dem Justin die neuen Songs produziert. Das erste Mal, als sie sich trafen, war vor knapp zwanzig Jahren, da arbeitete Ewan schon als Assistent in den Chapel Studios. Mittlerweile hat er mit Bands wie Arctic Monkeys, Billy Bragg, Editors, Paradise Lost und den Kaiser Chiefs zusammengearbeitet. Der hochgewachsene Mann mit den wirren Haaren und Brille sitzt versunken am Mac und arbeitet konzentriert am ersten Song der EP. Die Aufnahmen sind alle unter Dach und Fach, fast alle Musiker sind abgefahren. Jetzt erfahre ich, dass Johnny der neue Sänger von CBP ist. Seit Joe Volk letztes Jahr die Band verließ, war die Sängerfrage etwas heikel, oder wie Justin es umschreibt „a pain in the ass”. Auf der Tour im Frühjahr nahm die Band den jungen Sänger Matt Simpkin mit auf Tour, der seinen Job zwar wunderbar machte, aber stimmlich nicht hundertprozentig das war, was Justin suchte. Aber mit John E Vistic, so Justin, haben sie die Frage ein für allemal geklärt. Noch vor den Aufnahmen war es nicht sicher, ob es mit ihm funktionieren würde, aber dann stellte sich recht schnell heraus, dass es wie die Faust aufs Auge passte. Eine Last sei von seinen Schultern gefallen, sagt Justin. Jetzt kann er sich vollends auf die Musik konzentrieren.
Auch Johnny hat bereits mit Justin gearbeitet: Auf älteren Alben hat er die Posaune gespielt. Mit dem ersten Song, den wir uns gemeinsam anhören, kann ich mich von seinen stimmlichen Qualitäten überzeugen. „So Goodbye To All Of That” ist eine Hymne, wie sie im Buche steht. Elegisch und elegant mit ausladenden, verträumten Gitarren, wie man sie von den Floyd-angehauchten Nummern von CBP gewöhnt ist, darüber die dunkle, etwas rauchige Stimme von Johnny – eine Traumkombination. Der Song endet in einem wehmütigen Singsang „Goodbye my love, to all of that…”, bei dem die ganze Band mitgemacht hat. Als ich erwähne, dass es glatt als Fußball-Hymne durchgehen könnte, stimmt Justin spontan „Goodbye Arsenal, goodbye Arsenal …” an. Ja, es passt!
Zeit für Zigaretten und Tee! Es ist überhaupt erstaunlich, wie viel Tee in diesen zwei Tagen getrunken wird – Praktikant Jacob wird nicht müde, sich immer wieder danach zu erkundigen, ob jemand Tee möchte und ist meist damit beschäftigt, volle und leere Tassen hin- und herzutragen. In den vielen Zigarettenpausen erzählt Johnny unter anderem, dass mit diesem Sängerjob ein Wunsch von ihm in Erfüllung gegangen sei, nämlich endlich etwas rockigere Sachen zu singen. Bisher habe er eher im Blues-Bereich gesungen, das sei jetzt also eine richtige Herausforderung. Ansonsten sei er ein großer Fan des Rockpoeten Bob Dylan, neben Shakespeare und James Joyce einer seiner größten Idole. Für die neue CBP-EP hat der gebürtige Australier neben Justin zu einigen Songtexten beigetragen.
Neben verschiedenen Textern gibt es auf der EP wie so oft bei CBP auch mehrere Sänger. So ist Keyboarderin Miriam Wolf auf „Mr Jonestown Martin” zu hören. Ein schwermütig daherkommender Song mit Gänsehautgarantie und vielen schaurigen Effekten. Darüber Miriams leicht wabernde, rauchige Stimme, im Hintergrund unheimlicher „Mönchsgesang”, der leicht an gregorianische Chöre erinnert. Die Stellen einzusingen sei allerdings ziemlich spaßig gewesen, erzählt Justin, dauernd musste einer lachen, aber am Ende sei es gelungen, die unheimliche Atmosphäre zu kreieren, die man brauchte, um den Song perfekt zu machen. Im Text hat Justin übrigens einen wiederkehrenden Alptraum verarbeitet. Als ich in dieser Nacht müde und glücklich die Treppen zu meinem Schlafzimmer hinaufsteige, wird mir plötzlich ein wenig anders, denn wie hieß es so schön in dem soeben gehörten Song: „It’s always dark at the top of the stairs, look for me there, you should be scared.” …
Am nächsten Tag nehmen Ewan und Justin die Arbeit schon um 10 Uhr auf. Viel Zeit bleibt nicht, um die insgesamt sieben Tracks zu produzieren, aber das hält sie nicht davor ab, jeden Song immer wieder laut aufzudrehen und konzentriert durchzuhören. Der dritte Song, den ich zu hören bekomme, ist ein Instrumentalstück, das als Opener der EP angedacht ist. Ein recht typischer CBP-Song im Geiste von „(Mankind) the Crafty Ape”, episch und ausladend, allerdings mit einer unglaublich atemlosen und frenetischen Drumarbeit im Hintergrund. Das aufzunehmen sei kein Zuckerschlecken gewesen, sagt Justin, der von Hause aus Drummer ist. Er habe die Drums selbst eingespielt und zeigt auf seine von Schwielen und Blasen übersäten Hände. Das ist der Preis, wenn man alles selbst machen will, aber ein Preis, den er gerne zahlt.
Die nächsten beiden Songs, die an diesem Tag produziert werden, unterscheiden sich grundlegend von allen vorangegangenen. Justin hatte mich zwar schon vorgewarnt, aber das, was ich zu hören bekomme, habe ich beim besten Willen nicht erwartet: Waschechte Rocksongs, die es ordentlich krachen lassen. „Maniac Beast” ist einem alten Bandkameraden und gutem Freund von Justin gewidmet, Johnny, mit dem er vor langer Zeit in der Band Iron Monkey spielte, und der vor einigen Jahren unerwartet verstarb. Der Song ist aber keine Hommage im eigentlichen Sinne, sondern eine polternde und angriffslustige Rocknummer, gerade mal 3:40 Minuten lang. Keine Schnörkel, keine Experimente, einfach nur Rockmusik vom Feinsten. „Das könnten wir neben „Bella Ciao” ganz gut als Zugabe spielen”, reibt sich Justin die Hände, „um die Leute aufzuwecken, all die Postrock-Kids, die mit verschränkten Armen da stehen. Die werden Augen machen!”. Ja, damit könnte er recht haben, das wird auf jeden Fall für einige CBP-Fans eine Überraschung sein.
Die größte Überraschung steht aber noch aus, denn „Long Live Independence”, das ich nur im Rough Mix zu hören bekomme, übertrifft meine kühnsten Erwartungen. Justin beschrieb ihn schon am Tag zuvor als eine Mischung aus Blackmetal und Bluegrass, „Blackgrass könnte man es vielleicht nennen”, sagt er schelmisch grinsend. Und ja verdammt, genau das ist es: Blackgrass! Mächtige Riffs, die den geneigten Hörer völlig aus der kuscheligen Stimmung reißen, eine mächtige Soundkulisse — aber schon nach den ersten paar Takten steigt ein schwurbeliges Banjo mit ein, darüber Johnnys entschlossene Stimme, die einen Kampfsong anstimmt. Das Ganze hat etwas Absurdes, Außerirdisches und haut mich völlig von den Socken. Ich bin sicher: So etwas gibt es einfach noch nicht! So sitzen wir da und hören uns die Nummer vier Mal hintereinander an. Justin strahlt zufrieden, Johnny bangt wie wild auf seinem Platz, ich grinse wie ein Honigkuchenpferd. Auf den (überaus angenehmen) Schock muss ich eigentlich was trinken. Leider gibt es zu meinem Bedauern keinen Alkohol mehr im Haus bis auf einen Rest Wodka, den Johnny mit mir brüderlich teilt. Und so geht ein weiterer Tag in den Chapel Studios zu Ende.
Am nächsten Tag bringt Justin Johnny und mich nach Skegness, von wo aus wir unsere Heimatorte ansteuern, Johnny nach London, ich zurück nach Bonn. Im Kopf habe ich noch den Refrain von „Long Live Indepence”, ein Zustand, der noch ziemlich lange anhält. Zwei Songs habe ich zwar nicht mehr hören können, aber das ist völlig egal. Ich freue mich einfach wie Bolle darauf, die EP rauf- und runterzuhören und vor allem freue ich mich auf die Tour im Oktober. Das wird ein Fest!
Pain of Salvation gehören definitiv zu den Bands, bei denen man eigentlich nur den Kopf darüber schütteln kann, dass sie sich in den 20 Jahren, seit denen es sie gibt, noch nicht zu einem Riesenact, wie Dream Theater oder Porcupine Tree es sind, entwickelt haben. An der Musik kann es nicht liegen, denn die Kreativität, mit denen Daniel Gildenlöw und seine Mitstreiter die musikalische Entwicklung der Band vorangetrieben haben, ist unvergleichbar. So sind Pain of Salvation auch heute noch eher ein Geheimtipp, was sehr schade ist. Dass an diesem Abend die Zeche Bochum nicht voller ist als vor anderthalb Jahren, ist mir ein Rätsel. Alle, die diesen Gig verpasst haben, haben sich wirklich eine der brillantesten Bands unserer Zeit verpasst. So!
Als Support-Act geben sich an diesem Abend die deutsche Band Cryptex die Ehre. Mit einer sehr charmanten Mischung aus Folk und Progressive Rock schaffen es Sänger und Keyboarder Simon Moskon und seine beiden Mitmusiker, das Publikum innerhalb von wenigen Minuten zum Kochen zu bringen. Eine Menge seltsamer Instrumente kommen dabei zum Einsatz – unter anderem eine Sansula (das muss man googlen) und ein Didgeridoo. Moskon wird nicht müde, die Menge zu animieren (unter anderem sogar zum Boo-Rufen) und beeindruckt durch starken, sehr souligen Gesang und nicht zuletzt durch amüsante Tanzeinlagen. Fazit: Eine sehr energiereiche und unterhaltsame Show (leider viel zu kurz) mit grandioser Musik. Von der Band muss man auf jeden Fall mehr sehen.
Nach einer halbstündigen Umbaupause ist es dann auch schon Zeit für den Hauptact. Die Frage, die sicherlich den einen oder anderen an diesem Abend beschäftigt, ist, wie das neue Line-Up sich auf der Bühne macht. Gleich drei neue Musiker sind auf dieser Tour, nachdem Gitarrist Johan Hallgren und Keyboarder Fredrik Hermansson letztes Jahr ihren Ausstieg aus der Band bekanntgaben. Von dem Line-Up, das 2010 auf der gleichen Bühne stand, sind nur noch Sänger Daniel Gildenlöw und Drummer Léo Margarit geblieben. Um den Skeptikern sofort den Wind aus den Segeln zu nehmen. Gildenlöw hat das schier Unmögliche geschafft, nämlich innerhalb kürzester Zeit eine Band zusammenstellen, die die Musik der Band so perfekt performt wie nie zuvor. Gitarrist Ragnar Zolberg, Keyboarder Daniel Karlsson und Bassist Gustaf Hielm liefern eine Show ab, als hätten sie nie etwas anderes gemacht, als in PoS zu spielen. Auch wenn der kleine dünne Zolberg mit seiner etwas ungesunden Haltung das totale Gegenteil des muskelgepackten zähnefletschenden Hallgren ist, an seinem Instrument ist er mindestens genau so perfekt.
Los geht’s mit einer schief geflöteten Version des 20th Century Fox Themas aus den Lautsprechern, das in das Road Salt Thema übergeht. Daniel Gildenlöw betritt, wie gewohnt barfüßig, und strahlend wie ein Pfannkuchenpferd die Bühne und die Band steigt mit “Softly She Cries” direkt auf das Gaspedal. Es folgen zwei Stunden Glückseligkeit mit einer ausgewogenen Mischung aus alten und neuen Songs. Überraschenderweise wird der Klassiker “Ashes” schon als zweiter Song – naja, ein bisschen verheizt, wir alten Fans wissen es trotzdem zu schätzen. Natürlich fehlen neuere Songs wie “Linoleum”, “The Deeper Cut”, “No Way” und “1979” nicht. Vor allem ist es schön, dass sie mit ihrem sehr den Siebziger-Jahre verhafteten erdigen Sound trotzdem nicht gegenüber den alten, viel progressiveren und düsteren Nummern wie “Enter Rain”, “The Perfect Element” oder “Iter Impius” abstinken.
Während des gesamten Konzerts beweist Daniel Gildenlöw nicht nur sein phänomenales gesangliches Können sondern auch sein Talent als Unterhalter. Die Interaktion mit dem Publikum wird bei “Healing Now” richtig auf die Spitze getrieben, als die Band sich mit ihren “tiny instruments” auf die Bühne setzt und Gildenlöw das Publikum mehrfach zum Tanzen auffordert und es dazu animiert, sich im Kreis zu drehen, natürlich nicht ohne es selbst vorzumachen. Als Zugabe gibt es dann unter anderem eine sehr coole Coverversion von “She” von Kiss, wofür sich Daniel an die Drums setzt und Ragnar Zolberg sich ans Mikro begibt. Nach “Enter Rain”, einem starken Stück, das noch nie zuvor live gespielt wurde und dem quirligen “Physics of Gridlock” schließen Pain of Salvation diesen genialen Abend mit der Hymne “Sisters” ab. Ein sehr ruhiger Ausklang für eine explosive und unvergessliche Show. Auch wenn ich persönlich mir noch “Undertow” gewünscht hätte und der eine oder andere gerne wieder in den Genuss von “Disco Queen” gekommen wäre, der Abend in der Zeche war perfekt so wie er war. Danke!