Wieder mal hat Christof Kramp von Station K in Saarburg ein gutes Händchen bewiesen und ein perfektes Doppel für einen wundervollen Abend zusammengestellt. Mit Toby Beard und Wallis Bird kamen zwei weibliche Acts in den Boemundhof, die musikalisch sehr verschieden waren und doch perfekt zusammenpassten. Einige Hundert Zuschauer waren an dem zunächst milden, dann jedoch zunehmend kühlen Abend erschienen, um den beiden Singer / Songwriterinnen zu lauschen. Und sie wurden mit einem Abend der Extraklasse belohnt. Es gab zwei vollwertige Konzerte, quasi zum Preis von einem, denn Toby Beard war viel mehr als nur ein Support. Sie lieferte 90 Minuten Konzertgenuss voll Power und brachte die Zuschauer zum warmtanzen.
Die Künstlerin aus West Australien startete ihren Set fast pünktlich um 20 Uhr. Sie ist sehr viel mehr als man von einer durchschnittlichen Singer-Songwriterin erwarten würde. Ihre Auftritte leben von ihrem Talent, Emotionen in ihren Texten rüberzubringen und von ihrer gewaltigen und kraftvollen Stimme. Verstärkt wurde diese durch die Instrumentalisten, die gemeinsam mit Toby einen perfekten Harmoniegesang an den Tag legten. Das Saarburger Publikum war von Anfang an begeistert und ließ sich in den Bann der Band ziehen. Zunächst hielt man noch zögerlich etwas Abstand, doch bereits beim zweiten Song war die Kluft zwischen Bühne und abwartender Menschenmenge überwunden.
Es wurde ein solides und doch vielseitiges Konzert einer Sängerin geboten, deren Seele eindeutig der Straßenmusik gehört. Sie konnte allein an der Gitarre ebenso gut bestehen wie in der klassischen Rockbesetzung mit zwei Gitarren und Schlagzeug. Es gab Duette und mehrstimmige Stücke, ein Cover von Paolo Nutini. Dazu erzählte Toby Geschichten vom Tourleben und der Entstehung ihrer Songs. „She Came To You“ beispielsweise hatte Toby für einen Freund geschrieben, dessen Frau mit 42 Jahren an Krebs gestorben ist. Mit Tränen in den Augen erzählte sie von den letzten Tagen ihres Lebens und dem gemeinsamen Musizieren. Das verlieh dem bewegenden Titel hohe Authentizität.
Ruhige Momente waren aber die Ausnahme. Toby agierte voll Power mit glasklarer und lauter Stimme. Ein Energiebündel, das ständig in Bewegung war und selbst beim erforderlichen Saitenwechsel unentwegt erzählte. Zum Abschluss nach 80 Minuten gab es den einzigen französischsprachigen Titel im Programm: „C’est L’amour“ als Chanson voller Hingabe, der sich immer weiter steigerte. Kein Wunder, dass die Australierin nicht ohne eine Zugabe gehen durfte, die sie allein an der Gitarre darbot.
Für den Auftritt von Wallis Bird wurde die Bühne komplett umgebaut. Zeit genug, um sich über Anekdoten aus früheren Tagen mit der irischen Sängerin auszutauschen. Beispielsweise über das 2014er „Castle of Joy“ Festival im benachbarten Freudenburg. Und natürlich über den zwei Jahre zurückliegenden Auftritt, der eigentlich an gleicher Stelle im Boemundhof stattfinden sollte, aber einer wahren Sintflut an Regenmassen zum Opfer fiel. Allen, die damals nicht schon längst geflüchtet waren, bot Wallis ein Konzertereignis, das diese wohl nie vergessen werden. Sie nahm die Zuschauer mit in einen nahe gelegenen Gewölbekeller und gab dort ein ganz besonderes Hautnah-Konzert, das alle nasse Kleidung vergessen ließ.
Eine solche Intimität gab es nun zwei Jahre später zwar nicht, doch auch diesmal schaffte sie eine wundervolle Atmosphäre für ein zweistündiges Konzertereignis. Die Bühne wurde durch vier Regenschirm-Scheinwerfer in ein schönes Licht getaucht. Schlagzeug war Fehlanzeige. Die rhythmischen Elemente wurden entweder per Hand oder mit kleiner Percussion erzeugt. Es war ein ganz anderes Konzert als das von Toby Beard – viel getragener und mystischer, aber ebenso schön.
An Instrumenten gab es Piano, Violine und Klarinette. Bisweilen auch eine Ukulele, die Wallis mit Hingabe spielte. Auch sie erzeugte mit den Bandmitgliedern eine polyphone Mehrstimmigkeit, wenn sie diese nicht gerade zum Üben auf die Backstage-Seite geschickt hatte. Manches wirkte improvisiert (die Band ist wohl noch nicht lange in dieser Besetzung zusammen), aber das tat der guten Stimmung keinen Abbruch. Wallis‘ Ansagen erfolgten in einer lustigen Mischung aus Deutsch und Englisch. Und die Geschichten, die dabei zutage traten, waren sehr anschaulich, beispielsweise eine Anekdote von einer gemeinsamen Hotelnacht mit ihren Eltern – inklusive ausufernder Schnarchgeräusche.
Das Publikum sang mit, lachte, klatschte, tanzte – die ausgelassene Stimmung wurde bisweilen mit sphärischen Einsprengseln und Songs wie dem mystischen „Past the Darkness“ durchbrochen, doch alle hatten sichtlich Spaß. Besonders spannend fand ich zwei a cappella gesungene Stücke. Da wurde die Band intensiv mit eingebunden und es gab gar Beatbox-Einlagen. Außerdem arbeitete Wallis Bird mit einer Loop-Station und schuf sich zeitweise ihre Soundkulisse komplett selbst.
Was aber immer der Höhepunkt war: Wallis allein an der Gitarre. Sie spielte ihr Instrument mit einer unbändigen Energie, dass die Gebrauchsspuren mehr als deutlich wurden. Gerissene Saiten (und es waren viele) ignorierte sie einfach. Dann spielte sie halt auf zweien weiter und schleuderte die anderen vergnügt durch die Luft. Nicht zuletzt war es ihr ausdrucksstarker Gesang, der jedem Song Glaubwürdigkeit verlieh und die Hörer berührte. „As the River flows so do we“ widmete Wallis allen Migranten und Asylsuchenden. Eine bewegende Hymne für mehr Menschlichkeit.
Das Saarburger Publikum hing mal wieder an ihren Lippen. Kein Wunder, dass einige Zugaben fällig waren. Und es kann nicht lange dauern, bis die Irin wieder in die Region kommt. Immerhin gibt es inzwischen eine ganz tiefe Verbindung.
Mir bleibt nur, für weitere Veranstaltungen von Station K zu werben. Da gibt es ganz unterschiedliche Künstler und ganz neue Open Air Stätten, die man allesamt uneingeschränkt empfehlen kann.
Im Freilichtmuseum Roscheider Hof in Konz (nahe Trier):
14.6.2019 Hazmat Modine
15.6.2019 Tingvall Trio
Open Air in den Saarburger Saarauen:
02.08.2019 Quadro Nuevo
03.08.2019 „Nacht der Stimmen“ mit IRMA & TIWAYO
Open Air in der Kaserne Saarburg:
09.08.2019 Angelo Kelly & Family
10.08.2019 „Station K Pop Festival“ mit Sophie Hunger, Gisbert zu Knyphausen, PeterLicht, Pauls Jets und Jeremias
Infos zu allen Veranstaltungen unter dem Link: http://www.station-k.de/konzerte/