„Der kleine Prinz“ – als Musical in der Europahalle Trier, 6.1.2019
Zum Dreikönigstag gastiert „Der kleine Prinz“ in der Europahalle Trier. Das sollte doch passen. Viele Künstler haben sich schon an einer Adaption des Werks von Antoine de Saint-Exupéry versucht: Die norwegische Artrock-Band Gazpacho widmete ihr Album „Tick Tock“ der autobiographischen Erzählung „Wind, Sand und Sterne“ und fing dessen Atmosphäre mit starken rhythmischen Elementen ein. Der italienische Keyboarder Riccardo Romano vertonte mit seinem Soloalbum „B612“ die Geschichte des kleinen Prinzen als Progressive Rock-Konzeptwerk.
Ob man die berühmte philosophische Erzählung aus dem Jahr 1943 aber auch als Musical auf die Bühne bringen kann? Das zumindest fragten sich vor drei Jahren zwei renommierte Experten. Jochen Sautter hat die Geschichte in ein Libretto gefasst und von Deborah Sasson wurde sie in Musik übersetzt. Zum 75jährigen Jubiläum des berühmten Buches befindet sich die Show momentan auf Deutschland-Tournee.
Die Europahalle in Trier war bei weitem nicht ausverkauft, aber gut gefüllt. Vor der Bühne fand ein zehnköpfiges Orchester Platz. Das Bühnengeschehen wurde auf einer vorderen (durchscheinenden) und einer hinteren Leinwand illustriert. Als ständige Requisiten fanden sich das abgestürzte Flugzeug des Autors und der Heimatplanet des kleinen Prinzen mit seinen drei Vulkanen.
Die Geschichte dürfte den meisten – zumindest in Auszügen – bekannt sein, gehören doch die Sinnsprüche und philosophischen Ideen seit langem zum europäischen Kulturgut. Ich war von Beginn an erstaunt, welchen Wert die Macher auf eine werkgetreue Umsetzung des Textes gesetzt haben. Die Geschichte des Buches wurde linear nacherzählt, was nicht immer einfach ist, da es im Text unterschiedliche Erzählebenen gibt.
Aber es war schon ein Genuss (und eine Reise in mein erstes Lesen des Werkes), als der Pilot als Ich-Erzähler mit seiner eigenen Geschichte begann und selbst seine skurrilen Zeichenkünste mittels Leinwand-Trick gezeigt wurden. Es waren diese kleinen Details, die die Umsetzung so liebenswert machten.
Guido Weber brillierte als Pilot. Der junge Darsteller Moritz Bierbaum stellte den kleinen Prinzen sehr kindlich und mit extravagant hoher Stimme dar. Das Zusammenspiel der beiden machte große Freude. Und es war ein Genuss, in der ersten Hälfte der Show die Reise des Prinzen von Planet zu Planet mitzuerleben, wobei er jeweils eigenartige Gestalten in ihrer jeweiligen Ich-Welt kennenlernte. Natürlich war das die berühmte Rose, aber auch der Geograf, der Eitle, der Geschäftsmann, der Laternenanzünder und der Pillenhändler. Vor allem die Darstellungen des Säufers und des Königs gefielen mir sehr gut.
Die zwölf Schauspieler und Tänzer des Ensembles wechselten durch unterschiedliche Rollen, während das Orchesters die Stimmung der Szenen musikalisch einfing. Die erste Hälfte endete mit einem tänzerischen Ensemblestück.
Es waren viele Kinder im Publikum – und man muss sagen, dass die werkgetreue Umsetzung nicht immer einfach zu verstehen war. Dass aber ein kleiner Schreihals laut „langweilig“ durch die Halle trötete und auch später bei seinen marktschreierischen Eskapaden nicht von (hoffentlich) anwesenden Erwachsenen gestoppt wurde, war dann doch recht unverständlich. Dass Erziehung durch die eigenständige Entdeckung unterschiedlicher Lebenswirklichkeiten erfolgen kann, war vielleicht Saint-Exupérys Intention. Dass dabei aber jede helfende Hand von Erwachsenen fehlen soll, doch eher nicht.
Sei’s drum. Nach einer Pause startete auch die zweite Hälfte mit einem Ensemblestück: Der kleine Prinz befand sich jetzt auf der Erde. Die Schlange trat als verführerische und akrobatische Tänzerin in Erscheinung und wurde dabei von den weiblichen Kollegen unterstützt. Schließlich erschien der Fuchs, ließ sich vom kleinen Prinzen zähmen und brachte die Weisheit „Man sieht nur mit dem Herzen gut“ mit sich. Der traurige Tod des kleinen Prinzen war dann ein ehrlicher, aber dennoch sehr trauriger Abschluss des Stücks nach gut 100 Minuten.
Während im vorderen Hallendrittel der Applaus verhalten war, gab es von hinten einen tosenden Beifallssturm. Meine elfjährige Tochter war mit dabei und würde das Stück „am liebsten sofort nochmal anschauen“. Man kann also auch (ältere) Kinder gut damit erreichen. Mich beeindruckten die erzählerische Umsetzung und die musikalische Erzählweise. Okay – die Instrumentalisten wirkten bisweilen etwas gelangweilt und die hintere Bühnenleinwand hätte etwas größer sein können. Doch das sind nur Details der Inszenierung. Alles in allem ist es hervorragend gelungen, eines der wichtigsten philosophischen Bücher der Neuzeit als Musical umzusetzen. Jung und Alt waren begeistert.