Brad verlegen das Luxor nach Seattle!
Im April des vergangenen Jahres erschien mit „United We Stand“ das fünfte Album von Brad und bot Alternative- und Psychedelic Rock vom Allerfeinsten. Mit Sicherheit war „United We Stand“ eines der besten Alben 2012 und umso größer die Freude, als Brad für dieses Jahr eine Europatour ankündigten. Erstaunlicherweise die erste in ihrer 20-jährigen Bandgeschichte. Vier Deutschland-Termine sind es schließlich geworden. Köln ist neben Hamburg, Berlin und München die dritte Station des Quartetts aus Seattle.
Prominentestes Mitglied des Vierers ist zweifellos Stone Gossard, im Hauptberuf Gitarrist der Grunge-Ikonen Pearl Jam. Umso verwunderlicher, dass der Vorverkauf für die Konzerte eher schleppend verlief. In München verlegte man sich sogar in eine kleinere Location. Dabei sind auch Gossard’s Mitstreiter alles andere als Unbekannte. Frontmann Shawn Smith sollte von Pigeonhed oder Satchel ein Begriff sein, seiner gemeinsamen Band mit Regan Hagar, der sich zuvor bereits bei Malfunkshun einen Namen gemacht hat, und Keith Lowe durfte immerhin schon mit Fiona Apple oder David Sylvian zusammenarbeiten. Trotz all dieser Meriten ist das Luxor heute ebenfalls nur gut bis zur Hälfte gefüllt. Schön, dass unter den etwa 200 Fans zahlreiche Gesichter zu finden sind, die man von diversen Pearl Jam-Tourneen her kennt. Selbst eine Abordnung holländischer Freunde hat den Weg nach Köln auf sich genommen, um Brad zu sehen.
Bevor es soweit ist heizen erstmal die englischen New Killer Shoes mit ihrer Mischung aus Rock, Punk und Ska der „Menge“ eine halbe Stunde lang äußerst ordentlich ein. Die anschließende Umbaupause kann man sich dann mit Stone Gossard’s Gitarrenroadie Rob vertreiben, der aussieht wie eine Miniaturausgabe von Billy Gibbons von ZZ Top. Um kurz nach 21 Uhr eröffnen Brad mit „Takin‘ It Easy“ dann endlich ihr Set. Zunächst überwiegen die ruhigen Stücke, bei denen Shawn Smith seine gesanglichen Qualitäten voll ausspielen kann. Der Sound ist schön druckvoll und im Luxor macht sich eine Art ehrfurchtsvolles Staunen breit. Wann sieht man Stone Gossard schonmal aus zwei Metern Entfernung? Der heimliche Star des Abends hält sich jedoch bescheiden im Hintergrund, konzentriert sich auf die Handhabung seines Instruments und überlässt die Bühne vornehmlich dem Schwergewicht Shawn Smith.
Erst gegen Mitte des Konzerts schlägt Gossards grosse Stunde. Zunächst legt er während „Diamond Blues“ ein ausführliches Solo auf die Bretter, um gleich danach mit „Bayleaf“ (das in Köln seine Tourpremiere feiert) einen Song aus seinem gleichnamigen ersten Soloalbum von 2001 zu singen. Der Jubel ist entsprechend. Dass Brad auch dreckig rocken können, beweisen sie mit „Sweet Al George“, bevor „Screen“ das hymnische Ende des Mainsets bildet. Shawn Smith rutscht fast das Mikrofon vom Ständer, aber die kleine Panne unterstreicht nur den symphatischen Eindruck, den er, Gossard, Hagar und Lowe hinterlassen.
Shawn Smith ist es auch, der die Zugaben eröffnen darf. Alleine am Keyboard verzaubert er das Luxor mit „Wrapped In My Memory“, das nahtlos in den Mother Love Bone-Klassiker „Crown Of Thorns“ übergeht, welchen ich mir aber sehr viel lieber in einer Full Band Version gewünscht hätte. Die gibt es dann vom vielleicht bekanntesten Brad-Stück „The Day Brings“. Ihren Höhepunkt erreicht die Stimmung beim rockigen „Lift“ und dem gut gewählten Rolling Stones-Cover „Jumpin‘ Jack Flash“. Es wird getanzt und gehüpft bis sich Brad mit „Buttercup“ nach 110 überzeugenden Minuten endgültig verabschieden.
Fazit: Ein Abend, der Spass gemacht hat. Eine Band, die eine Menge Spielfreude versprühte und mit insgesamt 22 Songs einen gelungenen Querschnitt durch ihr musikalisches Schaffen ablieferte. Und ein Konzert, das – Stone Gossard hin oder her – definitiv mehr Zuschauer verdient gehabt hätte.