Dashboard Confessional als Ein-Mann-Jukebox im Kölner Luxor
Nach zwei Jahrzehnten im Musik-Business können Dashboard Confessional auf mittlerweile sieben Alben zurückblicken, wobei zwischen „After The Ending“ und dem im vergangenen Jahr veröffentlichten „Crooked Shadows“ eine Lücke von neun Jahren klafft, die mit zwei EPs aber zumindest notdürftig gestopft wurde. Am Zuspruch der Fans dürfte dies kaum gelegen haben. Immerhin waren sie es, die Dashboard Confessional 2002 dazu verhalfen, als erste Band ohne Millionenverkäufe für eine MTV-Unplugged-Show eingeladen zu werden. Seitdem besteht zwischen Fans und Band eine ganz besondere Beziehung, was auch an diesem Abend im ausverkauften Kölner Luxor zu beobachten ist.
Vorher bemüht sich Cory Wells eine halbe Stunde lang darum die etwa 400 Kölner, die den Weg in den legendären Club an der Luxemburger Straße gefunden haben, alleine mit seiner Akustikgitarre zu unterhalten. Er erntet freundlichen Applaus, obwohl spätestens nach dem dritten Song jedes Stück gleich klingt. Vielleicht sollte man sich mal sein vor einer Woche erschienenes Debütalbum „The Way We Are“ anhören, um einen besseren Eindruck zu gewinnen. Ich schreibe es auf meine imaginäre To-Do-Liste.
Stilistisch passt Wells jedenfalls wie die Faust aufs Auge zum weiteren Verlauf des Abends. Dashboard Confessional entstanden 1999 ja bekanntlich als Solo-Projekt von Chris Carrabba und als solches ist er aktuell auf Tour. Auf der Bühne wechselt sich also ein Mann mit Akustikgitarre mit einem anderen Mann mit Akustikgitarre ab. Die „Umbaupause“ dauert nur 10 Minuten. „The Best Deceptions“ heißt der Opener, mit dem Carrabba sein Ein-Mann-Konzert beginnt. Optisch erinnert der 44-Jährige mit Bart, langen Haaren und grauem Hut an ein Mitglied der Amish-Sekte. Dass er heute ähnlich einem Prediger zu seinen Jüngern spricht möchte ich zwar nicht behaupten, aber die starke Verbindung zu seinen Fans macht Chris Carrabba einmal mehr dadurch deutlich, indem er sie per Zuruf die Setliste des Abends bestimmen lässt. So entsteht im Luxor ein fast zweistündiges Best Of aus dem Backkatalog von Dashboard Confessional. Am Ende gewinnt „Dusk And Summer“ von 2006 mit fünf Songs.
Chris Carrabba wirkt dabei fast schüchtern und zurückhaltend und seine Ansagen zwischen den Stücken sind manchmal so leise, dass sie am anderen Ende des wahrlich nicht großen Luxor kaum zu verstehen sind. Das alles und natürlich die Textsicherheit der Fans trägt dazu bei, dass man sich wie auf einem Familientreffen fühlt. Auf der Bühne flüstert und schreit sich Carrabba als menschgewordene Jukebox durch die ihm zugerufenen Songtitel und überlässt den schon traditionell sangesfreudigen Kölnern ein ums andere Mal das Feld. Die Stimmung im Publikum pendelt zwischen lautstarker Begeisterung und stiller Bewunderung. Dass es offensichtlich auch eingefleischte Fans aus Holland und Großbritannien nach Köln verschlagen hat, wird deutlich, als meine Begleiterinnen und ich von einem genervten Jüngling auf Englisch dazu aufgefordert werden leiser zu sein. Ich möchte ihm ein freundliches „Alaaf“ zurufen, entscheide mich im Sinne der Völkerverständigung aber dagegen und unterhalte mich weiter.
Das muss auch deshalb erlaubt sein, weil Chris Carrabba es trotz seiner unbestrittenen musikalischen Fertigkeiten nicht schafft über die gesamte Konzertlänge zu fesseln. Spannend wird es immer dann, wenn er zu gesanglichen Emotionsausbrüchen ansetzt, aber die überwiegende Zeit steht da einfach ein Mann mit Akustikgitarre und spielt schöne Lieder. Als er um 22 Uhr die Bühne verlässt hat man das Gefühl einen netten Abend mit netten Leuten verbracht zu haben, der aber genauso gut in der Kneipe nebenan bei Musik aus der Konserve hätte stattfinden können. Chris Carrabba zieht laut Tourplan weiter nach Holland und es bleibt zu hoffen, dass er bald wiederkommt – dann aber gerne in voller Bandbesetzung.