Musikalische Welten im Clubformat: Playing For Change am 01.08.2014 im Kölner Luxor

2002 begannen die beiden Filmproduzenten Mark Johnson und Enzo Buono die Welt zu bereisen und mit einem mobilen Tonstudio und Kameras die Musik unterschiedlichster, lokaler Straßenmusiker aufzunehmen. Zunächst in den USA, dann in Spanien, Südafrika, Indien, Nepal, dem Mittleren Osten, Irland, Holland, Israel… ihre Idee Menschen auf der ganzen Welt durch Musik zu verbinden, sie zu inspirieren und Hoffnung und Frieden zu stiften, kannte keine Grenzen. Das Resultat war die preisgekrönte Dokumentation „A Cinematic Discovery Of Street Musicians“ von 2006, in der es unter anderem auch Beiträge von Manu Chao, Bono oder Keb‘ Mo‘ zu sehen gibt. Die ein Jahr später gegründete „Playing For Change Foundation“ baut inzwischen Musik- und Kunstschulen für Kinder in der ganzen Welt. In Zusammenarbeit mit der 1Love Foundation findet seit 2010 jeden September der „Playing For Change Day“ statt, an dem weltweit Musikveranstaltungen unterschiedlichster Größenordnung die Message des Projektes weitertragen und Spenden für die „Playing For Change Foundation“ sammeln. Jetzt sind verschiedenste am Projekt beteiligte Künstler als Playing For Change Band erstmals für fünf Konzerte in Deutschland unterwegs. Köln ist dabei heute ihre letzte Station.

Der heimliche Höhepunkt des Abends ereignet sich aber bereits eine halbe Stunde vor Konzertbeginn. An der Luxemburger Straße steht der riesige Nightliner, mit dem die zehnköpfige Band unterwegs ist. Die Domstadt hat einen herrlichen Sommertag erlebt und die Temperaturen bewegen sich immer noch weit oberhalb der 20 Grad-Marke. Viele Fans nutzen das schöne Wetter, um noch eine Zigarette zu rauchen oder ein Bier aus dem benachbarten Kiosk zu trinken. Während die Musiker das Luxor üblicherweise über den Backstage-Eingang betreten, lässt es sich einer der „Stars“ des Projektes, Grandpa Elliott, nicht nehmen direkt durch die Vordertür zu marschieren. Wobei marschieren der falsche Ausdruck ist… immerhin ist Grandpa Elliott fast 70 Jahre alt und blind. An der Seite von Mark Johnson braucht er für die wenigen Meter vom Bus bis zur Tür mehrere Minuten, was aber auch daran liegt, dass er geduldig die zahlreichen Fotowünsche erfüllt. Im Luxor selbst wird er ebenso frenetisch begrüßt. Man möchte ihn knuddeln.

Meistens erkennt man schon bei einem Blick ins Publikum, auf welchem Konzert man sich befindet. Auch das ist heute anders. Eine zusammengewürfelte Mischung aus Leuten hat das Luxor etwa bis zur Hälfte gefüllt, als es mit einer halbstündigen Verspätung um kurz nach 20 Uhr losgeht. Alle Altersgruppen sind vertreten und einige sehen so aus, als seien sie mit ihren Rucksäcken und Sandalen geradewegs von einem Reinhard Mey-Auftritt hereingestolpert. Die Truppe auf der Bühne präsentiert sich ebenso bunt und startet mit „Pemba Laka“ in ihr Set. Von Anfang an herrscht eine ausgelassene Stimmung, die besonders vom stets fröhlichen Clarence Bekker immer wieder angeheizt wird. Bekker übernimmt auch die meisten Vocalparts. Ihm zur Seite steht dabei Tal Ben Ari aus Tel Aviv, die mit ihrer grossartigen und glockenklaren Stimme für Gänsehaut sorgt. Roberto Luti an der Gitarre darf sein Können bei einigen Soloeinlagen ebenfalls unter Beweis stellen. Ein Kompliment auch an den Mann am Mischpult. Der Sound ist perfekt! Die Klimaanlage im Luxor dafür leider weniger…

Die Setliste besteht aus Eigenkompositionen und zahlreichen Coversongs. So laufen uns mit „The Lion Sleeps Tonight“ (im Original von Solomon Linda), „Teach Your Children“ (Crosby, Stills, Nash & Young), „I’d Rather Go Blind“ (Etta James), „Get Up Stand Up“ (Bob Marley und Peter Tosh) oder „Stand By Me“ (Ben E. King) einige alte Bekannte über den Weg. Der Zusammenschnitt der unterschiedlichsten Interpretationen von „Stand By Me“ wurde auf Youtube inzwischen übrigens fast 60 Millionen Mal angeklickt. Köln erlebt einen Mix aus Reggae, Worldmusic und Gospel („Down By The Riverside“), der auf Dauer allerdings etwas eintönig wirkt. Wann immer jedoch Grandpa Elliott zur Mundharmonika greift und zum Solo ansetzt, bricht im Luxor Jubel aus. Es darf getanzt werden. Jedenfalls soweit das bei den subtropischen Temperaturen möglich ist.

Als Grandpa Elliott nach fast zwei Stunden schließlich alleine auf der Bühne steht und seine Version von „Amazing Grace“ singt, herrscht noch einmal ehrfürchtige Ruhe. Es ist das beeindruckende Ende eines Abends, der uns noch einmal bewusst gemacht hat, was Mark Johnson in seiner Eingangsrede sagte: „Wir alle haben nur ein Herz. Es ist ein Herz aus Menschlichkeit“. Und auch wenn das Konzert zwischendurch ein paar Längen hatte, so hat die Idee, die hinter Playing For Change steht, doch jede Unterstützung verdient! Weitere Informationen gibt es auf http://playingforchange.com/

playing_for_change_-_logo