Ungefähr 46 Jahre nach seiner ursprünglichen Aufnahme veröffentlicht Neil Young eines seiner sagenumwobensten und meistbegehrten Alben überhaupt: “Homegrown”. Von den Fans oftmals als eines von Youngs mysteriösen, großen „verschollenen Alben“ bezeichnet, wurden die 12 Studio-Tracks am 19. Juni via Reprise Records auf allen Formaten veröffentlicht.
Neil Young beschreibt “Homegrown” als “das eine, das entkam” und postete den folgenden Brief bei Neil Young Archives: „Ich bitte um Entschuldigung. Das Album Homegrown hätte bereits einige Jahre nach Harvest für euch da sein sollen. Es ist die traurige Seite einer Liebesbeziehung. Der angerichtete Schaden. Der Liebeskummer. Ich konnte es mir einfach nicht anhören. Ich wollte es hinter mir lassen. Also behielt ich es für mich, tief in den Kellergewölben, im obersten Regalfach, im Hinterstübchen meines Kopfes… aber ich hätte es teilen sollen. Es ist tatsächlich großartig, darum nahm ich es ja überhaupt auf. Das Leben schmerzt manchmal. Ihr wisst, was ich meine. Dies ist das eine, das entkam.”
Analog aufgenommen zwischen 1974 und Anfang 1975, wurde “Homegrown” damals auf original stereo-analogen Mastertapes abgemischt. Diese ursprünglichen Mixe wurden von John Hanlon mit Liebe und Sorgfalt restauriert und von Chris Bellman bei Bernie Grundman Mastering gemastert. Damit ist “Homegrown” ein komplett originales Album.
“Homegrown enthält eine Erzählung, mehrere akustische Solo-Songs, die bis zu dieser Veröffentlichung niemals veröffentlicht oder gehört wurden, und einige großartige Songs, die ich mit einer Band aus meinen Freunden spielte, darunter Ben Keith – Steel und Slide – Tim Drummond – Bass – und Stan Szelest – Piano. Wie dem auch sei, es wird euch 2020 zukommen, die erste Veröffentlichung aus unseren Archiven in diesem neuen Jahrzehnt. Folgt uns nach 2020, damit wir euch die Vergangenheit bringen können.“ – Neil Young
Das Album enthält zwölf Neil-Young-Songs, von denen sieben bisher unveröffentlicht sind – „Separate Ways”, „Try”, „Mexico”, „Kansas”, „We Don’t Smoke It No More”, „Vacancy” und „Florida” (eine etwas verstörende Spoken-Word-Erzählung). Außerdem darauf enthalten sind die allerersten Aufnahmen von „Homegrown” und „White Line”. „Little Wing”, „Love Is A Rose” und „Star Of Bethlehem”, von denen unterschiedliche Mixe auf späteren Alben von Neil Young erscheinen sollten.
Analog aufgenommen und von den originalen Mastertapes gemastert, ist dieses lang verschollene Album eine großartige Ergänzung zu Youngs unvergleichlichem Katalog. Es funktioniert auf unterschiedlichen Ebenen: Als homogenes und etwas weinerliches Konzeptalbum zum Thema Liebeskummer, als folkiges Singer/Songwriter-Werk der 70er, als Einblick in Neil Youngs Arbeitsweise und als respektable Ergänzung zu seinem Gesamtwerk. Respekt, dass er es all die Jahre aufbewahrt hat und nun zugänglich macht.
Nach fünfzehn Jahren Bandbestehen legen die Berliner Livemusiker ihre erste Scheibe vor, die den Bandnamen als Titel trägt.
In den knapp 53 Minuten bietet das Quartett klassischen Rock, wie man ihn kennt und vielerorts hören. Musikalisch tut er nicht weh, ist eingängig, rockt, lässt den Hörer gediegen mitwippen und live bei Konzerten auch ordentlich mitgehen. Es wird nicht viel Neues oder Innovatives geboten, aber alles in allem sehr solide gespielt. Etwas gewöhnungsbedürftig stellt sich der Gesang dar, der in einem Bereich liegt zwischen Kai Wingenfelder (Fury in the Slaughterhouse), Michael Stipe (R.E.M.) und Meat Loaf.
Für Fans, der schon oben genannten Bands, wird sich die Scheibe mit Sicherheit lohnen; für Menschen mit einem außergewöhnlicheren und experimentierfreudigeren Geschmack wohl eher nicht.
Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube. Mehr erfahren
Am 16. Oktober 1992 fand in New York ein ganz besonderes Konzert statt: Die Musikwelt feierte das Erscheinen des ersten Dylan-Albums im Jahr 1962. Ein dreißigster Geburtstag der ganz besonderen Art. Der Madison Square Garden sah an diesem Tag Performances von Johnny Cash & June Carter Cash, Lou Reed, Richie Havens, Johnny Winter, Roger McGuinn, Tom Petty & The Heartbreakers, Stevie Wonder, Willie Nelson, Kris Kristofferson, Neil Young, Eric Clapton, Ron Wood, Chrissie Hynde, The O’Jays, Eddie Vedder, Sinéad O’Connor, Tracy Chapman, George Harrison und vielen mehr.
Der Mitschnitt des Ereignisses wird nun in drei Konfigurationen neu veröffentlicht: als 2CD-Set, als 2DVD-Set und als BluRay Disc. Eine VHS-Kassette gab es bereits, doch für den neuen Release wurde das enthaltene Material noch stark erweitert. Sowohl die 2DVD-Version als auch die BluRay bieten unter anderem 40 Minuten bisher unveröffentlichtes Material, darunter Aufnahmen von den Proben, Interviews und mehr.
Mir liegt die 2CD-Audio-Edition vor. Diese präsentiert immerhin eine Premiere von zwei unveröffentlichten Aufnahmen aus dem Soundcheck des Konzerts: Sinéad O’Connor mit “I Believe In You” und Eric Claptons Interpretation von “Don’t Think Twice, It’s Alright”. Zudem lassen sich Bill Flanagan und David Wild im Booklet ausführlich zur musikhistorischen Bedeutung des Releases aus.
Insgesamt dauerte die Show vier Stunden lang, fand vor ausverkauftem Haus und wurde weltweit übertragen. Auch heute haben die Zusammenstellung und das LineUp noch nicht an Relevanz verloren. Nach der gigantischen Sammelbox aller Dylan-Studioalben im vergangenen November geht es nun also mit den Live-Releases weiter. Das Herz des Fans lacht, der Geldbeutel weint. Aber der Backkatalog Bob Dylans ist es einfach wert, den zeitgenössischen Standards immer wieder angepasst zu werden.
[amazonButton]Hier kannst Du die Deluxe Edition bestellen[/amazonButton]
Zum vierten Mal in diesem Jahr sind Okta Logue zu Gast in Köln. So schön ist diese Stadt! Oder auch: So gut ist diese Band! Zuletzt waren es ein paar tausend Zuschauer mehr, aber da waren ja auch ein gewisser Neil Young und Crazy Horse das Zugpferd in der Arena. Heute ist das Luxor voll und freut sich auf einen Ausflug in die Weiten des psychedelischen Rocks à la Darmstadt.
Zunächst dürfen die Freunde von Phil Fill auf die Bühne. Mit ihren anschmiegsamen Popsongs, getränkt in Soul stoßen sie auf viel Gegenliebe. Damit nicht eine dicke Bassdrum das Bild dominiert, sitzt Sänger und Schlagzeuger Philipp Rittmannsperger vorne auf dem Cajón. Als er zwischen zwei Songs eine Ansage macht, unterbricht ihn ein Zuhörer mit den Worten “warte kurz, ich muss pinkeln”. Schlagfertig greift der Frontmann diese Art von Humor auf, lenkt die Aufmerksamkeit dann aber wieder auf die Musik. Okta Logue Drummer Robert Herz genießt sie in der ersten Reihe.
Kurze Zeit später ist er dann selbst an der Reihe. Okta Logue eröffnen ihr Set mit dem dafür bestens geeigneten “Transit”. Mit dann wieder geöffneten Augen fällt auf, dass beide Herzbrüder, Benno am Bass und Drummer Robert beim Frisör waren. Vielleicht hatten sie sich für die US-Dates im Oktober in Schale geworfen. Wie auch immer, weitere Songs aus dem aktuellen Album “Tales Of Transit” folgen mit “Let Go” und “Mr. Busdriver”. Auch das sphärische “You”, das ich eher als Closer erwartet hätte, darf schon früh glänzen. Hier wird klar, was Okta Logue besonders ausmachen. Das gefühlvolle Gitarrenspiel von Philip Meloi ist wirklich herausragend. Es nimmt dich mit in die Klangwelt von Okta Logue. Und so ist es gut, dass die Band ihm viel Raum gibt. Mit “Bright Lights” und “Shine Like Gold” gibt es dann auch Stücke vom mindestens genauso guten Debutalbum “Ballads Of Burden”. Spätestens bei “Dream On” hat jeder das Gefühl, tief in die 60er zurückgereist zu sein. Schön ist es hier und wir dürfen es mit Songs wie “Just To Hear You Sleep” noch eine Weile genießen.
Dann geht die Trip weiter in die 70er, denn “Decay” ist Progrock der allerbesten Sorte. Dieser Song ist mit seiner verschachtelten Struktur und Zügellosigkeit ein kleines Abenteuer, dem man sich 20 Minuten lang gerne hingibt. Die Stimmung ist bestens und begeistert ruft das Publikum nach mehr. Auch in der Zugabe hat man bei aller Reminiszenz an die musikalisch so prägende Zeit der 60er und 70er Jahre nie den Eindruck, die Vier spielten die Songs ihrer Idole. Vielmehr sind sie im besten Sinne inspiriert von Pink Floyd und Co. und machen ihr ganz eigenes Ding. Das verspielte “Mr. Zoot Suit” und das melancholische “Chase The Day” beschließen den Abend.
Auf ihrer Facebookseite schreiben die Darmstädter am folgenden Tag über ihr spezielles Verhältnis zu Köln. Diese tolle Stadt, die gerne auch in 2014 wieder Gastgeber für diese tolle Band sein möchte.
Zwölf Jahre ist es her, dass Crazy Horse zuletzt durch Europa tourten. Nun ist es endlich wieder soweit. Der Tross macht Halt in der Domstadt. Ein Hauch von Melancholie macht sich seit dem frühen Abend rund um die Arena breit, denn angesichts des fortgeschrittenen Alters des Quartetts und eben jener niedrigen Frequenz in der sie nach Europa kommen, könnte die heutige Begegnung mit Crazy Horse die letzte sein.
Entsprechend aufgeregt sind die Jungs von Okta Logue, die den Abend eröffnen dürfen. Für die Darmstädter ist diese Aufgabe eine ganz besondere, das spürt man. Und sie meistern sie mit Bravour. Auch wenn ihr Psychedelic Rock viel stärker in der Tradition Pink Floyds steht, sind die teils weit angereisten Neil Young Fans begeistert. Zu “Dream On” darf noch ein Bassist aus dem Team mitmischen, während sich Sänger Benno Hertz die Akustik-Gitarre schnappt. Nicht wenige Zuschauer werden sich den erneuten Besuch der Band im Dezember in Köln vormerken.
Es folgt eine unterhaltsame Umbauphase, in der Bauarbeiter in Warnwesten und verschrobene Wissenschaftler in weißen Kitteln über die Bühne wuseln. Kurz vor 21 Uhr sieht das Bühnenbild dann fast so aus wie auf der “Rust Never Sleeps”-Tour von 1978. Riesige Fender-Verstärker dominieren den Blick. Dahinter hängt eine gigantische Deutschlandfahne und zur Hymne versammeln sich alle, inklusive Neil Young und Crazy Horse mit der Hand auf dem Herz. Nach dem letzten Ton fällt Schwarz-Rot-Gold und es erscheint der wohlbekannte Indianer auf seinem Crazy Horse. Von oben wird ein überdimensionierter Ständer herabgelassen, an dem bei genauerer Betrachtung statt eines Mikros eine (psychedelic) Pille befestigt ist.
Dieser ganze Klimbim tritt dann in den Hintergrund und es bleiben vier Musiker, die sich über die ersten Feedbacks in den Opener “Love And Only Love” begeben. Die riesige Bühne schrumpft auf einen kleinen Bereich vor Ralph Molina´s Schlagzeug, in dem sich die Musiker wie vor einem Lagerfeuer versammeln. Schon danach der Klassiker “Powderfinger”. Frank “Poncho” Sampedro, dessen Shirt ein großes Hendrix-Portrait ziert, breitet mit seinem wahnsinnigen Groove den Teppich für den Virtuosen Young aus. Mit “Psychedelic Pill” kommt dann der erste Song vom aktuellen und gleichnamigen Album ins Spiel. Das zentrale Stück dieses Werks folgt mit “Walk Like a Giant”,… und der hat es in sich. Während zu Beginn noch das unbedarfte Pfeifen hippieske Leichtigkeit suggeriert, endet der Epos in Noisegewitter und Feedbackschleifen. Für manche Ohren mag das eine echte Herausforderung sein, aber es ist Teil der Dramaturgie. So macht das Gewitter anschließend “Hole In The Sky” Platz, was seinerseits in “Red Sun” übergeht. Solche Geschichten verdeutlichen, dass die Setlist auf einer Tour einem Konzept folgt und nur an wenigen Stellen variiert. Eine solche Stelle ist heute das selten gespielte “Sedan Delivery”.
Ganz allein darf das Publikum mit Neil Young nicht nur bei jenem “Red Sun”, sondern auch beim enthusiastisch gefeierten “Heart Of Gold” sein. Wie oft wurde dieses Stück eingefordert und wie selten wurden die Erwartungen erfüllt? Bei Dylan´s “Blowing In The Wind” dürfen ebenfalls alle mitsingen. Ein weiteres Cover vermutet der ein oder andere vielleicht in “Mr. Soul”, das in seinen Riffs stark an die Stones erinnert, aber ein alter Buffalo Springfield Song ist.
Vor der Zugabenpause wird es mit “Hey Hey, My My” noch einmal hymnisch. Als die vier zurückkommen, gibt es eine echte Rarität. Über 20 Jahre wurde “Surfer Joe And Moe The Sleaze” nicht mehr gespielt! Vor “Roll Another Number” richtet der bis dahin voll auf die Musik fokussierte Neil Young einige Worte an die Zuschauer. Er tut dies sehr eindringlich und begleitet von sanften Akkorden. Worte des Dankes, Wünsche an die Kinder zu Hause, Frieden und die Aussicht sich vielleicht doch noch einmal zu begegnen,… an einem so schönen Abend wie diesem. Als die Fans nach “Everybody Knows This Is Nowhere” aus der Halle strömen, machen viele noch einmal Halt an den Bierbuden und schwelgen gemeinsam in Erinnerungen, die teils über 40 Jahre zurückreichen.
Mit “Sound City” feiert Grammy-Preisträger Dave Grohl, der mit den Foo Fighters und Nirvana in den vergangenen zwanzig Jahren Musikgeschichte geschrieben hat, sein Debüt als Regisseur. Es ist die Dokumentation über eines der legendärsten Studios der Vereinigten Staaten. Wer sich nun fragt, was daran spannend sein soll, der sollte einfach mal einen Blick auf die Liste der Künstler werfen, die dort zwischen 1969 und 2011 zum Teil wegweisende Alben aufnahmen: Tom Petty & The Heartbreakers, Fleetwood Mac, Neil Young, Cheap Trick, Red Hot Chili Peppers, Rob Halford, Kansas, Guns N’Roses, Pat Benatar, Foreigner, Slayer, REO Speedwagon, Kyuss, Weezer und und und… Das Besondere: In Sound City, das in Van Nuys, einem Stadtteil von Los Angeles beheimatet war, wurde bis zum Schluß analog aufgenommen. Das Studio besaß eines von weltweit vier in Handarbeit hergestellten Neve 8028-Mischpulten, für viele das Kronjuwel des analogen Studio-Equipments.
Auf die Idee für seinen Film kam Dave Grohl, als er eben diese Neve-Konsole im November 2011 kaufte und in sein eigenes Studio 606 verpflanzen ließ. 1972 hatten die beiden Sound City-Besitzer Tom Skeeter und der 1992 verstorbene Joe Gottfried dafür exakt 75.175 $ bezahlt. “Es sah aus wie ein altes Modell des Raumschiff Enterprise auf Anabolika”, erinnert sich Neil Young an das Meer aus Knöpfen, Kabeln und Reglern. Nach der Premiere auf dem Sundance Film Festival am 18. Januar erscheint “Sound City” jetzt als DVD und BluRay.
Nach einer genialen Eingangsszene aus dem Foo Fighters-Studio (man beachte das Ölgemälde an der Wand!) tauchen wir ein in die beeindruckende Geschichte von Sound City. Glaubt man den beteiligten Musikern, so war es nicht nur das legendärste, sondern auch das versiffteste Studio in den USA. “Man konnte dort eine Platte aufnehmen und wenn man fünfzehn Jahre später wiederkam, sah alles noch genauso aus wie beim letzten Mal”, sagt Shivaun O’Brien, die von 1991 bis 2011 in Van Nuys als Studio-Managerin arbeitete. Aber egal, wen Dave Grohl für seinen Film interviewt hat – Rick Rubin, Josh Homme, Nick Raskulinecz, Trent Reznor, Butch Vig oder Robert Neve himself, dem er dämlich grinsend gegenübersitzt -, sie alle sprechen mit grossem Respekt und tiefer Zuneigung von Sound City. Darin liegt die eigentliche Intention der Doku: Die Suche nach der Menschlichkeit hinter der Technik. Wie schafft man es, dass Musik nach Menschen klingt? Dass sie eine Seele hat? Shivaun O’Brien bringt es auf den Punkt: “Sound City war ein Ort, an dem echte Männer Platten machten”.
Dafür hat Dave Grohl tief in den Archiven gewühlt. Mit Buckingham Nicks, aus denen später Fleetwood Mac wurden, und “Crying In The Nights” fing es an. Ihnen folgten zahllose weitere Alben, die die Welt veränderten. Für einige, etwa für Rick Springfield, entwickelte sich die Sound City-Crew gar zu einer Art Ersatzfamilie. Als in den 80er Jahren die CD eingeführt wurde und mit ihr der Siegeszug der digitalen Technik begann, konnte Sound City jedoch nicht mehr mithalten. Bis 1991 Nirvana auftauchten und dort “Nevermind” aufnahmen, jenes bahnbrechende Album, das sich schließlich über 30 Millionen Mal verkaufen sollte und – wie Butch Vig nebenbei verrät – lächerliche 60.000 $ kostete. Ohne diese Platte hätte das Studio nicht überlebt. Frank Black, Rage Against The Machine, Johnny Cash oder die Queens Of The Stone Age entdeckten Sound City anschließend neu. Trotzdem war es irgendwann finanziell am Ende. Der endgültige Todesstoß hieß letztlich “Pro Tools”, ein Programm, das es jedem noch so minderbemittelten Musiker ermöglichte Musik (oder was man dafür hielt) am heimischen Computer aufzunehmen. Dennoch verteufelt der Film die digitale Technik nicht. Josh Homme fasst es so zusammen: “Für manche Dinge ist das Internet klasse. Aber wie mit so vielem, ist es kein Ersatz für echte Buchhandlungen, Plattenläden oder Sound City”.
Die Geschichte von Sound City zu erzählen, ist die eine Sache. Die Instrumente tatsächlich nochmal einzustöpseln, sie mit dem Neve-Pult zu verkabeln und wieder auf Zwei-Zoll-Band aufzunehmen, die andere. Genau das tat Dave Grohl mit vielen der alten und neuen Recken, von Stevie Nicks, Black Rebel Motorcycle Club über Slipknot, Rage Against The Machine oder den Foo Fighters bis hin zum auch mit 63 Jahren noch völlig durchgeknallten Lee Ving. Elf der dabei exklusiv für diesen Film entstandenen Songs sind übrigens auf dem bereits vor zwei Wochen veröffentlichten Soundtrack zu finden (dessen Review gibt es hier). Man sieht und hört ihnen den immensen Spaß, die Begeisterung und vor allem den Stolz an, den die Musiker bei den Aufnahmen hatten. Sogar Dave Grohl erstarrt fast in Ehrfurcht, als Paul McCartney sein Studio betritt. Der Zuschauer hat das Gefühl, als würde er daneben stehen und ihnen über die Schulter schauen.
“Sound City” ist mehr als die bloße Hommage an ein Studio. Es ist eine fesselnde Dokumentation über Handwerk, Integrität und Leidenschaft sowie das Plädoyer für eine Musik, die handgemacht ist. Dave Grohl hat der Neve 8028-Konsole damit ein Denkmal gesetzt und ihren besonderen Zauber in 108 Minuten Film verewigt. Sie ist zweifellos ein wichtiger Teil der Rock’n’Roll-Geschichte. Man erlebt hautnah, mit wieviel Herzblut alle, die jemals dort arbeiteten, an ihr und “ihrem” Studio hingen und bis heute hängen. Oder um es mit Tom Petty auszudrücken: “Es war als würde man einen Blitz in eine Flasche packen”.
Foo Fighters-Frontmann Dave Grohl ist unter die Regisseure gegangen. Der Mann hat ja auch sonst nix zu tun. Darum hat er neben dem Video zur neuen Soundgarden-Single „By Crooked Steps” direkt mal einen kompletten Film produziert. „Sound City” ist die Dokumentation über das gleichnamige Studio in Van Nuys, einem Stadtteil von Los Angeles. Es gilt als eines der legendärsten seiner Art in den Vereinigten Staaten und gab schon vielen Musikern ein Zuhause. Cheap Trick, Neil Young, Rage Against The Machine, Metallica, die Red Hot Chili Peppers oder Tom Petty (um nur einige wenige zu nennen) nahmen dort zum Teil wegweisende Alben auf.
Die Idee für seinen Film kam Grohl, als er im vergangenen Jahr das 1972 speziell angefertigte Neve 8028-Mischpult des Sound City Studios kaufte, für viele bis heute das Kronjuwel des analogen Studio-Equipments. 1991 nahm er damit selbst noch Nirvana’s „Nevermind” auf. Und weil er seit der Veröffentlichung des letzten Foo Fighters-Albums „Wasting Light” ohnehin in blendender Stimmung war, was die analoge Technik betrifft, beschloss er, neben dem Film auch einen Soundtrack aufzunehmen. Dieser erscheint nun unter dem Titel „Real To Reel”. Übrigens als CD, auch wenn das Cover zunächst etwas anderes vermuten lässt.
Hinter den elf darauf vertretenen Songs verbergen sich einige bemerkenswerte Kollaborationen, wobei Dave Grohl in verschiedenen Rollen natürlich stets mit von der Partie ist. Teils als Sänger, teils als Schlagzeuger oder an der Gitarre. „Real To Reel” produziert hat mit Butch Vig ein alter Bekannter auf eben jener Neve 8028-Konsole im Foo Fighters Studio 606. Um ihn herum versammelten sich Peter Hayes und Robert Levon Been von Black Rebel Motorcycle Club, Corey Taylor von Slipknot und viele andere mehr. Herausgekommen ist ein 55 Minuten und 55 Sekunden langer Streifzug durch die bunte Welt des Rock. Getreu dem selbstgewählten Motto der illustren Truppe: „Be true to yourself and make the music you love”.
Der Opener “Heaven And All” galoppiert sofort wie ein wilder Mustang durch die Gehörgänge und schlägt eine Spur der Verwüstung. Besonders wenn man dabei mit dem Album das macht, was man mit dem Album unbedingt machen sollte: Laut hören! „Time Slowing Down” veredelt Masters Of Reality-Sänger Chris Goss mit seinem hymnischen Gesang, während Dave Grohl und Tim Commerford und Brad Wilk von Rage Against The Machine durch die Zeiten der Little River Band bis hin zu Led Zeppelin rocken, gewürzt mit einer kleinen Prise halluzinogener Zutaten. „From Can’t To Can’t” schlägt die Brücke zum Sleaze Rock der 80er und 90er Jahre und ist dank Corey Taylor ganz grosses Ohrenkino. Grohl-Intimus Josh Homme ist gleich bei drei Stücken fleißig vertreten: Den Lagerfeuerromantik-meets-Stoner Rock-Destillaten „Centipede” und „A Trick With No Sleeve” sowie dem hypnotischen Closer „Mantra”, der mehr als nur ein Lächeln hinterläßt. Dazwischen liegt noch die Quotenballade „If I Were Me”, gewohnt einfühlsam dargeboten von Dave Grohl himself.
Bleiben die Ausschläge nach oben und nach unten. Fangen wir „unten” an. „The Man That Never Was” sieht Rick Springfield am Mikro, begleitet von den vier Foo Fighters Dave Grohl, Taylor Hawkins, Nate Mendel und Pat Smear. Ich mochte Springfield’s etwas künstlich-gepresste Art zu singen noch nie sonderlich. Der Song ist aber nicht nur deshalb höchstens Durchschnitt. Lee Ving, der völlig durchgeknallte Frontmann von Fear (und vielleicht als Schauspieler aus „Flashdance” oder „Straßen in Flammen” ein Begriff), reißt uns allerdings schnell wieder aus dem Schlaf – und nach „oben”. „Your Wife Is Calling” entpuppt sich als herrlich überschlagender Irgendwas-in-Richtung-Punkrock-Song, abgespielt mit doppelter Geschwindigkeit. Vor allem die explodierende Mundharmonika ist einfach göttlich. „Oben” finden wir auch „Cut Me Some Slack”, das ja bereits als sogenannte „Nirvana-Reunion” beim „Concert For Sandy Relief” am 12.12.2012 im New Yorker Madison Square Garden für Furore sorgte. Dave Grohl, Krist Novoselic und Pat Smear gemeinsam mit einem rotzigen und jaulenden Paul McCartney. Fett! Den ultimativen Höhepunkt auf „Real To Reel” liefert jedoch erst Ex-Fleetwood Mac-Ikone Stevie Nicks und ihr „You Can’t Fix This”. Alleine diese Stimme sorgt für eine Gänsehaut biblischen Ausmaßes. Man möchte ihr ewig zuhören.
Das Booklet bietet einen kleinen fotografischen Ausblick auf den Film, dessen Veröffentlichung als DVD am 22.03. folgen wird. Aus eigener Anschauung kann ich schon jetzt sagen, dass die Musik in Verbindung mit den Bildern sehr viel besser funktioniert als ohne. Das ist das kleine Manko an „Real To Reel”. Für sich alleine wirkt der Soundtrack zwar knackig und abwechslungsreich, aber irgendwie auch unzusammenhängend. Trotzdem hat Tom Petty natürlich insgesamt Recht, wenn er gleich zu Beginn des Albums verkündet: „Sound City, that’s it, man”.
Wenn man nicht alles selber macht… Mitte Dezember in Köln: Die Chefredaktion verabschiedet sich in den vierwöchigen Urlaub, während die geknechtete Schar der Redakteure und Fotografen noch tief gebeugt über den aus rohem Holz gezimmerten Schreibtischen sitzt, die letzten Reviews schreibt, Fotos bearbeitet und sich im ungeheizten Redaktionsbüro den A…llerwertesten abfriert. Eine Woche später kommt dann eine Postkarte aus der Karibik: “Denkt daran, dass alle den Poll ausfüllen. Der Praktikant kümmert sich drum!”. Der Praktikant? Der Praktikant, der 24 Stunden am Tag in seinem fensterlosen 8-qm-Raum still vor sich hin schuftet? Genau der! Und deshalb ist er hier also wieder: Unser traditioneller Jahresrückblick aus der Musicheadquarter-Redaktion in 12 Kategorien. Okay, manche haben geschummelt, einige haben sich gedrückt (“Mir ist zu kalt”), aber wir hoffen ihr habt trotzdem ein wenig Spass mit unseren Tops und Flops 2012!
In diesem Sinne bedanken wir uns bei euch und all unseren Promo-Partnern für die Treue und grossartige Zusammenarbeit in den vergangenen zwölf Monaten und wünschen allen einen bruchsicheren Rutsch und ein neues Jahr voller guter Musik! Bleibt gesund, munter und vor allem neugierig!
Eure Musicheadquarter-Chefredaktion (auf der Suche nach der nächsten Cocktailbar…)
MARC BRÜSER
Beste Neuentdeckung:
Nothington
Größte Live-Überraschung:
Sick Of It All auf dem Area 4 (Ruhe in Frieden) in diesem Jahr. Lustige Aktionen mit Wasserschlauch in die Menge halten und Wall Of Death. Sum 41, Köln – ich hatte wirklich schlimmes erwartet, aber das Konzert war mit eines der besten in diesem Jahr.
Top 3 – Alben 2012:
Nothington “Borrowed Time”
Blumentopf “Nieder mit der GbR”
The Offspring “Days Go By”
Flop 3 – Alben 2012:
Justin Bieber “Believe”
Cro “Raop”
Green Day “Uno!”
Top 3 – Konzerte 2012:
Broilers, Düsseldorf
Donots, Area 4
Nothington, Köln
Flop 3 – Konzerte 2012:
Bullet For My Valentine, Area 4 – Eine Lachnummer, die ihresgleichen sucht.
The Gaslight Anthem, Köln – haben sehr unmotiviert gewirkt
Prinz Pi, Köln – viel zu viele Balladen.
Bestes Festival:
Area 4 – Das beste Festival, welches je stattgefunden hat und nie mehr geben wird.
Musikmoment des Jahres:
Wall Of Death bei Sick Of It All (wieder Area 4), wo die Security einen Wasserschlauch in die Menge gehalten hat. Und Social Distortion – “I Was Wrong” live zu hören (ihr könnt euch denken wo).
Enttäuschung des Jahres:
Und wieder: Der Tod des Area 4 (Wir haben es verstanden. Anm.d.Praktikanten)!
Held des Jahres:
Jay Northington, ein absolut genialer Musiker, der es schafft mit simplen Melodien Berge zu versetzen.
Gute Vorsätze für 2013:
Die Buchhaltung nicht wegen jedem Kleinscheiß anzurufen.
MICHAEL HASS
Beste Neuentdeckung:
Alt-J
Größte Live-Überraschung:
Joss Stone
Top 3 – Alben 2012:
Alt-J “An Awesome Wave”
…And You Will Know Us By The Trail Of Dead “Lost Songs”
Calexico “Algiers”
Flop 3 – Alben 2012:
The Faceless “Autotheism”
Down “Down IV Part I”
Fear Factory “The Industrialist”
Top 3 – Konzerte 2012:
Jack White im E-Werk Köln
Deichkind im Palladium Köln
Mono im Gebäude 9 in Köln
Flop 3 – Konzerte 2012:
Of Monsters And Men im E-Werk Köln
Wilco im E-Werk Köln
Bestes Festival:
Leider dieses Jahr keine Zeit für Festivals…
Musikmoment des Jahres:
Die Überraschung war groß als eine Handvoll sehr hübscher Frauen elfengleich in weißen Kleidern die Bühne enterten und sich als unfassbar gute Backingband für Jack White erwiesen…
Enttäuschung des Jahres:
Unsere Bundesregierung beschliesst die Herdprämie… Politik aus der Steinzeit.
Held(en) des Jahres:
Alle Menschen die sich selbstlos und ehrenamtlich für Andere einsetzen… die kleinen Taten zählen (Endlich denkt mal einer an mich! Danke! Anm.d.Prakt.)!
Depp(en) des Jahres:
Unsere Bundesregierung
Gute Vorsätze für 2013:
Mehr Spocht, weniger Suff – mmmhhh… wie jedes Jahr…
LANA GIESE
Beste Neuentdeckung:
Imagine Dragons
Größte Live-Überraschung:
Jennifer Rostock
Top 3 – Alben 2012:
Kraftklub “Mit K”
Deftones “Koi No Yokan”
The Gaslight Anthem “Handwritten”
Flop 3 – Alben 2012:
Green Day “Dos”
Cro “Raop”
Top 3 – Konzerte 2012:
Jennifer Rostock
Placebo
Your Demise
Flop 3 – Konzerte 2012:
Red Hot Chili Peppers – auch wenn ich gesteinigt werde, aber die Jungs haben meine Erwartungen leider nicht erfüllt (Wo sind meine Steine? Anm.d.Prakt.).
Angels & Airwaves – tolles Konzert aber das gewisse Etwas hat gefehlt.
Bestes Festival:
Vainstream (ein Tag volle Power).
Musikmoment des Jahres:
Jennifer Rostock beim CSD.
Enttäuschung des Jahres:
Blink 182 nicht zu sehen!
Held des Jahres:
Brian Fallon (The Gaslight Anthem)
Gute Vorsätze für 2013:
Weiter so!
SHIRIN KAY
Beste Neuentdeckung:
Mist Within
Größte Live-Überraschung:
Whalerider
Top 3 – Alben 2012:
Crippled Black Phoenix “Mankind The Crafty Ape”
Gazpacho “March Of Ghosts”
Kaizers Orchestra “Violeta Vol. III”
Flop 3 – Alben 2012:
keine
Top 3 – Konzerte 2012:
Crippled Black Phoenix
Pain Of Salvation
Gazpacho
Flop 3 – Konzerte 2012:
Katatonia
Lis Er Stille
Gavin Harrison & 05RIC
Bestes Festival:
keins
Musikmoment des Jahres:
Crippled Black Phoenix in der Harmonie Bonn (Rockpalast).
Enttäuschung des Jahres:
Anathema Acoustic Show
Held des Jahres:
Mein Vater
Depp des Jahres:
Mitt Romney
Gute Vorsätze für 2013:
Noch mehr gute Konzerte besuchen und fotografieren!
STEFAN KAULEN
Beste Neuentdeckung:
Art By Numbers
Größte Live-Überraschung:
Give Em Blood
Top 3 – Alben 2012:
Gojira “L’Enfant Sauvage”
Cattle Decapitation “Monolith Of Inhumanity”
Pig Destroyer “Book Burne”
Gute Vorsätze für 2013:
Das 500ste Konzert fotografieren (Lokalrunde! Anm.d.Prakt.).
THOMAS KRÖLL
Beste Neuentdeckung: Led Zeppelin
Größte Live-Überraschung: Bob Mould
Top 3 – Alben 2012: Ich nenne vier… dafür aber nur zwei Flop-Alben… Brad “United We Stand”
Chris Robinson Brotherhood “Big Moon Ritual”
Wolf Maahn “Lieder vom Rand der Galaxis”
Black Country Communion “Afterglow”
Flop 3 – Alben 2012:
Ben Harper “By My Side”
Aerosmith “Music From Another Dimension”
Top 3 – Konzerte 2012: Foo Fighters, O2 Arena, Prag
Peter Gabriel, König Pilsener Arena, Oberhausen
Bruce Springsteen & E Street Band, RheinEnergie Stadion, Köln
Soundgarden, FZW, Dortmund (Das sind wieder vier! Hält sich hier überhaupt jemand an die Regeln? Anm.d.Prakt.)
Flop 3 – Konzerte 2012: Rich Robinson, Luxor, Köln
Alabama Shakes, Live Music Hall, Köln
Musikmoment des Jahres: 10 Jahre Musicheadquarter!
Und einige schöne Interviews, aber insbesondere das mit Jan Plewka und Leo Schmidthals von Selig, die sich am Ende eines langen Tages noch fast eine Stunde Zeit nahmen.
Enttäuschung des Jahres: Das ganze Musikjahr 2012 war eine Enttäuschung. Und der völlig unnötige Abstieg des FC.
Held(en) des Jahres: Meine Familie (im engeren und weiteren Sinne)
Depp(en) des Jahres: Jede Menge! Vor allem die ganzen religiös Verblendeten (egal welchen Glaubens), die meinen, dass ihr Gott der einzig Wahre ist. Aber auch ihr werdet irgendwann merken, dass die Erde keine Scheibe ist!
Gute Vorsätze für 2013: Interview mit Dave Grohl! (Träum weiter! Anm.d.Prakt.)
MIRIAM ROBELS
Beste Neuentdeckung:
Reptile Youth
Größte Live-Überraschung:
We Are Augustines (wow!) und Die Orsons (ja, wirklich).
Top 3 – Alben 2012:
Habe viele “Tops”, spontan fallen mir diese ein:
Reptile Youth “Reptile Youth”
Friends “Manifest!”
Lana Del Rey “Born To Die – ist ein bisschen peinlich, aber da muss ich durch.
Top 3 – Konzerte 2012:
Hier muss ich ganz rebellisch die Regeln brechen und auf meine Top 5 ausweichen (grrrrrr… Anm.d.Prakt.):
We Are Augustines – das letzte Konzert der 15-monatigen Tour. So gut, dass selbst der Klomann rauskommt, um zu gucken, was da los ist.
Boots Electric – mit Fotos aus der Pogogrube. Ab der Hälfte dann ein Eagles Of Death Metal Konzert.
Reptile Youth – alle Gerüchte stimmen.
Moneybrother – zum Jahresende noch reingerutscht. Großartige Liveband, immer wieder.
We Were Promised Jetpacks – stillstehen und nicht glauben wollen, dass der Typ auf der Bühne das gerade wirklich live singt.
Musikmoment des Jahres:
Die Ärzte und Jack White spielen am selben Tag in Köln.
Enttäuschung des Jahres:
Ich hatte Ärzte-Karten und hätte Jack White-Karten kaufen sollen.
Held(en) des Jahres:
Security bei Konzerten, die auf meine Kamera aufpasst, damit ich da bleiben kann. Anders Wendin – hat meinen Namen gesagt.
Depp(en) des Jahres:
Der Film “Rock Of Ages”. Ein Film, der aus klassischen 80er Jahre Rocksongs fröhlich-glitzernde Glee-Songs macht und das mit einer der dümmsten Handlungen seit jedem beliebigen Teenie-Film verbindet. Wer allerdings gerne aus Augen und Ohren blutet, sollte sich den Film mal ansehen. Und Lana Del Rey – machte mir mit starrem Blick auf den H&M-Plakaten jeden Morgen Angst auf dem Weg zur Arbeit.
THORSTEN SCHMIDT
Größte Live-Überraschung: Neneh Cherry & The Thing
Top 5 – Alben 2012:
Für Flops hatte ich keine Zeit in 2012! (Ich geb’s auf… Anm.d.Prakt.)
Motorpsycho & Stale Storlokken “The Death Defying Unicorn”
CAN “The Lost Tapes”
Animal Collective “Centipede HZ”
The Swans “The Seer”
Neil Young & Crazy Horse “Psychedelic Pill”
Top 5 – Konzerte 2012:
Pearl Jam – Amsterdam II, Ziggo Dome
Motorpsycho mit Orchester – Oslo, Oper
Animal Collective – Rolling Stone Weekender
Primus – Köln, Live Music Hall
Here We Go Magic – Rolling Stone Weekender
Musikmoment des Jahres:
“Crown Of Thorns” endlich live
Bestes Festival:
Weekendfest Köln
Held(in) des Jahres:
Meine Tochter
Depp des Jahres:
DFB
INGRID SILVASI
Beste Neuentdeckung:
Meine persönliche: Philipp Poisel, auch wenn kleine Mädchen ihn schon länger anschmachten… ich bin durch einen Zeitungsartikel erst vor kurzem auf ihn aufmerksam geworden und die Dortmunder Konzertkritik war so gut geschrieben, dass ich in der Mittagspause direkt das Album kaufte und es nicht bereut habe.
Größte Live-Überraschung:
Russkaja – Wacken-Stimmung auf dem Höhepunkt!
Top 3 – Alben 2012:
Philipp Poisel “Projekt Seerosenteich” …und das für mich als Metalbraut! (Headbangen in Zeitlupe. Du machst mir Angst! Anm.d.Prakt.)
Paradise Lost “Tragic Idol”
Tremonti “All I Was”
Flop 3 – Alben 2012:
Richie Sambora -“Aftermath Of The Lowdown” (nicht direkt ein Flop, jedoch für mich recht enttäuschend).
Top 3 – Konzerte 2012:
Richie Sambora – Berlin, Huxley: trotz enttäuschendem Album ein grandioses Konzert!
Opeth – Bochum, Christuskirche: Gänsehaut wegen Atmosphäre, Licht, Songauswahl. Schade nur, dass es keine Zugaben gab…
Annihilator auf dem 70.000 Tons
Flop 3 – Konzerte 2012:
Epica in Berlin – war ganz nett, aber mehr auch nicht… habe mich an der Band satt gesehen…
Bestes Festival:
Mit dem 70.000 Tons Of Metal-Schiff durch die Karibik schippern und dabei mit Metal beballert zu werden! Bereits zum zweiten Mal nicht enttäuscht worden!
Musikmoment des Jahres:
Unzählige Momente auf dem 70.000 Tons-Schiff… mit Jeff Waters quatschen, Bobby Blitz mit seiner Frau bei der Delphin-Show treffen, Michael von In Extremo total betrunken erleben, mit Kenny Winter über Tourismus philosophieren, im Fitness-Center auf Anette Olzon treffen, mit Mary Demurtas und Fabio Lione auf Italienisch plaudern und vieles mehr!
Und: Henry Rollins Spoken Words auf dem Wacken-Festival – habe großen Respekt vor ihm!
Enttäuschung des Jahres:
Die Europäische Union schwindet dahin.
ANDREAS WEIST
Beste Neuentdeckung:
Mumford & Sons
Größte Live-Überraschung:
Royal Republic
Top 5 – Alben 2012:
Birdy “Birdy”
Kylie Minogue “Abbey Road Sessons”
Purple Schulz “So und nicht anders”
Muse “The 2nd Law”
Cro “Raop”
Flop 3 – Alben 2012:
Robbie Williams “Take The Crown”
Mando Diao “Infruset”
The Killers “Battle Born”
Top 3 – Konzerte 2012:
Philipp Poisel – Projekt Seerosenteich
Westernhagen – Hottentottenmusik
Gregor Meyle – Meile für Meyle
Flop 3 – Konzerte 2012:
keine
Bestes Festival:
Burg Herzberg Festival
Musikmoment des Jahres:
Udo Lindenberg (egal was er macht)
Enttäuschung des Jahres:
Gottschalk beim Supertalent
Held(en) des Jahres:
Pussy Riot
Depp des Jahres:
Peer Steinbrück
Gute Vorsätze für 2013:
Diesmal nicht!
ASTRID WEIST
Beste Neuentdeckung:
Christina Perri und Fun!
Größte Live-Überraschung:
Wallis Bird als Support von Boy im Exhaus Trier
Top 3 – Alben 2012:
Anna Depenbusch “Sommer aus Papier”
Gregor Meyle “Meile für Meyle”
Purple Schulz “So und nicht anders”
Flop 3 – Alben 2012:
Ich habe keine Zeit, mir schlechte Alben anzuhören!
Top 3 – Konzerte 2012:
Maria Mena Viktoria Tour im E-Werk Köln
Gregor Meyle live im Café Hahn in Koblenz
Philipp Poisel live in der Philharmonie Luxemburg (Meine Güte, was hat dieser Philipp Poisel nur was ich nicht habe??? Anm.d.Prakt.)
Flop 3 – Konzerte 2012:
Ich habe auch keine Zeit, mir schlechte Konzerte anzuhören!
Musikmoment des Jahres:
Auftritt mit dem Chorschatten beim Herbstkonzert in Fohren-Linden.
Held(en) des Jahres:
Alle, die trotz des angekündigten Weltuntergangs noch ein Apfelbäumchen gepflanzt haben.
Depp(en) des Jahres:
Alle, die sich freiwillig der öffentlichen Beurteilung durch Dieter Bohlen ausgesetzt haben.
Gute Vorsätze für 2013:
Zumindest nichts schlechter zu machen als 2012!
THOMAS WELSCH
Beste Neuentdeckung:
Witchcraft
Größte Live-Überraschung:
Billy Talent, 9.10., Düsseldorf
Top 3 – Alben 2012:
Motorpsycho & Stale Storloekken “The Death Defying Unicorn”
Baroness “Yellow & Green”
Deftones “Koi No Yokan”
Neil Young & Crazy Horse “Psychedelic Pill”
Torche “Harmonicraft”
Flop 3 – Alben 2012:
Brad “United We Stand”
Top 3 – Konzerte 2012:
Motorpsycho & Stale Storloekken, Leuven
Pearl Jam, Kopenhagen
Billy Talent, Düsseldorf
Flop 3 – Konzerte 2012:
keins
Musikmoment des Jahres:
Pearl Jam Konzert während “Baba O’Riley”.
BETTINA ZIMMERMANN
Beste Neuentdeckung:
Admiral Fallow
Jake Bugg
Größte Live-Überraschung:
Parov Stelar Band
Reptile Youth
Top 5 – Alben 2012:
Mumford & Sons “Babel”
Keane “Strangeland”
Of Monsters And Men “My Head Is An Animal”
Borko “Born To Be Free”
The Lumineers “The Lumineers”
Flop 3 – Alben 2012:
The Killers “Battle Born”
Placebo “EP3 (EP)”
Billy Talent “Dead Silence”
Top 5 – Konzerte 2012:
Mumford & Sons – Hurricane Festival, Scheeßel
Two Door Cinema Club – Große Freiheit 36, Hamburg
Nada Surf – Markthalle, Hamburg
Keane – Docks, Hamburg
Beatsteaks – FM4 Frequency Festival, St.Pölten Österreich
Flop 3 – Konzerte 2012:
New Order – Hurricane Festival, Scheeßel
The Stone Roses – Hurricane Festival, Scheeßel
Hey Rosetta! – Haus 73, Hamburg
Bestes Festival:
Open Air – Hurricane Festival Scheeßel
Clubfestival – Reeperbahn Festival Hamburg
Musikmoment des Jahres:
Musikpreis HANS in Hamburg
Enttäuschung des Jahres:
Konzertabbruch von Placebo nach nur einem Song auf dem FM4 Frequency Festival.
Held des Jahres:
RIP Oscar Niemeyer (Architekt von Brasilia)
Depp(en) des Jahres:
Rücksichtslose Zuparker in meiner Straße.
Gute Vorsätze für 2013:
Mehr und vor allem regelmäßig Erholungsurlaub (Urlaub? Was ist Urlaub? Anm.d.Prakt.)!
Kein Alkohol, kein THC, keine Ideen. So in etwa sah es vor gut einem Jahr im Leben des Neil Young aus. Er hörte auf seinen Arzt und ließ von den Drogen ab, in einem Alter, in dem man normalerweise in Rente geht. Was folgte war eine handfeste Schreibblockade. Die Songs wollten nicht mehr aus seiner Feder fließen, anders als es über 4 Jahrzehnte und über 30 Studioalben der Fall war. In dieser Situation begann er, seine Autobiographie zu schreiben, in der er über 500 Seiten mehr plauderte als ernsthaft zu schreiben, wie ein Rezensent bemängelte. Diese Form der plaudernden Selbstreflektion hatte aber den Effekt, in den alten Zeiten zu schwelgen und sich seiner früheren Stärken zu vergewissern. Ein Ergebnis daraus ist jetzt zu bewundern, das Album “Psychedelic Pill”, das er zusammen mit seinen langjährigen Weggefährten von Crazy Horse eingespielt hat. Nach vielen durchwachsenen Veröffentlichungen der letzten Jahre ist diese Doppel-CD (bzw. 3-fach-Vinyl) ein echter Leckerbissen.
Schon der Titel des Openers “Driftin’ Back” zeigt, wohin der Blick gewandt ist, nämlich in die musikalische Vergangenheit. Dieser epische Song beginnt mit akustischem Intro, bevor Crazy Horse auf ihre unverwechselbare Art das Ruder übernehmen und es für eine knappe halbe Stunde nicht mehr aus der Hand geben. Wie so oft in der Geschichte der vier Musiker liegt die besondere Wirkung in der knappen Dosierung. Zwei Akkorde müssen über weite Teile des Stückes reichen. Passend dazu singt Neil Young von seinem “Mantra” und seiner “Meditation”, womit der Charakter des Songs sehr gut beschrieben ist. “Psychedelic Pill”, der namensgebende Track des Albums, wird in zwei Varianten dargeboten. In seiner ersten Fassung sind Gitarren und Gesang so verzerrt, dass man meinen könnte, eine mp3-Version in zu geringer Bit-Rate zu hören. Natürlich ist diese Bemerkung nicht ohne Augenzwinkern gemeint, angesichts des fortdauernden Kampfes des Kanadiers gegen diese “Verunstaltung” seiner Songs (“When you hear my song now, you only get 5%”). Seine Lösung heißt PONO, ein verlustfrei komprimierendes Format samt dazu gehörendem Player. Die zweite Fassung von “Psychedelic Pill” verzichtet als Bonustrack auf die Effekte und ist die bessere.
Die Reise eines Paares entlang der Westküste Richtung Süden und gleichzeitig zu sich selbst beschreibt Young in “Ramada Inn”. Solche Erzählungen dargeboten in wunderbaren Liedern wie schon in “Powderfinger” erlebt, zählen zu seinen ganz großen Stärken. Wenn der vielstimmige Refrain “And every morning comes the sun” ertönt, wird es einem ganz warm um’s Herz. Nicht minder emotional ist “She’s Always Dancing”. Einziger Ausreißer in verschiedenster Hinsicht ist das vorweihnachtliche “For The Love Of Man”, das man getrost in der Schublade hätte lassen können. Anders als “Walk Like A Giant”. Was für ein Song! Was für eine Präsentation! Wenn der Gigant am Ende durch die Gegend stampft, wird dies durch das großartige Gitarrenspiel beeindruckend umgesetzt. Die fühlbare Schwere wird durch die Leichtigkeit der gepfiffenen Stellen kontrastiert. Eindeutig geht es hier um die Hippiezeit (“We saw the lights and spiritual shining”), ihre gesellschaftsverändernde Kraft (“Think about how close we came”) und ihre Ursünden (“Burn down all my ideas”). In jener Zeit fühlten sich die Protagonisten wie Giganten und der Wunsch “I wanna walk like a giant”, ist noch immer da. An solchen Stellen ist die Nostalgie des Albums sehr bestimmend. Erste Eindrücke hiervon kann man gewinnen, wenn man sich den Auftritt von Crazy Horse beim Global Citizen Festival im Central Park anschaut. Hier gab das Quartett einige der neuen Lieder zum Besten, wie u.a. “Born In Ontario” mit einem ordentlichen Schuss Americana. Auch in Europa darf man sich auf baldige Konzerte mit viel “Psychedelic Pill” freuen, vertraut man auf die Ankündigungen im Twitter-Interview.
Was nun letzten Endes dazu geführt hat, das “Psychedelic Pill” ein tolles Album geworden ist, bleibt Spekulation, aber eines ist klar. Neil Young kann auch ohne Alkohol und andere Substanzen kreativ sein. Er musste nur einen anderen Weg finden. Die dauerhafte Erinnerung beim Schreiben an vergangene Tage scheint ein wesentlicher Faktor gewesen zu sein. Und eine schon lange existierende Vermutung hat sich erhärtet: Neil Young ist immer dann am besten, wenn er Teil von Crazy Horse ist.
In netter Regelmäßigkeit versorgen die seit 2005 wiedervereinigten Dinosaur Jr. ihre Fans mit neuen Alben. “I Bet On Sky” ist in der neuen Zeitrechnung die Nummer drei und knüpft stilistisch an das gute “Beyond” und den noch besseren Vorgänger “Farm” an. Dennoch sind hier stilistische Elemente zu bestaunen, die man mit dem Trio aus Massachusetts bisher kaum in Verbindung brachte. Da begleitet die Akustik-Gitarre in angenehmer Gleichmäßigkeit einen Song wie “Almost Fare” oder Keyboards und funkiges Gitarrenspiel hauchen “Don’t Pretend You Didn’t Know” einen ganz besonderen Zauber ein. Auf Mascis’ berüchtigte wie geniale Ausbrüche an der oft alles dominierenden E-Gitarre wartet man vergebens. Er stellt sein Spiel ganz in den Dienst des Songs, was wunderbar funktioniert. Wohl dosiert setzt er dann auch ein hervorstechendes Riff ein, mit dem z.B. “Watch The Corners” gesegnet ist.
Über allem schwebt J’s unverwechselbare Stimme. Sein Timbre ist und bleibt das wesentliche Alleinstellungsmerkmal dieser Band. Und so gesehen findet ein Bruch nach dem begeisternden Beginn des neuen Werks mit “Rude” statt. Es stammt aus Lou Barlow’s Feder und mag mit seinem Punkbeat so gar nicht zum Rest der Songs passen. Ein komplett homogenes und harmonisches Werk ist von einer Band, die sich eher als Zweckgemeinschaft denn als Freundeskreis darstellt auch nicht zu erwarten. Mit ordentlich Wah-Wah findet “I Know It Oh So Well” wieder zurück ins Fahrwasser. Vor Energie strotzt “Pierce The Morning Rain”, das nicht nur wegen seiner Textzeile “I Bet On Sky” als Kern des Albums gewertet werden kann. Und um Lou Barlow nicht ganz im Schatten seines Frontmannes zu belassen: Sein zweiter Song “Recognition” weiß wirklich zu gefallen.
Einige Reminiszenzen an verschiedene Größen des Rock könnten in einem Review des vorliegenden Albums gezogen werden, jedoch soll an dieser Stelle nur eine benannt werden: Mit “See It On Your Side” sind Dinosaur Jr. so nah an Neil Young wie nie zuvor. Besser gesagt an ihm und Crazy Horse. Epische Gitarren und säuselnder Gesang, ein würdiger Abschluss eines inspirierten Werks. Alles gesagt? Nein, der dritte Mann im Bunde, Murph, darf nicht vergessen werden. Ohne ihn und seine mutmaßliche Rolle als sozialer Kit zwischen den Egos seiner Bandkollegen, gäbe es diese Combo wohl nicht mehr. Und damit auch ein so gelungenes Werk wie “I Bet On Sky” nicht. Danke, Murph.
Eine Blockhütte irgendwo am Rand der Prärie. An den Wänden hängt Indianerschmuck und ein ausgestopfter Büffelkopf. Schritte, schwere Stiefel. Ein Mann klopft sich den Staub von der Hose. Der Holzboden knarzt, als er sich in einen uralten Schaukelstuhl setzt, schwielige Hände eine Gitarre einstöpseln und er beginnt, mit rauer Stimme von Liebe, Freiheit, Leben und Tod zu singen. Nach und nach treffen seine Begleiter ein, die seit Wochen den grossen Viehtreck durch die Weiten des Mittleren Westens treiben. Abgekämpft aber mit einem Leuchten in den von der Sonne gegerbten Gesichtern. Denn sie wissen, dass sie heute abend zu ihren Wurzeln zurückkehren werden. Zu all den Protest-Songs, Balladen und Lagerfeuer-Liedern, die seit dem 19. Jahrhundert die Kultur ihres Landes geprägt haben. Sie packen ihre Instrumente aus den ledernen Satteltaschen und lassen die Vergangenheit wieder lebendig werden. Ihre Namen: Billy Talbot, Ralph Molina, Poncho Sampedro und Neil Young.
So ähnlich stellt man sich den Ursprung von “Americana” vor. Dem ersten Album von Neil Young & Crazy Horse seit fast neun Jahren. Doch eigentlich ist es gar kein neues Album. Es ist eine Sammlung klassischer amerikanischer Folksongs. Neil Young hat sie auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt. Auf seine Weise. Dass die manchmal etwas speziell ist, hat er schon des öfteren bewiesen. Alleine seine etwas tonlose, nahezu scheue Art des Gesangs kann man entweder mögen oder hassen. Dazwischen gibt es… nichts. Unbestritten ist, dass sich Neil Young in den vergangenen 46 Jahren, seit er mit Buffalo Springfield erstmals von sich hören ließ, als Rockmusiker quasi unsterblich gemacht hat. Wem verdanken wir sonst solche Kultsongs wie “The Needle And The Damage Done”, “Heart Of Gold”, “Like A Hurricane” oder “Hey Hey, My My”? Genau! Und ich persönlich werde ihm ewig dankbar dafür sein, dass er 1995 Pearl Jam vor der Auflösung bewahrte. Nun hat er sich also 200 Jahre Amerika vorgenommen.
Standesgemäß eingeläutet werden die elf Songs von “Oh Susannah”, jenem Stück von Stephen Foster, dem Tim Rose 1963 den entscheidenden Kick in Richtung Folkrock gab. Auch das legendäre “This Land Is Your Land” von Woody Guthrie werden viele kennen, hier allerdings in der Version mit den originalen, weithin missinterpretierten “entfernten” Strophen. Und “Get A Job” vielleicht noch von The Silhouettes aus den 50er Jahren. Der Rest ist ganz tief aus der Kiste mit der Aufschrift “Historisch” gekramt, so tief, dass der Autor teilweise nicht mehr festzustellen war. Etwa das fröhlich vor sich hin galoppierende “Gallows Pole”, das unglaublich coole “High Flyin’ Bird” oder das tieftraurige “Wayfarin’ Stranger”. Hier und da klingt das leicht verschroben, rumpelig, scheppernd. Mit jenen typisch zwirbelnden Gitarren, die Neil Young einst “erfunden” hat und nicht etwa die Schar seiner halbstarken Imitate, die Anfang der Neunziger dachte, sie hätte mit dem “Grunge” die Musikwelt neu definiert. Dazu grantelt er Texte ins Mikrophon, die von Mördern, verlorenen Kindern oder verschütteten Minenarbeitern handeln. Aber: Er tut all dies mit aufrichtigem Respekt, grenzenloser Liebe und unbändiger Spielfreude. Immer wieder hört man die Band zwischendurch lachen oder Young, der ihnen ein “It goes into a good groove” hinterher hustet.
Im Booklet, das in Form eines kleinen Buches gestaltet ist, erfährt man zudem noch so manches interessante Detail zur Entstehungsgeschichte der einzelnen Songs. Wer von euch wußte zum Beispiel, dass “God Save The Queen”, die heutige Nationalhymne des Vereinigten Königreichs, einst als Beinahe-Nationalhymne der USA fungierte, bevor sie im Jahr 1931 offiziell von “The Star Spangled Banner” abgelöst wurde? Sogar das Coverfoto wird geschichtlich akkurat einsortiert. Es zeigt den Indianerhäuptling Geronimo, wie er mit ein paar dämlich grinsenden Gefährten am 11. Juni 1905 auf einem “Locomobil” posiert, einer Mischung aus Auto und Zug.
Andere hätten wahrscheinlich bereits bei der bloßen Vorstellung das Kulturerbe Amerikas in 57 Minuten Musik packen zu müssen, schweißnasse Hände bekommen. Nicht so Neil Young. Er tut dies mit der ihm eigenen Selbstverständlichkeit, Souveränität und Bescheidenheit. Deshalb durfte er und auch nur er dieses Album machen. Keep on rockin’ in the free world!