Sex, Tod und Rock’n’Roll

Kaum war Yungblud für Rock am Ring 2023 bestätigt, war das Geschrei groß: Was das denn bitteschön mit Rock zu tun habe, wurde gefragt. Dabei muss man sich nur das aktuelle, selbst betitelte Album des Briten aus Doncaster anhören, um die Antwort zu kennen.

Innerhalb kürzester Zeit ist Dominic Richard Harrison – so sein bürgerlicher Name – vom unbekannten Nobody zum Aushängeschild der Generation Z geworden und gilt seither als Sprachrohr der Weirdos, Freaks und Außenseiter. Mit seinem dritten Studioalbum “YUNGBLUD” eroberte der Sänger, Songwriter und Musiker jetzt Platz 3 in den offiziellen Deutschen Albumcharts und toppte damit alle seine bisherigen Veröffentlichungen.

Der Erfolg kommt nicht von ungefähr. Das bisherige Jahr war wild für Yungblud: Er hat den Ku’damm in Berlin mit einer Überraschungsperformance lahmgelegt, das Studio von “Late Night Berlin” in eine Abrissparty mit 65 Fans verwandelt, wurde am selben Abend symbolisch zum CEO von TikTok gekürt und ging kurze Zeit später auf ausverkaufte Deutschlandtournee. Kein Geringerer als Ozzy Osbourne erklärte sich bereit, in einem seiner Musikvideos mitzuspielen, und vom legendären Mick Jagger bekam er eine Gitarre geschenkt.

Yungblud bietet starken Alternative Rock mit Vocals, die nicht von ungefähr an Billy Idol erinnern. Energisch hangelt er sich durch zwölf starke Songs mit Ohrwurmcharakter. Der Opener „Funeral“ erzählt mit typisch sarkastischem Text von einem Traum, bei der der Protagonist auf seiner eigenen Beerdigung tanzt, bei der er der einzige Gast ist. Das mag Hinweis auf seine depressive Erkrankung sein – und doch lässt er sich nicht in Melancholie aus sondern liefert großartige Uptempo-Songs.

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In „Tissues“ lässt er sich zu Tanzrhythmen aus und bei „Memories“ wird er von Sängerin Willow unterstützt. Das klingt nach stürmischem New Wave der 80er Jahre. Erst mit der Rockballade „Cruel Kids“ wird es in Ansätzen ruhiger und auch „I Cry 2“ zeigt den Songwriter mit sanfter Stimme, die trotzdem nicht gerade smart, sondern verlebt und sehr erwachsen klingt.

„Sweet Heroine“ ist seiner Freundin gewidmet, die ihm aus einer dunklen Lebensphase rausgeholfen hat. „Sex Not Violence“ klingt, als träfen Green Day auf Coldplay – und das mit expliziten Texten, die eine beliebte Nebenbeschäftigung besingen. „Don’t Go“ bewegt sich überzeugend in Richtung Punk und erweitert gekonnt die rockige Palette, die mit „Don’t Feel Like Feeling Sad Today“ im Stil der Ramones weiter geführt wird und sein Rezept beschreibt, mit depressiven Phasen fertig zu werden.

Der Abschluss „The Boy in the Black Dress“ ist mit über vier Minuten der längste Track und schließt das Album sehr persönlich ab, geht es doch um Schlüsselmomente seines Lebens: das erste Mal, dass er geschlagen wurde, das erste Mal, als er von einem Lehrer wegen seines Make-ups verspottet wurde, das erste Mal, als er einen Shitstorm im Internet erlebte.

Yungblud trägt viel Energie in sich und versteht es, diese zu vermitteln. Den weltweiten Durchbruch hat er durch seine Liveauftritte geschafft – und das dritte Album beschreibt die dahinter stehende Lebensphilosophie.

Fotocredit: Tom Pallant