Amphitheater Trier: Zum Finale kam der Gentleman
Es war ein toller Ausklang für das diesjährige Festival im kultigen Amphitheater Trier, veranstaltet von Popp Concerts. Das Aushängeschild des deutschen Reggae himself, Tilmann Otto aka Gentleman, gab sich die Ehre.
Recht unterschiedliche Musikrichtungen gab es im Jahr 2018: Wir haben schon über Chris de Burgh und Amy Macdonald berichtet, außerdem über die „Nacht der Spielleute“ mit drei Mittelalter-Bands. Tag 4 aber sah den entspanntesten Abschluss vor, den man sich vorstellen kann.
Als Support war die Band Indianageflüster am Start, quasi Lokalmatadoren aus dem Hunsrück. Das Quintett spielte Indierock mit Rap-Einlagen. Allein das ist schon recht speziell, doch wirklich erstaunlich war der Einsatz eines Cellos, das dem bisweilen recht sphärischen Klangteppich eine ganz besondere Note verlieh. Bisher wurde eine 5-Track-EP mit dem Titel „Stille Post“ veröffentlicht. Ein Album ist noch für das laufende Jahr geplant. Der ungewöhnliche Sound ließ auf jeden Fall aufhorchen und Songs wie „Laut“ und das orientalisch angehauchte „Mariohbama“ kamen beim Publikum gut an. Nach einem 30minütigen Set und dem rap-lastigen Abschluss gab es ordentlichen Achtungsapplaus.
Der Umbau für Gentleman ging schnell vonstatten. Ungewöhnlich war aber, dass er nicht direkt selbst auf die Bühne kam, sondern das Feld zunächst für zwei soulige Songs seinen Backgroundsängerinnen überließ. Das zeigte, wie sehr sich der Künstler aus Köln-Sülz selbst zurücknehmen kann. Das zog sich durch den kompletten Abend, der immer wieder Raum für die Band und begleitende Künstler ließ: Gentleman ist ein Mann ohne Eitelkeiten.
Als international gefeierter Star der Reggae-Szene steht er auf dem Zenit seiner Karriere und ist durch seine zahlreichen Jamaikaaufenthalte und Kollaborationen mit unterschiedlichsten jamaikanischen Musikern tief verwurzelt in der Kultur der Karibikinsel. Gentleman hat in seiner über 20jährigen Bühnenkarriere schon in etlichen Ländern gespielt und manche Pionierarbeit für sein geliebtes Genre geleistet. Das wissen die Fans zu schätzen – und fast 3.000 davon feierten ihn in Trier ordentlich ab. Zu Beginn war es noch etwas träge bei den üblichen Mitmachübungen, doch die Songs von Revolution und Freiheitskämpfern zeigten Wirkung – ebenso wie der Gruß an den einsamen Ordner im Hang. Gentleman freute sich über die „unfassbar geile Location“ und vergaß auch nicht, Triers Status als älteste Stadt Deutschlands zu erwähnen: „Wann ist ne Stadt ne Stadt? Wenn die Musik anfängt!“
Die Musik von Gentleman war bisweilen schon poplastiger, als er ein „MTV unplugged“ ablieferte und bei „Sing meinen Song“ mitmischte. Die momentane Tour aber feiert die Rückkehr zu purem Reggae mit Stücken wie „Sin City“, „To The Top“, „Superior“ und „Runaway“ – immer auf die Vollen, nur ab und zu unterbrochen durch ein leises Piano oder eine Beatbox-Einlage.
Gentleman war nah am Publikum. Er suchte den Kontakt, nahm ein Bad in der Menge, lobte den Fan Sebastian aus der ersten Reihe, der auffiel, weil er auch die kompliziertesten Textzeilen mitsang. Und Gentleman war sich auch nicht für ein spontanes Duett zu schade, das dann viel besser ausfiel, als man erwartet hätte. Ganz sympathisch grüßte er seine Eltern, die an diesem Abend im Publikum waren. Und er machte fortwährend Werbung für die Organisation „Viva con Agua“, die mit mehreren Leuten vor Ort war, um leere Pfandbecher als Spenden einzusammeln und so den Bau von Trinkwasserbrunnen in armen Ländern zu ermöglichen.
Solche Gesten zeugen davon, dass Gentleman in seinem ganzen Auftreten sehr stimmig ist. Er nimmt die Menschen mit, feiert Party, hat aber auch Zeit für nachdenkliche Töne. Das Konzert in Trier war ein großartiges Ereignis und seine Musik passte perfekt zu dem Sommerabend, der von den Temperaturen nicht ganz so heiß war wie die Tage zuvor. Für das Schwitzen sorgte Gentleman mit einer energiegeladenen Performance, die alle mitriss. Ein schöner Abschluss für ein geniales Festival.