Am 24. Februar waren Lupid schon einmal in Trier. Damals noch als Support von Wincent Weiss. Ich fand ihre Performance schon bei diesem Kurzauftritt bemerkenswert, so dass ich mich sehr über den erneuten Auftritt in Trier freute. Diesmal auf eigener Tour, die sie nach vier Terminen in Berlin, Hamburg, Bielefeld und Frankfurt schlussendlich in das Jugend- und Kulturzentrum Mergener Hof in Deutschlands ältester Stadt führte.
Eigentlich stand dieser Auftritt unter keinem guten Stern: Ein stark erkälteter Sänger. Eine überschaubare Zuschauerzahl. Und doch sollte es ein denkwürdiger Tourabschluss werden. Es war spürbar, wie alle Anwesenden restlos begeistert waren.
Das begann schon mit dem Support, der Künstlerin Ela. aus dem Saarland, die inzwischen ihre Wahlheimat in Berlin gefunden hat. 70 Zuschauer hatten sich zum Konzert eingefunden, das bereits um 18.30 Uhr begann. Und die waren alle pünktlich am Start und feierten Ela. bereits heftig ab, als ich mit drei Minuten Verspätung im Veranstaltungsort eintraf. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass es etwas gedauert hat, bis der Groschen fiel: Ela. ist die Sängerin der Band Elaiza, die im Jahr 2014 Deutschland beim Eurovision Song Contest vertrat. Damals sang sie noch in englischer Sprache. Jetzt aber versucht sie sich mit deutschen Texten – eine gute Wahl!
Ihr Akustik-Pop erklang im Mergener Hof wunderbar gefühlvoll und sie begleitete sich selbst am Keyboard. Mit viel Seele und absolut sauber in den hohen Tönen sang sie Titel wie ihren neuen Song über die Entfremdung alter Freundschaften „Scharade“, der am 30.11. erscheinen wird, und die aktuelle Single „Immer noch“ mit energischen Lyrics und der gewinnenden Textzeile „Ich trink auf dein leeres Gelaber“.
Man spürte die Erfahrung, die Ela. als junge Künstlerin schon mit sich bringt. In der Art, wie sie das Publikum zur Percussion per Fingerschnipp motivierte. Und anhand ihrer sympathischen Ansagen. Ela. hatte T-Shirts, Tassen und selbst designte Aufkleber dabei, worauf sie sehr stolz war. Von Starallüren keine Spur – der ESC ist ihr nicht zu Kopf gestiegen. Sie schaute sich Lupids Auftritt aus dem Zuschauerraum an, brachte dem armen Tobi Tee zur Bühne, war lange am Merchandise-Stand präsent, unterhielt sich mit den Leuten und stand für Fotos zur Verfügung. Schön!
Vor dem überaus jungen Publikum starteten Lupid dann schon um 19.15 Uhr. Anwesend waren einige Kinder mit ihren Eltern (die die Band vermutlich bei Wincent Weiss erstmals gesehen hatten) und viele Mädels im Alter zwischen 15 und 25 Jahren, die standesgemäß die ersten Reihen vor der Bühne einnahmen und dafür sorgten, dass echtes Konzertfeeling aufkam. Im Gegensatz zu manchen schwach besuchten Konzerten, bei denen Band und Publikum so ängstlich auf Abstand gehen.
Erstaunt war ich, als Sänger Tobias Hundt während des ersten Titels das Mikro von sich weg hielt, sein Gesang aber munter weiter durch die Boxen schallte. Was hatte die den geritten? Playback? Doch die Erklärung folgte auf den Fuß: Mit fast schon krächzender Stimme erzählte Tobias von seiner Erkältung und dass er den ganzen Tag im Krankenhaus verbracht habe. Trotzdem wollte er den Gig nicht ausfallen lassen und griff auf eine eingespielte Gesangsspur zurück. Das war absolut verständlich und wurde vom Publikum (als Kompliment an die Ehrlichkeit) mit großem Applaus aufgenommen – auch um den Künstler zu ermutigen. Andernfalls hätte das Konzert ausfallen müssen. Logisch.
Die Doppelstimme tat der Stimmung auch keinen Abbruch. Die vier Bandmitglieder (inklusive des Live-Gitarristen) verausgabten sich von Anfang an und lieferten bereits mit der zweiten Nummer „Was soll schon passieren“ einen Hit zum Abgehen. Musikalisch war es allererste Sahne, was das Quartett bot. Elektronische Klänge, aber auch starke Rockgitarren. Die Melodien waren eingängig und wurden textsicher vom Publikum mitgesungen. Vor allem Balladen wie das atmosphärische „Winter“ und der Abschieds-Lovesong „Sag meinen Namen“ berührten die Herzen.
Und es sollte noch heimeliger werden, als Tobias ein „Lagerfeuer“ ankündigte. Das war ein Leuchtstab inmitten des Publikums, um den sich der Sänger und zwei Bandmitglieder mit Trompete und Akkordeon versammelten, um zwei Lieder akustisch anzustimmen. Es war die Magie des Augenblicks, die diesen Moment so besonders machte. Akustisch bedeutete natürlich , dass der erkrankte Tobias mit belegter Stimme selbst sang – und das erstaunlich gut über die Bühne brachte. Wo er zu leise wurde, war das Publikum um so lauter, und die Titel „Träum mich zurück“ sowie „Revanche“ wurden zu Konzerthighlights, die einige Tränchen kullern ließen.
Zurück auf der Bühne gab es den Titel „Der Trick ist zu atmen“ als optimistischen Wegweiser für Menschen, denen es wirklich schlecht geht. Und „Aus allen Wolken“ für die unglücklich verliebten Pubertierenden im Publikum – mit dem ernst gemeinten Hinweis, vorsichtig mit Selbstbräuner umzugehen. Als neuen Song gab es „Happy End“, ein berührendes Duett mit Ela., das durchaus das Zeug zum nächsten kleinen Hit der Band hat.
Ein Tourabschluss ist immer etwas besonders, auch wenn die Tour nur fünf Tage gedauert hat. So hatten Lupid einen weiblichen Fan ausgemacht, der alle Konzerte besuchte. Und sie ließen ein besonderes Tour-Shirt für die junge Dame anfertigen, das alle Daten plus Kilometer-Angaben enthielt. Eine gelungene Überraschung. Doch auch die Band bekam Geschenke. Zwei weibliche Fans hatten das Lupid-Logo als Leuchtbild nachgebastelt, das einen Ehrenplatz am Keyboard bekam. Und zum Song „Heim“ gab es eine spezielle Fanaktion: Man verteilte Zettel mit der Textzeile „Nirgendwo anders wollen wir sein“, die alle in die Höhe hielten. Da blieb dem überwältigten Tobi endgültig die Stimme weg.
Nach 80 Minuten endete das denkwürdige Konzert zwar ohne Zugabe aber mit Lupids größtem Hit „Am Ende des Tages“, für den Publikum und Sänger (nach dem Motto: scheiß auf die Stimme, die Tour ist vorbei) nochmal alles aus sich raus holten. Ich kann guten Gewissens sagen, dass die Anwesenden diesen Abend nicht so schnell vergessen werden. Und wenn Lupid nochmal den Weg nach Trier finden, wünsche ich ihnen ein deutlich größeres Publikum. Verdient haben sie’s allemal.