ASP: „Zaubererbruder – Live & Extended“ – zum 10. Jubiläum

Die sorbische Sage um den Zauberlehrling Krabat ist hierzulande hauptsächlich durch den gleichnamigen Roman Ottfried Preußlers und dessen Realverfilmung aus dem Jahr 2008 bekannt. Der Stoff inspirierte allerdings auch zahlreiche andere Künstler – unter anderem die deutsche Rockband ASP zu ihrem ebenfalls 2008 veröffentlichten Doppelalbum „Zaubererbruder –  Der Krabat-Liederzyklus“. Zum 10jährigen Jubiläum brachten ASP das Werk letztes Jahr erstmals live in voller Länge auf die Bühne und tourten damit erfolgreich durch Deutschland. Der Mitschnitt dieser ungewöhnlichen Tour ist nun als „Zaubererbruder – Live & Extended“ auf CD erhältlich.

Der ursprüngliche Liederzyklus wurde für die Bühnenfassung  um drei neue Stücke sowie eine abschließende Lesung erweitert. Außerdem unterstützen drei Gastmusiker die Band: Nikos Mavridis begeistert mit virtuosem Violinenspiel, Thomas Zöller verleiht mit Dudelsäcken, Tin Whistle und Concertina den Songs den nötigen Folk und Patty Gurdy verzaubert mit ihrem Gesang als Krabats Geliebte Kantorka und sorgt außerdem mit ihrer Drehleier für einen besonderen Sound. So wird der kraftvolle düstere Rock von ASP erweitert zu einem atmosphärischen und abwechslungsreichen Klangerlebnis, und der Zuhörer wird ganz in den Bann der fesselnden Geschichte gezogen.

Die Hauptrolle spielt dabei eindeutig Frontmann Asp Spreng, der nicht nur die Lieder unglaublich intensiv und eindrücklich interpretiert, sondern auch mit den passenden Ansagen und Überleitungen durch den ganzen Konzertabend führt. So erleben wir Krabats Zeit als Betteljunge mit und wie er zur Teufelsmühle kommt, wo der Meister seinen Lehrlingen nicht nur das Müllerhandwerk, sondern auch die Zauberkunst beibringt – eindrucksvoll demonstriert in „Denn ich bin der Meister“. Jedes Jahr in der Osternacht allerdings muss einer der 12 Lehrlinge sterben, um das Leben des Meisters zu verlängern und Platz für einen Neuen zu machen, wie wir im rockigen“ Elf und Einer“ und dem neuen Lied „Geh und heb dein Grab aus, mein Freund“ mit seinem starken Acappella-Intro erfahren.

Bis dahin deckt sich die Geschichte mit Preußlers Roman, doch während dort Krabat durch seine Geliebte Kantorka erlöst wird und mit ihr fliehen kann, dürfen sich hier die Liebenden zwar mit dem stimmungsvollen Duett „Mein Herz erkennt dich immer“ ihre Liebe schwören, doch sie werden entdeckt und Kantorka vom Meister getötet. Krabat verlässt die Mühle und zieht in den Krieg, den ASP übrigens nicht mit eigenen Worten, sondern mit dem traditionell überlieferten Volkslied „Der Schnitter Tod“ beschreiben. Krabat überlebt und kehrt nach langen Wanderjahren schließlich zur Teufelsmühle zurück, wo „Der geheimnisvolle Fremde“ den Meister bezwingt – im erstaunlich beschwingten Dreivierteltakt – und gemeinsam mit den Zauberlehrlingen die Mühle vernichtet. „Am Ende“ blickt Krabat nachdenklich auf sein Leben zurück und fragt sich in der Lesung „Das andere Ende“ sogar, ob er sich überhaupt richtig erinnert und die Teufelsmühle nicht eigentlich noch steht.

Soweit die Geschichte „Zaubererbruder“ – das Konzert wird aber noch abgerundet mit der Zugabe „Die Untiefen“ vom Album „Zutiefst“ und dem bewegenden Abschiedslied „Nehmt Abschied / Auld Lang Syne“.

Die Veröffentlichung „Zaubererbruder – Live & Extended“ hat ein ganz besonderes Live-Erlebnis eingefangen und lässt sich auch völlig unabhängig vom restlichen ASP-Universum genießen, einfach wegen der spannenden Geschichte und der tollen Atmosphäre.

Besonderes Lob verdient darüber hinaus die Gestaltung dieses Live-Albums in Form eines kleinen Buches, in dessen Buchdeckeln sich die zwei CDs verbergen und das im Innenteil neben den umfangreichen Liedtexten auch zahlreiche stimmungsvolle Fotos der Tour enthält, die erahnen lassen, dass die Konzerte auch visuell sehr beeindruckend gewesen sein müssen. Insgesamt also eine lohnende Anschaffung – für ASP-Fans allemal, aber auch für alle, die sich für die Krabat-Sage interessieren und düsterem Folk-Rock nicht ganz abgeneigt sind.