Michael Patrick Kelly – Open Air vor der Porta Nigra in Trier
Drei Tage lang war die altehrwürdige Porta Nigra in Trier wieder Schauplatz für unterschiedliche Musikrichtungen. Am Donnerstag, 14.6., stellten Madsen ihr neues Album „Lichtjahre“ vor. Am Freitag, 15.6., war Gangsta-Rapper Kontra K am Start, der kürzlich sein drittes Nummer-1-Album in Folge veröffentlicht hat. Und weil das Beste immer zum Schluss kommt, beendete am 16.6. Michael Patrick Kelly die Auftrittsreihe in Trier.
2900 Zuschauer sind seinem Ruf gefolgt. Damit war die Veranstaltung ausverkauft. Und der Wettergott meinte es gut. Zwar hatten viele Fans sich vorsorglich mit Regenkleidung ausgestattet, doch das war nicht erforderlich. Sonnenschein und weit über 20 Grad – so beginnen legendäre Sommerabende.
Michael Patrick (oder Paddy, wie Fans ihn aus alter Tradition heraus immer noch nennen) legte um 20 Uhr einen sehr rockigen Start hin. Eine Vorband zum Einheizen hat er nicht nötig. Die Stimmung war schon beim zweiten Song „Golden Age“ auf dem Siedepunkt und man konnte rundherum beobachten, wie Paddy die Generationen vereint. Viele Kinder waren mit dabei, die von ihren Eltern auf den Schulter getragen wurden. Das vermerkte Paddy schon sehr früh in seinen Ansagen.
Bei den Hallenshows hatte er noch viel mit LCD-Leinwänden und Einspielern gearbeitet. Doch vor der imposanten Kulisse der Porta Nigra braucht man solchen Klimbim nicht. Paddy stand immer in engem Kontakt zum Publikum und stellte seine Songs vor, die hauptsächlich vom Album „ID“ stammten, beispielsweise die neue Single „Roundabouts“ und das rhythmische „A Little Faith“. Die Fans waren gut vorbereitet: Anhand der Flaggen, die bei „Flag“ geschwenkt wurden, ordnete der Künstler seine Zuschauer den verschiedenen Ländern zu. Holland, Luxemburg, Belgien, Schweden und auch Köln waren vertreten.
Es machte keinen Unterschied, ob man nur aus nostalgischen Gründen anwesend war. Auch Kellys neue Musik ist mitreißend und eingängig. Trotzdem gab es ein kleines Medley für Nostalgiker, das Paddy mit den Worten „Kotzeimer sind hier links“ ankündigte. Danach versuchte er, nochmal die Kurve zu bekommen und meinte: „Bei so alten Songs kommt ja so manches hoch“ – aber auch dieser Vergleich war etwas ungünstig angelegt, wie das Gelächter im Publikum zeigte. Auf jeden Fall gab es ein Medley der Kelly Family (beginnend mit „An Angel“) das von vielen, vor allem weiblichen Fans mit spitzen Schreien bejubelt wurde.
Michael Patrick hielt sich aber nicht lange in der Vergangenheit auf. Im Gegenteil. Der Härtegrad in der Musik wurde ordentlich hoch gefahren. Zeitweise waren vier laute Gitarren im Einsatz und es gab Kracher wie „No Fuzz, No Buzz, Back To Rock’n’Roll“, das sich bisweilen sehr nach The Doors anhörte. Ein ganz neuer Song fand sich auch im Gepäck: „Land Of Bliss“ vereint die Historie von Julius Caesar und Jesus Christus und passte demnach perfekt in das Konzert zwischen römischem Stadttor und Apostelgrab, wie Paddy ehrfürchtig vermerkte. Der richtige Ort für die Livepremiere.
„Requiem“ erzeugte Gänsehaut als Hallelujah-Ballade, die er verstorbenen Künstlern, allen voran Avicii und Dolores O’Riordan, widmete. „Run Jump Fly“ holte dann alle wieder in die Gegenwart zurück. Vielseitigkeit ist Trumpf, wenn Paddy auf der Bühne steht. Seine fulminante Band, die nicht mit Gitarren- und Percussion-Soli geizte, tat ihr Übriges dazu. Bei „Higher Love“ begab sich der Sänger ans Piano, die neue Single „Et Voilà“ wurde vorgestellt, die stellenweise auch von Ed Sheeran stammen könnte, und zu „Friends R Family“ gab es ein ausgiebiges Bad in der Menge.
Michael Patrick Kelly war ohnehin ständig in Bewegung und suchte Kontakt zu den Fans in den ersten Reihen. Hier aber verließ er die Bühne ganz, ging zwischen die Zuschauer, schüttelte Hände und umarmte – und orderte an der Theke sechs Bier für die Band. Danach gab es gar echtes Crowdsurfing und Paddy ließ sich von seinen Fans auf Händen tragen.
Solchen hymnischen und ausufernden Momenten stand dann die Stille gegenüber, die manche Songs erzeugten und die er mit viel Herz zelebrierte. Aus „Sing meinen Song“ hatte Paddy Titel von Gentleman und Mark Forster mitgebracht. „Memories“ war ein sehr trauriger Song, den Gentleman für einen verstorbenen Freund geschrieben hat. Und „Flüsterton“ glänzte als einziger deutschsprachiger Titel des Abends. Wunderschön und sanft eingesungen. Und was die Porta Nigra auch noch nicht erlebt hat: Im Anschluss rief Paddy zu einer Schweigeminute auf. Es wurde also nicht applaudiert, sondern geschwiegen. Was auch ziemlich gut funktionierte – bis auf die üblichen Hintergrundgeräusche aus der Ferne. Ein einzigartiger, besinnlicher Moment auf einem so groß und breitwandig angelegten Konzert. Das zeugte von echter Größe.
Am Ende sollte Michael Patrick Kelly fast drei Stunden auf der Bühne gestanden haben. Das sind Dimensionen, die man höchstens von BAP kennt. Vor den Zugaben erklang der Hit „ID“. Das eingängige „Shake Away“ wurde ausgiebig mit dem Publikum gefeiert und „Last Words“ beendete um 22.20 Uhr den Hauptset.
Ein nachdenklicher und dadurch sehr authentisch wirkender Paddy sagte die Zugabe mit berührenden Worten an, als er von einer Zeit sprach, in der er die Lust an der Musik und auch am Leben verloren hatte. Diese Zeit führte ihn fünf Jahre in ein Kloster und es sei Gott persönlich gewesen, der ihn zurück auf den Weg der Musik geführt habe. Als Hommage an „The Almighty“ sang er dann den spirituellen Song „Holy“ und im Anschluss das melancholisch-hoffnungsvolle „Hope“. Der besinnliche Abschluss war ein großartiges Ende für den lauen Sommerabend, der die Zuschauer um 22.45 Uhr in die Straßen Triers zurück führte.
Es macht einfach Spaß, Konzerte vor den Römerkulissen in Trier zu genießen. In den Kaiserthermen finden leider nur noch selten Veranstaltungen statt, aber man darf sich auf die Juli-Konzerte 2018 im Amphitheater freuen. Das wird ein Fest:
- 25.7.2018 Chris de Burgh
- 26.7.2018 Amy Macdonald
- 27.7.2018 „Die Nacht der Spielleute“ mit Saltatio Mortis, Versengold und Feuerschwanz
- 28.7.2018 Gentleman