PORTA HOCH DREI: Fantastische Abende mit Rock, Pop und Weltmusik in Trier

Auch in 2023 wurde vor der altehrwürdigen Porta Nigra in Trier wieder eine der schönsten Kulissen Europas bespielt. Das war in der Vergangenheit stets ein optischer und akustischer Genuss und die Reihe „PORTA HOCH DREI“ hat sich seit Jahren fest in der ältesten Stadt Deutschlands etabliert. Traditionell wurde die „DREI“ im Titel der Open-Air-Reihe nicht so ernst genommen, denn von Mittwoch bis Samstag sollten gleich vier Topacts die Bühne stürmen, bevor am Sonntag das Philharmonische Orchester des Trierer Theaters sein traditionelles Picknick-Konzert gibt.

Den Anfang machte am Mittwoch, 14.6.2023, der Mann der Stunde: Peter Fox. Eigentlich muss man ihn gar nicht vorstellen, doch es sind immerhin 15 Jahre vergangen, seit sein erstes Soloalbum „Stadtaffe“ durch die Decke ging. Pierre Baigorry ist im Hauptberuf einer von inzwischen nur noch zwei Frontmännern der Berliner Reggae-Crew SEEED. Doch solo konnte er 2008 den Erfolg der Band gar noch toppen, hatte er doch ein Konsensalbum vorgelegt, das in allen Generationen seine Fans fand. Aber Peter Fox stieg der Erfolg nicht zu Kopf. Er kehrte nach einer umjubelten Tour brav zu SEEED zurück und teilte sich die Bühne wieder mit den Kollegen. Lange sah es so aus, als würde „Stadtaffe“ ein Einzelstück bleiben, doch nach 15 langen Jahren meldete sich Peter Fox wieder zurück. Wie groß die Vorfreude im Land war, zeigten die euphorischen Reaktionen auf die vorab veröffentlichte Single. „Zukunft Pink“ hielt sich im Oktober letzten Jahres insgesamt fünf Wochen auf Platz 1 der Offiziellen Deutschen Singlecharts – und im Mai 2023 folgte endlich das zweite Album mit dem schlichten Titel „Love Songs“.

Fotocredit: Simon Engelbert

Die ersten vier Songs beim ausverkauften Open Air vor der Porta Nigra in Trier waren dann auch neue Stücke, die viel sanften Groove in sich trugen. Peter Fox und sein Publikum waren in Topform. Er hatte eine formidable Band mit zwei Backgroundsängerinnen dabei und spätestens als die vertrauten Klänge von „Kopf verloren“ erklangen, wurde die Stimmung noch besser – keiner musste sich mehr Sorgen machen, dass das alte Album zu kurz kommt. Ein erstes Highlight war „Schwarz zu blau“, das ungewöhnliche Liebeslied an Berlin. Und der Song schlug in vielerlei Hinsicht gekonnt die Brücke von Trier nach Berlin. Nicht nur, dass sich jetzt eine Reihe von SEEED Songs im Set fanden. Peter Fox machte die Bühne vor der Porta kurzerhand zu einem Liveclub. Das Bühnenbild sah eine Galerie im Hintergrund vor und hier versammelte sich eine große Gruppe von Tänzer*innen. Neben der professionellen Tanzgruppe aus Berlin, die die Tour begleitet, darf sich in jeder Stadt auch eine regionale Tanzgruppe unter die Profis mischen. Fortan gab es bis Konzertende Party vor und hinter der Bühne.

Die Stimmung war hervorragend und das Publikum ging über 90 Minuten lang euphorisch mit. Man konnte sich von der Stimmung tragen lassen, wozu nicht nur die geniale Show beitrug, sondern auch das effektvoll beleuchtete Weltkulturerbe Porta Nigra. Es macht jedes Jahr wieder Spaß, auf diesem Platz zu feiern. Songs wie das mit viel Groove versehene „Stadtaffe“, die Bewegungs-Hymne „Schüttel dein Speck“ und ein grandios performtes „Zukunft Pink“ trugen ihr Übriges dazu bei. So hält man ein Publikum am Tanzen!

Im Zugabenblock gab es neben dem orchestralen Klassiker „Alles neu“ auch ein entspanntes „Haus am See“ in der 2023er Version, die ein beseeltes Publikum in die Nacht entließ. Peter Fox hatte zu „Toscana Fanboys“ noch bemerkt, dass er sich in das Flair von Trier verliebt hat und sich hier sehr wohl fühlt. Dem will man dann auch nichts hinzu fügen.

Fotocredit: Simon Engelbert

Am Donnerstagabend sah es ganz anders aus vor der Porta. Das Konzertgelände war nun nämlich bestuhlt und lockte mit dem Liedermacher und Weltmusiker Hubert von Goisern (benannt nach seinem Geburtsort in Oberösterreich) ein ganz anderes Publikum an, das im Schnitt eine Generation älter war als am Vortag. Der Mann, der sich dem sogenannten „Alpenrock“ verschrieben hat, steht seit mehr als drei Jahrzehnten auf den Bühnen Europas – und erfindet sich dabei immer wieder neu. So hat das aktuelle Album „Zeiten & Zeichen“ eine breite Palette sehr unterschiedlicher Musikrichtungen zu bieten, womit wohl manche Zuschauer*innen nicht gerechnet hatten. Als nämlich „El Ektro“ als Techno-Hymne mit stampfenden Bässen erklang, gab es einzelne Menschen, die sich in den hinteren Publikumsbereich zurückzogen. Das sollte aber die Ausnahme bleiben.

Hubert von Goisern ist als Person grandios und er hatte hervorragende Mitstreiter bei sich, an allen voran die Sängerin und Multiinstrumentalistin Maria Moling, die eine enorme Bereicherung für die Show war. Oft gelang es Hubert im Duett mit Maria, eine wundervolle Atmosphäre zu erzeugen. Dabei störte es gar nicht, dass sich die erste Konzerthälfte unumwunden den neuen Songs von „Zeiten & Zeichen“ widmete, sind hier doch einige Perlen versteckt. „A Tag wie heut“, das gejodelte „Eiweiß“, „Novemberpferde“ und „Brauner Reiter“ nahmen das Publikum mit auf eine Reise in Huberts Welt. Da fanden sich sehr rockige Klänge, Elemente der neuen Volksmusik – auch mal mit Akkorden und Flöte – und durchaus sphärische Stücke.

Fotocredit: Simon Engelbert

Das Publikum hing dem Sänger vor allem an den Lippen, wenn es politisch wurde und er zum Beispiel vom jüdischen Schriftsteller Bedřich Löwy erzählte, der das Libretto zu Franz Lehárs Operette „Giuditta“ schrieb und 1942 in Auschwitz ermordet wurde. Vom Band erklang Tenor Andreas Schager mit dem Stück „Freude, das Leben ist lebenswert“ und dazu gab es eine eindringlich gerappte Geschichte, die das Lied durch die schweren Zeiten der Judenverfolgung bis in die Gegenwart führte. Es ist fantastisch, wie von Goisern diese Elemente zu einem Paradestück künstlerischen Schaffens verbunden hat. 

Es gab Lieder zu Klimawandel und Umweltzerstörung und den mit bewegenden Trompetenklängen versehenen Gospel „Sinner Man“, der hier ganz schlicht „Sünder“ hieß und mit klaren Worten in die Neuzeit geführt wurde. Im Duett mit Maria konnte Hubert beeindruckend zeigen, wie man hymnisch jodelt. Stücken wie dem „Kohler Jodler“ hätte man ewig zuhören können. Doch auch an rhythmischen Gassenhauern, die die Zuschauer*innen in der zweiten Konzerthälfte in Fahrt brachten, wurde nicht gespart.

Ein langer Zugabenblock startete nach 90 Minuten und es gab ein Stück aus von Goiserns weltmusikalischer Zeit, als er vermehrt in Ägypten (Asyut) und Westafrika aufgetreten ist. Das brachte ebenso wundervolle Klänge vor die Porta wie das bekannte Stück „Weit, weit weg“, das im Zusammenspiel mit Maria Moling an neuen Facetten gewann und sehr emotional vorgetragen wurde. Das Generationen verbindende Konzert endete nach über zwei Stunden – und ich muss sagen, dass ich sehr überrascht war. Hubert von Goisern hat doch um einiges mehr zu bieten als den Alpenrock, in dessen Schublade er so gern gesteckt wird.

Fotocredit: Simon Engelbert

Am dritten Abend vor der Porta gab es dann Silbermond um Frontfrau Stefanie Kloß. Auch hier war wieder ausverkauft und 3.000 Zuschauer*innen gaben sich der Mischung aus poppigen und rockigen Klängen hin. Die Geschichte der Band begann so richtig im Jahr 2004. Mit der Veröffentlichung des Debütalbums katapultierten Silbermond aus dem Stand ganz nach oben. Das lag sicher auch daran, dass ihr Werdegang Inhalt einer Dokusoup des Fernsehsenders Sat1 war. Mehr als eine dreiviertel Million Exemplare wurden vom Erstling seither verkauft und der Titel „Symphonie“ wurde zur Hymne des Jahres 2004. Es folgten ausverkaufte Konzerttourneen, etliche Hits, Preise und Ehrungen und viele weitere Studioalben. Zuletzt „Auf auf“ – und mit Songs dieses Albums wurde das Konzert in Trier auch eröffnet. Viele waren textsicher, was zeigt, dass Silbermond immer noch relevant sind. Dazu beigetragen hat sicher auch Stefanies enorme Medienpräsenz, zeitweise bei „The Voice“, zuletzt in der neuen Staffel von „Sing meinen Song“.

Fotocredit: Simon Engelbert

Mit der Hymne „Meer sein“ ging man dann über zu älteren Stücken und spätestens „Irgendwas bleibt“ brachte die Leute vor der Porta zum gemeinsamen Singen. Und es ist schon ganz besonders, diesen Song vor einem rund 1850 Jahre alten Wahrzeichen zu schmettern. Stefanie Kloß als kleine quirlige Frontfrau nahm die Zuschauer*innen durch ihr mitreißendes Wesen von Anfang an gefangen. Sie erzählte gern Geschichten aus der Anfangszeit der Band, als Familie und Freunde das Musikmachen noch für Zeitverschwendung hielten. Mit dem Song „Verschwende deine Zeit“ ließ Stefanie sich von der Menge auf Händen bis zu einem Podest auf der Mitte des Platzes tragen.

Der Unplugged-Set war sehr emotional und die Sängerin – ohnehin nah am Wasser gebaut – brach mehrfach in Tränen aus. Als sie sich beim Publikum für seine Treue bedankte, aber auch, als sie den neuen Titel „Hey Mama“ für ihre Mutter sang, die nun in zwei Tagen in Pension geht und hoffentlich ihr Leben genießen kann. Anfangs war Stefanie noch allein auf dem Podest, zu weiteren Songs wie „Das Beste“ und „Krieger des Lichts“ kam die Band dazu. Zurück ging es mitten durchs Publikum. Silbermond haben die Nähe zu den Fans nie verloren, auch als die Konzerte immer größer wurden.

Das Wetter vor der Porta Nigra war an allen drei Abenden bisher perfekt und auch an diesem Freitag machte die laue Sommernacht ein wohliges Gefühl. Im Set fand sich als Coverversion der Montez-Song „Engel“, den Stefanie bei „Sing meinen Song“ performt hatte und der perfekt zu ihr passt. Dann gab es ein fulminantes Triple aus „Symphonie“, „Leichtes Gepäck“ und „Durch die Nacht“ – alles Hymnen, die das Publikum chorisch in die Länge zog. So ließ man sich auch zu später Stunde nicht lange bitten, um einen ausgiebigen Zugabenblock abzuliefern. Ein gelungener Konzertabend mit einer hervorragend aufgelegten Band!

Fotocredit: Simon Engelbert

Weiter geht es heute übrigens mit DANGER DAN, bevor dann morgen das Philharmonische Orchester der Stadt Trier den Abschluss macht. Die Bühne mit transparenter Verkleidung (um die Porta Nigra zur Geltung zu bringen) bleibt aber noch stehen und liefert dem Altstadtfest am nächsten Wochenende die passende Kulisse unter anderem für Lokalmatador Guildo Horn. In Trier spielt die Musik!