Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys waren zum ersten Mal bei ROCK AM RING – und dann gleich als (durchaus umstrittener) „Secret Act“ zum 40jährigen Jubiläum. Hier unsere Fotogalerie der Italo-Pop-Heroen, Credit: Julia Nemesheimer
Was Guildo Horn und Dieter Thomas Kuhn für den Schlager, das sind Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys für den Italo-Pop. Die sechsköpfige Band – beheimatet in Augsburg und München – greift jedes Klischee einer schmalzigen italienischen Kitsch-Combo auf. Das bringt zugleich Sehnsucht nach dem Süden, gute Laune und Klamauk mit sich, vor allem aber viel Ironie und Popkritik.
Das neue Album trägt mit großem Selbstbewusstsein den Titel „Kult“ und bietet 13 neue Tracks im altbewährten Stil. Im Opener zieht man mit der „MS Abbrunzatissima“ los und landet nicht etwa in Italien, sondern auf der griechischen Insel „Santorin“. Das Wirkungsgebiet im Mittelmeer wurde also konsequent erweitert. Was bleibt sind sommerlich-fröhliche Songs, zum Teil mit Schlagerbeat und klischeehaften Texten.
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„Kult“ ist ein musikalisches Denkmal, das man sich so fast nur selbst setzen kann. Und sie tun es. Denn wie gewohnt gibt es darauf die großen Gesten und die wahnsinnigen Geschichten zu hören, die man von der Gruppe kennt und liebt. Dazu hat man sich musikalisch erneut an neuen Dingen versucht und sich mit mindestens genau so viel Herz weiterentwickelt, doch dabei stets auf den ursprünglichen Ausgang der Band, den Italo-Schlager, eingenordet. Und es gelingt so federleicht wie natürlich und beweist einmal mehr, wie spielerisch und divers die Gruppe mit starren Vorstellungen und Genregrenzen bricht und daraus Neues hervorbringt.
Also hört man auf dem Album nicht nur zeitgemäße und sehnsüchtige Schlager, sondern eben auch Klänge von Britpop und Indie, Polka und Hardrock. „Bardolino“ wird zum Traum für jeden Discotänzer, mit Trompetensound gedenkt man „Sophia Loren“ während „Goodbye, Arrivederci“ in hymnischer Breite glänzt. Für die „Rimini Disco“ gibt es ein Hörspiel-Intro und dann einen sehr nostalgischen Computerspiel-Sound.
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„Unter Palmen“ liefert eine „Schalalal“-Untermalung, die der ZDF-Hitparade zu allen Ehren gereicht hätte. Als Gegenpol kommt direkt „Velocità“ mit grandiosem Piano-Sound und frischem Tempo. Der letzte Song „Weiße Rosen“ bekommt gar eine „Ouvertüre“, um die Bedeutung zu unterstreichen: hier werden Rosen verteilt!
Das alles funktioniert, ohne dass sich die Band dabei selbst zu ernst nimmt. „Kult“ ist das Triviale, das Intellektuelle und das Spirituelle in gleichen Teilen, im gleichen Moment. Der Italo-Schlager ist ein großes Feld von Möglichkeiten. Und Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys setzen ihm und sich erneut ein Monument für die Ewigkeit.
Wer schafft es schon im Leben, wie es 1996 ein Noel Gallagher sang, nicht doch ab und zu in Wut zurück zu blicken? Wann fühlt sich ein Schlussstrich denn bitte so an, dass man die Größe hat, davon nicht gefrustet zu sein und die Höhe beweist, damit total vernünftig umzugehen?
Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys sagen „Goodbye Arrivederci, denn unsere Zeit ist vorüber!“ – was ein Schocker, welch ein faktenschaffender Satz von Endgültigkeiten. Um die Situation gleich zu entschärfen, es geht natürlich nicht um eine Auflösung der Kult-Gruppe, sondern um den Refrain einer neuen musikalischen Spielart des Italo-Schlagers, als Singleauskopplung des bald erscheinenden Albums. Mit „Goodbye, Arrivederci“ schlüpft die Gruppe in die Schuhe der Britpop-Schule, die achtlos Anfang der 2000er vor der Tür stehen gelassen wurde und heute der Gangart und des Sounds des Italo-Schlagers einen coolen Klang- und Bedeutungsraum verleiht. Ein weiterer Baustein im Kaleidoskop des Kults um die Band Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys.
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Die inhaltliche Wahl der Mittel ist mit dem Namen „Goodbye, Arrivederci“ ja schon klar geworden. Es geht um eine gescheiterte Liebe, die sich nicht mehr mit Mitteln der ironischen Entfremdung humorvoll umdeuten lässt. Da steht nur noch „es ist vorbei und was ein Scheißdreck war das denn eigentlich alles?“. Der unterliegende Ton ist damit wütend und enttäuscht, aber bisweilen auch klar und rational – eine Kakophonie aus Gefühlen und Verstand. Während das Lyrische Ich also von den letzten Momenten der Beziehung an einem Morgen von Trennung erzählt, ist es mittlerweile schon allein gelassen im Freizeitpark der großen Gefühle und erschöpft von unzähligen emotionalen Achterbahnfahrten des höchsten Glücks und der tiefsten Enttäuschung. Nach all den neuen Chancen ist jetzt endlich Schluss. Basta, die Tür ist zu, keine Wunderwand in Sicht. Und jede:r weiß es ist besser so und ganz ohne dabei eine:n Schuldige:n zu suchen.
Musikalisch bewegt sich die Nummer in eine bekannte und wohlig nostalgische Stimmung. Ein Schlagzeug, das Oasis‘ “Supersonic” eine energiegeladene Würdigung ausspricht, gibt gemeinsam mit dem rollenden Bass ein unschlagbares Fundament. Dazu spielt die Gitarre mit einem naturverzerrten Verstärker die eindeutige Sprache eines Noel Gallaghers. Trompete und Synthesizer kommen als Markenzeichen des Italo-Schlagers wie natürlich hinzu und öffnen die Tür für den Gesang, der in der betont lässig, unberührten Art eines Liam Gallaghers einen Ausdruck findet. Die meisterliche Vollendung der Komposition widmen sich dann noch eine Auswahl an Streichern des London Symphonic Orchestras, die natürlich für den Verve einer bittersüßen Symphonie nicht fehlen darf. Bei all den Referenzen zu Britpop, es ist doch immer noch ein Song von RB&DAB! Obschon sie sich, und das muss man ihnen auch lassen, mit diesem Song endgültig zu den Oasis des Italo-Schlagers machen.
Im Video sieht man die Gruppe in verschiedensten Situationen von Sehgewohnheiten der britischen Legionen an Rockbands. Beatles-Zitat im Studio 2 der Abbey Road? Check! Die Hoxton Street aus dem One-Shot-Video mit Richard Ashcroft? Check! Oasis-Vibes auf einem Rooftop über den Dächer von London? Check! Möglicherweise hat sich hier der ein oder andere einen Traum erfüllt, um den großen Pop- und Rocklegenden einmal ganz nah zu sein. Aber noch viel wichtiger: Es passt einfach wieder einmal alles zusammen.
Alles in allem ist „Goodbye, Arrivederci“ eine große und willkommene Überraschung für Fans und Kritiker:innen des Genres gleichermaßen. Musikalisch ein Spagat, der in der Wirklichkeit der 90er nie gelingen konnte. Es treffen sich Oasis, Blur und The Verve als die Unvereinbaren, in einer Mitte aus Italo-Schlager und in den Personen Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys. Dazu die Message, dass man nicht nur hin und wieder ein schlimmes Ende bekommt, sondern es manchmal auch einfach braucht. Die kommende Promophase zum Album Kult könnte mit dieser Single kaum spannender eröffnet werden.
Das Album „Kult“ erscheint am 31.05.24 via Electrola/ Universal Music.
Was Guildo Horn und Dieter Thomas Kuhn für den Schlager, das sind Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys für den Italo-Pop. Die sechsköpfige Band – beheimatet in Augsburg und München – greift jedes Klischee einer schmalzigen italienischen Kitsch-Combo auf. Das bringt zugleich Sehnsucht nach dem Süden, gute Laune und Klamauk mit sich, vor allem aber viel Ironie und Popkritik.
Für den Ausflug in die heile Pastellwelt der Italoboys hat sich die Band eine Legende gestrickt: Sie wurde angeblich 1982 als Duo gegründet, um 2016 eine große Reunion zu feiern. Und seitdem geht es steil bergauf! So passte es wie die Faust aufs Auge, dass schon das erste Album den Titel „Greatest Hits“ trug. Und mit dem Zweitling „Mille Grazi“ gibt es wieder ein Feuerwerk südländischer Lebensfreude.
Witzig allein schon, dass neben dem Leadsänger Roy Bianco auch Die Abbrunzati Boys nur eine einzige Person und damit der zweite Teil des Duos sind. Hinzu kommt eine vierköpfige Band inklusive Trompete, die einen peppigen Sound abliefert.
Musikalisch knüpft der Langspieler bei den Klangwelten des vorherigen Albums an und erweitert das musikalische Spektrum der Gruppe immer weiter. Das bedeutet Italo-Pop und Italo-Schlager im Panorama, als Herzstück jedes Titels. En Detail finden sich in den Songs Avancen und Annäherungen mit dem Indie-Rock der Gegenwart, Pop-Arrangements wie in großen Hits der Boyband-Ära während den 90er Jahren und manchmal ein Ausbruch zwischen lateinamerikanischen Rumba-Beats und drückenden NDW-Elektro-Drums. Und ganz selbstverständlich gibt es auch Einschläge in den Austro-Pop.
Selbst wenn vieles davon erstmal schräg anmutet, im Konzept von Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys fällt alles natürlich auf seinen richtigen Platz und man schafft eine heile Welt, die heil bleibt. Inhaltlich begibt sich das Album auf große Erzählreise der Geschehnisse um die Gruppe durch die Geografie des italienischen Stiefels.
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Mit „Brennerautobahn“ kickstartet das Album auf einer Fahrt im Alfa Romeo entlang der Autostrada 22 in Richtung Adria und fesselt ab dem ersten Takt des A-cappella-Intros. Anschließend landet man mit „Quanto Costa“ in der ewigen Stadt Rom, wo man sich im Irren und Wirren einer nicht erwiderten Liebe verlieren kann.
Nach diesem hitzigen Start findet man Abkühlung und einen sommerlichen Flirt zum Song „Tage Am Pool“. Beim nächsten Titel „Miami Beach“ landet man, wer hätte es gedacht, in Amerika. Der Titel handelt ganz selbstreflektiert von Roys kaputter Ehe Mitte der 90er und der tropischen Hitze direkt am Ocean Drive.
Danach ist aber wieder Highlife und Konfetti mit „Colapablo“. Man genießt eisgekühlte Getränke und treibt ausgelassen durch Rio de Janeiro. In „Giro“ schreibt sich zu Italo-Disco eine Geschichte über das Rennradfahren. So werden nach und nach die großen italienischen Themen abgehakt bis hin zu den dunklen Geschäft kalabrischer Machenschaften in „Cosenza bei Nacht“.
Ein hymnischer Abschluss entführt zu guter Letzt an einen kulinarischen Ort, den auch mittlerweile jede und jeder kennt: „Sprizz“. Eine schwelgende Ode auf das Lieblingsgetränk der Gruppe setzt den spektakulären Schlusspunkt auf dieser Platte, bevor der Choral „Sic transit gloria mundi“ („So vergeht der Ruhm der Welt“) den wortgewandten Bogen zurück zum A-cappella-Start des Albums schlägt.
Der Hörer bekommt in einer guten Dreiviertelstunde alle Klischees geboten, die er längst so lieb gewonnen hat. Am besten funktioniert die bunte Mischung natürlich auf den Livekonzerten der Band, doch mit diesem Album kann man sich perfekt darauf einstimmen und den kurzfristigen Wintereinbruch zum zweiten April-Wochenende vergessen.
„Excusen Sie mich mal! Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys fernab von bella Italia, fernab der musikalischen Wahlheimat? Und dann auch noch drüben, über den großen Teich, in den Staaten, woher diese abrupte Wendung?”, fragt sich vermutlich die ein oder andere Leser*in. Aufmerksame Kenner*innen der Geschichte unserer Schlagerstars wissen jedoch um die story behind the story: Wir schreiben das Jahr 1992. Roy Bianco, auf dem Olymp seines musikalischen Schaffens, steht vor dem Scherbenhaufen seines Privatlebens:
„Ich möchte die Scheidung“, sagt Ehefrau Sybille zu Roy und schon war sie da, die erste handfeste Lebenskrise, aus welcher dieser Titel erwachsen sollte.
„Miami Beach“, die bisher „persönlichste“ Single aus der Feder der Hit-Schmiede Abbrunzati/Bianco kommt daher keineswegs unerwartet. Vielmehr ordnet sie sich gewandt in die Erzählgeschichte des im April erscheinenden, zweiten Albums „Mille Grazie“ ein. Der Ausflug nach Florida, an die selbsternannte Adria der Karibik, ist somit nicht unbedingt ein Stilbruch. Trotz der neuen Entfernung vom Mutterkontinent Europa geht der Italo-Schlager derweil stets auf seiner Linie und bleibt dem Motto von Dolce Vita und Benessere treu. Auch wenn es ganz bestimmt nicht so einfach ist, wie es im Refrain mit „schenk mir noch einmal dein Herz, du willst es auch“ lauten mag. Hedonismus auf Vollgas im Sunshine State ist zwar eine Wahnsinns Sache –geht aber nie lange gut. Im Vergleich zur Vorgängersingle „Quanto Costa” hat man bei „Miami Beach“ darüber hinaus einen frischen musikalischen Einschlag gewählt und erweitert damit das Repertoire der Gruppe aufs Neue.
Von rockigen Gitarren und dem herrlichen Gefühl von der Bühnenkante aus dem Sommer kommt die neue Single in einem groovigen Zusammenspiel zwischen Bass, Schlagzeug und lässigen Open-Chords-Strummings der Gitarre mit pointierten Hits von Trompete und Keyboard an. Dazu der zum Teil zweistimmige Gesang, der erst intim und zerbrechlich im Falsett, später mit fester Stimme, einen Akt der Befreiung, aber auch der Verzweiflung vertont. Italo-Schlager trifft erneut die unfassbare Leichtigkeit von Pop, spielt mit den Possen charmanter 90er-Boyband-Vibes und bekommt dazu noch eine verrückte Seitenlage in den Gospel. Das klingt alles kurios. But: It’s America, Baby, anything goes!
Gleichwohl die Komposition beim Anhören verliebte Sunnyboy-Gefühle mit Ohrwurm-Charakter hervorruft, kommt sie in der Erzählung eher am Ende des Kreises von Liebe an. Gemischte Gefühle und widersprüchliche Handlungen, die so eine Lösung vom Ex-Lover nach sich ziehen, bilden den Kern von „Miami Beach“.
Es geht hier zynisch zu und man verheddert sich nur allzu gerne in nihilistischen Lustwandeln am Gegenüber. Enttäuschte Liebe ist ein weites Feld. Dann verbringt man eine letzte Nacht berauscht zusammen am Strand und im Hotelzimmer bis der Morgen über dem Atlantik bricht, um am Abend im Gerichtssaal ein Urteil zu hören. Anything goes, tausend Flamingos fliegen auf -es ist ohnehin alles zu spät. Dazu der Geruch von süßen Coladas und ein dutzend gebrochener Versprechen in der drückenden Schwüle am Mare Caraibico. Es gibt keine zwei Meinungen: es ist ein krachendes Scheitern einer Liebesbeziehung vertont mit großen Chören, mit Pauken und Trompeten. Full stop!
Trotzdem gibt es im Namen des Italo-Schlagers doch auch Grund zu feiern. Der erzählerische Unterton von „Miami Beach“ ist alles andere als eine Selbstaufgabe -sondern eher selbstreferenziell und hochironisch. Denn so viel weiß auch Roy: Dieses Ende bedeutet einen neuen Anfang in Freiheit. Das sieht man einmal mehr im Video von „Miami Beach“, welches als gelungene Studioproduktion daher kommt. Hier werden die Geschehnisse dieser Tage 1992 in einer Art Gedächtnisprotokoll nachgespielt. Zwischen Wedding Chapel, Beach und American Diner begleitet Die Abbrunzati Boys und die Band ihren Roy durch diese schweren Episoden und holen ihn mit Applaus zur Urteilsverkündung einer geschiedenen Ehe wieder in ihre Mitte. Ganz wie im biblischen Gleichnis: Der verlorene Sohn kehrt Heim, lass uns ein Fest feiern!
Overall: „Miami Beach“ ist eine ambivalente Sache die mit einem frechen Augenzwinkern und hedonistischer Hybris vom Ende einer Ehe erzählt. R. B. & D. A. B.machen aus diesem Inhalt schließlich eine befreiende Hymne und ein tragikomisches Arrangement mit garantiertem Ohrwurmpotential. Am Ende schließt man beim Hören die Augen, fährt in Gedanken Coast-to-Coast eine Tour mit der Harley Davidson und kommt als gereinigter und geläuterter Mensch wieder bei sich selbst an.
Es gibt kein richtiges Leben im falschen. Ach, wenn es nur immer so einfach wäre.
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Was kostet Amore, quanto costa die Liebe zu dir? Diese uralte Frage stellen sich auch Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys ganz prominent auf ihrer neuen Single „Quanto Costa“ und gehen dem Motiv auf den Grund, welches die Welt der Romanzen zu einer so schönen wie auch einer verzweifelten, bittersüßen macht. Eine Antwort bleibt aus – dafür bleibt ganz sicher ein Ohrwurm als Trost zurück.
Natürlich fällt eines sofort auf: Mit diesem Titel erweitert die Gruppe ihr Portfolio erneut um eine Facette als selbstbewusstes Avanti ihres musikalischen Werdegangs. Der Italo-Schlager steckt natürlich als Teufel im Detail, doch halten sich RB&DAB schon lange nicht mehr hinter diesem einem Genre versteckt. Somit versteht sich „Quanto Costa“ eher als Pop-Rock-Hymne, die sich bestimmt nicht zum langen Grübeln über gescheiterte Flirts eignet und mit der man jetzt, am Ende des Sommers, wieder mehr auf dem Boden der Tatsachen angekommen zu sein scheint: aufgeraut, aber glasklar. Ein Song der Tristesse Royale mit dem Mut des Verzweifelten vereint und das skurrile Gefühl feiert, unglücklich verliebt zu sein. È difficile – das kennt jede und jeder, man wirft alles in die Waagschale und klamm bleibt dann die Frage „Was willst du mehr?“.
„Quanto Costa“ ist daher sicher kein Einbruch vor widrigen Gegebenheiten des Amourösen, sondern provoziert in seinem Arrangement vor allem das Gefühl von Pathos, Leidenschaft und einem Wahn, um die große Liebe bis zum Letzten kämpfen zu wollen. In seiner Gänze erinnert der Titel sicher an moderne Rock-Klassiker der letzten Jahre wie bei Kings of Leon oder The Killers, gleichzeitig bringt man durch die durchdringende Röhre von Roy sicher auch eine ganze Welt von Gianna Nanninis legendären Auftritt bei Rock am Ring 1985 mit in den Song. Und sind wir ehrlich: da steckt auch eine ganze Menge Wolfgang Petrys Rock-Schlager-Hymne „Verlieben, Verloren, Vergessen, Verzeihen“ drin – und damit geht man selbstbewusst um.
Der Text des Songs erzählt die Leiden eines armen Verliebten, der getrieben von einer gescheiterten Romanze durch Rom irrt, um das zu finden, was er verloren hat: Marina und ihre Liebe. Dieses Irren und Wirren führt ihn von der spanischen Treppe ins römische Stadtviertel Trastevere und zurück. Nur um immer wieder seinen Erinnerungen mit Marina zu begegnen. Trotzdem wird sich immer wieder aufrichtig die Frage gestellt, was man denn noch mehr geben kann, um die schöne Hoffnung vom verliebten Neuanfang zu bekommen. Marina, nur noch eine Chance! Am Ende des Songs ist die Frage sicher mehr eine Aussage geworden. Klar und kristallin, eine bittersüßes Manifesto über die Erfahrung des Menschseins. „You can’t always get what you want“, würden die Rolling Stones dazu sagen.
Im Video zeigen sich die sechs Musiker wieder im gewohnten Italo-Chic, diesmal an dem Ort des Geschehens in Rom. So sieht man die Stilikonen wieder modisch, durch die Gassen und an Sehenswürdigkeiten in Rom vorbei lustwandeln. Im Morgengrauen und in der Tiefe einer römischen Partynacht, haben sie sich auf die Reise gemacht, den Weg des Protagonisten aus dem Song nachzuzeichnen. Zwischen spanischer Treppe, Trevi-Brunnen und Engelsburg kommt man als Zuschauer mit dieser visuellen Komponente noch einmal in die beschworene Stimmung des Titels. Und wo würden solche Gefühle größer ausfallen als mit bewegten Bildern aus der Welthauptstadt der Antike?
In toto: „Quanto Costa“ ist eine Pop-Rock-Hymne, die zum Ende des Sommers nochmal alle Register der Sehnsucht zieht. Ganz egal, ob man selbst eine ähnliche Situation durchmacht oder nicht, das gesamte Arrangement und der leidenschaftliche Gesang versetzen einen sofort in diese verzwickten Lage der Ungewissheit einer wunderschön, unglücklichen Romanze. Und das ist doch die große Sache und Aufgabe der Musik: Als Zuhörer Dinge aus einer sicheren Entfernung fühlen zu können, ohne davon betroffen zu sein. Katharsis und Katastrophe! Und vielleicht weiß jemand am Ende des Songs dann doch, wie viel die Amore denn kostet.
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Vuoi andare con noi in bici? Natürlich fahren wir Bianchi! Diesen Sommer feiert das Rennrad endgültig sein Comeback und den passenden Hit dazu liefern naturalmente Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys. Der musikalische Schlüsselmoment 2021 lautet: GIRO!
Die neue Single der Erfinder des entspannten Bianchi-Ausflugs ist als groovige Indie-Nummer nicht nur eine dynamische Ode ans Rennradfahren und an die schönste Sache der Welt, sondern genauso der Song, der endlich wieder alle ausgelassen tanzen lassen wird. Und das nicht nur “von Triest nach Syrakus”.
RB&DAB lassen für diesen Titel ihren Ferrari Maranello zu Hause, schwingen sich aufs Vintage-Rennrad und kommen mit „Giro“ so vom Italo-Pop der späten 90er (“Amore Sul Mare”) wieder in der Gegenwart an – ohne dabei den roten Faden ihrer konzeptionellen Ausrichtung zu verlieren. Der Song ist eine ausgebuffte Nummer, die, so natürlich wie brillant, Indie-Pop mit Elementen der Italo-Disco aus den 1980er Jahren verbindet und schließlich nur eines bei den Hörenden auslöst: ein glühend heißes Verlangen durch glühend heiße Sommernächte zu tanzen!
Das überrascht schließlich nicht. Die Klangwelt von „Giro“ ist einfach smart und sexy. Ein knackiges „4-to-the-floor“-Schlagzeug schiebt mit der funky Bassline auf das richtige Druck-Moment einer Tanznummer. Dem vorangestellt, mal zurückhaltend, mal schnell, perkussive Gitarren, knackige Trompeten-Einwürfe und Keyboard-Sounds, die an Stücke von Giorgio Moroder und Whitest Boy Alive gleichermaßen erinnern. So ist der Titel im großen “Who-Is-Who” der Independent Musik durchaus mit Songs von Roosevelt, Parcels und auch Daft Punk von 2013 vergleichbar. Der Groove geht durch, der Refrain ist ein Ohrwurm und lässt ganz sicher nicht so leicht los. Auch der Text ist neben dem offensichtlichen Bezug einer Liebe zum Rennradfahren und der Giro d’Italia eine klug gewählte Chiffre.
Der Gesang geht leidenschaftlich und rhythmisch nach vorne und erzählt die Geschichte einer Radtour, von windigen Abfahrten in den Kurven der Serpentinen und gefährlichen Überholmanövern im Stile eines Jan Ullrichs 1997 im Team Telekom – oder zumindest kann man das erstmal glauben. Denn schnell wird das Ganze als Metapher enttarnt. Clever, geschmackvoll und mit dem gewohnten Augenzwinkern liest sich der Text von „Giro“ plötzlich als eine leidenschaftliche Bettszene mit allerhand Stoff für die Ü-18-Abteilung in der Videothek. Schlitzohrig, aber sicher nicht explizit.
Ganz in dieser Zweiheit der Motive versteht sich das Video für „Giro“. Hier sieht man RB&DAB nicht nur im gewohnten Chic ihrer Anzüge, sondern ganz überraschend in „voller“ Sportmontur auf ausgewählten Retro-Rennrädern der 80er und 90er Jahre durch die hügelige Landschaft der Toskana radeln, zum Teil in unmittelbarer Nähe der Streckenabschnitte, die auch bei der Giro d‘Italia 2021 befahren wurden.
Stimmungsvolle Bilder der Landschaft des Val d’Orcia tun das Übrige, um den Zuschauenden Lust auf schnelles Radfahren unter der italienischen Sonne zu machen. Auch dem Schlager wurde im Video natürlich genüge getan, denn wann gab es zuletzt eine solch’ tollkühne Interpretation von Jürgen Drews’ „Bett im Kornfeld“? Viel mehr noch: wir wissen ja alle, wofür das eine Metapher ist.
Dass „Giro“, in seiner Gesamtheit aus Audio und Video, ein glaubwürdiger und treibender Song ist, zeigt sich schon darin, dass er bereits vor Veröffentlichung beim Saarländischen Rundfunk als möglicher Kandidat für einen Titelsong der ARD Sportschau zur Tour de France 2021 gehandelt wird. In toto: „Giro“ ist der Song für den Sommer. Für die Radfahrerinnen und Radfahrer auf Tour. Für die Liebenden in ihren Betten (oder sonst wo). Für die Rumtreibenden, die sich die kommenden Nächte mit vergnügtem Tanzen bis in den Morgen antun möchten.
Frei nach dem Motto: Lass uns jetzt nach dem Lockdown einfach eine gute Zeit haben, solo un bel tempo, alles um uns vergessen “und ich fahr so schnell zurück zu dir!”
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