Sasha outet sich als „Schlüsselkind“ und singt auf Deutsch
Jetzt also auch Sasha. Anscheinend erwischt es über kurz oder lang jeden, der bis dahin nur in englischer Sprache gesungen hat. In der Fernsehsendung „Sing meinen Song“ werden sie nach und nach bekehrt. Da ist es egal, ob der Exorzist Xavier Naidoo oder Mark Forster heißt.
Sasha schaffte vor zwanzig Jahren seinen großen Durchbruch. Und das unsägliche „I Feel Lonely“ darf bis heute auf keiner Ballermann-Party fehlen. Er hat wohl selbst erkannt, dass er sich davon frei schwimmen muss, und 2003 sein alter ego Dick Brave erfunden. Mit dem Rockabilly-Sound wurde er plötzlich auch für diejenigen cool, die bis dahin verächtlich auf seine Pop-Schnulzen geschaut hatten.
In der ersten Staffel von „Sing meinen Song“ interpretierte er Xaviers „Bei meiner Seele“, Roger Ciceros „Zieh die Schuh‘ aus“ und Gregor Meyles „Hörst du mich“. Siehe da: Es hat funktioniert. Vier Jahre später gibt es das Album „Schlüsselkind“ und die Chartspitze ist nicht mehr weit. Es ist aber auch ein geiles Teil geworden! Hier verbindet Sasha nämlich seinen Rocksound mit ernsthaften Texten und melancholischen Erinnerungen.
Der Titelsong ist durch und durch autobiographisch – und man fiebert mit, wenn Sasha von seiner Kindheit und den Nachmittagen allein zuhause erzählt. Auch „Der Junge“ läuft auf dieser Schiene und berichtet von dem Jugendlichen, der an sich selbst geglaubt hat, während ihn das familiäre Umfeld von seinem Weg abbringen wollte. Songs wie „Weiße Weste“ und „Gorilla“ rocken ordentlich nach vorne, aber auf „Polaroid“, „Du fängst mich ein“ und „Bauch voller Lieder“ kann Sasha auch eine angenehm ruhige Seite ohne musikalischen Pomp zeigen. Wunderschön. Und dann sind da die Wortspielereien im entschleunigten „Nichtgeschwindigkeit“ und der Optimismus-Hymne „Frohes neues Ja“. Das geht sofort ins Ohr.
Wir erleben die Neuerfindung eines Sängers, der im Rückblick zeitlebens musikalisch immer offen für Neues war und sich nie hat in ein Korsett zwingen lassen. „Ich habe meine ersten Versuche auf Deutsch zu singen bereits Mitte der Neunzigerjahre gehabt“, sagt Sasha. „Aber mir hat damals die Ernsthaftigkeit bei mir selbst gefehlt. Ich bin beim Schreiben immer wieder ins komische Fach abgedriftet: Ich bildete mir damals ein, jede Strophe müsse einen lustigen Twist aufweisen, damit es auch wirklich ein Lied wird.“
Als Co-Autoren und Komponisten haben Robin Grubert und Ali Zuckowski mitgearbeitet. Das Ergebnis ist ein geniales, authentisches Deutschpop-Album. Und die Muttersprache steht ihm wirklich gut.