Einfach göttlich: „An Intimate Evening With Seether“ am 07.11.2013 in der Kulturkirche Köln
„An Intimate Evening With Seether“ – unter diesem Motto stehen die drei Deutschlandkonzerte des Trios aus Südafrika in diesem November. Wie wunderbar der Post-Grunge von Seether auch im semi-akustischen Gewand funktioniert, war bereits auf dem 2009 veröffentlichten Unplugged-Album „One Cold Night“ zu bestaunen. Die Kölner Kulturkirche bildet den Tourauftakt, es folgen noch Auftritte in Leipzig (08.11.) und München (11.11.). Inzwischen dürfte sich herumgesprochen haben, dass das neogotische Gotteshaus im schönen Stadtteil Nippes eine ideale Location für Konzerte dieser Art darstellt. So wundert es nicht, dass die intime Begegnung mit Sänger und Gitarrist Shaun Morgan, Bassist Dale Stewart sowie John Humphrey am Schlagzeug restlos ausverkauft ist. Was schon eher verwundert ist die Tatsache, dass man – im Gegensatz zu allen meinen bisherigen Besuchen in der Kulturkirche – die Kirchenbänke diesmal entfernt hat. Das garantiert heute zumindest maximale Bewegungsfreiheit.
Wie immer lässt es sich Pastor Thomas Diederichs nicht nehmen, den Act des Abends persönlich anzusagen. Um kurz nach 20 Uhr betreten die drei Männer aus Pretoria die Bühne zwischen Kanzel und Heiligenfiguren. Shaun Morgan scheint seit dem letzten Köln-Besuch im Bürgerhaus Stollwerck vor gut einem Jahr etwas fülliger geworden zu sein. Die Kurzhaarfrisur ist definitiv neu. Seine Stimme hat aber nichts von ihrer hypnotischen Kraft verloren und darauf kommt es schließlich an. Allerdings versingt er sich häufiger. Da dürfte vor Leipzig und München noch eine Runde Textebüffeln angesagt sein. Dem musikalischen Genuss tut das jedoch nicht den geringsten Abbruch.
Denn die Setlist hat eine ganze Reihe Leckerbissen zu bieten. Darunter den Über-Hit „Broken“ von 2004, die schon in der Elektrikversion grossartigen „Sympathetic“ oder „Here And Now“ vom letzten Studioalbum „Holding Onto Strings Better Left To Fray“, „Tied My Hands“, „Remedy“ und das rockende „Fake It“. Das F-Wort verweigert Shaun Morgan mehrfach augenzwinkernd und mit scheinbarem Respekt vor dem heiligen Ort. Die Fans helfen ihm lautstark aus und feiern ansonsten ausgelassen mit. Bei „Fine Again“ unterläuft Morgan allerdings ein dicker Verspieler, woraufhin auf der Bühne zwischen ihm und Dale Stewart (der songweise auch mal den Gitarrenpart übernimmt) der Flachs blüht. Es darf gelacht werden. Das war vor einem Jahr noch ganz anders. Da machte die Band einen eher lustlosen Eindruck.
Zu den Höhepunkten des Abends zählen „The Gift“ und „Driven Under“, die Shaun Morgan alleine an der Gitarre singt und damit für eine stabile Gänsehaut in ganz Nippes sorgt. Als die Band das reguläre Set beendet, wird sie minutenlang stürmisch bejubelt. Bis hierhin hat der Abend alles gehalten, was man sich von ihm versprochen hat: Sound vom Feinsten, Songs vom Feinsten, Stimmung vom Feinsten. Ein wenig enttäuschend ist dann jedoch, dass Seether mit „Country Song“ nur noch ein weiteres Stück als Zugabe spielen, bevor sie sich endgültig verabschieden. 90 Minuten finde ich persönlich etwas dürftig, auch wenn die ohne Zweifel erstklassig waren.
Am 1. November ist mit „2002 – 2013“ übrigens eine 27 Songs umfassende Retrospektive von Seether erschienen, die auch drei neue Stücke enthält. Laut Aussage von Dale Stewart arbeitet die Band bereits fleißig am Nachfolger von „Holding Onto Strings Better Left To Fray“, der für Mitte Mai des kommenden Jahres erwartet wird. Freuen wir uns drauf! Dann wieder mit großem Besteck.
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