Weihnachten mit dem „Superhelden der Klassik“

Gleich im Doppelpack beschert André Rieu seinen Fans ein weihnachtliches Musikerlebnis. Der Walzerkönig veröffentlicht eine CD mit passenden Titeln aus aller Welt und ergänzt diese um eine live-DVD, die neben dem üblichen Klassikprogramm ebenfalls einen ausgedehnten Part mit Weihnachtsliedern enthält. Der Titel „Silver Bells“ passt somit perfekt – und ist zugleich auch eine leichte Hommage an leicht ergraute Haare und Rieus gesetztes Alter von 73 Jahren, das man ihm aber keineswegs anmerkt.

„Silver Bells“ enthält eine Auswahl der beliebtesten und romantischsten Weihnachtsmelodien aller Zeiten, von André Rieu persönlich ausgewählt, wie „Petersburger Schlittenfahrt“, Tschaikowskis „Flower Waltz“, „Ave Maria“, „Santa Clause is Coming to Town“, „It’s Beginning to Look a lot like Christmas“, „Slumber My Darling“ und viele mehr. Damit geht es vor allem in den englischen Sprachraum, doch das spielt auch keine Rolle, da bis auf Ausnahmen wie „Lulajze, Jezuniu“ ohnehin alles instrumental vorgetragen wird. Mit „Op Kawwe Wintermörrege“ verirrt sich auch ein niederländischer Titel in den romantischen Reigen. Das Album ist okay und verbreitet adventliche Stimmung – doch insgesamt ist es in seiner getragenen, melancholischen Art auch sehr eintönig. Selbst ursprünglich rockige Titel wie „Jingle Bell Rock“ und „Let It Snow“ kommen sehr gemächlich daher.

Da lobe ich mir doch die umfangreiche Bonus-DVD, die ein komplettes Konzert von André Rieu und seinem Johann-Strauss-Orchester in der Heimatstadt Maastricht zeigt und die Zuschauer in eine magische Winterlandschaft entführt. Das Ensemble fährt mal wieder alle erfolgreichen Facetten auf, für die es weltberühmt geworden ist: Beim „Schneewalzer“ wird das Publikum von oben mit weißen Flocken bestäubt. Es gibt umfangreiche Operetten-Medleys aus der „Csárdásfürstin“ und dem „Weißen Rössl“, Die Platin Tenors schmettern ihre Arien. Ein Gospelchor liefert sich ein Duell mit de Orchester. Man darf viele Märsche von Johann Strauss hören, aber auch Schmachtfetzen wie „What a Wonderful World“ und „Can’t Help Falling In Love“. Und zum Ende hin wird es dann weihnachtlich mit Songs wie „Silent Night“ und „White Christmas“.

André Rieu fuhr erneut eine gigantische Show auf,  die mit visuellen und musikalischen Höhepunkten glänzt – auch dann ganz hübsch anzusehen und anzuhören, wenn man ansonsten um Walzer einen großen Bogen macht. Der Stargeiger bringt ein kleines Stück heile Welt ins Wohnzimmer. Der Holländer hat in seiner Karriere schon viele schwierige Momente gehabt, stand zeitweise kurz vor dem Ruin – und doch hat er sich wie ein Stehaufmännchen immer wieder aufgerappelt. Sein Publikum ist ihm treu, Zweifler überzeugt er mit Charme und sympathischem Auftreten, denn seine Entertainer-Qualitäten sind unbestritten. Live gefällt er mir daher definitiv besser als auf dem Studio-Release.