Mehr als ein Konzert: Woodkid begeistert das Kölner Palladium, 08.03.2014

Die Geschichte von Yoann Lemoine alias Woodkid hört sich wie die eines übertalentierten Jungen aus einer Märchenwelt an. Mit gerade einmal Anfang dreizig ist er nicht nur für seine eigene Musikkarriere bekannt. Als Regisseur war er an Musikvideos wie Mistake von Moby, Teenage Dreams von Katy Perry und dem Video zu Drake und Rhiannas Duett Take Care zuständig. In dieser Tätigkeit gewann er schon mehrere Awards, unter anderem für das Video zu Lana Del Rays Song Born to Die. Seit 2011 steht er als Woodkid auf den Bühnen der Welt und performt mit großem Orchester und seiner Band. Heute füllt er das gesamte Palladium mit Publikum. Woodkid ist dafür bekannt, dass seine Musik weitaus mehr ist, als nur Instrumente und Gesang. Es sind Emotionen, die wie in einer Oper, einem Musical oder einen Film vermittelt werden.

Den Anfang des Abends machen die drei Jungs von Sizarr. Mit ihrem Indie/Elektropop passen sie perfekt als Vorband. Die Landauer fangen pünktlich um 20Uhr mit ihrem Set an. Der Sound klingt gedämpft und man sieht die Musiker kaum vor grünen und blauen Lichteffekten. Doch das passt zu ihrer Musik. Ein Highlight ihrer Show ist das Lied Purple Fried von ihrem 2012 veröffentlichten Debutalbum Psycho Boy Happy, welches es auf Anhieb in die deutschen Charts geschafft hat. Die Band wirkt gleichzeitig optisch sehr jung und doch was ihre Präsenz betrifft gefestigt. Was kein Wunder ist, denn seit ihrer Gründung 2009 stehen sie schon auf großen Bühnen, wie z.B. beim Melt-Festival. Ihr letzter Song Boarding Time erinnert sehr stark an Woodkid selbst. Die Lichtshow und die dadurch entstandende Atmosphäre unterstützt dies kräftig. Die Trompeten- und Schlagzeugelemente sind denen Woodkids so ähnlich, dass sie damit eine perfekte Überleitung zum heutigen Hauptact schaffen. Man erkennt großes Potenzial in den drei Jungs. Das sie bisher noch nicht bekannter sind scheint allerdings nicht Ihrer Professionalität zu liegen. Vielleicht muss hier nur noch der Nerv der Zeit getroffen werden.

Schlagartig gehen Lichter und Musik aus. Streicher und Bläser betreten noch im Dunkeln die Bühne. Zu den ersten Tönen der Trompeten wird die Bühne von weißen Strahlern erhellt. Zu diesem Instrumentalintro betritt Woodkid die Bühne. Ein bärtiger, Anfang 30-jähriger, der von seinem Stil her eher mit einer Hardcoreband als einem großen Orchester auf die Bühne passen würde. Zu den ersten Tönen von Baltimore´s Fireflies erscheint ein Bild auf der Leinwand im Hintergrund der Bühne. Virtuell wird das Publikum durch ein weiße Marmorschloss geführt, das Fans schon aus seiner Singels Run Boy Run und Iron kennen. Seine begrüßung an das Kölner Publikum ist Selbstbewusst und vor allem freundlich. Zu The Golden Age wird die gesamte Bühne in Licht getaucht, jetzt erst sieht man wie viele Musiker auf der Bühne stehen.  Das Orchester, seine Band samt Keyboardern, zwei Schlagzeuge plus verschiedenen Trommeln und natürlich Woodkid selbst. Die Schlagzeuger stehen als oberstes auf dem Treppchen der Musiker und rahmen damit den Rest der Musiker ein. Woodkid selbst läuft frei über die Bühne und erntet schon nach diesen wenigen Songs tosender Applaus vom Publikum. Lied Nummer drei Where I Live ist ein Song über seine Mutter, erklärt Woodkid. Das Publikum ist ehrfürchtig still, was alles andere als unangenehm ist. Die Stimmung ist nicht darauf ausgelegt, dass man springt oder mitsingt. Es ist wie ein Film, der einem als Ganzes vorgesetzt wird. Emotionen und Musikalisches werden von der Lichtshow eins zu eins wiedergegeben. Bei Ghost Lights beginnen die Drums alleine und motivieren das Publikum zu klatschen. Auf den Hintergrund wird ein neues Bild projiziert, das Publikum wird erneut durch Woodkids schwarz-weiße Welt geführt. Es sieht aus wie eine menschenleere Steinwüste.  Dazu springt Woodkid über die Bühne wie ein Rockstar. Passend zu seiner dritten Singleauskoppelung I Love You gesteht der Künstler seinem Publikum, dass er es liebt und spielt damit eines seiner bekanntesten Lieder. Wieder einmal fällt auf, wie sicher seine Stimme und wie gut der Sound im Palladium ist. Bei diesem Lied wird dem Publikum etwas wie eine unterirdische Diamantenhöhle gezeigt. Wie ein Dirigent steht Woodkid in der Mitte der Bühne und leitet Orchester, Band und Publikum an.

Bereits zu Beginn des Konzerts hat Woodkid angekündigt, dass er seinem deutschen Publikum ein paar neue Lieder mitgebracht hat. Go präsentiert er der Menge als erstes. Entstanden ist der Song in einer alkoholreichen Tournacht. Die Bühne wird in weißes Licht getaucht.  Das Publikum bekommt Gänsehaut und Woodkid Applaus. Diese Stimmung ändert sich auch nicht bei seinen nächsten Songs wie Brooklyn und Boat Song. Letzteren hat er für diese Tour extra verändert und ein besonderes Instrument genannt Hang hinzugenommen. Ein Hang sieht aus wie zwei Wok Pfannen, die miteinander verklebt wurden und erzeugt einen außergewöhnlichen Klang, den man mit einer Steeldrum vergleichen könnte. Wer dachte die Musik des heutigen Abends wäre vom Band abgespielt, der wurde eines besseren belehrt. Man könnte sich zurücklehnen und dem Konzert wie einem Theaterstück oder einem Film folgen. Leise beginnen die Streicher und steigern sich, bis sie die ersten Töne von Stabat Mater spielen und der Rest der Musikinstrumente auf der Bühne einsteigt. Die Musik schwillt an und auf der Leinwand erscheint ein Bild von Burgen aus weißem Marmor. Wortlos geht die Musik in Conquest of Space über. Im Hintergrund sieht man die Sonne über einem mond-ähnlichen Planeten aufgehen. Man wird in Wurmlöcher gezogen und landet in Galaxie-Nebeln. Es fühlt sich an, als würde man vor sich eine Schlacht sehen, zu der nun endlich die letzte Rettung naht. Zu Volcano seinem schon fast nach Elektromusik klingendem Song, erscheinen ganz passend Maschinen die aussehen, als würden sie sich transformieren, wie die Roboter aus Transformers auf der Leinwand. Nach diesem musikalischen Ausflug stimmt Woodkid ein Lied an, das wie er selbst sagt, jeder Anwesende kennt. Iron ist ein weiteres seiner bekanntesten Lieder, das heute jedoch mit einer abgeänderten Gesangsmelodie performt wird. Im Hintergrund sieht man die aus seinem Video bekannte Orgel, sein Markenzeichen die gekreuzten Schlüssel und schwarze Tinte die sich im Wasser ausbreitet.  Ein starkes Bild, nur leider nicht der Gesang den man erwartet, was dem Ganzen an Wiedererkennungswert und Power nimmt. Davon lässt dich das Publikum nicht stören. Beim ersten Ton von The Great Escape beginnen sie zu klatschen. Es fühlt sich an, als wäre in diesem Akt der Wendepunkt von dem an alles zum Gut wird, bis das Licht und die Musik erlischen.

Es bleibt dunkel und die Menge jubelt wie verrückt. Selbst bei Konzerten von weitaus bekannteren Bands hat man die Menge lange nicht mehr so klatschen sehen. Aber jeder weiß, dass es noch nicht zu Ende sein kann. Ein bedeutendes Lied fehlt noch, bekannt geworden aus einer Autowerbung. Natürlich ist es das Lied, das gespielt wird, als Woodkid wieder auf die Bühnen kommt: Run Boy Run. Auf der Leinwand erscheint der junge Protagonist aus eben diesem Video als Marmorstatue. Das Publikum tanzt und sing mit. Im Hintergrund erscheinen erneut die Mauern des Marmor Schlosses seiner Musikvideos. Die Musik spitzt sich zu bis laute Kirchenglocken das Ende des Stückes prophezeihen. Theatralisch passend zerbricht die Marmorstatue des Jungen. Wie eine Erleichterung steigert sich das Lied zu seinem streicherisch betonten Ende. Das Licht erlischt. Es wird weitergeklatscht bis alle Musiker und sie selbst anfangen zu den Drums die Melodie vom Ende von Run Boy Run zu singen. Bläser und Streicher steigen ein. Woodkid heizt der Menge ein, springt über die Bühne und bekommt einen gigantischen Applaus während er seine Musiker vorstellt und sich bedankt. Bereit die Musiker gehen zu lassen ist das Publikum allerdings noch nicht. Erst zu The Other Side endet das Konzert. Passenderweise ist genau dieser Track auch der letzte seiner Platte The Golden Age. Ein letztes Mal erscheinen auf dem Hintergrund sich bewegende, diamantenartige Gebilde. Woodkid bedankt sich bei seinem Publikum. Es scheint als wolle er gar nicht wirklich weg. Alle Musiker stehen versammelt am Rand der Bühne und bedanken sich noch mehrere Minuten bei einem zufriedenen Publikum.

Ein Konzert von Woodkid ist nicht nur ein Konzert. Die Show ist ein Happening! Sichere Musiker, starker Gesang, eine auf den Punkt geplante und durchgeführte Bühnenshow mit Licht-, Film- und Soundeffekten. Die Menge jubelt zu Recht bei diesem Ausnahmemusiker.

Hier gibt es unsere Woodkid Fotogalerie zum Konzert aus Köln