„Simply the Best“ – Coco Fletcher und Vasti Jackson in „Tina Turner Story“
Eine große Show in der Arena Trier, lange Warteschlangen am Eingang, vollbesetzte Stuhlreihen. Es macht doch Spaß, wieder Veranstaltungen zu besuchen, wenn auch der 3G-Nachweis uns noch eine Zeit lang erhalten bleiben wird. Zumindest war es ein sehr entspannter und musikalisch großartiger Konzertabend in der Arena. Natürlich stand die große Tina Turner nicht selbst auf der Bühne (dann wäre Trier definitiv zu klein gewesen), aber die Imitatorin Dorothea „Coco“ Fletcher lieferte mit ihren Mitstreitern sowohl auf gesanglicher als auch auf instrumentaler Ebene einen fantastischen Job ab.
„Simply the Best“ ist ein biographisch angelegtes Musical, wie wir das schon von Elvis, den Beatles, Michael Jackson und auch Falco kennen. Will heißen: Karriere und Lebensgeschichte werden schauspielerisch und anhand aussagekräftiger Musikstücke nacherzählt. Man darf sich auf diesen Shows also immer auf ein „Best of“ aus dem Backkatalog freuen. Bei der „Tina Turner Story“ war es zudem eine nostalgische Reise in die Zeit von Blues und Soul, denn vor allem im ersten Akt gab es erzählungsbedingt einige Coverversionen zeitgenössischer Künstler zu hören. Das brachte Pep in die Veranstaltung.
Die Geschichte begann mit einem Erzähler, der später in diversen Rollen wieder in Erscheinung treten sollte. Als Produzent, Plattenboss, Radiosprecher, Moderator und Performer (großartig: „I Feel Good“). Ausgangspunkt war aber zunächst Tina Turners letzte Tour im Jahr 2009, auf der sie mit 90 Konzerten im Alter von 69 Jahren ihre aktive Karriere beendete. Tina selbst war im O-Ton-Interview auf einer Leinwand zu sehen. Ein guter Kniff, um ins Geschehen zu starten.
Dann ging die Reise in die Anfangszeit zum „Club Manhattan“, wo Anna Mae Bullock als Nachwuchskünstlerin den Musiker und Produzenten Ike Turner mit seiner Band Kings of Rhythm kennen lernte. Darsteller Vasti Jackson – seines Zeichens ein gefeierter und grammynominierter Blueskünstler aus Mississippi – startete mit einer starken Rock’n’Roll Nummer, bei der er sich selbst an der Gitarre begleitet. Famos!
Dann kam es zum Vorsingen der Background-Ladies, wobei Coco Fletcher natürlich hervorstach und eine Sonderrolle einnahm. Begleitet wurde die Musicalshow von originalen Bildaufnahmen über Leinwand, was den Doku-Charakter der Geschichte betonte. So wurde aus Anna Mae die großartige Tina Turner, Ike begründete die „Ike und Tina Turner Revue“ und aus dem Bühnenpaar wurde schließlich auch im echten Leben ein Paar. Die Schattenseiten des jähzornigen Ike wurden zwar angedeutet, aber nicht zum großen Thema gemacht.
Coco Fletcher spielt die Rolle mit viel Enthusiasmus und großartigem Show-Appeal. Nach zahlreichen Clubauftritten mit unterschiedlichen Bands feierte sie ihre ersten Erfolge in Las Vegas: Dort trat sie mit Soul-Größen wie The Platters, Bobby Womack und Millie Jackson auf und sang erfolgreich in den Shows „Legends in Concert“ und „American Superstars“ mit. Schließlich lockte Europa. Seit September 1997 gehört sie zur ersten Besetzung von „Stars in Concert“ und ist seitdem ein fester Bestandteil des Ensembles. Inspiriert von Tina Turner schafft es die gebürtige US-Amerikanerin, den Weltstar perfekt zu imitieren und gilt weltweit als eine der besten Doppelgängerinnen. Mit der besonderen Klangfarbe in der Stimme und einer energiegeladenen Performance bringt sie die große Rock-Diva zurück auf die Bühne und riss das Publikum auch in Trier zu Begeisterungsstürmen hin.
Skurrile Momente bot die nachgestellte ZDF-Show aus den 70ern nach dem Motto „Schwarz ist schön“ und eine Spiegel-Story, die Tina Turners Bühnenshow als „Erotische Gymnastik“ betitelte. Der kurzweilige erste Akt endete mit einer furiosen Performance von „Nutbush City Limits“ und einem versöhnlichen Liebesduett zwischen Ike und Tina.
Akt 2 startete (nicht chronologisch) mit dem Titelsong zu James Bonds „GoldenEye“. Die Trennung von Ike wurde thematisiert, der Start von Tinas Solokarriere als Support für Rod Stewart und natürlich die unvergessene Rolle im postapokalyptischen Movie „Mad Max“. Zum größten Teil war die zweite Showhälfte das Nachstellen einer Show der gereiften Tina Turner mit Hits wie „What’s Love Got To Do With It“, „We Don’t Need Another Hero“, „I Can’t Stand The Rain“ und natürlich „Simply The Best“. Band, Backgroundchor und zwei akrobatische Tänzerinnen boten mit Coco eine hervorragende Show. Songs wie „Private Dancer“ wurden dabei sensationell inszeniert.
Nach fast drei Stunden Showlänge (inklusive Pause) feierte das Trierer Publikum die Akteure mit Standing Ovations und frenetischem Applaus. Eine Wiederholung von „NutbushCity Limits“ entließ dann alle in die kalte Nachtluft. Auch wer Coverversionen und Doppelgänger-Shows im Allgemeinen eher skeptisch gegenüber steht, sollte diesem biographischen Musical eine Chance gönnen, wenn man die Musik von Tina Turner in all ihren Facetten mag. Das Original wird vermutlich keiner mehr live zu sehen bekommen – und Coco gibt einfach ihr Bestes.