Der Himmel weint um Tony Clarkin
Wenn es noch Konstanten in der Rockmusik gibt und gab, dann gehören Magnum mit Frontmann Bob Catley und Mastermind Tony Clarkin nach über fünfzig Jahren definitiv dazu. Man will jetzt gar nicht zählen, das wie vielte Studioalbum mit „Here Comes the Rain“ inzwischen vorliegt. Es macht einfach nur Spaß, wieder ein solches Werk mit comichaftem Fantasy-Cover vorliegen zu haben, das musikalisch wie stets in die AOR-Kerbe schlägt und damit allen Erwartungen entspricht.
Eigentlich hatten die Briten doch schon vor Jahrzehnten „The Last Dance“ (Tour und Livealbum, 1996) eingeleitet, aber schnell waren sie wieder da und liefern weiterhin in kurzen Zeitabständen melodische Hardrock-Alben, die vor allem Nostalgiker erfreuen. Epische Texte, griffige Riffs, ab und zu balladeske Klänge. Mehr will man gar nicht. Geliefert wird purer Hardrock, allerdings in relativ ruhiger Form. Magnum sind immer noch musikalische Geschichtenerzähler in Reinkultur – und das in epischer Breite, liefert das neue Album doch über 50 Minuten großartiger Musik.
„Here Comes The Rain“ glänzt – neben den typischen Trademarks – mit einer Reihe gelungener Überraschungen: Da gibt es beispielsweise mit „Blue Tango“ einen waschechten Riffrocker, der direkt in die Beine geht. Oder man hört in „The Seventh Darkness“ die blitzenden Bläsersätze der Gastmusiker Chris ‚BeeBe’ Aldridge (Saxophon) und Nick Dewhurst (Trompete), die dem Song Brillanz und Kontur verleihen. Es werden düstere Themen behandelt, aber mit durchaus hymnischen Klängen, die Bobs immer noch kräftige Rockröhre begleiten.
Kein Zweifel: Mit „Here Comes The Rain“ ist Magnum in der Besetzung Catley, Gitarrist Tony Clarkin, Keyboarder Rick Benton, Bassist Dennis Ward und Schlagzeuger Lee Morris erneut ein farbenfrohes, abwechslungsreiches und in jeder Sekunde inspiriertes neues Studioalbum gelungen. „Alle haben ihren Teil dazu beigetragen, ohne dass ich irgendetwas vorgegeben habe“, freute sich Clarkin, der den Release leider nicht mehr miterlebt hat, „jeder hat das gespielt, was ihm sein Gefühl intuitiv gesagt hat.“
Der Albumtitel bekommt eine melancholische Note, jetzt wo Tony eine Woche vor Release im Alter von 77 Jahren an einer seltenen Erkrankung der Wirbelsäule verstorben ist. Wenn es wirklich das letzte Album sein sollte (was zu vermuten ist), kann man zumindest klarstellen, dass sich Magnum bis zum Schluss treu geblieben sind und auch im Jahr 2024 ein verdammt gutes neues Werk abliefern. Gänsehaut verursacht Track vier „After the Silence“ mit wahrlich prophetischem Charakter:
After the silence it all disappears
Nowhere to run if you fall
After the silence that sad atmosphere
No one will come when you call
There’s a broken heart
So now it’s over
It had to end
Keeps growin‘ colder
Mir liegt die CD/DVD-Veröffentlichung vor und das Booklet hat ein grandioses Artwork. Außerdem kann man auf der DVD den guten Tony nochmal in Aktion erleben und seine Livequalitäten genießen. Tracklist:
DVD (Live at KK’S Steel Mill) 1. Days Of No Trust 2. Lost On The Road To Eternity 3. The Monster Roars 4. The Archway Of Tears 5. Dance Of The Black Tattoo 6. Where Are You Eden? 7. The Flood 8. The Day after The Night Before 9. Wild Swan 10. Les Morts Dansant 11. Rocking Chair 12. All England’s Eyes 13. Vigilante 14. Kingdom Of Madness 15. On A Storyteller’s Night 16. Sacred Hour