SIMPLE MINDS versetzen die Europahalle Trier in Feierlaune
2012 waren die Simple Minds sehr mutig unterwegs. Sie spielten nämlich auf den damaligen Konzerten nicht etwa die großen Hits ihrer Karriere, sondern verfolgten ein gänzlich anderes Konzept: Die Band hatte sich entschlossen, nur Songs ihrer Alben „Life In A Day“, „Real To Real Cacophony“, „Empires And Dance“, „Sons And Fascination/Sister Feelings Call“ und „New Gold Dream (81, 82, 83, 84)“ aus den Jahren 1979-1982 live auf der Tour zu spielen. Diese Alben dokumentieren die Entwicklung der Band vom Punk über avantgardistische Elektronik hin zu unterschiedlichen Stilarten des New Wave und Pop.
Erst Mitte der 80er begann dann ihr Aufstieg zur Stadion-Kultband mit den Alben „Once Upon A Time“ und „Street Fighting Years“ sowie natürlich dem musikalischen Durchbruch „Don’t You“. Wer zu dieser Zeit Fan von den Simple Minds war, konnte sie in einem Atemzug mit Depeche Mode, Marillion und U2 nennen. Während allerdings die irischen U2 in den 90ern ganz eigene Wege gingen und einen neuen elektronischen Stil in der Popmusik begründeten, verharrten die schottischen Simple Minds irgendwie in den 80ern und drehten sich musikalisch im Kreis.
Wenn also Jim Kerr und Charlie Burchill – die letzten verbliebenen Gründungsmitglieder – heutzutage ihr 35jähriges Bandjubiläum zelebrieren, dann darf man sich vor allem auf die Songs der ersten 15 Jahre freuen. Diese waren auch auf dem Triple-Album „Celebrate“ in der Überzahl, das 2013 als Best-of-Compilation zum Jubiläum erschien.
Die Simple Minds veröffentlichen zwar weiter fleißig neue Alben, betreiben aber live eine Vergangenheitsbewältigung, wie sie für viele große Bands der 80er Jahre typisch ist. Ich finde das auch nicht weiter schlimm. In der Europahalle Trier war die Stimmung von Beginn an sehr gut, als Jim Kerr mit seinen bekannten, weit ausschweifenden Posen die Bühne betrat. Dass dies sogar zu den Klängen eines funkelnagelneuen Songs („Broken Glass Park“) geschah, dürfte kaum einer bemerkt haben.
Der Sound war zu Beginn etwas grenzwertig. Als hätten die Leute am Mischpult versucht, in der doch recht überschaubaren Europahalle eine Art Stadion-Atmosphäre zu kreieren. Das passte zwar zu den hymnischen Songs, zu Kerrs Stimmgewalt und Burchills Gitarren-Ausschweifungen, führte aber bei vielen Anwesenden zu einem Klingeln in den Ohren. Im zweiten Set (nach zehn Songs und einer zwanzigminütigen Pause) wurde der Sound dann deutlich besser.
Positiv anmerken will ich mal den auf die Sekunde pünktlichen Beginn des Konzerts – bei welcher Band erlebt man so etwas noch? Jim Kerr war stimmgewaltig und charismatisch wie eh und je. Mit „Waterfront“ gab es auch gleich einen Klassiker, weiter geführt mit Mitsing-Titeln wie „Waterfront“, „Hypnotized“ und „Let There Be Love“. Set 1 endete mit der „New Gold Dream“-Sektion aus „Promised You A Miracle“ und „Glittering Prize“, abgelöst vom The Call-Cover „Let The Day Begin“.
Set 2 startete mit einem Solosong der Backgroundsängerin, die „Dancing Barefoot“ (Patti Smith) interpretierte. Dann war wieder der gestenreiche Kerr am Werk, der zudem dem Publikum einen langen Abend „bis in die Morgenstunden“ versprach. Letztlich waren es zwar doch nur die üblichen 120 Minuten reine Spielzeit, doch alle großen Hits waren dabei. Allein „Belfast Child“ und „Mandela Day“ habe ich schmerzlich vermisst.
Stattdessen sang die gefüllte Halle „This Is Your Land“ und „See The Lights“ mit, tanzte zu „The American“ und „Love Song“ – und als erlösenden Abschluss gab es „Don’t You“, dessen Chorus schon weit im Voraus bis in die letzte Zuschauerreihe angestimmt wurde. Im Zugabenblock gab es dann den recht jungen Song „Dolphins“ und mit „Sanctify Yourself“ und „Alive And Kicking“ zwei weitere Publikumslieblinge. Für Statistiker: Immerhin sechs Songs, die nach 1995 erschienen sind.
Früher ist man für die Simple Minds nach Köln, Stuttgart oder auf die Loreley gereist, diesmal waren sie in Trier und brachten die Ü40er in Feierlaune. Natürlich ist es schade, dass die Schotten keine größeren Hallen mehr füllen. Ihre aktuellen Alben wie „Graffiti Soul“ hätten es eigentlich verdient – doch im Radioformat ist anscheinend kein Platz für die neuen Songs. Das Trierer Publikum ging zumindest mit glänzenden Augen nach Hause.
Setlist — SIMPLE MINDS in der Europahalle Trier — 12. Februar 2014
Set 1
Broken Glass Park
Waterfront
Stars Will Lead the Way
Hypnotised
Once Upon a Time
One Step Closer
Let There Be Love
Promised You a Miracle
Glittering Prize
Let the Day Begin (The Call)
Set 2
Speed Your Love To Me (instrumental)
Dancing Barefoot (Patti Smith)
Stay Visible
Someone Somewhere in Summertime
This Is Your Land
Blood Diamonds
The American
Love Song
See the Lights
Don’t You
Zugaben
Dolphins
New Gold Dream
Sanctify Yourself
Alive and Kicking