Alvaro und FURY in Losheim: mit guter Stimmung dem Regen trotzen

Die Voraussetzungen waren nicht besonders gut für das zweite Open-Air-Wochenende an der schönsten Konzertlocation im Saarland. In der Vorwoche durften Cro, Feine Sahne Fischfilet und AnnenMayKantereit noch bei bestem Sommerwetter die Bühne des Strandbads von Losheim am See stürmen, doch jetzt war es plötzlich nass und fast schon herbstlich.

Pünktlich zum Einlass am Donnerstag begann es zu regnen und das sollte sich auch bis zum Konzertende nicht ändern. Schade, aber nichts zu machen. Man durfte sich also an viele große und kleine Menschen in Regencapes gewöhnen. Und ja: Es war sehr viel Kleinvolk anwesend. Das lag nicht nur an Alvaro Soler, dem es mit seinem Charme stets gelingt, die Herzen vieler Generationen zu gewinnen, sondern auch an Special Guest Leony. Die Künstlerin aus der Oberpfalz ist noch gar nicht so lange aktiv. Sie hat erst ein Album auf dem Markt, aber eine ganze Legion von Hitsingles, die im Radio rauf und runter gespielt werden. Kein Wunder, dass sie für viele anwesende Kids der heimliche Star war und ihre Songs begeistert mitgesungen wurden.

Trotz der stilistischen Ausrichtung im Dancefloor- und Elektropop hatte Leony eine ordentliche Band im Gepäck und lieferte neben Elektronik und Samples auch handgemachte Musik. Das ist ein großer Pluspunkt – ebenso wie ihr sympathisches Auftreten und das Eingehen aufs Publikum. Es gab im 50minütigen Set viele Gassenhauer wie „Somewhere in Between“, „Crazy Love“, „Holding On“, „Raindrops“ und „Remedy“. Auch die Ballade „Lifeline“ wurde gespielt, wobei Leony zu Beginn allein am Piano die Begleitung übernahm. Und für alle, die sich mit den aktuellen Charts nicht so auskannten, gab es ein fulminantes Medley aus Lieblingssongs vergangener Jahrzehnte – von „Teenage Dirtbag“ über „Africa“ und „Umbrella“ bis hin zu „Don’t Stop Believing“, „Viva la Vida“ sowie „Wonderwall“. Da war für jeden was dabei und Alvaro konnte sich auf ein gut eingesungenes Publikum freuen.

Kinder, Jugendliche und Erwachsene ließen sich die Stimmung regenbedingt keineswegs verderben. Die Konzertlocation ist auch gut ausgestattet mit gepflasterten, geschotterten und geteerten Flächen, so dass jeder sein festes Plätzchen fand und den Ausblick auf die Bühne genießen konnte. Es war nicht so voll wie in der Vorwoche, aber auch Donnerstag und Freitag hatten sich jeweils ca. 5000 Zuschauer*innen eingefunden.

Fotocredit: Tobias Ortmann

Sonnyboy Alvaro Soler startete seine Show pünktlich um 20.30 Uhr und verbreitete umgehend spanisches Flair im Strandbad. Wenn die Sonne schon nicht zu sehen war, brachte er sie doch musikalisch auf die Bühne. Stücke wie „Candela“, „Magia“, „Manila“ und „Loca“ sorgten für beste Laune auf und vor der Bühne. Voller Leichtigkeit und Lebensfreude gab es die eingängigen Songs mit ein wenig Melancholie und viel Optimismus.

Alvaro Soler ist ein Weltstar mit Gold- und Platin-Alben rund um den Globus, seine Musik sprüht vor Lebensfreude. Geboren in Barcelona, aufgewachsen in Japan, lebt der Popmusiker heute in Madrid und Berlin, spricht sieben Sprachen und ist in der Welt zu Hause. Schon früh lernte er, wie Musik Menschen und Kulturen verbindet, Grenzen überwinden lässt. Spätestens seit der Sendung „Sing meinen Song“ ist seine deutsche Fangemeinde riesig, seit 2021 ist er als Coach bei „The Voice Kids“ zu sehen und die Kids himmeln ihn an.

Es gab berührende Momente, als er allein am Piano seinen Eltern einen Song widmete. Auch er war nah am Publikum und unterhielt sich mit einer Zuschauerin, die ihm erzählte, wir sehr seine Musik und seine Persönlichkeit ihr aus der Magersucht heraus geholfen haben. Es war spürbar, dass Alvaro von solchen Momenten emotional berührt war und ihn die Geschichten der Menschen nicht kalt lassen.

Vor den Zugaben brachte Alvaro mit seiner spielfreudigen Band eine Livepremiere auf die Bühne – eine Single, die erst nächsten Freitag erscheint. Und trotzdem wurde beim zweiten Refrain schon kräftig mitgesungen. Der Funke zwischen Künstler und Publikum sprang auch hier schnell über. Das Konzert war mit knapp über 90 Minuten nicht exorbitant lang, aber zusammen mit der Performance von Leony kann man doch von einem gelungenen Abend und einer Menge guter Musik sprechen. Das durchnässte Publikum ging jedenfalls weitestgehend freudig nach Hause und freute sich aufs wärmende Bett.

Am nächsten Abend sah es zu den alten Recken von Fury in the Slaughterhouse zunächst besser aus. Zum Einlass blieb es trocken, doch just als Support 3 Miles to Essex seinen Set begann, ging ein durchwachsener Platzregen auf das Strandbad nieder. Sänger Volker Rechin erklärte das folgendermaßen: Er habe sich mit den Furies abgesprochen, dass sich alle Wolken noch während seines Auftritts ausregnen sollen, damit es dann später eine trockene Feiergrundlage für den Topact gibt. Nun denn.

Die Performance von 3 Miles to Essex hat mich dann sehr überrascht. „Er gehört zur Familie“, hatte Christof Stein-Schneider ihn angekündigt. Und wie wir später erfahren sollten, war er schon für Fury als Songwriter tätig. Jetzt aber war er ganz allein mit Gitarre aif einem großen gelben Sessel auf der Bühne zu sehen. Die Band besteht eigentlich aus zwei Leuten, doch Sebastian Demmin ist zur Zeit mit Dieter Thomas Kuhn unterwegs, daher wurden musikalische Elemente des Kompagnons eingesampelt. Die Band hat erst eine EP draußen, doch was es zu hören gab, war sehr erdig und solide. Volker sang schöne akustische Stücke mit rauchiger Stimme und hatte sympathische Ansagen dazu zu bieten. Für den Sohn gab es „Paper Aeroplane“, „Rooftop“ ging durch die Decke und als gelungene Coverversion durfte U2s „I Still Haven’t Found What I’m Looking For“ herhalten. Der 45minütige Set ging kurzweilig vorbei und war eine perfekte Einstimmung auf Fury.

Fotocredit: Ronja Hartmann

Die Band aus Hannover ist nun auch schon lange unterwegs. Das erste selbstbetitelte Album von Fury in the Slaughterhouse erschien 1988 und das grandiose „Mono“ kann schon dreißigsten Geburtstag feiern. Das wurde dann in Losheim auch ausgiebig getan. Kai Wingenfelder verkündete, dass es drei Arten von Songs geben wird. Viele Stücke vom neuen Album „Hope“. Damit war das Publikum nicht unbedingt glücklich, aber immerhin ist es das erste Nummer-1-Album von Fury (auch wenn das in heutigen Zeiten nicht mehr viel zu bedeuten hat). Außerdem sollte „Mono“ ausgiebig gefeiert werden, auch mit Stücken, die lange nicht mehr im Repertoire waren. Zu guter letzt waren natürlich auch genügend Klassiker am Zug – keine Sorge für alle, die in Nostalgie schwelgen wollten.

So startete man mit „Cut Myself Into Pieces“ in den über zweistündigen Set und sofort war das alte Fury-Feeling wieder da. Sie sind einfach eine Band für Festivals und verstehen es, die Stimmung hoch zu kochen und oben zu halten. Viele neuere Stücke wie „Letter To Myself“, „Better Times Will Come“ und „Why Worry?“ fügten sich gut in den Set, doch es brauchte Songs wie „Radio Orchid“ um das Publikum zum Mitsingen zu bewegen. Und damit war man schon mitten in der „Mono“-Ära, die auch vergessene Perlen wie „Friendly Fire“ mit sich brachte. Sehr schön!

Es gab „Words“ in akustischer Form und das beliebte „Dead and Gone“ mit Banjo und Handybeleuchtung. Zu „Haunted Head and Heart“, das wundervoll von Thorsten Wingenfelder interpretiert wurde, konnten die Furies in Erinnerungen an die Region schwelgen, erzählten von Konzerten in Trier, Saarburg, Konz und Zerf – und natürlich in Losheim, wo sie schon häufig zu Gast waren.

Nach dem Power-Zwischenspiel „Dancing in the Sunshine of the Dark“ wurde es nochmal ruhiger. Volker Rechin kam wieder auf die Bühne, da er das neue Stück „So Are You“ für die Band geschrieben hat. Ein Friedenslied im Angesicht des Ukraine-Kriegs, das er nun mit akustischer Gitarre begleiten und im Duett mit Kai vortragen durfte. Ein ganz besonderer Moment.

Angetrieben durch diese Grundidee des Albums „Hope“ hat die Band die NGO-Kampagne „Hoffnung verändert Alles“ ins Leben gerufen.  Mit dieser Aktion setzt man das soziale Engagement von ausgewählten Hilfsorganisationen, NGOs und Vereinen in den Fokus, sammelt im Rahmen der Open-Air-Tournee Spenden. In Losheim sollte es um das politische und soziale Kulturzentrum COMMUNE gehen, das momentan in Saarbrücken entsteht und das dringend Unterstützung braucht.

Eine andere Organisation – eher nicht so gemeinnützig – wurde ironisch besungen: Mein Lieblingslied „Trapped Today, Trapped Tomorrow“ hatte man wie so oft der Deutschen Bahn gewidmet. Nach 90 Minuten, in denen es tatsächlich wie versprochen nicht mehr geregnet hatte,  endete der Hauptset mit dem genialen Triple „Every Generation Got Its Own Disease“, „Milk and Honey“ sowie „Time to Wonder“. Mit solchen Klassikern hatte die Band alle Zuschauer*innen ganz auf ihrer Seite – es wurde gejubelt, gesprungen, gefeiert.

Im Zugabenblock nochmal nachdenkliche Töne. „More Than A Fried“ war dem Fury-Manager und Wacken-Veranstalter Holger Hübner gewidmet und der Doppeltrack „Far Cry From Home / Who Am I“ schlug den Bogen vom Papst und der katholische Kirche hin zu wichtigen Figuren der Weltgeschichte – im Schwanken zwischen Pessimismus und neuer Hoffnung. Zum Feiern gab es natürlich „Won’t Forget Theses Days“ und Christofs Paradestück „Kick It Out“.

So vergehen unvergessliche Konzertabende in Losheim am See. Und es wird natürlich auch 2024 wieder große Momente geben. Der erste Act steht schon fest: PUR am 24.8.2014 – wir sehen uns!

Setlist FURY am 1.9.2023, Strandbad Losheim am See

Cut Myself Into Pieces
Letter to Myself
Better Times Will Come
Why Worry?
Radio Orchid
Pure Love
Friendly Fire
Words
Dead and Gone
Haunted Head and Heart
Dancing in the Sunshine of the Dark
So Are You
Good Day to Remember
Don’t Give Up
Trapped Today, Trapped Tomorrow
Every Generation Got Its Own Disease
Milk and Honey
Time to Wonder

More Than a Friend
Won’t Forget These Days

Far Cry From Home/Who Am I
Kick It Out
Bring Me Home