Matthias Reim: Schlager hör’n war Hochverrat
Ja, Matthias Reim hat auf seinem neuen Album ein Stück namens „Deep Purple und Led Zeppelin“ – mit der Textzeile „Schlager hör’n war Hochverrat“. Das mag manche verwirren oder gar zu Unmutsäußerungen veranlassen, doch wer einmal die formidable Rockband erlebt hat, die Reims Konzerte gestalten, kann durchaus nachvollziehen, wie beispielsweise Gitarrist Michael „Bretti“ Brettner durch die Riffs dieses Rocksongs wirbelt.
Klar – Matthias Reim macht Schlagermusik. Spätestens wenn die obligatorischen Dancefloor-Keys einsetzen, kommt man nicht umhin, dies zu bemerken (sei es nun anerkennend oder bemängelnd). Es gibt kaum einen Musiker, der das Genre Schlager/Deutschrock in den vergangenen drei Jahrzehnten so entscheidend mitgeprägt hat wie Matze. Sein legendärer, zeitloser Song „Verdammt, ich lieb‘ Dich“ darf auf keiner Party fehlen und wird von Generationen textsicher mitgesungen.
Nach dem Top-3-Chart-Erfolg seines letzten Albums „Meteor“ und der anschließenden grandiosen Live-Saison 2018 verschwendete der Sänger, Songwriter und Produzent keinen Gedanken daran, eine Pause einzulegen. Stattdessen kreierte er mit purer Leidenschaft in seinem hauseigenen Studio das 20. Studioalbum. Somit ist auch der Titel geklärt „MR20“ heißt das Werk.
Der Opener „Eiskalt“ ist ein urtypischer Reim-Song mit großem Hit-Potential und gleichzeitig der Startschuss für ein abwechslungsreiches Album. Der Sänger selbst (der in wenigen Tagen 62 wird) bezeichnet es als „eckigen Kreis“, da es ihm zuerst als unlösbare Herausforderung erschien, etwas Neues zu schaffen und dabei zugleich den typischen Reim-Sound nicht zu verlieren. „Nach Monaten des Zweifels wusste ich: Ich werde ein richtig gutes Album machen„, erklärte er. „Ein typisches Reim-Album – aber doch ganz anders. Einen eckigen Kreis, wenn Sie so wollen.“
Neben den üblichen Schlager-Krachern wird es gefühlvoll mit „Dezember“ und auch mal experimentell im gewöhnungsbedürftigen „Karma“. Deutlich wird, dass dem Sänger aus dem hessischen Korbach auch nach 20 Alben die Ideen nicht ausgehen und er immer wieder Neues abliefert. Damit hebt er sich äußerst positiv aus der Riege von Schlagersängern hervor, die nur noch Malle-Parties und Oktoberfeste mit ihren abgenudelten Hits beschallen.
Matze nenne ich gern in einem Atem mit Udo Jürgens und Roland Kaiser, die ebenfalls nie auf der Stelle standen bzw. stehen. Denn da gehört er hin.