Beethoven im Jazzrausch
Mit im Schnitt 120 Konzerten im Jahr ist die Jazzrausch Bigband eine der meist beschäftigten Big Bands Europas. Auf ihren Konzerten in Europa, Amerika, Asien und Afrika bringt sie mit „Klanggewalt, Groove und enormer Bühnenpräsenz“ (so schrieb die FAZ) Jazzfans und Tanzwütige zusammen, wie wohl aktuell kein vergleichbares Ensemble. Groove mit Köpfchen, Elektro mit Gebläse, Jazz im Rausch.
Ob das aber funktioniert, wenn sich diese Band den seligen Ludwig van Beethoven vornimmt, der am 17. Dezember seinen 250. Geburtstag im Himmel feiern wird und vielleicht mal ein Ohr nach unten richtet, um zu hören, wie seine Musik neu interpretiert wird? Diese elektronischen umspielten Jazz- und Bigband-Klänge sind da schon etwas gewöhnungsbedürftig. Aber wenn die Erwartungshaltung entsprechend angelegt ist, kann man sich sehr wohl in diese Neu-Interpretation reinfinden. Man stelle sich eine chillige Dancefloor-Party vor – mit viel Rhythmus und Bläsermusik. Bei vier Stücken ist gar Nils Landgren als Solist mit beteiligt.
Die treibenden Köpfe hinter dem Projekt sind der Münchner Posaunist und Musikmanager Roman Sladek und der ebenfalls in München lebende Gitarrist und Komponist Leonhard Kuhn. Keimzelle und Ausgangspunkt der musikalischen Reise ist eine Münchner Institution: das „Harry Klein“, einer der renommiertesten Elektro Clubs Europas. Im Jahr 2015, nur ein Jahr nach ihrer Gründung, wird die Jazzrausch Bigband Artist in Residence im „Harry“ und das junge Münchner Publikum flippt aus. Eine Big Band im Techno Club. Wirklich einmalig.
So ist es nicht übertrieben, die Band ein Phänomen zu nennen. Eines, das auf ganz eigene Art zeigt, was lange es schon brodelt und arbeitet in dieser Musik, die sich Jazz nennt: Sie ist heute mehr denn je die Schublade für das, was sonst in keine Schublade passt. Und alle, die Musiker wie das Publikum, haben Spaß am lustvollen Einreißen von Grenzen. Die Musik der Jazzrausch Bigband, so scheint es, erfüllt in diesem Zusammenhang mehrerlei Hinsicht Sehnsüchte: Die der Clubgänger nach mehr Echtem, Handgemachtem, Frischem, Originellem. Und die der Jazz- und Klassik-Hörer nach mehr Wumms, Entertainment, nach großem Sound und fettem Groove.
Nicht jeder Klassikfan wird das nachvollziehen können und viele werden es nicht gut heißen. Doch wenn es auch in Zukunft mutige Musikgruppen gibt, die Beethovens Welt auf den Kopf stellen und neu ordnen, wird seine Musik auch nach 500 Jahren noch zeitlos, gewaltig und beliebt sein.