Tool – Fotos von Rock am Ring 2019
Hier findet ihr unsere Fotos von Tool bei Rock am Ring 2019.
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„Everyone is paranoid” erklingt es mantrahaft aus den Boxen des kleinen Saals im Dortmunder FZW als zwei schräge Vögel die Bühne betreten. Drummer Ashton Bird macht noch ein paar Liegestütze auf offener Bühne, während sein Bruder Caleb die fünfsaitige Gitarre brummen lässt. Wahrscheinlich würde ihm auch ein dreisaitiges Instrument genügen, denn er bevorzugt die tiefen Töne. Schon beim Opener „People” dröhnt es so gewaltig aus seinen Amps, dass sich niemand der vielleicht 150 Zuschauer mehr fragt, wo denn der Bassist verlorengegangen sei. Den Bird-Brüdern reicht ein Bass-Verstärker, durch den das Gitarrensignal zusätzlich geschliffen wird. Und sollte das mal nicht genug sein, stimmt Caleb die Gitarre eben noch ein paar Halbtöne nach unten.
Dass zwei Instrumente völlig ausreichen können, ist natürlich auch ein Verdienst von Ashton an den Drums. Schon nach dem zweiten Stück „Weight” entledigt er sich seines so ausgeleierten wie störenden Oberteils. Klischeefreie Tatoos wie „sweet” über der einen und „sour” über der anderen Brustwarze offenbaren sich in kleiner Schrift nur den besten Augen. Wild treibt Ashton „Psychorain” voran, das aber hauptsächlich vom knabenhaften Doppelgesang der Brüder lebt. Der Gegensatz von wuchtigen Riffs und zerbrechlich wirkenden Stimmen ist das herausstechende Merkmal des Stonerrocks à la Tweak Bird. Ein weiteres ist die Kürze der Songs, die live gespielt zwar hier und da durch Jams gestreckt werden, ansonsten aber Mühe haben, die Zwei-Minuten-Schallmauer zu durchbrechen.
Die psychedelische Seite der beiden Wahl-Kalifornier bringt vor allem „The Future” vom Album „Tweak Bird” hervor. Mit „Lights in Lines” wird ein weiterer Kracher dieses Albums zum Besten gegeben. Ansonsten besteht das Set fast ausschließlich aus Songs des aktuellen Werks „Undercover Crops” welches vom Melvins Drummer Dale Crover produziert wurde (hier gibt’s das Review). Dass die Tweak Birds also schon die Melvins als Support Act begleitet haben liegt nahe. Etwas überraschender dagegen ist die Tasache, dass sie diese Rolle auch schon für die Progrocker von Tool 2009 eingenommen haben. Ashton und Caleb haben große Fürsprecher, die in ihnen ein recht einzigartiges Phänomen entdeckt haben. Vergleiche mit anderen Bands bleiben nämlich schon im Ansatz stecken.
Mit „Pigeons” wird auch mal ein Gang runter geschaltet und zusammen mit dem anschließenden Jam entwickelt es sich zum längsten Stück des Abends. Dieser ist nicht nur musikalisch interessant, sondern auch äußerst unterhaltsam. Ashton übernimmt den Job des Teilzeit-Standup-Comedians. Dialoge wie „Here we go” (Ashton) – „Here we go, too” (Caleb) vor dem tollen „Bunch Of Brains” sind einfach amüsant. Nach 50 Minuten voller Hingabe verlassen die beiden die Bühne. Bis zur Zugabe dauert es lange und sie scheint tatsächlich spontan zu sein. Zumindest soll der Handtuch-Turban auf Calebs Kopf dies vermitteln. Stand er schon halb unter der Dusche? Als Bonus gibt es ein schönes Cover der T.Rex-Hitsingle „Children Of The Revolution”. Jetzt aber wirklich ab unter die Dusche ihr zwei und vielen Dank für die kurzweilige Unterhaltung!
Es ist lausig kalt in Bad Honnef. Selbst als ehemalige Kurstadt ist man im „rheinischen Nizza“ nicht vor Eis und Schnee sicher. Trotzdem machen wir uns heute auf den Weg in die „Rheinsubstanz“, einem zur Diskothek umgebauten ehemaligen Hallenbad, denn der Auftritt der Dirty Deeds ’79 aus dem benachbarten Bonn verspricht einen heißen Abend. 1989 formierte sich das Quintett als AC/DC-Tributeband, damals noch die große Ausnahme in Europa. Seitdem hat sich der Fünfer als überregionale Größe etabliert und spielt selbst in Hamburg vor ausverkauften Clubs. Im März 2007 zeichnete der WDR Rockpalast mit den Dirty Deeds ’79 sogar erstmals eine reine Coverband auf.
Schon zum zweiten Mal nach 2012 beginnen Frontmann Alex „Panzer“ Kaiser, Leadgitarrist Volker „Vangus“ Voigt, Rhytmusgitarrist Frank „KutA“ Glienke, Bassist Holger Jan Schmidt sowie Wolfgang „Gonzo“ Hintze am Schlagzeug das Konzertjahr in Bad Honnef. Die etwa 300 Fans müssen zunächst allerdings ein wenig Geduld aufbringen. Entgegen der vorherigen Ankündigung verzögert sich der Startschuß um gut 45 Minuten. Immerhin wird der erwartungsfrohen Meute die Wartezeit mit allerlei Hochkarätern aus der Konserve versüßt, darunter Tool, Soundgarden oder die Foo Fighters. Über der Bühne, auf der noch der alte Drei-Meter-Sprungturm steht, prangt das Dirty Deeds ’79-Logo und grinst sich einen ab.
Um 20.45 Uhr ertönt dann endlich das „Rock’n’Roll Train“-Intro und der Kessel in der „Rheinsubstanz“ steht sofort unter Volldampf. Vangus Voigt, stilecht mit roten Teufelshörnchen und Schuluniform, haut ein erstes Solo in die Saiten und Alex Kaiser – seit Jahrzehnten eine Institution in der Bonner Sängergilde – röhrt wie Bon Scott zu seinen besten Zeiten. Wenn man die Augen schließt, fühlt man sich tatsächlich in die Jahre bis 1980 versetzt, als der charismatische Schotte das stimmliche Zepter bei AC/DC schwang. Getreu den australischen Vorbildern begleiten Frank Glienke, Wolfgang Hintze und Holger Jan Schmidt die schweißtreibende Show eher stoisch, wobei sich letzterer durchaus zu der einen oder anderen Headbanging-Einlage hinreißen lässt.
Neben dem Schweiß fließt auch das Bier in Strömen. Entsprechend bombig, aber jederzeit friedlich ist die Stimmung. Die Fäuste fliegen hier nur als Zeichen der Begeisterung in die Höhe und wer gerade nicht damit beschäftigt ist die Faust zur „Frittengabel“ zu formen, der singt einfach aus voller Kehle mit. Die Texte kennt ohnehin jeder auswendig. Kein Wunder angesichts solcher Klassiker wie „Hells Bells“, „Highway To Hell“, „Thunderstruck“, „Dog Eat Dog“, „You Shook Me All Night Long“, „Night Prowler“, dem namengebenden „Dirty Deeds Done Dirt Cheap“ und und und… „Sin City“ widmet Alex Kaiser der Stadt „Bäd Honnef“. Nebenbei fordert er einen kleinen Jungen dazu auf, sich morgen von seinem Vater mal den Text von „Whole Lotta Rosie“ erklären zu lassen. Am kommenden Montag spielen die Dirty Deeds ’79 im Frauengefängnis in Köln-Ossendorf und passend dazu taucht heute „Jailbreak“ ebenfalls in der Setliste auf.
Natürlich fehlt auch Vangus‘ Strip während „The Jack“ nicht. Im Gegensatz zu Angus Young zeigt er dabei sein blankes Hinterteil. Wäre noch Wasser in dem früheren Schwimmerbecken, das mittlerweile als Tanzfläche dient, es würde spätestens jetzt anfangen zu kochen. Auch „Dirty Pussy“ und sein Dudelsack sind bei „It’s A Long Way To The Top (If You Wanna Rock’n’Roll)“ wieder mit von der Partie. Anschließend trägt er Vangus Voigt auf seinen Schultern einmal quer durch die feiernde Menge, ganz so wie es Bon Scott einst mit Angus Young getan hat. Zur ersten Zugabe „Let There Be Rock“ ist der legendäre AC/DC-Sänger dann quasi leibhaftig anwesend, als ein Altar mit seinem Bild auf die Bühne gerollt und mit gebührendem Jubel begrüsst wird. Volker Voigt hat sich zu der Rock’n’Roll-Predigt als Meßdiener mit Heiligenschein und Alex Kaiser als Priester verkleidet. Es ist ja auch bald Karneval. Den krachenden Abschluß bildet schließlich „For Those About To Rock (We Salute You)“ inklusive Böllerschüssen vom Band.
Nach zwei Stunden Vollbedienung verabschieden sich die Dirty Deeds ’79 von den restlos begeisterten Fans. Während AC/DC (noch) Pause machen, haben Alex Kaiser & Co. aus der „Rheinsubstanz“ mal eben so eine „Rocksubstanz“ gemacht. Ganz nach ihrem selbstgewählten Motto „We’ve got the biggest balls of them all“. Fire!