Víkingur Ólafsson widmet sich ganz den Goldberg-Variationen
Wenn ich an Johann Sebastian Bach denke, dann sind es vor allem Orgelmusik und große Choräle, die ich im Kopf habe. Also Erhabenheit statt Leichtigkeit. Erst vor kurzem durfte ich die grandiose Hohe Messe in h-moll im Rahmen des Moselmusikfestivals im Trierer Dom erleben. Was für ein Genuss! Zu Lebzeiten wurde Bachs Musik recht wenig Beachtung geschenkt. Inzwischen jedoch gilt er als einer der größten Musiker aller Zeiten. Und das zu Recht, wenn man sich seine bekannten Stücke anhört.
Der junge Pianist Víkingur Ólafsson aus Island hat bereits vor fünf Jahren seines Werks angenommen und die entsprechende CD schlicht „Johann Sebastian Bach“ getauft. Damit war eigentlich schon alles gesagt und es blieb nur noch die Frische und Lebendigkeit zu bewundern, mit der der damals 34jährige die Stücke aus dem 18. Jahrhundert interpretierte.
Nach Ausflügen unter anderem zu Debussy und Mozart wendet sich der Isländer nun wieder J.S. Bach zu und interpretiert die weltberühmten Goldberg- Variationen neu. Die Goldberg-Variationen sind eines der anspruchsvollsten Werke des Klavierrepertoires und stellen einen Gipfel barocker Variationskunst dar. Für Ólafsson bieten die Stücke „ungewöhnlich pianistisch-virtuose Musik, Beispiele genialer Verwendung des Kontrapunkts und zahllose Momente erhabener Poesie, abstrakter Kontemplation und tiefer Emotion – das Ganze in der makellos gestalteten Architektur formaler Perfektion.“ Besonders beeindruckt den Künstler dabei die unendliche Vielfalt, die Bach in den dreißig Variationen über dem schlicht gehaltenen harmonischen Gerüst entwickelt – eine Vielfalt, die „organisch, lebendig und dynamisch“ immer wieder aufs Neue in den Bann zieht.
Bach zeigt in den Goldberg-Variationen seine unübertroffene musikalische Genialität. Sie bestehen aus einer Reihe von Variationen über eine einfache, aber dennoch fesselnde Basslinie. Die Vielfalt der musikalischen Ideen und die geschickte Verarbeitung des Themas sind beeindruckend und ziehen Musiker und Hörer seit Jahrhunderten gleichermaßen an. Komplexität und Tiefe dieser Variationen machen sie zu einem Meisterwerk der Barockmusik.
Víkingur Ólafsson gelingt auf dem Release der Deutschen Grammophon eine emotionale Interpretation des Meisterwerks – und daran sollen möglichst viele Menschen teilhaben: In der kommenden Spielzeit trägt er die Goldberg-Variationen in die größten Konzertsäle der Welt, etwa nach London ins Southbank Centre, nach New York in die Carnegie Hall, ins Konzerthaus Wien, die Philharmonie de Paris, die Philharmonie Berlin, den Konzertsaal Harpa, die Walt Disney Concert Hall in Los Angeles, die Sala São Paulo, die Shanghai Symphony Hall, die Tonhalle Zürich, das KKL Luzern, die Alte Oper Frankfurt und das Müpa Budapest.