Der Traum von der neuen Welt
Die Zeiten, als Amerika für viele noch die „neue Welt“, das Traumland in weiter Ferne war, sind schon lange vorbei. Inzwischen gibt es meist negative Schlagzeilen aus den USA, die tief gespalten scheinen. Damit will sich Daniel Hope aber gar nicht beschäftigen. Auf seinem neuen Album „Amerika“ lässt er die alten Zeiten hochleben. Und das vor allem durch wundervolle und prägende Musikstücke.
Der Violinist mit britischen und südafrikanischen Wurzeln, mehrfacher “ECHO Klassik” Gewinner, umgibt sich auch diesmal wieder mit dem Zürcher Kammerorchester und stellt eine wichtige Frage: „Wir erkennen, dass ein Stück aus Amerika stammt, sobald wir es hören. Aber was ist es, dass Musik amerikanisch klingen lässt?“
Hope findet Antworten und widmet sich auf dem neuen Album Werken von so unterschiedlichen Komponist*innen wie Leonard Bernstein, Sam Cooke, Aaron Copland, Duke Ellington, George Gershwin, Florence Price, Samuel A. Ward und Kurt Weill. Zu hören sind herausragende neue Arrangements von Paul Bateman – sowohl klassische Musik als auch Jazz, für Solo-Violine in Kombination mit Gesang, Klavier, Jazz-Trio, Streich- und Kammerorchester sowie Schlagzeug. Vielseitiger kann ein klassisch angelegtes Album kaum sein.
Startpunkt ist die beschwingt angelegte „Gershwin Song Suite“ mit vielen bekannten Melodiestücken wie „Summertime“ und „I Got Rhythm“. Ein großartiger Einstieg, der die Intention des Albums darlegt. Danach kommt Joy Denalane mit ihrer wunderbaren Soulstimme zu Sam Cookes „A Change Is Gonna Come“ zur Geltung. Piano, Violine und diese vokale Ausdruckskraft – mehr braucht es nicht zum Glücklichsein.
Natürlich darf Leonard Bernstein nicht fehlen und in der „West Side Story“ gibt es allerlei bekannte Tracks, die wir zuletzt in Spielbergs Neuverfilmung bewundern durften, in speziell auf die Solo-Violine ausgelegten Arrangements. „Maria“, „Tonight“ und „Somewhere“ sind auch ohne Gesangsstimme wahrlich zum Dahinschmelzen.
Damit sind die Höhepunkt gesetzt – denkt man – , doch nach einigen ruhig fließenden Stücken von Price und Copeland setzt das „Rodeo“ des Letzteren erneut einen lauten, sehr stimmungsvollen Akzent. Es folgt das stilistisch ganz neu angelegte Jazz-Stück „Come Sunday“, im Original von Duke Ellington, das die träge Stimmung sehr sphärisch an den Hörer bringt.
Vier Tracks der „America Song Suite“ setzen sich mit den historisch wertvollen Chansons von Kurt Weill auseinander – bis hin zum genialen „Mack The Knife“ im Bigband-Sound. „America the Beautiful“ (Samuel A. Ward) klingt schließlich wie eine Beschwörung der guten alten Zeit. Allerdings voll Melancholie und keineswegs so selbstbewusst, wie sich die USA trotz aller Querelen noch immer gern sehen.
Daniel Hope ist hier im Verbund mit Paul Bateman und weiteren musikalischen Partnern eine fantastische Hommage an das Land der unbegrenzten Möglichkeiten gelungen. Faszinierende und vielfältige Klänge, die man unbedingt als Album am Stück hören muss.