Die Sehnsucht nach dem Drink an der Cocktail Bar ist schon groß. Trotzdem kann ich nicht verstehen, dass jetzt zu Ostern der große Run auf Mallorca losgeht. Mal sehen, welche Überraschungen die Rückkehrer mitbringen werden und welche Auswirkungen das auf den Sommer hat. Da bleibt man doch lieber gemütlich zuhause im Kreise der Liebe und genießt seinen „Mai Tai“ aus dem CD-Player.
Vanessa Mai hat ihr siebtes Album so genannt. Das Wortspiel gefällt mir, aber nicht dieses High-Society-Coverfoto. Da hat die Sängerin aus Backnang sich schon besser in Szene gesetzt. Aber das sind ohnehin nur Nebensächlichkeiten. Viel wichtiger: die Musik. Einzelne Singles konnte man in den letzten Wochen schon über die Social-Media-Kanäle hören. Doch der Moment, in dem das ganze Album gehört werden kann, ist immer ein ganz besonderer. Das gilt für jede Musikrichtung, wie ich finde. Selbst für den Schlager.
Vanessa pendelt schon seit Jahren zwischen dem Schlagermetier und der seichten Popmusik. Sie will sich nicht festlegen lassen, sagt sie. Richtig so! Doch wenn sie sich zu sehr vom Schlager lossagt, nehmen manche Fans ihr das krumm. Das ist schade, vor allem wenn man das Potential an Vielseitigkeit betrachtet, das das neue Album bietet.
Natürlich gibt es die üblichen Titel im Schlagerbeat und die Texte bewegen sich im Bereich optimistischer Glückseligkeit. Ein Eröffnungs-Trio wie „Sommerwind“, „Leichter“ und „Morgenwind“ muss wohl auf einem Schlageralbum sein. Spannender wird es aber im Duett mit Rapper Fourty. Die Kollaboration zum Song „Mitternacht“ ist sehr stimmig und die gegensätzlichen Stimmfarben ergänzen sich perfekt.
Ballladen wie „Augenblick“ und „Der Eine“ singt Vanessa ohne großes Tamtam sehr gefühlvoll. Noch stärker kommt ihre wundervolle Stimme zur Geltung, wenn sie bei den letzten beiden Albumtitel in eine völlig andere Richtung geht. „Auf anderen Wegen“ stammt im Original von Andreas Bourani und der poetische Popsong kommt auch in der Version von Vanessa Mai sehr gut zur Geltung. Ganz zum Schluss gibt es Musical-Feeling: „Fort von hier“ ist der Titelsong zum Netflix-Animationsfilm „Die bunte Seite des Monds“. Eine Hymne voller Magie.
Vanessa war am Songwriting fast aller Stücke beteiligt. Wie hoch ihr Anteil daran war, lässt sich aus dem Booklet natürlich nicht ersehen, doch ich traue ihr zu, dass sie sich das Heft nicht aus der Hand nehmen lässt. Durch die große Nähe zu ihren Fans, die sie seit dem Beginn ihrer Karriere auszeichnet, gelingt es ihr dabei immer wieder, Themen zu finden und Lieder entstehen zu lassen, die vielen ihrer Anhänger aus dem Herzen sprechen.
Ja, es ist ein Schlageralbum – aber eins der wirklich Guten!