ROCK AM RING – Fotogalerie von Drangsal, 5.6.2022
ROCK AM RING – Seht hier unsre Fotogalerie von Drangsal, 5.6.2022
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Hamburg. St. Pauli. Die Reeperbahn ist gefüllt wie eh und je. Menschenmassen drücken sich aneinander vorbei, Punks und Obdachlose, Drags und andere bunte Hunde, Männer wie Frauen werben für ihre Anliegen. Dazwischen sieht man lange Schlangen und Menschen mit Festival-Bändchen, teils mit Presse- oder Team-Ausweis. Gerade am oberen Ende, von der U-Bahn-Haltestelle St. Pauli kommend, klingt über den üblichen Geräuschpegel etwas, das man in den letzten Monaten eher selten hörte: Livemusik. Auf dem Spielbudenplatz spielen an vier Tagen jeweils drei Bands.
Das Reeperbahn-Festival fand vom 16. bis 19. September 2020 statt – trotz Corona. Als großes Experiment, wie ein Festival in Pandemiezeiten ablaufen kann. Kein Wunder also, dass die Veranstaltungsbranche nicht wie sonst vor allem nach Hamburg blickt, wenn das Festival ansteht. Nicht, um gesehen zu werden, alte und neue Bekannte zu treffen, neue Musik zu hören und sich gegenseitig zu verständigen. Sondern vor allen Dingen, um herauszufinden: Gibt es Hoffnung für die stark gebeutelte Branche, die seit Monaten keine Einnahmen verzeichnen kann, mit am längsten die Türen geschlossen halten musste und für die es noch immer keine Perspektive gibt, die auch finanziell ein „Weitermachen“ ermöglicht.
Natürlich sind es nicht nur die neun Konzerte auf der Spielbuden-Bühne. In 19 weiteren Clubs und Veranstaltungsorten finden an den vier Festivaltagen über 100 Konzerte statt. Viele werden live im Internet gestreamt – und 150.000 Menschen schalten dafür ein. Vor Ort sind es deutlich weniger: Gerade einmal 8000 Besucher:innen kommen physisch zum Festival. Verglichen mit den 50.000 im Vorjahr ist das quasi nichts. Daher wirkt auch vieles eher leer. Das Festival Village auf dem Heiligengeistfeld (mit zwei Bühnen: der kleinen Festival Village Fritz Bühne und der großen Festival Village Stage) ist nur wenig besucht. 30000 Quadratmeter stehen hier zur Verfügung. Normal passen hier locker bis zu 7000 Menschen hin. Zugelassen sind allerdings gerade einmal 1300.
Überall werden Kontaktdaten hinterlassen. Betritt man eine Venue, muss vorab ein QR-Code eingescannt werden. Erst nach Bestätigung und Kontrolle darf man eintreten. Das gleiche Spiel erneut beim Auschecken. Während es Mittwoch und Donnerstag noch ruhig war und die meisten Menschen ihre Wunschkonzerte sehen konnten, wurde es zum Wochenende deutlich voller. Die Schlangen wurden länger – und die enttäuschten Gesichter derjenigen, die nicht mehr hineingekommen sind, waren häufiger zu sehen. Doch trotz allem: Großer Protest oder Beleidigungen blieben aus. Die Sicherheitsleute berichten, dass sie gerade einen sehr entspannten Job hätten. Man könne sich mehr Zeit beim Einlass lassen, aber vor allem seien die Menschen verständiger und weniger aggressiv, wenn sie nicht hineinkämen. Vor allem aber: Man habe endlich wieder etwas zu tun. Das gilt für alle hier: Die Ton- und Lichttechniker, die Stagehands und Menschen hinter der Theke, genauso wie viele mehr, die dabei mithelfen, dass die Konzerte überhaupt stattfinden können.
Wie das alles dann finanziert wird? Vor allem durch Subventionierung von Bund und Ländern. Mit insgesamt 1,3 Millionen Euro wurde das Reeperbahn Festival in diesem Jahr bezuschusst.
In den einzelnen Clubs, Kirchen und Open-Air-Bereichen stehen zumeist Stühle, manchmal sind es auch nur Markierungen auf dem Boden. Maximal zwei Menschen dürfen zusammensitzen oder stehen. Ein kurzer Besuch bei Bekannten zwei Reihen weiter wird von der Security sofort unterbunden. Außer am eigenen Platz herrscht zudem überall Maskenpflicht. Statt des sonst nicht unüblichen Konzert-Hoppings, also überall mal kurz reinzuschnuppern, muss sich diesmal im Voraus entschieden werden, wohin man möchte – nachdem das Konzert begonnen hat, darf niemand mehr hinein. Raus kommt man jederzeit, aber der Platz wird nicht nachbesetzt.
Während also im Rahmen des Festivals penibel auf die Einhaltung aller Hygienevorschriften geachtet wird, ist genau das außerhalb der mit QR-Code abgesperrten Bereiche auf dem Rest der Reeperbahn fast allen ziemlich egal.
Ob das Konzept gelungen ist? Es ist möglich, Live-Konzerte zu spielen. Das wird derzeit im ganzen Land gezeigt. Die Autokonzerte sind weitestgehend vorbei und der Sommer mit seinen Outdoor-Möglichkeiten und einigen Lockerungen wurde von vielen genutzt. Wie es im Herbst weitergeht, ist absolut ungewiss. Was jedoch sicher ist: Ohne Subventionierung ist es nicht umsetzbar. Bei knapp 50 statt 300 Besuchern kommt kein (Club-)Veranstalter jemals zu schwarzen Zahlen – und horrende Ticketpreise kann sich derzeit nur ein Bruchteil der Gesellschaft leisten. Dennoch: Mit dem passenden Hygienekonzept und verantwortungsbewussten Menschen sollte eine Aufstockung der Besucherzahlen in Erwägung gezogen werden. Der Fussball macht vor, wie eine Steigerung der Besucherzahlen möglich sein kann. Dass die Besucher:innen sich an Regeln halten können, hat das Reeperbahn Festival eindeutig gezeigt.
Reeperbahn Festival 2020 – Seht hier unsre Konzertfotos von Betterov und Drangsal, 17.9.2020
Es ist die Mutter aller Rockfestivals in Deutschland. 1985 bebte der Nürburgring zum ersten Mal. In 2020 wird ein Jubiläum „35 Jahre Rock am Ring“ gefeiert. Das Zwischenspiel auf dem Gelände in Mendig war vielleicht von der Location her nicht berauschend, doch immerhin hat es dem Festival letztlich das Leben gerettet. Und um so größer ist jetzt die Freude, jedes Jahr wieder an den geliebten Ring mit seiner Grünen Hölle, der Nordschleife und den übrigen Kultstätten zurückzukehren.
Viele Fans reisen bekanntlich schon Tage vorher an. Umso mehr muss man die Organisatoren dafür loben, wie reibungslos letztlich alles abläuft. Die Belegung der Park- und Zeltplätze, die Ausgabe der Bändchen. Klar kommt es zu Wartezeiten, aber es wäre ja auch ein Wunder, wenn alle Besucher sich auf die Minute genau in Zeitpläne verteilen. Die Logistik ist schon ein Gewaltakt. Ein Heer von Ordnern, der festivaleigene LIDL-Store, neuerdings das „Experience“ Camping ganz nah am Konzertgelände. Man könnte einiges nennen – oder einfach sichergehen: Bei Rock am Ring gibt es ALLES.
Ich reiste am Freitagvormittag an. Es herrschte noch eine entspannte Leere auf dem riesigen Konzertgelände. ein feiner Kontrast zu den gigantischen Abendveranstaltungen. Und doch konnte man schon am frühen Nachmittag coole Bands genießen. Um 14.30 Uhr hatten BADFLOWER aus Los Angeles großen Spaß, die Hauptbühne „Volcano Stage“ zu eröffnen. Sie waren nach eigenen Angaben erst zum zweiten Mal in Deutschland und heizten den Fans ordentlich ein. Das war auch dringend erforderlich, denn es war noch bewölkt und 19 Grad kühl.
Pünktlich ging es zur „Crater Stage“. Hier boten DRANGSAL eine kuriose Mischung aus Pop, NDW und Hardrock Gitarren. Aus Herxheim stammend hatte Max Albin Gruber als exzentrischer Frontmann ein Heimspiel in Rheinland-Pfalz, auch wenn die Fans aus NRW sich stärker bemerkbar machten. Englische Titel wie „Love me or leave me alone“ bot er mit feiner New Wave Attitüde. Doch zum größten Teil gab es deutschsprachige Titel, vor allem vom aktuellen Album mit dem hübschen pfälzischen Titel „Zores“.
Etwas Wasser, das von oben kam, machte den Ringrockern nichts aus. Vor der Hauptbühne boten HALESTORM Feierstimmung nach dem Regenguss. Die stimmgewaltige Frontfrau Lzzy Hale zeigte mit ihrer ganzen Persönlichkeit, wie sie im männerdominierten Hardrock- und Metalgenre bestehen kann. Die Performance war der Centerstage absolut würdig und hätte gerne noch länger dauern dürfen.
Nach 50 Minuten mussten Lzzy und Arejay Hale aber Platz machen für ALICE IN CHAINS. Der Vierer aus Seattle bot mit Vokalist Jerry Cantrell ein hartes Brett aus Grunge und Metal. Es gab große Scheinwerferwände, die auch zur noch frühen Uhrzeit eine ordentliche Lichtshow boten. Im Mittelpunkt stand das sechste Studioalbum „Rainier Fog“. Und es war amtlich, dass diese Rockband mit modernem Sound von den Fans ordentlich abgefeiert wurde.
Beschaulicher ging es da bei WELSHLY ARMS zu, die parallel auf der „Crater Stage“ weilten. Hier gab es zur willkommenen Abwechslung gepflegten Bluesrock aus Cleveland, der mehrstimmig mit rockigen Gospel-Anleihen erklang. Beschwingtes Tanzen statt Circle Pit war angesagt. Und der Radiohit „Legendary“ machte auch dem letzten Zuschauer klar, warum ihm die Stimme von Sam Getz so bekannt vorkam.
BEYOND THE BLACK eroberten die „Alterna Stage“ mit orchestralen Einspielern und der ersten ordentlichen Pyroshow des Tages. Die Teilnahme von Jennifer Haben bei der diesjährigen Staffel von „Sing meinen Song“ hat den Bekanntheitsgrad der Mannheimer Band enorm gesteigert. Von vielen Hardrockern werden sie aufgrund des Symphonic Metal gerne mal belächelt, doch an diesem Freitag dürften sie Überzeugungsarbeit auch in der Metalgemeinde geleistet haben.
Danach brachte SLASH im Ozzy Osbourne-Shirt ein wenig Guns n‘ Roses Feeling auf den Ring. Auch wenn der Sänger Myles Kennedy (von Alter Bridge) im Mittelpunkt stand, denn die beiden arbeiten seit 2009 zusammen und haben erst kürzlich das Album „Living The Dream“ veröffentlichen. Kennedy zeigte sich als unglaublich starker und sehr präsenter Frontmann. Er rückte keineswegs in den Hintergrund neben Slash, der aber auch genügend Raum bekam, um seine Solo-Einlagen zu zelebrieren.
Die FOALS aus Oxford waren dann das Kontrastprogramm auf der „Crater Stage“. Es gab eine fröhlich verspielte Indieshow mit hellen Klängen. Dabei zeigte sich, dass Math-Rock gar nicht so komplex und dissonant klingen muss, wie hartgesottene Progger das gerne haben. Für das Ring-Publikum hatten Foals eine spannende Mischung aufgelegt.
Auch wenn die Bühnen auf dem Gelände recht weit auseinander liegen und die Fußmärsche durch die Menge durchaus nervig sein können, musste ich doch ganz nostalgisch zu den SMASHING PUMPKINS und Meister Billy Corgan. Das Intro zur Show auf der „Volcano Stage“ erklang so theatralisch wie die Vocals des Sängers und Songschreibers aus Chicago. Im Slot der untergehenden Sonne bot man vertrackte Rhythmen und eine Mega-Rockshow.
Etwas versetzt aber wollte ich unbedingt SDP auf der „Crater Stage“ genießen. SDP schafften das, was der SPD momentan nicht mehr gelingt: die Massen zu begeistern. „Die besteste Show mit der bekanntesten unbekannten Band der Welt.“ So betitelten sie sich selbst und hätten damit vor dreißig Jahren locker als Ärzte-Klone durchgehen können. Heute aber steht das Duo aus Berlin für absolut spaßige Rock- und Rapmusik mit einem hohen Faktor an Selbstironie.
Kurz vor 23 Uhr war der Moment, da man auf drei genialen Konzerten zugleich hätte sein können. Während SDP einen „Schrei nach Liebe“ anstimmten, legten BEARTOOTH mit einer Hardcore-Attacke die „Alterna Stage“ in Schutt und Asche. Zugleich starteten TOOL ihre perfekte Klang-Show.
TOOL bestachen mit glasklarem Sound und surrealen Videos. Die waren allein schon deshalb erforderlich, weil sich Sänger (von Frontmann kann man nun wirklich nicht sprechen) Maynard James Keenan ebenso wie seine Kollegen nicht filmen ließen und überhaupt komplett im Hintergrund standen. Ausschweifende Instrumentalparts spielten die Hauptrolle und hinzu kamen bisweilen emotional-düstere Vocals. Es war schon gewagt, diese Vertreter des Psychedelic Metal als Headliner zu buchen, doch sie hatten diesen Platz absolut verdient. Obwohl ein eisiger Wind über die Rennbahn wehte, wollte sich kaum einer dieses Erlebnis musikalischer Perfektion entgehen lassen. TOOL boten einen spannenden Gegenpol zum traditionell doch so dreckigen Metal. Die verstörenden Videobilder taten ihr Übriges dazu und ließen manchen Festivalbesucher sicher nachdenklich zurück.
Hier seht ihr unsere Fotogalerie von Drangsal im Gloria am 01.12.2018
Hier seht ihr unsere Fotogalerie von Drangsal am 28.10.2016 im Gebäude 9 in Köln: